Lernziele

Nach Absolvieren dieser Fortbildungseinheit …

  • kennen Sie die Wertigkeit einer geplanten Dialyseeinleitung.

  • kennen Sie die Vorbereitungsschritte, welche für eine optimale Einleitung notwendig sind.

  • erkennen Sie, welche Besonderheiten bei der Verschreibung der ersten Dialysebehandlungen beachtet werden sollten.

  • sind Sie sich der psychologischen Folgen der Dialysepflichtigkeit besser bewusst.

Einführung

Die Nierenersatztherapie hat sich in den letzten 6 Dekaden von der Wunderbehandlung zur Standardtherapie („from miracle to mainstream“) entwickelt [2]. Aktuell sind weltweit mehr als 2,5 Mio. Patienten dialysepflichtig [3]. Trotz vieler Innovationen im Bereich der Dialysatoren und der Gerätetechnologien sowie physiologischerer Dialysatzusammensetzungen und der Hinzunahme von konvektiven Methoden bleibt die Mortalität von Dialysepatienten mit Werten im Bereich von 50 % in 5 Jahren weiterhin hoch [4, 5].

Die optimale Dialyseeinleitung erfolgt durch einen davor angelegten permanenten Zugang in einem geplanten Ablauf. Aus Sicht der Behandler gibt es dabei viele medizinische Aspekte zu beachten. Hingegen ist die Dialyseeinleitung aus Patientensicht eine schwierige Lebensphase, die oft von großen Ängsten begleitet wird [6].

Viele Daten belegen, dass ein geplanter Dialysestart verglichen zu einem ungeplanten Start mit einer deutlich besseren Prognose verbunden ist [7, 8]. In einer retrospektiven Kohortenanalyse von mehr als 6000 Dialysepatienten, welche Patienten sowohl an der Hämodialyse (HD) als auch an der Peritonealdialyse (PD) beinhaltet, ergab sich ein relevanter Überlebensvorteil bei Patienten mit geplantem Dialysestart [7]. Berufstätige Patienten hatten in diesem Kollektiv eine höhere Wahrscheinlichkeit für einen geplanten Dialysestart. Außerdem waren die Kosten beim geplantem Dialysestart um mehrere Tausend Euro geringer als beim nicht geplanten Start.

Der optimale Dialysestart ist nicht allgemeingültig definiert. Die meisten Autoren beschreiben ihn als eine geplante Dialyseeinleitung über einen permanenten Zugang. Andere Definitionen beinhalten außerdem eine davor durchgeführte Patientenschulung mit ausreichender Erläuterung aller möglichen Optionen sowie das Fehlen einer urämiebedingten Krankenhausaufnahme [9].

Cave

Die ungeplante Dialyseeinleitung führt zu einer höheren Mortalität und sollte deswegen unbedingt verhindert werden.

Vorbereitung

Die optimale Vorbereitung einer Nierenersatztherapie ist elementar, um einen geplanten Dialysestart zu ermöglichen (Abb. 1). Dabei spielen die im Folgenden dargestellten Aspekte eine zentrale Rolle.

Abb. 1
figure 1

Optimale Vorbereitung einer Nierenersatztherapie (CKD „chronic kidney disease“, HD Hämodialyse, PD Peritonealdialyse, GFR glomeruläre Filtrationsrate). (Adaptiert nach [9])

Die Identifikation der Patienten, welche auf eine Nierenersatztherapie vorbereitet werden sollten, ist nicht immer trivial. Bei Patienten mit mehreren zusätzlichen Risikofaktoren und einer nachvollziehbar raschen Dynamik des Verlusts an Nierenfunktion sollten bei Abfall der glomerulären Filtrationsrate (GFR) unter 30 ml/min die ersten Informationen erfolgen. Typische Risikofaktoren für einen rascheren Abfall der GFR sind hohe Proteinurie, schlecht eingestellter Blutdruck und bestimmte renale Grunderkrankungen (v. a. diabetische Nephropathie, renovaskuläre Nephropathien, Glomerulonephritiden; [9]). Bei sehr betagten Patienten (> 85 Jahre) sollte das Alter berücksichtigt werden, denn ein relevanter Teil dieser Patienten verstirbt vor der schlussendlich eintretenden Dialysepflichtigkeit [10].

