Hintergrund

Mittlerweile wird das Konzept der persönlichen Gesundheitskompetenz als eine Voraussetzung dafür betrachtet, dass Nutzende von Gesundheitsorganisationen bzw. Patient*innen über ihren Gesundheitszustand und ihre Gesundheitsversorgung selbstbestimmt entscheiden können [8, 18, 30, 37]. Befragungen der Bevölkerung weisen darauf hin, dass die Allgemeinbevölkerung häufig über Schwierigkeiten berichtet, relevante Informationen zur Gesundheit zu finden, diese zu verstehen, zu beurteilen und anwenden zu können [18]. Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformationen – also eine geringe Gesundheitskompetenz – können sich negativ auf das Gesundheits- und Krankheitsverhalten auswirken, führen zu häufigeren Krankenhauseinweisungen und können Folgekosten für die Gesundheitsversorgung verursachen [38]. Damit kommt der Gesundheitskompetenz eine zentrale Rolle in der patient*innenzentrierten Versorgung zu.

Wie gut die persönliche Gesundheitskompetenz einer Person ausgeprägt und von ihr anwendbar ist, hängt nicht nur von persönlichen Faktoren (wie soziodemografischen oder sozioökonomischen Merkmalen, Motivation, Fähigkeiten und Fertigkeiten) ab, sondern auch von den Anforderungen und Rahmen- bzw. Kontextbedingungen (z. B. von der Verfügbarkeit von Informationen oder entsprechend geschulten (Gesundheits‑)Fachpersonen) [2, 7, 23, 24]. Gesundheitskompetenz wird daher mittlerweile nicht mehr nur als persönliches Anliegen der Individuen oder Patient*innen aufgefasst, sondern als relationaler und situativer Ansatz betrachtet [18, 37]. Dies bedeutet, dass die Gesundheitskompetenz nicht nur von den persönlichen Fähigkeiten und erworbenen Kompetenzen einer Person abhängen, sondern auch von der Verständlichkeit, Verfügbarkeit und auch Vermittlungsform der Gesundheitsinformationen in und durch Lebenswelten, in denen sie aufwachsen, leben oder arbeiten [18, 23, 30]. Einrichtungen der Gesundheitsversorgung kommt eine besondere Rolle bei der Stärkung der persönlichen Gesundheitskompetenz der Patient*innen bzw. Bewohner*innen und deren Angehörigen, aber auch der dort arbeitenden Gesundheitsfachpersonen zu, weil sie Gesundheitsinformationen zur Verfügung stellen (z. B. in Form der Kommunikation zwischen Fachpersonen und Patient*innen bzw. Klient*innen) und Fürsorge für die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden und Nutzenden tragen. Das Ausmaß professioneller Gesundheitskompetenz des Gesundheitsfachpersonals während der Interaktion und Kommunikation mit den Patient*innen ist dabei zu berücksichtigen und entsprechend zu schulen [35].

Einrichtungen der Gesundheitsversorgung können durch gezielte, situations- und zielgruppenspezifische Angebote und Maßnahmen zur Stärkung der persönlichen Gesundheitskompetenz verschiedene (u. a. vulnerable und benachteiligte) Adressat*innen berücksichtigen und gut erreichen [18, 36, 45]. Diese Strukturperspektive von Gesundheitskompetenz wird als organisationale bzw. systemische Gesundheitskompetenz (OGK) bezeichnet [9, 17, 37]. Darunter wird das Ausmaß verstanden, in dem Organisationen (hier: Einrichtungen der Gesundheitsversorgung) ihren Nutzenden (d. h. Patient*innen bzw. Bewohner*innen und deren Angehörigen, (Gesundheits‑)Fachpersonen und auf Organisations- bzw. Leitungsebene) geeignete Maßnahmen und organisationale Rahmenbedingungen schaffen [4, 12]. Um die Rahmenbedingungen, Anforderungen und Prozesse in Organisationen gesundheitskompetent – im Sinne des relationalen und situativen Verständnisses von Gesundheitskompetenz – zu gestalten, sollten (Gesundheits‑)Einrichtungen in verschiedenen Standards der organisationalen bzw. systemischen Gesundheitskompetenz tätig werden (Abb. 1; [35]).

