Anamnese

Der 65-jährige Patient wurde aufgrund einer dialysepflichtigen Niereninsuffizienz, am ehesten aufgrund eines hypertensiven Organschadens, Anfang 2022 nach 18 Monaten Peritonealdialyse im Rahmen des Eurotransplant Senior Program nierentransplantiert. Die immunsuppressive Therapie erfolgte bei niedrigem immunologischen Risiko mit Basiliximab, Tacrolimus, Mycophenolat-Mofetil und Methylprednisolon, ergänzend wurde eine Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie-Prophylaxe mit Cotrimoxazol initiiert. Von einer antiviralen Prophylaxe wurde bei CMV(Zytomegalievirus)-seronegativem Spender abgesehen. Bei verzögerter Transplantatfunktionsaufnahme wurde am 8. Tag nach Transplantation mittels Biopsie eine benigne Nephrosklerose festgestellt, mutmaßlich spenderassoziiert. Die Immunsuppression wurde CNI(Calcineurininhibitor)-frei auf Belatacept umgestellt. Im kurzfristigen Verlauf wurde ein CMV-Infekt mit niedriger Kopienzahl (1074 U/ml) intravenös mit Ganciclovir therapiert. 6 Wochen postoperativ hatte sich die Transplantatfunktion bei einem Serumkreatinin (S-Kreatinin) von 1,2 mg/dl stabilisiert.

3 Monate nach Transplantation kam es zu einer Transplantatfunktionsverschlechterung (S-Kreatinin: 1,9 mg/dl) sowie einer dezenten Zunahme der Proteinurie (126 g/molKr), sodass eine erneute Transplantatbiopsie durchgeführt wurde.

Klinischer Befund

Zum Zeitpunkt der Biopsie präsentierte sich der Patient in moderat reduziertem Allgemeinzustand mit Leistungsabfall ohne Fieber; bei der körperlichen Untersuchung fanden sich keine nennenswerten Auffälligkeiten. Laborchemisch waren die Leukozyten und das C‑reaktive Protein (CRP) im Normbereich, die Polymerasekettenreaktionen (PCR) für CMV und BK-Virus waren negativ, ebenso ergab sich kein Nachweis donorspezifischer Antikörper.

In der durchgeführten Transplantatbiopsie zeigten sich im Nierenmark peritubulär Lymphozyten und Granulozyten (Abb. 1a), zudem zeigten sich in der Hämatoxylin-Eosin(HE)-Färbung und in den weiteren histochemischen Untersuchungen kugelige Erregerstrukturen mit einem Durchmesser bis maximal 4 µm (Abb. 1b), die auch im kortikalen Nierenparenchym nachweisbar waren.

Abb. 1
figure 1

Histopathologischer Befund in HE(Hämatoxylin-Eosin)- (a) und PAS(periodic acid Schiff)-Färbung (b) mit kugeligen Hefeformen mit einem Durchmesser bis ca. 4 µm (Pfeil)

Wie lautet Ihre Diagnose?

Der morphologische Befund ist vereinbar mit einer Histoplasmose der Transplantatniere. Die Diagnose wurde durch den Nachweis von Histoplasma-Antigen im Urin bestätigt, während die Serologie für Histoplasma negativ ausfiel. Zum Ausschluss einer möglichen Dissemination der Histoplasmose wurde eine erweiterte Bildgebung mittels Computertomographie (CT) des Thorax, Magnetresonanztomographie (MRT) des Abdomens sowie Positronenemissionstomographie(PET)-CT durchgeführt. In der Abdomen-MRT stellte sich das Transplantat geschwollen mit reduzierter Mark-Rinden-Differenzierbarkeit, zudem mit multiplen segmentalen Infarkten ohne Hinweis auf Pseudotumoren oder Abszesse dar (Abb. 2a). In der PET-CT zeigten sich korrespondierend eine flaue Imbibierung der Transplantatloge (Abb. 2b) sowie eine Nuklidanreicherung in Schilddrüsenknoten und Sigma. Ein Histoplasmosebefall des Sigmas wurde mittels Sigmoidoskopie makroskopisch und histologisch ausgeschlossen. Basierend auf diesen Befunden wurde die Diagnose einer lokalen Histoplasmoseinfiltration der Transplantatniere gestellt.