Patienteninformationen beinhaltet viele Aspekte wie Erläuterung der renalen Grunderkrankung, Information über Faktoren, welche mit schnellerer Progression verbunden sind, Folgen der Nierenerkrankungen, diätetische Beratungen, Informationen über nephrotoxische Substanzen sowie schlussendlich Erläuterung aller Nierenersatztherapien einschließlich einer präemptiven Nierentransplantation und der konservativen Therapie. Dabei sollten sowohl In-center-Behandlungsoptionen als auch Heimtherapien erläutert werden. Im Fokus jeder Patientenberatung steht die Klärung des Therapieziels des Patienten [10]. Entsprechend kann eine individualisierte Behandlungsstrategie wie In-center-Therapie, Self-care-Therapie, intensivierte Therapie, inkrementelle Therapie oder palliatives Vorgehen festgelegt werden. Aufgrund des zunehmenden Mangels an Pflegekräften erhalten Heimtherapien zusätzlichen Wert, da sie für das Gesundheitssystem eine beträchtliche Einsparung von Ressourcen bedeuten. Die Wahl der Modalität richtet sich in Mitteleuropa primär nach dem Patientenwunsch. Sowohl HD als auch PD sind bei den allermeisten Patienten eine mögliche Option. Absolute Kontraindikationen für HD sind lediglich die Unmöglichkeit der Anlage eines Gefäßzugangs, dies beinhaltet auch zentralvenöse Katheter, oder schwere hämodynamische Instabilität. Bei der PD gibt es relativ viele vermeintliche Kontraindikationen, welche jedoch eher als Barrieren verstanden werden sollten. Zu den absoluten Kontraindikationen zählen ausgedehnte peritoneale Verwachsungen, die Unmöglichkeit, einen PD-Katheter anzulegen, und eine fehlende peritoneale Membranfunktion [11].

Der Zeitpunkt der Zugangsplanung richtet sich nach der renalen Progression und der gewählten Modalität. Bei HD-Zugängen sollte die Anlage eines arteriovenösen (AV) Zugangs bei progredientem GFR-Abfall ab GFR-Werten von 15–20 ml/min erwogen werden [12]. Bei langsamer Progression ist die spätere Anlage, z. B. mindestens 1 bis 3 Monate vor erwarteter Dialysepflichtigkeit, empfehlenswert [13]. Da die Reifungszeit bei AV-Grafts (AVG) kürzer ist, kann dieser Zeitpunkt beim AVG etwas später angesetzt werden. Ein PD-Katheter sollte mindestens 14 Tage vor Dialysestart implantiert werden [14]. Die zu frühzeitige Anlage eines AV-Zugangs ist aus unterschiedlichen Gründen nicht sinnvoll. Einerseits werden gehäufte Zugangsrevisionen ohne Zugangsbedarf durchgeführt. Andererseits sollten die hämodynamischen Konsequenzen einer AV-Fistel als mögliches Risiko bedacht werden (Anstieg des pulmonalarteriellen Drucks, Risiko der Verschlechterung einer vorbestehenden Herzinsuffizienz; [15, 16]).