Abb. 1
figure 1

Acht Standards bzw. Handlungsfelder der organisationalen Gesundheitskompetenz in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung (eigene Darstellung nach Rathmann et al. [20,21,22, 29, 30, 35])

In Anlehnung an das „International Self-Assessment Tool for Organizational Health Literacy of Hospitals“ (SAT-OHL-Hos-v1.0) [46] erfolgt die Stärkung der OGK entlang von acht Standards. Beginnend mit der Implementierung der Gesundheitskompetenz über alle Strukturen der Einrichtung hinweg, über die Schulung der Mitarbeitenden im Bereich der Gesundheitskompetenz bis hin zur Gesundheitskompetenz der Nutzenden bzw. der Bevölkerung, werden hier verschiedene Standards und Tätigkeitsfelder, d. h. Handlungsfelder, angesprochen [20,21,22, 30]. Aufgrund der Erfahrungen mit den Praxiseinrichtungen (insbesondere in der Pflege) wurde im späteren Verlauf die Bezeichnung „Standards“ durch „Handlungsfelder“ ausgetauscht. Abb. 1 stellt die acht Standards bzw. Handlungsfelder der OGK dar.

Einrichtungen der Gesundheitsversorgung tragen – entlang des Konzepts der OGK – dazu bei, die persönliche Gesundheitskompetenz von Nutzenden, Patient*innen bzw. Bewohner*innen zu stärken [19,20,21]. Auch für das (Gesundheits‑)Fachpersonal in Organisationen verweisen Studien darauf, dass gesundheitskompetente Arbeits- und Rahmenbedingungen von (Gesundheits‑)Organisationen zuträglich für Herausforderungen im Berufs- und Alltagsleben und für deren (Gesundheits‑)Outcomes sind [8, 20, 21].

Um überhaupt einschätzen zu können, wie hoch das Ausmaß der OGK in den einzelnen Standards bzw. Handlungsfeldern in Organisationen ausgeprägt ist und in welchen Bereichen vielmehr Bedarfe zur Stärkung vorliegen, werden Messinstrumente (sog. Selbsteinschätzungsinstrumente) notwendig, die für den deutschen Kontext anwendbar und im Alltag gut praktikabel sind [35].

Bislang liegen v. a. im internationalen Raum und stetig zunehmend auch für den deutschsprachigen Raum Instrumente zur Messung der OGK in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung vor [33]. Die Studienlage zeigt [3], dass sich die meisten Instrumente auf bestimmte Einrichtungsarten der Gesundheitsversorgung, wie z. B. das Krankenhaus [6, 13, 46], Arztpraxen der Primärversorgung [1, 4, 39, 42], Apotheken [10] oder Einrichtungen des kommunalen Sektors [40] fokussieren. Es besteht daher ein dringender Bedarf, Instrumente zur Erfassung der OGK in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung und auch weiterer (stationärer) Einrichtungen, wie der Eingliederungshilfe oder der (Alten‑)Pflege zu entwickeln, zu implementieren und hinsichtlich ihrer Praktikabilität zu evaluieren. Tab. 1 stellt eine Übersicht über Instrumente zur Erfassung der OGK in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung dar [3, 33].

Tab. 1 Instrumente zur Erfassung der organisationalen Gesundheitskompetenz in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung

Die Entwicklung der Selbstbewertungsinstrumente bzw. „Selbstchecks“ zur Erfassung der OGK in Krankenhäusern, Einrichtungen der (Alten‑)Pflege und Eingliederungshilfe sowie in Leichter Sprache war eingebettet in das Projekt „Entwicklung der Gesundheitskompetenz in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung“ (EwiKo) – ein Kooperationsprojekt der AOK PLUS und der Hochschule Fulda (Laufzeit: 01.01.2020–30.06.2023). Übergeordnetes Ziel des Projekts „EwiKo“ war es, die Gesundheitskompetenz zu stärken, indem bedarfsbezogene einrichtungsspezifische Materialien (d. h. Selbstbewertungsinstrumente, Toolboxen, digitale Tool-Datenbank, standard- bzw. handlungsfeldspezifische Praxisleitfäden, Fall- und Anwendungsbeispiele, Checklisten, Vorlagen etc.) entwickelt, pilotiert und evaluiert wurden. Diese Messinstrumente sind notwendig, um Bedarfe zur Stärkung der Gesundheitskompetenz in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung (d. h. Krankenhäuser, Einrichtungen der Pflege und Eingliederungshilfe) zu ermitteln und langfristig Maßnahmen umzusetzen.

