Hintergrund und Fragestellung

Heute ist v. a. ein Begriff von Gesundheitskompetenz verbreitet, der die Fähigkeit von Individuen meint, Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden, um im Alltag angemessene Entscheidungen zur Gesundheit treffen zu können [32, 34]. Dieser Begriff wird durch den der organisationalen Gesundheitskompetenz ergänzt, der die Kompetenz von Organisationen und Kommunen meint, es Individuen zu ermöglichen, Informationen und Angebote zu finden, zu verstehen und zu nutzen, um gesundheitsbezogene Entscheidungen und Maßnahmen für sich selbst und andere zu treffen [23].

Der weniger bekannte Begriff der kritischen Gesundheitskompetenz (KGK) geht hierüber hinaus [7, 9, 19, 20]. Er fokussiert auf Empowerment von Individuen und Kommunen, die Bereitstellung von Informationen in der Kommune über die sozialen Determinanten der Gesundheit sowie die Schaffung von Möglichkeiten, politische und/oder organisatorische Veränderungen zu erreichen [19]. Ein zentrales Outcome von KGK ist der Ausbau solcher kommunaler Kapazitäten, die die Kommunen befähigen, auf die Determinanten der Gesundheit einzuwirken [19]. Die KGK ist also eng mit dem Konzept der kommunalen Kapazitätsentwicklung („capacity building“ [CC]) verwoben, das wie folgt definiert ist:

„[…] capacity building may include raising awareness about health risk factors, strategies to foster community identity and cohesion, education to increase health literacy, facilitating access to external resources, and developing structures for community decision-making and collective action. Community capacity building is focused on enabling community members to take action to address their needs as well as the social and political support that is required for successful implementation of programmes“ [21].

In Deutschland findet derzeit ein solches CC-Building z. B. in Form des Aufbaus der sog. Präventionsketten [8, 36] oder mit dem weltweit verbreiteten Programm „Communities That Care“ (CTC; [37]) statt [24, 38]. Die Forschung zur Wirksamkeit von CC-Ansätzen steht noch am Anfang. Für Deutschland liegen hierzu erst 2 Studien vor [2, 3, 25, 29]. Beide Studien untermauern die Wirksamkeitsansprüche von CC-Ansätzen. Aus den USA und Australien liegen insbesondere Studien zur Wirksamkeit von CTC [6, 10, 11, 22, 30, 35] und des Strategic Prevention Framework [12, 16] vor. Für Deutschland ist kaum erforscht, wie verschiedene Facetten von CC ausgeprägt sind. Es gibt hierzu bislang nur wenige Studien, die zudem nur eine oder nur eine einstellige Zahl von Kommunen einbeziehen. [14, 17, 18, 31, 33, 39]. Um diese Lücke ein weiteres kleines Stück zu schließen, geht der Beitrag den beiden Fragen nach, wie verschiedene Facetten von CC für Gesundheitsförderung in 30 ausgewählten deutschen Städten und Gemeinden ausgeprägt sind und ob die COVID-19(„coronavirus disease 2019“)-Pandemie die kommunale Gesundheitsförderung in diesen Kommunen beeinflusste.

Studiendesign und Untersuchungsmethoden

Datenbasis ist die von der Studie „Effektivität des kommunalen Präventionssystems Communities That Care“ (CTC-EFF) in 2023 durchgeführte zweite Welle einer Befragung kommunaler Schlüsselpersonen. Als lokale Schlüsselpersonen werden in diesem Kontext kommunale Entscheidungstragende sowie Personen mit Kenntnissen zur kommunalen Präventionsarbeit bezeichnet. Hierzu zählen insbesondere Vertreter und Vertreterinnen des Jugend- und Gesundheitsamtes, der Kirchengemeinden, Jugendeinrichtungen, Polizei, Sozialeinrichtungen sowie ehrenamtlich engagierte Personen im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit. Da das Design und die Methodik der verschiedenen Befragungen dieser Studie bereits an zwei Stellen publiziert sind [27, 28], wird im Folgenden nur eine kurze Zusammenfassung dazu gegeben. Die Studie untersucht primär die Wirksamkeit von CTC im Vergleich zu Kommunen, die nicht nach CTC arbeiten. Hierfür wurden neben lokalen Schlüsselpersonen auch Kinder- und Jugendliche, Schulleitungen, Lehrkräfte und Anbietende von lokalen Präventionsangeboten befragt. Da CTC auf die Prävention von jugendlichem Problemverhalten (z. B. Substanzkonsum, Mobbing, Gewalt) fokussiert, beziehen sich die verschiedenen Erhebungen dieser Studie schwerpunktmäßig auf diese Zielgruppe und dieses Handlungsfeld.