Die Wahl des optimalen Zeitpunkts zur Anlage eines HD-Zugangs ist insbesondere bei älteren Patienten (> 75 Jahre) eine Herausforderung. Zum einen ist die Progression zur Dialysepflichtigkeit bei diesen Patienten im Vergleich zu jüngeren langsamer [17]. Aufgrund der hohen Anzahl an Morbiditäten und der häufigen Gebrechlichkeit bei älteren Menschen [18] sind die potenziellen Gefahren durch eine zu frühzeitige Anlage eines AV-Zugangs zu beachten. Relevant ist außerdem, dass bei älteren Patienten mit frühzeitiger Anlage eines AV-Zugangs (mehr als 9 Monate vor Dialysepflichtigkeit) eine höhere Interventionsrate, aber keine höhere Rate an funktionierenden AV-Zugängen beobachtet wurde [19]. Ein wichtiger Aspekt bei der Planung ist außerdem, dass bei zu frühzeitig angelegten AV-Zugängen ein relevanter Anteil an alten Menschen diesen gar nie benötigt, da sie frühzeitig versterben oder gar nicht dialysepflichtig werden [20]. Für die Anlage eines AV-Zugangs bei älteren Patienten wird ein Zeitraum von 6 bis 8 Wochen vor erwarteter Dialysepflichtigkeit als vertretbar empfohlen.

Merke

Frühzeitige Zugangsvorbereitung, ausreichende Patientenschulung, zeitgerechte Zugangsanlage und individualisierte Dialyseeinleitung gehören zu den wichtigen Schritten in der Patientenvorbereitung. Bei alten Patienten sollte der AV-Zugang etwas später angelegt werden als bei jüngeren.

Zeitpunkt

Die IDEAL(Initiating Dialysis Early and Late)-Studie aus dem Jahr 2010 konnte keinen signifikanten Überlebensvorteil des frühen Dialysebeginns (GFR: 10–14 ml/min/1,73 m2) im Vergleich mit einem späten Dialysebeginn (GFR: 5–7 ml/min/1,73 m2) belegen [21]. Diese wichtige Arbeit hat sowohl HD- als auch PD-Patienten eingeschlossen. Zwischen Randomisierung und Dialyse vergingen 1,8 Monate in der frühen Gruppe und 7,4 Monate in der späten Gruppe. Dies belegt, dass ein späterer Dialysestart für die Patienten mehrere Monate dialysefreien Lebens ermöglichen kann. Die berechnete GFR in der frühen Gruppe betrug bei Dialyseeinleitung 12 ml/min/1,73 m2 im Vergleich zu 9,8 ml/min/1,73 m2 in der späten Gruppe. In der frühen Gruppe wurde die Dialyse bei 19 % der Patienten bei einer GFR von weniger als 10 ml/min/1,73 m2 eingeleitet, in der späten Gruppe waren es 76 % der Patienten. Eine kürzlich publizierte Studie aus Kanada hat den Einfluss der IDEAL-Studie untersucht: Knapp 10 Jahre nach IDEAL zeigte sich ein Rückgang der Dialyseeinleitungen bei einer GFR von mehr als 10,5 ml/min/1,73 m2 von 39 % auf 34 %.

Die Einleitung eines Dialyseverfahrens ist stets eine Individualentscheidung. Sie richtet sich primär nach der Klinik, jedoch spielt auch die renale Clearance eine wesentliche Rolle. Im aktualisierten Dialysestandard [13] der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) wird die Einleitung der Dialysetherapie bei Urämiesymptomen ab einer GFR von weniger als 15 ml/min/1,73 m2 empfohlen. Weitere typische Indikationen sind die medikamentös nicht kontrollierten Folgen der chronischen Nierenerkrankung („chronic kidney disease“, CKD) wie Hyperkaliämie, Volumenexpansion, Blutdruck oder Azidose (Tab. 1). Bei kontrollierbaren Folgen des chronischen Nierenleidens empfiehlt der Dialysestandard den Dialysestart erst ab einem Abfall der GFR auf 8 ml/min/1,73 m2. Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass die GFR anhand der üblichen Schätzformeln (CKD-EPI[Chronic Kidney Disease Epidemiology Collaboration]-, BIS [Berlin Initiative Study]-Formel) im Bereich unterhalb von 15 ml/min nicht akkurat abgeschätzt werden kann, wesentlich genauer ist hier die tatsächliche Messung von GFR oder renaler Kt/V (K: renale Clearence, t: Dialysezeit, V: Verteilungsvolumen) anhand einer gemittelten Kreatinin/Harnstoff-Clearance aus einem Sammelurin von mindestens 6 h [22].