Die Entwicklung der Selbstchecks basiert auf zwei Vorgängerinstrumenten: dem „Selbstbewertungsinstrument zum Wiener Konzept Gesundheitskompetenter Krankenbehandlungsorganisationen“ (WKGKKO‑I) [6] und dem SAT-OHL-Hos-v1.0 [46]. Vor der Entwicklung der Selbstchecks wurde eine Recherche nach bereits existierenden Selbstbewertungsinstrumenten zur Erfassung der OGK in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung durchgeführt (Tab. 1). Die Recherche hat gezeigt, dass die bereits existierenden Instrumente v. a. auf dem Konzept „Zehn Merkmale gesundheitskompetenter Krankenversorgungsorganisationen“ nach Brach et al. [2] basieren. Da sich das Konzept von Brach et al. [2] auf den US-Amerikanischen Raum bezieht und das WKGKKO-I-Instrument bereits an den deutschsprachigen Kontext für Österreich angepasst war, fiel die Auswahl auf das österreichische Konzept, das sich auf sog. Krankenbehandlungsorganisationen bezieht. Sowohl das WKGKKO‑I als auch der SAT-OHL-Hos-v1.0 stellen umfassende, pilotierte Instrumente zur Erfassung der OGK in Krankenhäusern dar. Zudem wurde das Instrument SAT-OHL-Hos-v1.0 als Nachfolgerinstrument des WKGKKO-I-Instruments ausgewählt, da es aktueller und kürzer (mit acht Standards, 155 Items) und daher auch als besser anwendbar im (Berufs‑)Alltag für die Einrichtungsarten der Gesundheitsversorgung eingeschätzt wurde im Vergleich zum WKGKKO‑I (mit neun Standards, 160 Items).

Die Inhalte sowie die Anzahl der Standards, Substandards und Items der Instrumente „WKGKKO-I“ und „SAT-OHL-Hos-v1.0“, die die Grundlage für die Entwicklung der Selbstchecks bildeten, sind im Abgleich zu den Selbstchecks im Projekt „EwiKo“ in Tab. 2 zu entnehmen.

Tab. 2 Inhalte und Anzahl der Standards, Substandards und Items der Selbstbewertungsinstrumente „WKGKKO-I“ (Wiener Konzept Gesundheitskompetenter Krankenbehandlungsorganisationen), „SAT-OHL-Hos‑v.1.0“ (International Self-Assessment Tool for Organizational Health Literacy of Hospitals v1.0) und der fünf „Selbstchecks zur Erfassung der Gesundheitskompetenz in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung“ (Projekt „EwiKo“)

Ziele des Beitrags sind,

  1. 1.

    die Entwicklung des Selbstbewertungsinstruments „Selbstcheck zur Erfassung der organisationalen Gesundheitskompetenz in Krankenhäusern, Einrichtungen der Pflege und Eingliederungshilfe sowie in Leichter Sprache“ zu beschreiben,

  2. 2.

    die mehrstufigen, partizipativen Anpassungen an den Instrumenten durch die Pretestungen sowie die Erprobung der Instrumente mit den Einrichtungen im Rahmen des Projekts „EwiKo“ darzustellen.

Methodik

Das methodische Vorgehen bei der mehrstufigen, partizipativen Entwicklung der Selbstchecks gliedert sich in drei Phasen (Abb. 2). In der ersten Phase wurde eine Recherche durchgeführt und auf bereits existierende Veröffentlichungen zurückgegriffen, die Instrumente zur Erfassung der OGK bereitstellen [31,32,33,34]. In dieser Phase wurde das „SAT-OHL-Hos-v1.0“ (englisch) ins Deutsche übersetzt und an den deutschsprachigen Kontext und an die Einrichtungsarten Krankenhaus, Einrichtungen der (Alten‑)Pflege und Eingliederungshilfe angepasst sowie in Leichter Sprache übersetzt (d. h. durch eine professionelle Übersetzerin für Leichte Sprache, inklusive Prüfung durch eine sog. Prüfgruppe, die sich aus Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung zusammensetzt). Die Struktur und die Inhalte (Standards, Substandards, Items) der Selbstchecks wurden festgelegt.

