Feedback ist in den letzten Jahrzehnten zu einem Modethema geworden, das sich dadurch auszeichnet, dass viele Aussagen ungewöhnlich einmütig sind. Nahezu unumstritten werden Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit von Feedback betont. Demnach ist es kaum möglich, ohne Feedback etwas über sich selbst zu erfahren, die eigene Wirkung, Stärken und Schwächen zu erleben; Lernprozesse können ohne Feedback nicht gesteuert werden, Gruppenprozesse können nicht optimiert werden, gezielte Personal- und Organisationsentwicklung sind kaum möglich.

Einigkeit herrscht darüber, dass Feedback in den unterschiedlichsten Lebenslagen von zentraler Bedeutung ist. So ist Feedback wichtig für die menschliche Entwicklung, für soziale Interaktionen und für institutionalisierte Lernprozesse. Feedback ist für Individuen ebenso von Relevanz wie für Dyaden, Gruppen und Organisationen. Feedback ist Teil unseres Alltagshandelns und wird in pädagogischen und sozialen Prozessen gezielt als Intervention eingesetzt.

Die Selbstverständlichkeit und die Einmütigkeit, mit der über Feedback diskutiert wird, die Bedeutung von Feedback im tagtäglichen Handeln und in Interventionen hat ganz unterschiedliche Implikationen. Umfangreiches Wissen zu Feedback wurde erarbeitet; Vorschläge, Vorgaben und Leitlinien, wie sich Menschen Feedback geben sollten und wie Feedback zu verarbeiten ist, entstanden; mehr oder weniger komplexe Feedbacksysteme wurden entwickelt und kamen zum Einsatz.

Populäre Themen, die mit großer Einmütigkeit diskutiert werden, bergen Gefahren: die Gefahr, dass Fragen nicht gestellt werden, dass kritische Einwände nicht diskutiert werden, dass Möglichkeiten und Grenzen nicht erörtert werden, kurz: dass Theorie und Praxis nicht hinreichend reflektiert werden. So hinterlässt auch eine Auseinandersetzung mit dem Thema Feedback eine Reihe von Zweifel. Sie betreffen die theoretische Grundlagen, Konzeptionen und praktisches Handeln:

  1. 1.

    Der Begriff Feedback ist breit, umfassend und wenig trennscharf. Kann auf dieser Grundlage expliziert werden, was unter Feedback zu verstehen ist, wie sich Feedback von sozialer Interaktion unterscheidet? Ist der Begriff für die wissenschaftliche Diskussion und als Basis für praktisches Handeln geeignet?

  2. 2.

    Sowohl im alltäglichen Kommunikationsprozess als auch in gezielten Interventionen gibt es diverse Vorgaben, wie Feedback gestaltet werden sollte. Doch ist es möglich, unabhängig vom Kontext solche Vorgaben zu entwickeln? Auf welcher Grundlage? Basieren sie auf Alltagswissen oder auf empirischen Untersuchungen? Sind sie praktikabel?

  3. 3.

    Feedback wird eine Reihe wichtiger Funktionen zugeschrieben. Fraglich ist, ob Feedback so weitgehende Funktionen haben kann.

  4. 4.

    Über positive Wirkungen von Feedback wird viel berichtet. Doch welche Gefahren oder negative Wirkungen können mit Feedback verbunden sein? Welche Nebenwirkungen können auftreten? Inwieweit ist es sinnvoll und/oder vertretbar, negatives Feedback zu geben?

  5. 5.

    Feedback findet häufig in institutionellem Kontext, im Rahmen spezifischer Konstellationen von Macht und Ohnmacht statt. Feedback ist hier vielfach begleitet von mikropolitischen Prozessen in Unternehmen. Was ist unter diesen Bedingungen zu beachten?

  6. 6.

    Feedback ist oft mehr als Rückmeldung. Letztlich geht es darum, individuelle und/oder institutionelle Veränderungen einzuleiten. (Wie) kann dieser Anspruch realisiert werden, dieser Prozess gestaltet werden?

Einige der genannten Zweifel werden in den Beiträgen des vorliegenden Heftes aufgegriffen.