Für die Studie wurden von April 2020 bis März 2021 sowohl 21 CTC-Kommunen, als auch entsprechende Vergleichskommunen rekrutiert (Abb. 1). Diese 42 Städte, Stadtteil-Cluster und Gemeinden liegen in Niedersachsen (NI), Rheinland-Pfalz (RP), Baden-Württemberg (BW) und Bayern (BY). Da die Studie vom bayerischen Kultusministerium keine Genehmigung für die geplanten Befragungen von Schülerinnen und Schülern erhalten hat, war in den bayerischen Kommunen (n = 4) nicht mehr die Bereitschaft vorhanden, an der Studie teilzunehmen. Acht Kommunen wurden zudem nicht in die Folgebefragung aufgenommen, weil sie sich in der ersten Welle nicht oder nur unzureichend an den Befragungen beteiligt haben.Footnote 1 Die zweite Erhebungswelle wurde daher nur noch in 30 Kommunen durchgeführt (18 CTC- und 12 Vergleichskommunen). Davon liegen 17 (57 %) in Niedersachsen, 11 (37 %) in Baden-Württemberg und 2 (7 %) in Rheinland-Pfalz.

Abb. 1
figure 1

Flussdiagramm zur Rekrutierung der Teilnehmenden. CKI Community Key Informant Interview, NI Niedersachsen, RP Rheinland-Pfalz, BW Baden-Württemberg, BY Bayern, CTC Communities That Care

Zur Baseline (2021) sollten pro Kommune 5–15 lokale Schlüsselpersonen für eine telefonische Befragung rekrutiert werden. Bei dieser Befragung werden primär Daten zu den lokalen Rahmenbedingungen und der kommunalen Kapazität für Prävention und Gesundheitsförderung bei Kindern und Jugendlichen erhoben. Die Rekrutierung erfolgte ab Juni 2021 als Schneeball-Sampling, wobei die Ausgangsperson jene war, die die Kooperationsvereinbarung zur Teilnahme der Kommune an der Studie unterschrieben hat. Dies war meist der/die Bürgermeister/in. Die Befragten wurden zum Interviewende gefragt, ob sie für die Befragung geeignete Schlüsselpersonen aus ihrer Kommune empfehlen können. Ergänzend zu diesem Schneeball-Sampling wurde eine Recherche zu Schlüsselpersonen in den 42 Kommunen durchgeführt. Aufgrund der durch die Pandemie angespannten Lage war die Teilnahmebereitschaft der in 2021 kontaktierten Schlüsselpersonen derart gering, dass nur 213 Personen rekrutiert werden konnten. Hiervon gehörten 65 Personen zu den 12 Kommunen, die nicht mehr in die Folgebefragung eingeschlossen werden konnten. Die restlichen 148 Personen wurden für die zweite Welle erneut kontaktiert. Ergänzend hierzu kam wiederum das Schneeball-Sampling und die Recherche zu Schlüsselpersonen zum Einsatz. Für die zweite Welle konnten zwischen Juni und Dezember 2023 235 lokale Schlüsselpersonen in 30 Kommunen befragt werden. Diese nahmen vermehrt den von uns alternativ angebotenen Erhebungsmodus des Online-Fragebogens in Anspruch (56 %).

