Die Fortschritte in der Nierentransplantation in den vergangenen 60 Jahren haben die Nierentransplantation zu einer Erfolgsgeschichte gemacht und bieten den betroffenen Patienten eine Chance für ein fast normales Leben. Im Vergleich mit allen verfügbaren Nierenersatzverfahren ist die Nierentransplantation nicht nur mit einer deutlich höheren Lebensqualität, sondern auch mit einer längeren Lebenserwartung verbunden. Aus Tab. 1 wird ersichtlich, dass Patienten, die transplantiert wurden, unabhängig vom Alter und vom Geschlecht länger leben als Patienten auf der Warteliste.

Tab. 1 Lebenserwartung von Patienten auf der Warteliste vs. transplantierte Patienten. (Adaptiert nach [1])

Für den Erfolg der Transplantation sind die Vorbereitung des Empfängers, die Auswahl des Spenders, die Operation und die Nachsorge von entscheidender Bedeutung. Aus diesen Bereichen werden einige Aspekte, die die Nierentransplantation zum Erfolg machen, von Experten auf diesen Gebieten dargestellt.

Die Lebendnierenspende, die bei durchschnittlichen Wartezeiten auf ein Organangebot eines Verstorbenen von etwa 6 Jahren für viele unserer Patienten die einzige Hoffnung auf eine zeitnahe Transplantation ist, wird vor dem Hintergrund der Risikominimierung für den Lebendspender diskutiert. Der Lebendspender muss erwarten können, dass neben einer optimalen Vorbereitung und Langzeitnachsorge auf dem Gebiet der somatischen Medizin im Bedarfsfall auch jederzeit eine psychische Betreuung zur Verfügung steht. Die Diskussion um das Fatigue-Syndrom nach Lebendspende unterstreicht diese Forderung.

Im Bereich der Immunsuppression ist in den vergangenen Jahren der Fortschritt am sichtbarsten. Mit dem zunehmenden Verständnis der Mechanismen der Alloimmunantwort lassen sich neue und gezielte Therapien, auch unter Nutzung rekombinanter Proteine, einsetzen. Die vorliegenden Studien haben die Immunsuppression zumindest im ersten Jahr auf eine fundierte Basis gestellt. Wie in der Langzeitimmunsuppression verfahren wird, ist deutlich weniger wissenschaftlich abgesichert. Nach einer Phase, in der die Minimierung der Immunsuppression durch das Absetzen von Calcineurininhibitoren oder Steroiden im Fokus stand, wird seit Kurzem intensiver über die Spätfolgen einer zu niedrigen Immunsuppression diskutiert [2].

Die Komplikationen der Transplantation und der Immunsuppression bestimmen die Morbidität und Mortalität unserer Patienten. Nierentransplantierte unterliegen einem besonderen kardiovaskulären Risiko mit Myokardinfarktraten um 11% in den ersten 3 Jahren (siehe Artikel Prof. Rump). Nur eingeschränkt lassen sich die präventiven Maßnahmen wie beispielsweise der Einsatz von CSE-Hemmern auch bei Nierentransplantierten begründen. Dies gilt ebenso für die diagnostischen Maßnahmen wie beispielsweise das Myokardszintigramm oder die Stressechokardiographie, die eine deutlich geringere Sensitivität und Spezifität aufweisen. Selbst therapeutische Maßnahmen wie Koronarinterventionen an beschwerdefreien Hochrisikopatienten mit angiographisch nachgewiesenen Koronarstenosen sind zumindest Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion.

Die Forschung erlaubt uns zunehmende Einblicke in die komplexe Pathophysiologie der renalen Osteopathie. Durch die Transplantation eines Dialysepatienten wirken neben dem häufig verbleibenden Hyperparathyreoidismus und erhöhten Phosphatspiegeln zusätzliche Faktoren wie der Einsatz von Steroiden, eine Hypomagnesiämie und eine Hypophosphatämie auf den Knochen. In diesem komplexen pathophysiologischen System gilt es, trotz der raren und zudem häufig mit nur wenigen Patienten durchgeführten Studien eine rationale begründete Therapie für unsere Patienten festzulegen. Diese Therapie ist nicht nur für die Verhinderung von Knochenschmerzen und Frakturen, sondern auch zur Senkung der kardiovaskulären Mortalität entscheidend.

Schließlich bedarf es zwingend der Nachbetreuung transplantierter Patienten durch den Dermatologen. Hauttumoren sind die häufigsten malignen Erkrankungen nach Transplantation. Zu spät erkannte Basaliome oder Karzinome haben katastrophale Auswirkungen, die eine adäquate Vorsorge effektiv verhindern.

Auf viele weitere Probleme wie beispielsweise das gehäufte und andersartige Auftreten von Tumoren nach Transplantation, das besondere Risiko von Infektionen mit einem besonderen Keimspektrum oder die Problematik der Impfungen kann in diesem Heft nicht eingegangen werden; sie müssen zu einem späteren Zeitpunkt thematisiert werden.

Die Komplexität der Transplantationsmedizin ist eine Herausforderung – der gesunde transplantierte Patient, der sein Leben gestaltet, ist das Ergebnis, wenn diese Herausforderung bewältigt wird.

U. Heemann

U. Kunzendorf