Tab. 1 Dialyseindikationen

Auswahl der Dialysemodalität

Natürlich spielt die kleinmolekulare Clearance weiterhin eine relevante Rolle, und ein Kt/Vurea-Ziel von minimal 1,2 kann für HD-Patienten weiterhin empfohlen werden. Jedoch gibt es viele andere Parameter und Faktoren, welche wichtig sind, um eine adäquate Dialysedosis zu evaluieren. Dazu zählen Ernährungs- und Volumenstatus, Blutdruck, uräme Symptome sowie stärkere Beschwerden im Zusammenhang mit der Dialyse. Wichtig dabei ist das individuelle Behandlungsziel. Falls es lediglich in der Linderung der urämen Beschwerden besteht, sollte das Kt/Vurea-Ziel nicht erzwungen werden. Wird hingegen eine optimale Verlängerung der Lebenszeit angestrebt, sind auch intensivierte Behandlungen wie z. B. Nachtdialysen eine mögliche Wahl. Bei kardiorenalen Patienten hingegen steht oft die Volumenexpansion im Vordergrund, welche bei tolerabler Clearance auch durch situativ eingesetzte isolierte Ultrafiltration kontrolliert werden kann.

Im Bereich der PD hat sich die International Society of Peritoneal Dialysis (ISPD) im Jahr 2020 neu positioniert und die „goal-directed therapy“ in den Fokus gestellt [23]. Damit wurde explizit das Augenmerk auf die Ziele der PD gelegt und damit das Erreichen der kleinmolekularen Clearance etwas nach hinten gestellt. Außerdem wurde der „incremental approach“, der schrittweise Ersatz fehlender exkretorischer Nierenfunktion durch Dialyse für Patienten mit relevanter Restfunktion, erneut gestärkt. Verglichen mit der HD, wird der renale Beitrag zur Gesamtclearance verschiedener Solute (z. B. renales Kt/V oder Kreatininclearance) bei der PD prinzipiell stärker berücksichtigt.

Praktisches Vorgehen

Hämodialyse

Die Verschreibung der initialen Dialysebehandlungen ist individuell und richtet sich insbesondere nach der Dialyseindikation. Insbesondere die ersten 2 bis 3 Behandlungen sollten besonders umsichtig verschrieben werden, um insbesondere die Gefahr eines dialyseinduzierten Dysäquilibriumsyndroms (DDS) zu verhindern. Die Ursache des DDS ist nicht abschließend geklärt. Bei der am meisten beachteten Hypothese wird angenommen, dass es durch HD aufgrund des raschen Abfalls der Serumharnstoffkonzentration zu einem osmotischen Gradienten kommt. Da die intrazelluläre Osmolalität während der Dialyse nicht so schnell abfällt, wird dieser osmotische Gap durch Einstrom freien Wassers nach intrazellulär ausgeglichen. Dies wird v. a. im Gehirn mit Auftreten von klinischen Symptomen des Hirnödems wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Hypertonie, Vigilanzstörungen, Krampfanfällen und Bradykardie relevant [24]. Besonders hoch ist das Risiko eines DDS bei Patienten mit hoher Serumosmolalität aufgrund von sehr hohen Harnstoffkonzentrationen (selten ab 270 mg/dl, meist ab 370 mg/dl), Hypernaträmien und Hyperglykämien. Entscheidend ist dabei besonders das Tempo des Abfalls der Serumosomolalität. Empfohlen wird bei den ersten Dialysebehandlungen eine Harnstoffreduktionsrate von maximal 40 % [25]. Tab. 2 präsentiert einen Vorschlag einer Dialyseverschreibung für die ersten Behandlungen.