Bei dem für diese Befragung eingesetzten Instrument handelt es sich um eine ins Deutsche übersetzte und an den deutschen Kontext angepasste Version des im Rahmen der Community Youth Development Study (CYDS) eingesetzten Community Key Informant Interview (CKI) [15]. Details zur Validität des verwendeten Fragebogens können an anderer Stelle nachgelesen werden [26]. Die Autoren des Originalinstruments berichten, dass sie bei der Konstruktion des Fragebogens an vorhandene Konzepte von Community Capacity und Community Readiness der Präventionsforschung anschließen, aber ein eigenständiges Capacity-Konzept für den Fragebogen entwickelt haben [4, 5]. Für die hier vorliegende Analyse haben wir Items ausgewählt, die nach aktueller Literaturlage wichtige Teilaspekte vom Community Capacity sind [1] und sich bereits in zwei Analysen mit diesen Daten bewährt haben [2, 3]. Die genaue Formulierung der Items, Fragetexte und Antwortoptionen der von uns für diese Analyse ausgewählten Daten gehen aus den im Folgenden dargestellten Ergebnissen hervor.

Es wurden deskriptive Analysen mit der Software SPSS 28.0 (International Business Machines Corporation (IBM), Armonk, New York, USA) durchgeführt und die Ergebnisse mit MS Excel 2013 (Microsoft Corporation, Redmond, Washington, USA) grafisch aufbereitet.

Ergebnisse

In die Analysen konnten 235 Befragte einbezogen werden (Tab. 1). Hiervon liegen von 217 Personen vollständige Datensätze vor. Die folgende Beschreibung der Befragten kann Aufschluss darüber geben, inwieweit die Befragten als lokale Schlüsselpersonen für die Befragung geeignet sind. Die Befragten sind zu 55 % weiblich, im Mittel 48 Jahre alt, 13 % haben einen Migrationshintergrund, 85 % haben eine (Fach‑)Hochschulreife, 56 % wohnen in der jeweiligen Studienkommune (im Durchschnitt seit 31 Jahren), 83 % arbeiten in der jeweiligen Studienkommune (im Durchschnitt seit 16 Jahren) und 71 % haben berufliche oder ehrenamtliche Erfahrungen im Bereich Prävention und Gesundheitsförderung (PGF) bei Kindern und Jugendlichen. Die landesspezifische Verteilung der Befragten entspricht weitgehend der landesspezifischen Verteilung unserer Studienkommunen.

Tab. 1 Merkmale der Studienpopulation

Ein erster Indikator für CC ist die Fähigkeit von Kommunen, soziale Probleme erfolgreich zu bewältigen. Wenngleich einem entsprechenden Statement nur 8 % der Befragten zustimmen, so sind es doch weitere 68 %, die dem Statement zumindest eher zustimmen (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Einschätzungen der Befragten zur Problemlösefähigkeit ihrer Kommune

Ein besonders wichtiger Indikator für hohe CC ist eine integrierte Gesamtstrategie kommunaler Gesundheitsförderung. Die Befragten wurden daher um ihre Einschätzung gebeten, inwiefern 9 Aspekte der Zusammenarbeit von kommunalen und zivilgesellschaftlichen Organisationen ihrer Kommune für Prävention und Gesundheitsförderung in ihrer Kommune zutreffen (Abb. 3). Zwischen 74 und 90 % der Befragten haben hierzu Einschätzungen abgegeben. Mehr als die Hälfte der Befragten konnten 4 Aspekten (eher) zustimmen und 5 Aspekten (eher) nicht zustimmen. Zugestimmt wurde v. a. den Aspekten eines (1) vorhandenen Netzwerks zum Austausch über Prävention, (2) eines vorhandenen Runden Tisches etc. für Prävention, eines (3) Informationsaustausches über Präventionsbelange und einer (4) strategischen Zusammenarbeit für Prävention. Obwohl mehr als die Hälfte (eher) zustimmt, dass in ihrer Kommunen strategisch für Prävention zusammengearbeitet wird, stimmen nur 23 % (eher) zu, dass dabei die Rollen der Beteiligten geklärt sind, nur 36 % stimmen (eher) zu, dass die Einrichtungen ihre Strategien für Prävention verknüpfen und nur 41 % stimmen (eher) zu, dass sich die Einrichtungen an einem kommunalen Planungs- und Entscheidungsprozess zur Prävention beteiligen. Nur 30 % stimmen (eher) zu, dass sich die Einrichtungen finanzielle oder personelle Ressourcen für ihre Präventionsarbeit teilen.

