Die zunehmende Hitzeexposition ist eine der wichtigsten klimawandelbedingten Gesundheitsgefahren in Deutschland. V. a. für ältere Menschen und chronisch Vorerkrankte ist Hitze mit einem Gesundheitsrisiko verbunden. Während Hitzewellen steigt das Risiko für Nierenerkrankungen wie akute Nierenschädigungen, Urolithiasis und Harnwegsinfektionen an, auch die durch Nierenerkrankungen bedingte Mortalität nimmt zu. Für Nierenpatient:innen stellt das Zusammenspiel von Hitze, Luftschadstoffen und anderen Umweltfaktoren eine besondere Belastung dar. Nephrolog:innen können durch hitzespezifische Beratung und Behandlung zum Schutz von vulnerablen Patient:innen beitragen.

Klimawandelfolgen in Deutschland

Durch den menschlichen Eingriff in das planetare Klimasystem ist die globale Mitteltemperatur seit dem 19. Jahrhundert um 1,2 °C angestiegen [1]. Deutschland hat sich in derselben Zeit bereits um mehr als 2 °C im Mittel erwärmt [2]. Entsprechend aktuellen Entwicklungen der globalen Treibhausgasemissionen bewegt sich die Welt auf eine Erwärmung von ungefähr 3 °C bis Ende des 21. Jahrhunderts zu [3]. Für Deutschland würde dies einen Anstieg der mittleren Temperaturen von bis zu 6 °C bedeuten [2].

Der Hitzerekordsommer von 2003, der zum ersten Mal in Europa zu Zehntausenden von hitzebedingten Sterbefällen führte [4], wäre ohne eine erhöhte Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Temperaturextremen bzw. eine Erhöhung der Temperaturvariabilität, ausgelöst durch den menschengemachten Klimawandel, nicht zu erklären [5].

Durch den Klimawandel kommt es in Deutschland zu häufigeren, längeren und intensiveren Hitzewellen

Entsprechend diesen Entwicklungen werden inzwischen auch in Deutschland Spitzentemperaturen von über 40 °C erreicht, im Juli 2022 beispielweise mit dem Allzeitrekord an der Wetterstation Hamburg-Neuwiedenthal von 40,1 °C [6]. Gepaart sind diese extrem hohen Temperaturen während des Tages zunehmend mit sog. Tropennächten, in denen die Minimaltemperaturen nicht unter 20 °C fallen. Tropennächte sind in Deutschland bisher immer noch selten, mit durchschnittlich weniger als 4 pro Jahr [7]. Bis zur Mitte des Jahrhunderts könnten bei weiterhin ungebremstem Klimawandel im Südwesten und Osten Deutschlands bis zu 20 Tropennächte pro Jahr verzeichnet werden [7].

Auswirkungen von Hitze auf die Gesundheit

Die zunehmende Hitzeexposition stellt eines der wichtigsten Gesundheitsrisiken des Klimawandels in Deutschland dar. Es ist inzwischen wissenschaftlich bestens belegt, dass hohe Lufttemperaturen Auswirkungen auf die Mortalität [8, 9], die Morbidität (z. B. Rettungsdienstrufe, Krankenhauseinweisungen; [10, 11]), den Schwangerschaftsverlauf [12] und die mentale Gesundheit haben [13]. Auch die pathophysiologischen Mechanismen, die den beobachteten Assoziationen zugrunde liegen, werden immer besser verstanden [14]. Üblicherweise ist der körperliche Hitzestress dadurch bedingt, dass es zu einer Dehydrierung aufgrund verstärkter Schweißproduktion und zu einer (Über‑)Anstrengung des Herz-Kreislauf-Systems aufgrund einer Erweiterung der kutanen Blutgefäße und einhergehender Veränderung der Durchblutung kommt.