Tab. 2 Vorschlag einer Dialyseverschreibung für die ersten Behandlungen

Die Dialysatzusammensetzungen beim Dialysestart richten sich nach dem klinischen Bild. Um die Osmolalität in den ersten Behandlungen nicht zu schnell zu senken, empfiehlt sich, falls klinisch vertretbar, die Wahl einer eher höheren Natriumkonzentration (140–144 mmol/l). Zur Verhinderung von hämodynamischer Instabilität und zur Reduktion von Krampfempfindungen ist eine höhere Kalziumkonzentration im Dialysat (1,5 mmol/l) sinnvoll, dies jedoch nur bei moderat erhöhtem Serumphosphat (< 2,5 mmol/l). Die Dialysatkaliumkonzentration sollte so gewählt werden, dass Hypokaliämien und damit assoziierte Arrhythmien nicht begünstigt werden können, jedoch gleichzeitig keine Hyperkaliämie mehr besteht.

Bezüglich Antikoagulation gibt es keine prinzipiellen Einschränkungen bei den ersten Dialysebehandlungen, wobei ein Fokus auf möglichen urämiebedingten Blutungsneigungen liegen sollte. Vorbestehende Unverträglichkeiten oder eine heparininduzierte Thrombozytpenie sollten beachtet und in diesen Fällen eine alternative Antikoagulationsstrategie gewählt werden.

Falls eine ausgeprägte Hypervolämie mit dem Bedarf einer hohen Ultrafiltrationsrate besteht, ist dies mit bis zu 4 l pro Behandlung auch bei der Einleitung möglich. Wichtig dabei ist jedoch, die Dauer der HD nicht zu verlängern, um das Ultrafiltrationsziel zu erreichen, und stattdessen eine isolierte Ultrafiltration durchzuführen, die osmotisch neutral ist.

Peritonealdialyse

Bei der PD sollte stets ein individualisiertes Therapieschema gewählt werden [23]. Da der Transporterstatus bei der Einleitung der Therapie nicht bekannt ist, gestaltet sich der Dialysestart gelegentlich anspruchsvoll. Besonders bei schneller Transportfunktion kann es dabei zu relevanten Plusbilanzen bei langer Verweildauer kommen, sodass engmaschige Anpassungen des Regimes notwendig werden. Mögliche Anpassungen des Behandlungsregimes sind z. B.:

  • Verkürzung der Verweildauer,

  • nächtlicher Leerbauch,

  • Erhöhung der Glukosekonzentration,

  • Hinzunahme von Icodextrinlösung.

Außerdem empfiehlt sich in den ersten Tagen die schrittweise Erhöhung des Füllvolumens, um den Patienten an die Erhöhung des intraabdominellen Drucks zu gewöhnen und nicht bereits bei Dialysestart das Gefühl von Überfüllung zu provozieren (Tab. 3). Auf Zeichen einer möglichen Leckage sollte beim Dialysestart täglich geachtet werden.

Tab. 3 Mögliche Einleitung der Peritonealdialyse

Das klassische CAPD(„continuous ambulatory peritoneal dialysis“)-Regime mit 4 Beutelwechseln und einem Füllvolumen von 2 l kann bereits in den ersten Tagen ab Dialysebeginn verschrieben werden. Jedoch benötigen gerade beim Dialysestart einige Patienten gar keine so hohe Dialysedosis, da die Restfunktion in der Regel noch einen wertvollen Beitrag zur exkretorischen Funktion leistet. Bei diesen Patienten empfiehlt sich der „incremental approach“. Auch dieser kann ganz individuell gestaltet werden, z. B. mit nur 2 bis 3 Beutelwechseln pro Tag oder mit geringerem Füllvolumen von 1500 ml bei Patienten, die stark auf die Füllung reagieren, oder mit 1 bis 2 dialysefreien Tagen pro Woche. Wichtig dabei ist, stets zu evaluieren, ob es dem Patienten mit dieser Dosis gut geht, alle urämiebedingten Symptome unter Kontrolle sind und sowohl Kalium, Bikarbonat, Blutdruck, Hämoglobin und Albumin zufriedenstellend sind [26]. Der „incremental approach“ ist für Patienten sehr angenehm und kann zu einer höheren Lebensqualität führen. Dies macht die PD als Verfahren attraktiv, und der mögliche inkrementelle Dialysebeginn sollte auch bei der Patientenschulung explizit erwähnt werden. In einer Arbeit aus Italien konnte gezeigt werden, dass durch die explizite Erwähnung eines möglichen inkrementellen Ansatzes der Anteil an Patienten, welche sich für PD entscheiden, von 14 % in der historischen Kontrolle auf 61 % erhöht werden konnte [27].