Abb. 3
figure 3

Einschätzungen der Befragten zur Zusammenarbeit für Prävention in ihrer Kommune

Ein weiterer wichtiger Indikator für hohe CC ist, wenn Kommunen Maßnahmen nicht vorrangig nach verfügbaren Fördermitteln und subjektiven Wünschen auswählen, sondern anhand datenbasierter Bedarfsermittlung und unter Hinzuziehung von Evidenzregistern etc. zu wirksamen Maßnahmen. Die Befragten wurden daher um ihre Einschätzung gebeten, „[…] in welchem Ausmaß [folgende] Kriterien einen Einfluss auf die Auswahl von Präventions- bzw. Gesundheitsförderungsmaßnahmen in Ihrer Kommune in den letzten Jahren hatten.“ Zwischen 77 und 82 % haben hierzu Angaben gemacht (Abb. 4). Hiervon gaben 55 % an, verfügbare Fördermittel hätten viel Einfluss gehabt. Weitere 37 % gaben an, subjektive Wünsche hätten viel Einfluss darauf gehabt, welche Maßnahmen die Kommune auswählt. Die Kriterien einer datenbasierten Bedarfsermittlung und evidenzbasierten Maßnahmenauswahl hatten hingegen nur laut 20–29 % der Befragten viel Einfluss darauf, welche Maßnahmen ihre Kommune implementiert hat.

Abb. 4
figure 4

Einschätzungen der Befragten zum Einfluss verschiedener Kriterien auf die Auswahl von PGF(Prävention und Gesundheitsförderung)-Maßnahmen in ihrer Kommune

Ein weiterer Aspekt von CC ist das Ausmaß, in welchem die Menschen in der Kommune hinter Prävention stehen und über die Präventionsaktivitäten der Kommune informiert sind. Hierzu wurden den Befragten zwei Statements vorgelegt und gefragt, inwiefern sie diesen Statements für ihre Kommune zustimmen können (Abb. 5). Nur 24 % der Befragten stimmen zu, dass die Einwohner an die Wirksamkeit von Prävention glauben. Weitere 66 % stimmen dem eher zu und nur 10 % stimmen dem (eher) nicht zu. Allerdings stimmen nur 4 % zu, dass die Einwohner gut über die Präventionsaktivitäten vor Ort Bescheid wissen. Weitere 24 % stimmen dem (eher) zu, aber ganze 72 % stimmen dem (eher) nicht zu.

Abb. 5
figure 5

Einschätzungen der Befragten zur Wirksamkeit von PGF(Prävention und Gesundheitsförderung)-Maßnahmen und zur Information über PGF-Maßnahmen in ihrer Kommune

Mit Bezug auf zentrale Aspekte von CC wurden die lokalen Schlüsselpersonen zudem gefragt: „Wenn Sie an das letzte Jahr denken, inwieweit haben die folgenden Umstände zu Problemen bei der Durchführung von Prävention und Gesundheitsförderung in Ihrer Kommune geführt?“ (Abb. 6). Demnach wurden hierfür am häufigsten mangelnde personelle Ressourcen (49 % sehr viel, 35 % etwas) und nicht nachhaltige oder mangelnde finanzielle Ressourcen (32 % sehr viel, 32 % etwas) als Problem wahrgenommen. An dritte Stelle der Problemhierarchie stehen mangelnde Zusammenarbeit der Akteure und mangelnde Führung.