Besonders vulnerabel gegenüber Hitzeexposition sind ältere Menschen, Menschen mit Vorerkrankungen und Kleinkinder (Tab. 1). Nur ein Bruchteil der jährlich beobachteten hitzebedingten Mortalität lässt sich durch Fälle von akutem Hitzschlag erklären. Todesursachenspezifische Untersuchungen ergeben, dass sich die Mehrheit der hitzebedingten Sterbefälle auf kardiovaskuläre und respiratorische Vorerkrankungen zurückführen lässt. Ein deutlich erhöhtes hitzebedingtes Mortalitätsrisiko findet sich aber auch bei nierenbedingter Todesursache [15]. Neben hohen Temperaturen während des Tages führen auch warme Nächte nachweislich zu einem erhöhten hitzebedingten Mortalitätsrisiko [16, 17].

Tab. 1 Vulnerable Risikogruppen für hitzebedingte Gesundheitsschäden [18, 19]

In den 15 größten deutschen Städten sind im Durchschnitt der letzten knapp 30 Jahren (1993–2020) gut 1,5 % der jährlichen Gesamtmortalität hitzebedingt (Abb. 1). Das entspricht in etwa 18 Todesfällen pro 100.000 Einwohner:innen im Jahr. Die durchschnittliche hitzebedingte Sterbefallrate in den Großstädten ist damit mehr als 4‑mal so hoch wie die Sterbefallrate im Verkehr in Deutschland. In Jahren mit extremen Hitzewellen, wie zuletzt 2018, kann die hitzebedingte Mortalität 3 % der jährlichen Gesamtmortalität in den Großstädten erreichen (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Hitzebedingte Sterbefälle als prozentualer Anteil an der jährlichen Gesamtmortalität für die Jahre 1993–2022 im Durchschnitt der 15 größten Städte in Deutschland (berücksichtigt sind ca. 18 % der deutschen Bevölkerung): Die hellroten Balken zeigen vorläufige Schätzungen für die Jahre 2021 und 2022, in denen zum Zeitpunkt der Analyse die registrierten täglichen Gesamtsterbefallzahlen noch nicht vorlagen; die grauen Balken entsprechen den 95 %-Konfidenzintervallen. (Datenquellen: Forschungsdatenzentrum der Statistischen Ämter [FDZ] und Deutscher Wetterdienst [DWD], mit freundl. Genehmigung, © V. Huber, alle Rechte vorbehalten)

Im Durchschnitt lassen sich schon heute knapp 30 % der hitzebedingten Sterbefälle in Deutschland auf den menschengemachten Klimawandel zurückführen [20]. Bei einem Anstieg der globalen Mitteltemperatur um 3 °C könnte sich die durchschnittliche hitzebedingte Mortalität in Deutschland verdreifachen [21]. Schon in einer um durchschnittlich 2 °C wärmeren Welt könnte ein extremer Sommer, wie er nur 1‑mal in 100 Jahren auftritt, eine hitzebedingte Mortalität von bis zu 10 % der Gesamtmortalität in Deutschland herbeiführen [22].

Aus räumlichen Querschnittstudien ist bekannt, dass sich die Bevölkerung bezüglich Hitze an das lokale Klima anpassen kann. So liegt beispielsweise die Tagesmitteltemperatur, bei der in Berlin das geringste hitzebedingte Mortalitätsrisiko verzeichnet wird, bei derzeit etwa 19 °C [21], während es in Madrid 24 °C sind [23]. Es herrscht jedoch Unsicherheit darüber, ob die diesen Beobachtungen zugrunde liegenden Anpassungsprozesse mit dem Klimawandel Schritt halten können.

