Zusammenfassung
Frauen sind in technisch-naturwissenschaftlichen Berufsfeldern nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Bislang gibt es nur wenige Studien zum psychischen Befinden von Frauen in diesem Bereich. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurde der Frage nachgegangen, inwiefern mentale Blockaden existieren, die das berufliche Vorankommen von Frauen in technischen Berufen beeinträchtigen könnten. Zu diesem Zweck wurde eine Sekundäranalyse von qualitativen Interviews mit 19 weiblichen (potentiellen) Führungskräften aus technisch-naturwissenschaftlichen Berufsfeldern durchgeführt. Als Grundlage hierfür diente das imperativtheoretischeTextanalyseverfahren nach Wagner. Drei Hauptkategorien mit verschiedenen Unterkategorien konnten anhand der Interviewdaten identifiziert werden, für die sich zahlreiche subjektive Imperative finden ließen: Beruf/Karriere vs. Privatleben/Familie, Geschlechterrollenklischees in einer Männerdomäne sowie die Karriereentwicklung. Insbesondere hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie der Akzeptanz bzw. Diskriminierung in einer Männerdomäne ließen sich sehr aussagekräftige subjektive Imperative formulieren. Durch das Kollidieren oder Nichterfüllen solcher subjektiven Imperative können mentale Blockaden entstehen. Praktische Implikationen für die Förderung der Teilhabe von Frauen an „Männerberufen“ werden diskutiert.
Abstract
Women are still gravely underrepresented in technical and engineering professions. So far there is few research regarding psychological barriers and especially mental blocks of women in technical fields. This study investigates mental blocks of women that might hinder their career advancement in technical professions. To this end, a secondary analysis of 19 qualitative interviews with women from technical fields was conducted. The analysis was based on the theory of mental interference and the respective text analysis method proposed by Wagner (Gelassenheit durch Auflösung innerer Konflikte. Mentale Selbstregulation und Introvision. Stuttgart, Kohlhammer, 2007). The analysis shows that numerous so-called subjective imperatives could be identified that might interfere with women’s career advancement. They were grouped in three main categories: Work-life balance, gender stereotypes, and career advancement. Practical implications are discussed.
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Pflugradt, J., Janneck, M. „Ein bisschen wie ein Außerirdischer“: subjektive imperative und mentale Blockaden von Frauen in technisch-naturwissenschaftlichen Berufsfeldern. Gruppendyn Organisationsberat 43, 269–287 (2012). https://doi.org/10.1007/s11612-012-0183-x
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