Abb. 6
figure 6

Einschätzungen der Befragten zum Einfluss bestimmter Umstände auf die Durchführung von PGF(Prävention und Gesundheitsförderung)-Maßnahmen in ihrer Kommune

Vor dem Hintergrund, dass die CTC-EFF-Studie mit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie (März 2020 bis März 2023) startete, wurden die lokalen Schlüsselpersonen danach gefragt, ob die Pandemie Auswirkungen auf die kommunale Präventionsarbeit hatte (Abb. 7). Von den Befragten gaben 59 % an, die Pandemie habe viel Einfluss auf die kommunale Präventionsarbeit gehabt. Nur 8 % bzw. 4 % gaben an, die Pandemie habe wenig bzw. keinen Einfluss auf die kommunale Präventionsarbeit gehabt.

Abb. 7
figure 7

Einfluss der Coronapandemie

Die lokalen Schlüsselpersonen wurden ferner danach gefragt, ob bzw. wie sich der Umfang an und die finanziellen Mittel für PGF-Maßnahmen im Vergleich zum Vorjahr verändert haben (Abb. 8). Das Vorjahr war 2022 und damit noch in der Pandemie. Die Mehrheit gab jeweils an, dass es keine Veränderungen gab. Jene, die von Veränderungen berichteten, gaben häufiger eine Erhöhung von Umfang und finanzieller Mittel an.

Abb. 8
figure 8

Veränderungen in den Finanzen und der Umsetzung von PGF(Prävention und Gesundheitsförderung)-Maßnahmen

Diskussion

Eingangs ist dargelegt worden, dass aus Sicht von KGK Kommunen die notwendige Kapazität dafür haben sollten, um vor Ort die gesellschaftlichen Determinanten der Gesundheit effektiv zu gestalten. Obwohl sich in der kommunalen Gesundheitsförderung zunehmend Kapazitätsentwicklungsansätze verbreiten [1] und mittlerweile einige Belege zur deren Wirksamkeit vorliegen [2, 3, 6, 10,11,12, 16, 29, 30, 35], sind diese in Deutschland noch kaum erforscht. Die vorliegende Studie hat daher untersucht, wie verschiedene Facetten von CC für Gesundheitsförderung in den 30 Städten und Gemeinden ausgeprägt sind, die an der CTC-EFF-Studie teilnehmen. Außerdem wurde untersucht, ob die COVID-19-Pandemie die kommunale Präventionsarbeit in diesen Kommunen beeinflusste.

Basierend auf einer Befragung von lokalen Schlüsselpersonen sind die untersuchten Kommunen erfolgreich darin, soziale Probleme zu lösen. Außerdem verfügen die Kommunen über Strukturen zum interorganisationalen und intersektoralen Austausch von Informationen über Präventionsbelange in der Kommune und für Absprachen zur Zusammenarbeit in der kommunalen Gesundheitsförderung. Auch sind demnach die Menschen in den Kommunen davon überzeugt, dass PGF-Maßnahmen wirksam sind. Aus Perspektive von KGK [7, 9, 19] ist dies erfreulich und sollte aufrechterhalten werden. Diese Forderung lässt sich auch durch Ergebnisse der CTC-EFF-Studie untermauern, wonach diese und andere Facetten von CC mit einem geringen Substanzkonsum in diesen Kommunen assoziiert sind [2]. Auch in anderen Studien haben sich solche Zusammenhänge gezeigt [6, 12].