Akute hitzebedingte Nierenerkrankungen

Hohe Außentemperaturen und Hitzewellen sind mit einer Beeinträchtigung der Nierenfunktion und dem Auftreten von Nierenerkrankungen verbunden. Während Hitzewellen gehören Nierenfunktionsstörungen zu den häufigsten Ursachen für Hospitalisierungen [24]. Eine Metaanalyse zeigte, dass pro Temperaturanstieg um 1 °C das Risiko für nierenbezogene Morbidität um 1 % und das für nierenbezogene Mortalität um 3 % steigt [25]. Auch während Hitzewellen erhöht sich das Risiko für Nierenerkrankungen, wobei das Risiko mit der Intensität der Hitzewelle zunimmt [25]. Auch in einer kürzlich erschienen Studie, in der über 1 Mio. Notaufnahmevorstellungen aufgrund von Nierenerkrankungen analysiert wurden, waren Hitzetage mit einem höheren Risiko für Vorstellungen in der Notaufnahme assoziiert [26]. Interessanterweise war dieser Zusammenhang in den Übergangsmonaten, insbesondere im Mai, am stärksten, was auf eine nicht ausreichende physiologische und Verhaltensanpassung zu Beginn der Hitzesaison hinweisen könnte.

Auch für Patient:innen mit terminalem Nierenversagen („end-stage renal disease“, ESRD) ist Hitze mit einem erhöhten Risiko für Krankenhauseinweisungen und Mortalität verbunden, insbesondere für solche, die an Komorbiditäten wie Herzinsuffizienz, chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung („chronic obstructive pulmonary disease“, COPD) oder Diabetes mellitus leiden [27].

Das Risiko für Morbidität und Mortalität durch Nierenerkrankungen steigt während Hitzewellen

Hitzewellen sind mit einem vermehrten Auftreten von akuten Nierenschädigungen („acute kidney injury“, AKI), Elektrolytstörungen, Urolithiasis und Harnwegsinfektionen assoziiert [25, 26, 28, 29]. Der erhöhte Flüssigkeitsverbrauch durch eine vermehrte Schweißproduktion kann zu Dehydratation führen, wenn Flüssigkeitsdefizite nicht ausgeglichen werden. Der Volumenmangel im Gefäßsystem geht zudem mit einer renalen Minderperfusion einher, die eine passagere Einschränkung der Nierenfunktion bis hin zum prärenalen akuten Nierenversagen (ANV) zur Folge haben kann [14]. Gleichzeitig beeinflusst der Hydrationsstatus die Thermoregulation, sodass u. a. eine durch Flüssigkeitsverluste eingeschränkte Schweißproduktion zu einem erhöhten Risiko für hitzebedingte Gesundheitsstörungen führen kann ([30]; Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Physiologische Prozesse bei Hitzebelastung, die die Nieren betreffen. (Mod. nach [14])

Neben dem bereits beschriebenen dehydratationsbedingten Nierenversagen kann eine AKI auch als Komplikation eines Hitzschlags auftreten. Die Inzidenz von AKI bei Hitzschlag liegt dabei zwischen 35 und 60 % [31]. Auch bei Hitzschlag kann eine renale Minderperfusion durch hitzebedingte Hypotonie, Dehydratation und periphere Vasodilatation zu einer Nierenfunktionsstörung führen, jedoch können auch weitere pathophysiologische Mechanismen wie direkte thermische Schädigung, Rhabdomyolyse und erhöhte Blutviskosität infolge einer disseminierten intravasalen Gerinnung zur hitzschlagassoziierten AKI beitragen [32]. Eine durch Rhabdomyolyse ausgelöste AKI wird v. a. bei anstrengungsinduziertem Hitzschlag in Kombination mit einer Dehydratation beobachtet [32]. Auch wenn sich nach der akuten Krankheitsphase die Nierenfunktion wieder erholt [33] kann es in einigen Fällen im Verlauf zu einer chronischen Nierenerkrankung („chronic kidney disease“, CKD) kommen [34].