Abb. 2
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Bildmorphologischer Befund der Magnetresonanztomographie des Abdomens (a) und der Positronenemissionstomographie/Computertomographie (b)

Die genaue Ätiologie bleibt unklar. Nach Rücksprache mit der Deutschen Stiftung Organspende wurde in den vorliegenden Materialproben des Spenders einschließlich einer Biopsie der ebenfalls transplantierten Leber kein Hinweis auf eine Histoplasmose festgestellt. Der Organempfänger gab an, vor 23 Jahren einen 3‑monatigen Aufenthalt in Mexiko gehabt zu haben, wodurch eine Reaktivierung im vorliegenden Fall am naheliegendsten scheint.

Therapie und Verlauf

Bei histopathologischem Verdacht mykotischer Veränderungen wurde zunächst eine empirische Therapie mit Fluconazol eingeleitet, die bei definitiver Diagnose einer Histoplasmose auf eine intravenöse Therapie mit liposomalem Amphotericin B und Itraconazol umgestellt wurde. Hierunter verschlechterte sich die Transplantatfunktion, weshalb die Therapie auf Itraconazol oral unter Talspiegelkontrolle (Zielspiegel: 1–4 mg/l) umgestellt wurde. Die Therapie erfolgte in Kooperation mit der Tropenmedizin; Diagnostik wurde regelmäßig an das Mykologielabor des Robert-Koch-Instituts versandt. Die Immunsuppression wurde auf eine Methylprednisolonmonotherapie (16 mg, 1‑0-0) reduziert.

Eine Kontrollbiopsie bei erneuter Verschlechterung der Transplantatfunktion 5 Wochen nach Therapieeinleitung (S-Kreatinin bis 4,3 mg/dl) war ohne Anhalt für eine infektiöse Komponente oder eine Rejektion. Bei subtherapeutischen Spiegeln wurde die Itraconazolgabe auf eine Flüssigformulierung umgestellt, wonach ein Anstieg der Cholestaseparameter, Taubheit der Füße, Haarausfall und Zittern auftraten. Bei anzunehmender Medikamententoxizität und nun nicht mehr nachweisbarem Histoplasma-Antigen wurde die antimykotische Therapie daher nach 10 Wochen zunächst pausiert. Die Immunsuppression wurde um Azathioprin ergänzt, auch um Kortison bei einem neu aufgetretenen Diabetes mellitus einzusparen.

Aufgrund eines Infektwertanstiegs (CRP: 115 mg/l) und einer therapierefraktären Leukozyturie erfolgte 4 Monate nach initialer Diagnose eine weitere Biopsie. Hier zeigte sich fokal erneut ein granulomatoides Entzündungsinfiltrat mit einzelnen, teils gruppiert angeordneten, rundlichen PAS- und Grocott-positiven Strukturen (Durchmesser: 2–4 µm), vereinbar mit einem Rezidiv der Histoplasmose, wobei jedoch weder mittels PCR noch serologisch oder kulturell ein Nachweis von Histoplasma gelang. Bei nicht auszuschließendem Rezidiv wurde jedoch die antimykotische Therapie nach zirka 2‑monatiger Pause mit nun Isavuconazol wieder aufgenommen. 6 Monate nach Erstdiagnose wurde bei erneutem Anstieg der Transaminasen und Cholestaseparameter die antimykotische Therapie jedoch nach Nutzen-Risiko-Abwägung und weiterhin negativer Histoplasma-Diagnostik eingestellt. Ebenso wurde die Immunsuppression mit Azathioprin beendet und auf eine niedrig dosierte Methylprednisolonmonotherapie (4 mg, 1‑0-0) umgestellt. Eineinhalb Jahre später besteht eine seit Therapieende unverändert stabile, aber deutlich eingeschränkte Organfunktion (S-Kreatinin: ca. 3,0 mg/dl) bei subjektiv gutem Wohlbefinden des Patienten.

Diskussion

Histoplasma capsulatum, der Erreger der Histoplasmose, ist ein dimorpher Pilz: In infizierten Organismen tritt er in Hefeform auf, während er in der Natur als Saprophyt in Myzelform existiert, wobei infektiöse Konidien des Pilzes u. a. durch Inhalation von infektiösem Material bei Feld- und Erdarbeiten oder z. B. in Fledermaushöhlen aufgenommen werden können. Endemiegebiete sind Teile der USA, Südamerika, Teile Afrikas sowie Südostasien, während Infektionen in Deutschland in der Regel nur nach Auslandsaufenthalten auftreten [1].

