Zusammenfassung
Häufig präsentieren Anbieter ihren Nachfragern die zur Auswahl stehenden Produkte in Listen. Beispiele hierfür bilden Online-Shops (z. B. für Nahrungsmittel, Elektroartikel oder Kleider), die ihre Erzeugnisse zumeist unter Berücksichtigung der vom Kunden gewünschten Auswahlkriterien in einer Rangfolge darbieten. Auch Auktionsportale, Suchmaschinen sowie Wohnungs-, Partner- oder Pkw-Börsen zeigen die für den Kunden als relevant erachteten Erzeugnisse bzw. Treffer in einer Liste. Aus theoretischen Ansätzen, die vor allem aus der deskriptiven Entscheidungstheorie stammen, lässt sich die Vermutung ableiten, dass der Rangplatz eines Produkts in einer Liste einen Effekt auf die Präferenz des Kunden für dieses Gut ausübt. Im Rahmen einer empirischen Studie im Markt für gebrauchte Fahrzeuge kann dieser Zusammenhang bestätigt werden. Bestimmte Rangplätze sind unabhängig von der Beschaffenheit der an diesen Stellen präsentierten Erzeugnisse bei den Individuen beliebter als andere. Für Hersteller und Händler (etwa Online-Shops) liefert die Studie Hinweise über den Zusammenhang zwischen der Art und Weise der Gestaltung von Listen (z. B. geordnet nach einem Kriterium oder randomisiert) und der Neigung von Individuen, sich für das erste, das mittlere etc. Produkt zu entscheiden. Wissenschaftler erlangen ein tieferes Verständnis über individuelles Verhalten bei der Wahl eines Produkts aus einer Liste und der dieses Verhalten determinierenden Faktoren.
Abstract
Customers often search for and choose from ordered sets. E. g., online shops present their product assortments as lists; very often the products are listed according to criteria as defined by the customers. Based on theoretical explanations it can be assumed that the rank of a product in a list effects its demand. An empirical study run in the market for used cars shows the importance of that effect. The study also reveals the most preferred rank and provides further insights for an optimal ordering of products. Furthermore, the understanding of individual decision about rank ordered products can be deepened.
Notes
Unter einer „Rangliste“ wird im Folgenden eine Liste verstanden, in der Produkte oder Unternehmen optisch präsentiert werden. Die Anordnung erfolgt entweder randomisiert oder nach einem beliebigen Sortierkriterium. Als solches Kriterium kann zum Beispiel der Preis oder ein spezifisches Produktmerkmal fungieren. Die verschiedenen Optionen können entweder untereinander oder nebeneinander präsentiert werden.
Im Rahmen von Vorarbeiten zu diesem Aufsatz fanden Gespräche mit Vertretern von Online-Shops sowie Auktions- und Buchungsportalen statt. Ohne den Anspruch auf Generalisierbarkeit zu erheben, lässt sich konstatieren, dass bei der Gestaltung von Produkt- oder Trefferlisten Überlegungen über das Entscheidungsverhalten der Individuen eine Rolle spielen. Zumeist liegen den Unternehmen keine Marktforschungserkenntnisse vor, jedoch entwickeln Marktforscher, Produktmanager etc. Szenarien über das Verhalten der Kunden bei der Wahl eines Objekts aus einer Liste. Auf Basis dieser Szenarien erarbeiten die zuständigen Manager Vorgaben für die Gestaltung von Listen.
Dies lässt sich anhand von Literaturrecherchen nachvollziehen, indem man zum Beispiel im Web of Science nach den Titelstichworten „presentation order“, „order effects“, „rank order“ oder „Reihenfolgeeffekte“ kombiniert mit den Begriffen „choice“, „preference“, „decision“, „Wahl“, „Entscheidung“ oder „Präferenz“ recherchiert.
Aufgrund einer möglichen Benachteiligung einzelner Autoverkäufer war es nicht möglich, die realen Verkaufslisten der Gebrauchtwagenbörse zu manipulieren. Deshalb wurde zur Untersuchung des Themas eine Liste so nachgestellt, dass sie einer realen Verkaufsliste, nach Vordefinition bestimmter Suchkriterien, nahe kommt. Insofern können in der Studie nur hypothetische, nicht aber reale Entscheidungen erfasst werden. Da es Belege für eine beachtliche Deckungsgleichheit zwischen hypothetischen und realen Entscheidungen gibt (Kühberger 2002), soll die Entscheidung als abhängige Variable fungieren, wohl wissend, dass es sich dabei nicht um realisierte, sondern um hypothetische Entscheidungen handelt. Es ist dennoch zu vermuten, dass eine hypothetische Entscheidungssituation mehr Aufschluss über das tatsächliche Entscheidungsverhalten liefert als eine Abfrage der Präferenzurteile aller präsentierten Produkte auf einer Likert-Skala (z. B. bei Eisenberg u. Barry 1988; Dean 1980; Scarpi 2004), weil eine mehrstufige Likert-Skala sensitiv auf kleinste Veränderungen in den Präferenzen reagiert; eine Überprüfung, inwieweit solche minimalen Präferenzunterschiede tatsächlich entscheidungsrelevant sind, ist nur anhand einer dichotomen Entscheidungssimulation zwischen den einzelnen Alternativen möglich.
Es muss darauf hingewiesen werden, dass es sich bei der „tatsächlich getroffenen“ Entscheidung um eine hypothetische Wahl handelt. Bei der Erfassung dieser Variable ist mit Abweichungen von der realen Entscheidung zu rechnen. Dennoch gehen wir davon aus, dass dies die beste Möglichkeit zur Operationalisierung der „realen Entscheidung“ ist und dass mögliche Beeinflussungsmechanismen in dieser Situation ähnlich wie in einer realen Entscheidung wirken sollten. Die Präferenznennungen auf den drei einzelnen Rating-Skalen hingegen sind als unbeeinflusste Standardmessung der individuellen Präferenzen zu betrachten, weil es sich dabei um ein Maß handelt, das in allen Konditionen auf die gleiche Art erhoben wurde und von entsprechenden Manipulationen unbeeinflusst blieb. Im Kern zielt die Messung der Entscheidungsqualität darauf ab, zu erfassen, ob die Versuchsteilnehmer in der Entscheidungssituation trotz wahrgenommener Beeinflussungsabsicht an den Attributspräferenzen festhalten, die sie in einer davon unabhängigen Präferenzmessung geäußert haben.
Unter der abhängigen Variable „Entscheidung“ soll hier die Auswahl eines spezifischen Fahrzeugs verstanden werden. Diese wird in Abhängigkeit von den dummy-kodierten Listenplätzen untersucht.
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Danksagung
Wir danken zwei anonymen Gutachtern für wertvolle Hinweise.
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Leesch, C., Herrmann, A. & Landwehr, J. Auf den Rangplatz kommt es an – Wirkung der Rangfolge von Produkten auf das Entscheidungsverhalten. Z Betriebswirtsch 80, 441–466 (2010). https://doi.org/10.1007/s11573-009-0351-9
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DOI: https://doi.org/10.1007/s11573-009-0351-9
Schlüsselwörter
- Produktanordnung
- Rangordnung
- Rangliste
- Kompromisseffekt
- Marketplace Metacognition
- Prospect Theory
- Recency und Primacy
- experimentelles Design
Keywords
- Product order
- Rank order
- Ranking
- Compromise effect
- Marketplace metacognition
- Prospect theory
- Recency and primacy
- Experimental design