Elektrolytstörungen sind durch exzessives Schwitzen möglich, können aber ebenfalls als Folge von hitzebedingten Nierenschäden auftreten [28]. So sind Störungen des Elektrolythaushalts auch häufig mit einem Hitzschlag verbunden, wobei sich typischerweise Unterschiede zwischen klassischem und anstrengungsinduziertem Hitzschlag zeigen [32]. Bei letzterem sind Elektrolytstörungen häufig stärker ausgeprägt, möglicherweise da diese Art des Hitzschlags v. a. mit starkem Schwitzen assoziiert ist, wohingegen insbesondere ältere Menschen für einen klassischen Hitzschlag gefährdet sind und bei diesen die Fähigkeit zu schwitzen altersbedingt eingeschränkt ist [35].

Auch das Auftreten von Harnsteinen und Harnwegsinfektionen kann mit exzessivem Schwitzen bei Hitzebelastung und daraus resultierender Dehydratation zusammenhängen. Die genauen Mechanismen sind für beide Krankheitsbilder noch unklar, jedoch wird vermutet, dass eine Konzentrierung des Urins zu einer Kalziumübersättigung führen und so die Steinbildung begünstigen kann [36]. Ähnlich verhält es sich wahrscheinlich bei der Genese von hitzebedingten Harnwegsinfektionen, wo die Konzentration von Erregern in den Harnwegen durch Harnkonzentrierung, reduziertes Harnvolumen und reduzierten Harnfluss erhöht sein und so Infektionen begünstigen könnte [37].

Chronische Nierenerkrankungen als mögliche Folge des Klimawandels

Die Evidenz für CKD im Zusammenhang mit Hitzewellen ist im Gegensatz zu akuten Nierenschäden weniger klar. Grundsätzlich bedingen sich CKD und AKI gegenseitig, CKD ist ein Risikofaktor für AKI, und AKI ist ein Risikofaktor für die Entstehung von CKD [38]. In jüngeren Jahren sind vermehrt Fälle von CKD unbekannter Herkunft (CKDu) beschrieben worden, insbesondere in Zentralamerika und Sri Lanka [39]. Die CKDu betrifft hauptsächlich arme, eher junge Feldarbeiter, die bei hohen Außentemperaturen schwere körperliche Arbeit verrichten. Die genaue Ursache der CKDu ist noch nicht geklärt, wobei eine der führenden Hypothesen die Erkrankung auf zunehmenden Hitzestress durch den Klimawandel zurückführt. Aus diesem Grund hat sich auch die Bezeichnung „Hitzestressnephropathie“ eingebürgert. Im Einzelnen wird angenommen, dass zum einen wiederkehrende, subklinische AKI im Verlauf kumulativ die Nierenfunktion einschränken und somit zu CKD führen, zum anderen können CKD auch durch einzelne schwere akute Verläufe entstehen [40]. In der Tat stellen in heißen Umgebungen Arbeitende eine besondere Risikogruppe für Hitzestress und Nierenschäden dar. Eine Metaanalyse zeigte, dass diese ein 4‑fach erhöhtes Risiko für Hitzestress haben gegenüber Arbeitenden unter thermoneutralen Bedingungen [41]. Bei 15 % derer, die typischerweise unter Hitzebedingungen arbeiten, treten Nierenerkrankungen oder akute Nierenschäden auf [41]. Im Fall der CKDu werden jedoch auch weitere mögliche Ursachen wie u. a. Umweltschadstoffe und Pestizide diskutiert, insbesondere für die Fälle in Südostasien [42]. Letztlich scheint auch eine multifaktorielle Genese wahrscheinlich, in der Hitzestress einen Teilaspekt darstellen kann [42].

Medikamenteneinnahme bei Hitze

Von vielen Medikamenten wird angenommen, dass sie zur Hitzevulnerabilität beitragen (siehe auch Tab. 1; [18]). Einerseits können Medikamente selbst bei Hitze physikalischen Schaden nehmen, andererseits kann die Pharmakokinetik bei Hitze verändert sein (z. B. bei vorwiegend renal ausgeschiedenen Medikamenten bei dehydratationsbedingter Nierenfunktionsstörung) und so vermehrt zu unerwünschten Nebenwirkungen führen [18, 24]. Des Weiteren greifen einige Medikamente auch direkt in die Thermoregulation ein und können physiologische Anpassungsmechanismen an hohe Temperaturen beeinträchtigen [24].