Nach kurzer Inkubationszeit von 1 bis 3 Wochen kann neben einem bei immunkompetenten Patienten meist symptomlosen Verlauf eine pulmonale oder disseminierte Form auftreten. Patienten mit T‑Zell-Defekt oder Immunsuppression stellen die Risikogruppe für eine akute progressive disseminierte Form dar; klinisch kann es neben einer Allgemeinsymptomatik mit Fieber zu einem akuten septischen Krankheitsverlauf mit Hepatosplenomegalie kommen. Neben einer Panzytopenie oder einer Erhöhung der Cholestaseparameter können schwere Infektionen von einem Hämophagozytosesyndrom begleitet sein. Die chronische progressive disseminierte Form, welche meist bei älteren Patienten auftritt, kann mit Schleimhautulzera, Nebenniereninsuffizienz und Beteiligung des zentralen Nervensystems einhergehen [1].

Bei Empfängern solider Organe ist die Histoplasmose trotz erhöhter Infektanfälligkeit selten: Prospektive Daten aus 23 Transplantationszentren in den USA zeigten eine kumulative 1‑Jahres-Inzidenz von 0,1 %, wobei mehr als ein Drittel der Fälle in den ersten 6 Monaten nach Transplantation auftraten [2]. Spenderübertragene Infektionen sind mit geschätzt 1:10.000 Transplantationen äußerst selten, wobei die Häufigkeit je nach Geografie stark variiert [3]. Nach überstandener Primärinfektion ist bei lebenslanger Erregerpersistenz eine Reaktivierung unter Immunsuppression möglich, jedoch auch in Endemiegebieten eine Rarität [3].

Die kulturelle Anzucht von Histoplasma capsulatum gilt als diagnostischer Goldstandard, kann jedoch bis zu 4 Wochen dauern [4]. Die direkte histopathologische Aufarbeitung von Proben betroffener Organe wie typischerweise Lunge, Leber, Haut, Lymphknoten oder Knochenmark kann die Diagnosestellung beschleunigen. Histologisch imponieren intrazelluläre 2–4 μm große Hefezellen mit oder ohne Vorliegen von Granulomen. Bei immunsupprimierten Patienten kann der Nachweis von Histoplasma-Antigen in Urin oder Blut mittels Enzymimmunoassay erfolgen. In der bisher größten multizentrischen Fallserie von 152 Empfängern solider Organe mit Histoplasmose zeigten Assi et al., dass der Nachweis von Histoplasma-Antigen im Urin mit einer Positivität bei 93 % den sensitivsten Test darstellte [5]. Histoplasma-spezifische Antikörper sind 4 bis 8 Wochen nach symptomatischer Infektion detektierbar, fallen bei lokalisierten Infekten oder Immunsuppression jedoch oft falsch-negativ aus.

Milde Verlaufsformen sollten vorzugsweise mit Itraconazol (200 mg 2‑mal täglich) für mindestens 12 Monate therapiert werden [4]. Bei schweren pulmonalen Formen oder disseminierter Infektion ist eine initiale Therapie mit liposomalem Amphotericin B für 1 bis 2 Wochen, gefolgt von einer Anschlussbehandlung mit Itraconazol (200 mg, 2-mal täglich) für 12 Monate, empfohlen, wenn möglich begleitet von einer Reduktion der Immunsuppression, insbesondere des CNI, zur Minimierung des Rezidivrisikos [4].

Diagnose: lokale Histoplasmoseinfiltration der Transplantatniere

Das Therapiemonitoring umfasst Talspiegelmessungen der antimykotischen und der immunsuppressiven Therapie, wobei auf Interaktionen zwischen Azolen und CNI geachtet werden muss. Zur Beurteilung des Therapieansprechens und zur Erkennung eines Rezidivs kann der Histoplasma-Antigen-Nachweis im Urin genutzt werden. Assi et al. berichteten bei 6 % der Empfänger solider Organe mit Histoplasmose von einem Rezidiv, v. a. bei verkürzter antimykotischer Therapie [5]. 10 % der Patienten mit Histoplasmose verstarben, der Großteil davon bereits im 1. Monat nach der Diagnose; als Risikofaktoren wurden ein höheres Alter und ein schwerer Verlauf identifiziert [5].

Fazit für die Praxis

  • Die Histoplasmose verläuft bei immunkompetenten Patienten meist asymptomatisch, unter Immunsuppression ist ein akut progressiver Verlauf bis hin zu einer schweren Sepsis möglich.

  • Die kulturelle Anzucht gilt als Goldstandard, ist jedoch zeitaufwendig. Der Histoplasma-Antigen-Nachweis in Urin/Blut hat die höchste Sensitivität bei immunsupprimierten Patienten; die Serologie ist oft falsch-negativ.

  • Bei milder bis moderater Infektion Therapie mit Itraconazol für mindestens 12 Monate, bei schwerer Infektion initial liposomales Amphotericin B; zeitgleich Empfehlung zur Reduktion der Immunsuppression.