Eine grundlegende Auseinandersetzung mit dem Thema wird durch den Beitrag von Jörg Fengler „Feedback als Interventions-Methode“ ermöglicht. In dem Artikel wird der Begriff Feedback erörtert und in seiner Herkunft, Entstehung und Entwicklung eingeordnet. Die Leserinnen und Leser erhalten einen historischen Überblick und einen Einblick zum Thema, zu Hintergründen und Kontroversen. Konzeptionelle Überlegungen zum Feedbackprozess sowie Funktionen von Feedback werden diskutiert. Der Beitrag wird ergänzt um die Diskussion von Feedback in unterschiedlichen Handlungsfeldern. Der Beitrag von Jörg Fengler eröffnet uns nicht nur einen umfassenden und dennoch pointierten Überblick zum Thema; er vermittelt uns auch Wissen über Entwicklungsprozesse in diesem Feld. Er legt damit eine Grundlage für die in den andren Artikeln geführten Diskussionen zu spezifischen Schwerpunkten.

Der Beitrag von Johannes Bastian zu „Feedback in Lehr-Lernprozessen“ stellt die Organisation Schule in den Vordergrund. Ausgangspunkt ist die Bewertung der Lehrer durch Schüler – ein Prozess, der zunächst sinnvoll und nützlich erscheint, doch aber mit einer Reihe von Problemen verbunden ist und damit ein gut geeignetes Beispiel nicht nur für Bewertungs- sondern auch für Veränderungsprozesse in der Schule ist. Johannes Bastian sieht Feedback auf dem Hintergrund der (Schul-)Kultur. Er diskutiert Funktionen und daraus abgeleitet, Gegenstand von Feedback. Er macht deutlich, dass bei Feedback weniger der andere (d. h. der Lehrer), sondern vor allem der Prozess (d. h. der Lernprozess) im Vordergrund steht. Feedback kann die Beteiligten zu Experten in diesem Prozess werden lassen. Auf dem Hintergrund dieser Überlegungen formuliert Johannes Bastian ein Phasenmodell für die Feedbackarbeit. Sein Beitrag thematisiert somit zwei Aspekte, die über das Kernthema Feedback hinausgehen: die Übertragbarkeit auf das System Schule sowie die Gestaltung von Veränderungsprozessen.

Norbert Semmer und Nicola Jacobshagen gehen in ihrem Beitrag zu „Feedback im Arbeitsleben – eine Selbstwertperspektive“ davon aus, dass Menschen das Bedürfnis nach einem positiven Bild der eigenen Person haben. Durch Feedback besteht die Gefahr, dass dieses Bild gestört oder irritiert wird. Es gibt durchaus eine Reihe gut begründeter Vorschläge, wie Feedback gegeben werden soll, aber es gibt aber auch Unklarheiten und Kontroversen. Dazu gehören etwa internale Attribuierungen in Feedbackprozessen, die Differenziertheit von Begründungen von Feedback und die Mischung von negativem und positivem Feedback. Die Schwierigkeiten, gutes Feedback zu geben, die Probleme, Feedback im Rahmen der Mitarbeiterbeurteilung effektiv und Selbstwert fördernd einzusetzen, sind somit nicht unbedingt Pannen im Prozess sondern können Implikationen von unklaren Konzeptionen sein. Semmer und Jacobshagen wenden sich somit der zentralen, aber nur wenig diskutierte Frage zu, wie Feedback beim Empfänger ankommt, wie Feedback wahrgenommen, beurteilt und verarbeitet wird.

Weiter oben wurden einige Zweifel formuliert, die sich auf Konzeption, Funktion und Wirkung von Feedback bezogen. Wie der Überblick über die drei Beiträge zeigt, werden einige dieser Zweifel in den Beiträgen des vorliegenden Heftes behandelt. Wir hoffen, damit zur Klärung des Themas beizutragen. Einige Zweifel müssen offen bleiben. Wir wünschen uns, dass durch die Inhalte des Heftes weitere Diskussionen initiiert werden.

Eva Bamberg

Psychologisches Institut

Von Melle Park 11

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