Die Einnahme von Diuretika kann zu hitzebedingten Gesundheitsschäden beitragen

Aufgrund der aktuell noch limitierten Evidenz ist es für viele Medikamentengruppen schwierig, die mögliche therapeutische Indikation gegen hitzeassoziierte Risiken und unerwünschte Arzneimittelwirkungen abzuwägen [43]. Nichtsdestotrotz kommt insbesondere der Medikamentengruppe der Diuretika eine besondere Bedeutung zu. Sie gehören zu den am häufigsten verschriebenen Medikamenten Deutschlands [43] und können unter Hitze zu Dehydratation und Elektrolytentgleisungen führen [24]. Eine US-amerikanische Studie zeigte, dass die Einnahme von Schleifendiuretika während Hitzewellen mit einer Risikoerhöhung für hitzebedingte Krankenhauseinweisungen verbunden ist [44]. Während der Hitzewelle im Sommer 2003 gehörte die Vorbehandlung mit Diuretika zu den wichtigsten Risikofaktoren für hitzschlagassoziierte Todesfälle [45].

Daher ist es besonders wichtig, Patient:innen, die hitzesensibilisierende Medikamente wie Diuretika einnehmen, entsprechend zu Präventionsmaßnahmen zu beraten und hinsichtlich ihrer Medikamenteneinnahme und ihres Gesundheitszustands engmaschiger zu überwachen. Zudem sollten Diuretikadosis und entsprechende Trinkmengenempfehlungen während Hitzeperioden kritisch überdacht werden.

Luftverschmutzung, Lufttemperatur und weitere Umweltfaktoren im Zusammenspiel bei Nierenpatient:innen

Klima und Feinstaub sind eng miteinander verbunden [46]. So sind Unterschiede in den Feinstaubkonzentrationen neben Schwankungen in den natürlichen und anthropogenen Emissionsquellen auch auf den Einfluss von Wetter und Witterung zurückzuführen. Durch den mit dem Klimawandel verbundenen Lufttemperaturanstieg verändern sich die atmosphärische Zirkulation sowie das kurzzeitige Wetter- und Witterungsgeschehen. Die damit verknüpften Änderungen in den atmosphärischen Prozessen zum Transport und zur Durchmischung von Luftmassen nehmen Einfluss auf die Prozesse bei der Entstehung von Feinstaub und somit auf die Feinstaubbelastung [47]. Aufgrund der unterschiedlichen Reaktionen von Luftschadstoffkomponenten auf meteorologische Faktoren sind die Auswirkungen der Meteorologie sehr komplex und teilweise noch nicht ausreichend erforscht. Andererseits tragen Luftschadstoffe zum Klimawandel bei, da sie Einfluss auf atmosphärische Prozesse haben.

Nierengesundheit in Assoziation mit Luftschadstoffbelastung wurde bisher noch nicht in den sog. Integrated Science Assessments der US-Umweltbehörde (https://www.epa.gov/isa) auf kausale Zusammenhänge untersucht, jedoch finden immer mehr epidemiologische Studien Hinweise für einen solchen Zusammenhang [48]. Zudem scheinen Patient:innen mit CKD und Nierentransplantatempfänger:innen empfindlicher auf Schadstoffbelastung zu reagieren [49, 50]. Die biologischen Wirkungspfade zwischen der Nierenfunktion, ihren klinischen Endpunkten und der Luftschadstoffbelastung sind allerdings bisher nicht vollständig klar ([51]; siehe dazu auch den Artikel von Ana Rappold in dieser Ausgabe).