Abb. 2
figure 2

Mehrstufige Entwicklung und Erprobung der Selbstchecks zur Erfassung der organisationalen Gesundheitskompetenz in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung (eigene Darstellung)

In der zweiten Phase erfolgte die Pretestung der Instrumente mit ausgewählten Praxisexpert*innen (d. h. Leitungs- und Fachpersonen) aus den Einrichtungsarten Krankenhaus, Einrichtungen der (Alten‑)Pflege und Eingliederungshilfe. In der Eingliederungshilfe wurde bereits im Erstkontakt deutlich, dass der Selbstcheck auf die Bereiche „Wohnen“ und „Arbeit“, d. h. Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM), ausdifferenziert und ein Selbstcheck in Leichter Sprache für die dort lebenden oder arbeitenden Menschen mit (geistiger) Behinderung entwickelt werden muss. Anschließend wurden die Instrumente aufgrund der Rückmeldungen der teilnehmenden Pretestpersonen angepasst.

In der dritten Phase wurden die überarbeiteten Selbstchecks mit Vertreter*innen der Piloteinrichtungen unter Anleitung der Projektmitarbeitenden im Projekt „EwiKo“ während der Pilotphase (Dauer: 15–18 Monate) erprobt. Vor (Messzeitpunkt t0) und nach (Messzeitpunkt t1) der Pilotierung von bedarfsspezifisch ermittelten Maßnahmen zur Stärkung der OGK kamen die Selbstchecks zur Anwendung. Im Rahmen der Pilotphase (Anpassungsphase 3) und Erprobung wurden Fokusgruppeninterviews zu den Erfahrungen und die Rückmeldung zum Einsatz der Selbstchecks mit den Piloteinrichtungen durchgeführt. Im Abschnitt Ergebnisse werden neben dem Entwicklungs- und Anpassungsprozess (Anpassungsphasen 1 und 2) auch die Ergebnisse der Fokusgruppeninterviews im Rahmen der Erprobung der Instrumente (Selbstchecks) während der Pilotphase (Anpassungsphase 3) des Projekts „EwiKo“ dargestellt.

Die Ergebnisse der Pretests (aus Anpassungsphase 1) wurden mit den Praxisexpert*innen in Fokusgruppeninterviews diskutiert und die Instrumente wurden nach den Rückmeldungen in einer zweiten partizipativen Überarbeitungsphase angepasst. Dabei wurden:

  1. 1.

    einrichtungsspezifische Begriffe und Beispiele paraphrasiert,

  2. 2.

    Fachbegriffe mit einrichtungsspezifischen bzw. alltagsnahen Formulierungen ersetzt,

  3. 3.

    Items zusammengefasst, reduziert bzw. gekürzt,

  4. 4.

    das Instrument für Einrichtungen der Eingliederungshilfe in zwei Bereiche („Wohnen“ und „Arbeiten“) differenziert sowie ein separater Selbstcheck in Leichter Sprache entwickelt und pilotiert.

Phase 1: Entwicklung der Selbstchecks

Für die Erhebung des Ausmaßes der OGK und einrichtungsspezifischer Bedarfe zur Stärkung der OGK wurde auf Basis des WKGKKO‑I [6] sowie des SAT-OHL-Hos-v1.0 [46] für jede Einrichtungsart (d. h. Krankenhaus, Einrichtung der (Alten‑)Pflege, Eingliederungshilfe, in Leichter Sprache) ein Selbstcheck entwickelt. Dafür wurden durch das „EwiKo“-Projektteam am SAT-OHL-Hos-v1.0 quantitative und qualitative Veränderungen vorgenommen: bspw. wurde die Anzahl der Items zusammengefasst oder sprachlich gekürzt sowie die Anzahl an Items reduziert. Die Kürzungen orientierten sich an dem 10 Items umfassenden Selbstbewertungsinstrument für gesundheitskompetente Gesundheitseinrichtungen von Kowalski et al. [13] („The Health Literate Health Care Organization 10 Item Questionnaire“ (HLHO-10)). Anhand eines Ampelsystems wurden alle Items des SAT-OHL-Hos-v1.0 vom Projektteam der Hochschule Fulda nach inhaltlicher Relevanz für die Einrichtungsarten Krankenhaus, (Alten‑)Pflege und Eingliederungshilfe kategorisiert. Inhaltlich assoziierte Aspekte wurden zusammengefasst und v. a. klinische Aspekte, die für Einrichtungen der (Alten‑)Pflege oder Eingliederungshilfe als unpassend wahrgenommen wurden, gekürzt. Die qualitativen Veränderungen bezogen sich auf die Anpassungen der Begrifflichkeiten und Beispiele für die unterschiedlichen Einrichtungsarten und Zielgruppen.