Prinzipiell ist auch die Therapieeinleitung durch automatisierte PD (APD; Cyclertherapie) möglich. Viele Zentren sind jedoch zurückhaltend, da das Erlernen der manuellen Beutelwechsel bei möglichen künftigen Maschinendefekten sinnvoll ist. Auch beim ungeplanten Dialysestart ist die PD eine Therapieoption für chronisch nierenkranke Patienten [28]. Um das Risiko einer Leckage in den ersten 2 Wochen zu senken, empfiehlt sich eine Anpassung des Regimes mit z. B. Leerbauch in aktiver/aufrechter Position und/oder Reduktion des Füllvolumens mit je nach Dialysebedarf häufigeren Wechseln.

Merke

Eine umsichtige Wahl der ersten Dialysebehandlungen erleichtert für den Patienten den Beginn der Dialyse. Eine individualisierte Dialyseverordnung ist hierbei besonders wichtig; diese richtet sich nach dem klinischen Zustand des Patienten.

Psychosoziale Aspekte

CKD und besonders die Progression zur Dialysepflichtigkeit sind psychisch sehr belastend und führen zu einer großen Anzahl an Stressoren (Abb. 2). Die CKD als solche, die Folgen der Nierenerkrankung mit multiplen Beschwerden und Nebenwirkungen von Medikamenten, die diätetischen Restriktionen, aber auch Veränderungen in Beziehungen, Verlustängste sowie Sorgen um den Arbeitsplatz, finanzielle Nöte, den Lebenszeitverlust durch Dialyse und die Abhängigkeit von einer Maschine sind nur einige der vielen Stressoren, die Patienten stark belasten können [29, 30]. Für einige Patienten ist die Dialyseeinleitung eine traumatische Erfahrung [31]. Ängste, Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit und Depression können dabei führende Empfindungen sein, die sich im klinischen Alltag als „schwieriger“ Patient manifestieren können. Das Dialyseteam hingegen ist oft fokussiert auf Laborwerte und somatische Aspekte. Die Erkennung psychischer Nöte darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden.

Abb. 2
figure 2

Stressoren von Dialysepatienten

Merke

Das Erkennen psychischer Nöte ist gerade in der Zeit der Dialyseeinleitung besonders wichtig. Der Gesprächsbedarf vieler Patienten ist in dieser Phase besonders groß.

Fazit für die Praxis

  • Die optimale Dialyseeinleitung verbessert die Prognose der Patienten und reduziert die Belastung für das Gesundheitssystem.

  • Die wichtigsten Schritte der optimalen Vorbereitung beinhalten die Identifikation von Patienten mit drohender Dialysepflichtigkeit, die frühzeitige Schonung der Venen, die Erläuterung aller Modalitäten, eine allgemeine CKD(„chronic kidney disease“)-Schulung sowie die zeitgerechte Anlage des Dialysezugangs.

  • Die Dauer der ersten Hämodialysebehandlungen sollten kürzer und die Dialyseeffektivität geringer gewählt werden, um ein Dysäquilibriumsyndrom zu verhindern.

  • Bei Peritonealdialysepatienten ist zu Beginn häufig ein „incremental approach“ möglich; dieser verbessert die Lebensqualität der Patienten relevant.

  • Psychische Nöte sind bei fortgeschrittenen Nierenerkrankungen nicht selten und sollten beachtet werden.