Aber auch weitere Umweltfaktoren und Faktoren der gebauten Umwelt zeigen einen Einfluss auf Nierenerkrankungen, wie eine erste Studie aus Taiwan zeigen konnte [52]. Die Maximierung des Landnutzungsmix und der Grünflächen sowie die Minimierung der Intensität der Stadtentwicklung, der Zersiedelung der Städte und des Industrieniveaus könnten laut Shen et al. dazu beitragen, die Rate von Nierenerkrankungen zu senken. Luftverschmutzung, hohe Temperaturen wie auch der Anteil älterer Menschen erhöhten in dieser Studie die Nierenerkrankungsrate, während die Möglichkeit des Zugangs zu medizinischen Ressourcen die Nierenerkrankungsrate verringerte.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass eine reduzierte Krankheitslast durch CKD über eine Verschränkung von effektiver Umwelt-Governance und Präventionsstrategien erreichbar wäre.

Die Rolle der Nephrolog:innen

Die Gesundheitsminister:innen der Länder forderten in der gemeinsamen Gesundheitsministerkonferenz (GMK) 2020 die Erstellung von Hitzeaktionsplänen innerhalb eines 5‑Jahres-Zeitraums, wobei dafür auch alle relevanten Gesundheitsakteur:innen einbezogen werden sollen [53]. Auch wenn in den letzten Jahren eine Reihe von Initiativen, v. a. in Städten, zur Umsetzung von Hitzeaktionsplänen zum Schutz der Gesundheit [54] in Deutschland gestartet wurde [55], sind bisher sowohl die Kommunen als auch das Gesundheitswesen in Deutschland nur bedingt auf die gesundheitlichen Gefahren durch Hitzewellen vorbereitet [56]. Für den Schutz vulnerabler Bevölkerungsgruppen in einer akuten Hitzesituation spielen der Gesundheitssektor und auch Fachärzt:innen sowohl in Kliniken als auch in Praxen eine essenzielle Rolle. Hitzeschutz ist ärztliche Aufgabe [57], und es ist wichtig, dass Ärzt:innen sich in Vorbereitung auf heißere Sommer und häufigere Hitzewellen über hitzeassoziierte Erkrankungen, ihre Behandlung und Prävention informieren und ggf. auch Kolleg:innen dafür sensibilisieren. Ein Beispiel dafür, wie sich Ärzt:innen aufstellen können, zeigt das „Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin“ (siehe Infobox).

Infobox Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin

Das Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin ist eine im Jahr 2022 ins Leben gerufene Initiative aus Ärzt:innen, Pflege, Katastrophenschutz, Rettungsdiensten und dem Öffentlichen Gesundheitsdienst. Um vulnerable Bevölkerungsgruppen bereits im Sommer des gleichen Jahres zu schützen, wurden eine Warnkette für anstehende Hitzeereignisse implementiert, Musterhitzeschutzpläne für Gesundheitseinrichtungen mit beispielhaften Hitzeschutzmaßnahmen erstellt und Kurzschulungsmaterialien entwickelt.

Die Materialien sind frei verfügbar: https://hitzeschutz-berlin.de

Angesichts des erhöhten gesundheitlichen Risikos sowohl für Nierenerkrankungen als auch von Patient:innen mit Nierenerkrankungen bei hohen Temperaturen und während Hitzewellen sind auch Nephrolog:innen gefragt, in dieser Hinsicht Verantwortung zum Schutz vulnerabler Gruppen zu übernehmen und ihre Patient:innen mit Verhaltensempfehlungen zur Vermeidung starker Hitzeexposition und zu einer möglichen Anpassung der Medikation beratend auf den Sommer und auf hohe Temperaturen vorzubereiten [58]. Besonders gefährdete Patient:innen können während Hitzeperioden gesondert kontaktiert und begleitet werden. Bei auftretenden Beschwerden an heißen Tagen und während Hitzewellen sind die spezifischen gesundheitlichen Auswirkungen von Hitze zu bedenken, insbesondere auch im Zusammenspiel mit Luftverschmutzung.