Phase 2: Pretestungen

Nachdem die Anpassungen in Anlehnung am WKGKKO‑I und am SAT-OHL-Hos-v1.0 vollzogen wurden, erfolgte die kognitive Pretestung der einrichtungsspezifischen Selbstchecks mit Vertreter*innen der entsprechenden Einrichtungsarten und Zielgruppen. Von den verschiedenen Techniken des kognitiven Pretests kamen v. a. Nachfragetechniken („comprehension probing“) und die Bewertung der Verlässlichkeit der Antworten („confidence rating“) zum Einsatz [14, 43]. Als Pretestpersonen wurden Praxisexpert*innen (Leitungs- oder Fachpersonen der Abteilungen sowie Vertreter*innen aus dem Patient*innen- oder Bewohner*innenkreis) der Einrichtungsarten Krankenhaus, Einrichtungen der (Alten‑)Pflege und Eingliederungshilfe im Bereich „Wohnen“ und „Arbeiten“ ausgewählt. Tab. 3 enthält eine Übersicht der Pretests nach Einrichtungsart, einschließlich der Anzahl der Testpersonen, Zeitraum und Dauer.

Tab. 3 Pretests der Selbstchecks (Anzahl der Testpersonen, Zeitraum und Dauer, differenziert nach Einrichtungsart)

Im ersten Schritt erfolgte die kognitive Pretestung der einrichtungsspezifischen Selbstchecks. Die Selbstchecks wurden vorab per E‑Mail an die Pretestpersonen versendet. Diese wurden aufgefordert, das jeweilige Instrument auszufüllen und Notizen zu Begriffen oder Themen zu machen, die in Bezug auf ihre Einrichtungsart unverständlich oder unpassend erschienen. Anschließend fanden Fokusgruppengespräche mit den Pretestpersonen per Webkonferenz statt. Nach der Auswertung der Pretests wurden die Verständlichkeit der Items, die Angemessenheit der Begriffe und Inhalte für die verschiedenen Settings geprüft. Zudem wurden Redundanzen überprüft und als eher überflüssig empfundene Items oder Inhalte innerhalb der Items entfernt, um die Instrumente so kurz und praktikabel wie möglich zu gestalten.

Phase 3: Erprobung der Selbstchecks

Die Selbstchecks wurden im Rahmen der Pilotphase des Projekts „EwiKo“ erprobt (15–18 Monate). Alle Selbstchecks (d. h. für Krankenhaus [24], Einrichtungen der (Alten‑)Pflege [25], Einrichtungen der Eingliederungshilfe im Bereich Wohnen [26], Werkstätten für Menschen mit Behinderung [27], in Leichter Sprache [28]) sind auf der Webseite von EwiKo [19] einsehbar, downloadbar und zudem in digitaler Form anwendbar (inkl. digitaler Ergebnisdarstellung).

Die Benutzerfreundlichkeit, der Inhalt und die Anwendbarkeit der jeweiligen Selbstchecks wurden mittels leitfadengestützter Fokusgruppeninterviews mit Vertreter*innen der Piloteinrichtungen (hierarchie-, abteilungs- und berufsgruppenübergreifend) ermittelt. Um die Perspektive unterschiedlicher Berufsgruppen einzubeziehen, wurden die Piloteinrichtungen dazu aufgefordert, eine interdisziplinär zusammengesetzte, partizipative „Arbeitsgruppe (AG) Gesundheitskompetenz“ bestehend aus 5–10 Personen (Leitungs‑, Fachpersonen, Nutzenden, bspw. Bewohner*innen) zu bilden. Ziel der Gründung der „AG Gesundheitskompetenz“ war es, dass die Einrichtungen über die Projektlaufzeit hinaus selbständig Prozesse zur Förderung der Gesundheitskompetenz durchführen können. Im Rahmen der Erprobung der Selbstchecks erhielten alle Mitglieder der „AG Gesundheitskompetenz“ der Piloteinrichtungen einen einrichtungsspezifischen Selbstcheck zugeschickt, mit der Anweisung diesen selbstständig auszufüllen. Die Besprechung der Ergebnisse sowie der Bedarfe zur Anpassung der Selbstchecks erfolgte in sechs Fokusgruppeninterviews mit den entsprechenden AG-Mitgliedern der Piloteinrichtungen. Die Fokusgruppeninterviews, an denen insgesamt 43 Mitglieder der „AG Gesundheitskompetenz“ aus sechs Piloteinrichtungen teilgenommen haben, wurden als Online-Workshops mit jeder der Piloteinrichtung getrennt (im Zeitraum: vom 26. Oktober 2021 bis 3. Dezember 2021) durchgeführt. Da eine Einrichtung (Eingliederungshilfe: EH3) aufgrund organisationsinterner Faktoren (u. a. Coronapandemie, mangelnde personelle und zeitliche Ressourcen) nicht über die gesamte Projektlaufzeit an der Pilotphase des Projekts „EwiKo“ teilnehmen konnte, rückte eine andere Einrichtung (Pflege: P2) im März 2022 als Piloteinrichtung nach. Mit den AG-Mitgliedern dieser Einrichtung fand das Fokusgruppeninterview im März 2022 statt. Die Zusammensetzung der „AG Gesundheitskompetenz“ in den jeweiligen Piloteinrichtungen sowie die Professionen der AG-Mitglieder, die an der Erprobung der Selbstchecks teilgenommen haben, ist Tab. 4 zu entnehmen.