Neben diesen positiven Ergebnissen, geben unsere Daten aber auch Hinweise auf einige Defizite in der CC. Mit Bezug auf eine integrierte Gesamtstrategie kommunaler Gesundheitsförderung sind dies insbesondere, dass in den Kommunen meist noch deutlich mehr für eine strategische Gesamtplanung, Verknüpfung und Koordination von einzelnen Strategien und Aktivitäten unternommen werden müsste. Zudem werden bislang noch kaum personelle und finanzielle Ressourcen organisationsübergreifend für die Gesamtstrategie geteilt. Defizite zeigen sich auch in der Umsetzung eines evidenzbasierten Vorgehens, in der Verfügbarkeit von personellen und finanziellen Ressourcen für PGF sowie darin, wie gut die Menschen in den Kommunen über die kommunalen Präventionsaktivitäten und -angebote informiert sind. Da solche Defizite mit einem erhöhten Substanzkonsum bei Kindern und Jugendlichen assoziiert sind [2, 6, 12], ist hier ein nicht unerheblicher Handlungsbedarf angezeigt.

Die Schlüsselpersonen waren zudem mehrheitlich der Meinung, dass die Pandemie Auswirkungen auf die lokalen Präventionsaktivitäten hatte. Dies steht in Einklang mit einer Studie, die zeigt, dass Schulen während der Pandemie weniger PGF-Programme angeboten haben [13]. Nach der Pandemie haben einige der von uns untersuchten Kommunen ihre PGF-Aktivitäten ausweiten können und einige haben in 2023 (nach der Pandemie) zudem mehr Mittel für PGF zur Verfügung als in 2022 (vor der Pandemie).

Die Generalisierbarkeit unserer Ergebnisse ist allerdings eingeschränkt, da unsere Studie nicht auf einem für Deutschland repräsentativen Kommunen-Sample basiert und zudem inhaltlich auf die Zielgruppe der Heranwachsenden und der Prävention von jugendlichen Problemverhalten wie z. B. Substanzkonsum, Mobbing und Gewalt fokussiert. Es können somit keine Rückschlüsse auf die kommunale Kapazität für PGF im Gesamten gezogen werden. Unsere Studie weist allerdings auch einige Stärken auf. Hierzu zählt, dass sie hinsichtlich der Anzahl beteiligter Kommunen und befragter Personen die bislang größte Studie in Deutschland zu diesem Thema ist. Zu ihren Stärken gehört auch, dass die Daten mit einem validierten Instrument erhoben wurden, das auch in anderen Ländern eingesetzt wird.

Folgende Punkte möchten wir resümierend festhalten: Es fehlt für Deutschland bislang eine repräsentative Erhebung zur CC für Prävention und Gesundheitsförderung. Im Idealfall sollte eine solche Studie Trendaussagen und Zusammenhangsanalysen mit der Gesundheitskompetenz, dem Gesundheitsverhalten und -zustand ermöglichen. Die Ergebnisse unserer Studie legen nahe, dass derzeit insbesondere der systematische Ausbau integrierter Gesamtstrategien kommunaler Gesundheitsförderung in Deutschland gefördert werden sollte und hierfür mehr Ressourcen zur Verfügung gestellt werden müssten, die sich die Einrichtungen im Rahmen intersektoraler Zusammenarbeit für Prävention und Gesundheitsförderung teilen.

Fazit für die Praxis

  • Das Konzept der kritischen Gesundheitskompetenz (KGK) ist eng mit dem der kommunalen Kapazitätsentwicklung verwoben.

  • Kapazitätsaspekte, die in den meisten Kommunen ein gutes Level haben, sind Problemlösefähigkeit der Kommune, interorganisationaler Informationsaustausch sowie Rückhalt für Prävention und Gesundheitsförderung (PGF) seitens der in den Kommunen lebenden Menschen.

  • Kapazitätsaspekte, die in relativ vielen Kommunen Defizite aufweisen, sind die strategische Planung, Verknüpfung und Koordination von Maßnahmen, Ressourcenausstattung, interorganisationales Teilen von Ressourcen, evidenzbasiertes Vorgehen sowie Öffentlichkeitsarbeit zu den lokalen PGF-Aktivitäten.

  • Die Coronapandemie hatte in den meisten Kommunen großen Einfluss auf die PGF-Arbeit. Es finden sich Hinweise auf Nachholeffekte in der Umsetzung von PGF-Maßnahmen.