Nephrolog:innen schützen vulnerable Gruppen durch hitzespezifische Beratung und Behandlung

Niedergelassene Nephrolog:innen können die Umsetzung ausgewählter Hitzeschutzmaßnahmen in der eigenen Praxis prüfen und stationär tätige Ärzt:innen abteilungsspezifische Hitzeschutzpläne oder sogar klinikweite Maßnahmen anregen. Solche Maßnahmen betreffen den Behandlungs- und Praxisablauf, wie beispielsweise das Einbestellen von gefährdeten Patient:innen in den kühleren Morgenstunden während Hitzewellen. Auch weniger investive Maßnahmen in Vorbereitung auf den Sommer wie etwa die Montage von Beschattungsvorrichtungen sind denkbar. Nicht zu vergessen sind bei der Vorbereitung Dialysezentren, die sich beispielsweise auf etwaige Stromausfälle bei extremen Hitzeereignissen vorbereiten müssen.

Da Hitze bereits heute ein Risiko für u. a. Patient:innen mit Nierenerkrankungen darstellt, sind schnell umsetzbare Maßnahmen gefordert. Zum umfassenden Hitzeschutz gehören aber auch investive baulich-technische Maßnahmen in Versorgungseinrichtungen, denen sich langfristig ebenfalls gewidmet werden sollte. Da jedoch davon ausgegangen werden kann, dass die gesundheitliche Belastung durch Hitze in Zukunft zunehmen wird, sind wirkungsvolle Anpassungsmaßnahmen unabdingbar; sie reduzieren späteren Mehraufwand und schützen die eigene Produktivität und Gesundheit.

Aus‑, Fort- und Weiterbildung im Fachbereich

Ein umfassendes Angebot und eine Verankerung von gesundheitlichen Aspekten des Klimawandels sowie Möglichkeiten der Vorsorge und der Anpassung, wie z. B. durch gesundheitlichen Hitzeschutz, in den Curricula der Aus‑, Fort- und Weiterbildung für medizinische Berufe sind notwendig [57, 58]. Auch in Facharztpraxen von Nephrolog:innen und in entsprechenden Klinikabteilungen kann die Vermittlung von entsprechendem Fachwissen und Zusammenhängen durch das Angebot von Fortbildungen das Bewusstsein für die Handlungsnotwendigkeit und -optionen schärfen. Dabei sind auch nichtärztliche Berufsgruppen einzubinden, die eine wesentliche Rolle bei Hitzeschutzmaßnahmen übernehmen können.

Für eine adäquate Handlungsfähigkeit ist die Verankerung in der Aus‑, Fort- und Weiterbildung notwendig

Die Ärzt:innenschaft ist gefordert, sich klar zum Hitzeschutz zu bekennen und Hitze eine höhere Priorität einzuräumen. In der Patient:innenversorgung, den Fachgesellschaften, Berufsverbänden und Ärztekammern gehört gesundheitsbezogener Hitzeschutz auf die Agenda.

Fazit für die Praxis

  • Mit fortschreitendem Klimawandel kommt es in Deutschland zu mehr heißen Tagen sowie zu häufigeren, längeren und intensiveren Hitzewellen.

  • Hitze ist mit einem erhöhten Risiko für Morbidität und Mortalität durch Nierenerkrankungen verbunden.

  • Um vulnerable Patient:innen adäquat vor hitzebedingten Gesundheitsschäden zu schützen, sollten sich Nephrolog:innen über die gesundheitlichen Risiken von Hitze und entsprechende Präventionsmöglichkeiten informieren.

  • Dabei ist die Einbindung des Themas „gesundheitsbezogener Hitzeschutz“ in der Aus‑, Fort- und Weiterbildung von Nephrolog:innen wichtig.