Tab. 4 Zusammensetzung der „AG Gesundheitskompetenz“ in den Piloteinrichtungen des Projekts „EwiKo“, differenziert nach Einrichtungsart bzw. Zielgruppe

Inhalte der Fokusgruppeninterviews umfassten u. a. die Handhabung der Selbstchecks und der Gesamteindruck der AG-Mitglieder zu den entsprechenden Selbstchecks. Infobox 1 stellt die Leitfragen dar, die den AG-Mitgliedern im Rahmen der Fokusgruppeninterviews gestellt wurden.

Infobox 1 Leitfragen für die Erprobung der Selbstchecks mit den Mitgliedern der AG Gesundheitskompetenz

  1. 1.

    „Welche Erfahrungen haben Sie mit den Selbstchecks zur Gesundheitskompetenz gemacht?“

  2. 2.

    „Wie ist die Anwendung des Selbstchecks abgelaufen?“

  3. 3.

    „Was fanden Sie besonders förderlich/hilfreich bei der Anwendung des Selbstchecks?“

  4. 4.

    „Hatten Sie Schwierigkeiten im Umgang mit dem Selbstcheck? Wenn ja, welche?“

  5. 5.

    „Wie ist Ihr Gesamteindruck vom Selbstcheck?“

  6. 6.

    „Kann der Selbstcheck von jeder Person in der Einrichtung ausgefüllt werden?“

  7. 7.

    „Welche Handlungsfelder und/oder Items des Selbstchecks sind für Ihre Einrichtungsart relevant oder nicht relevant?“

  8. 8.

    „An welchen Stellen kann der Selbstcheck gekürzt werden?“

  9. 9.

    „Ist die Formulierung der einzelnen Fragen eindeutig?“

  10. 10.

    „Bei welchen Handlungsfeldern und/oder Items hatten Sie Schwierigkeiten hinsichtlich der Formulierung?“

Die Auswertung des qualitativen Datenmaterials aus den Fokusgruppeninterviews erfolgte mittels strukturierender Inhaltsanalyse nach Mayring [16]. Der Kodierungsprozess, an dem jeweils zwei Personen bzw. Projektmitarbeitende der Hochschule Fulda beteiligt waren, erfolgte zweistufig. Die bestehenden Themenkomplexe aus den Interviewleitfäden wurden deduktiv für die „A-priori-Kategorienbildung“ genutzt und dienten als eine Art „Suchraster“, um das vorliegende Interviewmaterial grob zu kodieren. Im Anschluss wurden mithilfe eines induktiven Vorgehens Subkategorien gebildet und das gesamte Interviewmaterial mit dem ausdifferenzierten Kategoriensystem kodiert.

Ergebnisse

Phase 1: Entwicklung der einrichtungs- und zielgruppenspezifischen Selbstchecks

Die Entwicklung der Selbstchecks für die Einrichtungsarten Krankenhaus, (Alten‑)Pflege und Eingliederungshilfe (Bereich „Wohnen“ und „Arbeiten“) sowie in Leichter Sprache baute auf bestehenden Instrumenten auf, die den aktuellen Stand der (organisationalen) Gesundheitskompetenzforschung darstellten [6, 46]. Das Instrument „SAT-OHL-Hos-v1.0“, das von Mitgliedern der internationalen Arbeitsgruppe „Health Promoting Hospitals and Health Literate Healthcare Organizations (HPH & HLO)“ erstellt wurde, besteht aus acht Standards, 21 Substandards, 141 Indikatoren und 155 Items [46]. Nach der ersten Anpassungsphase (Abb. 2) enthielt der einrichtungsspezifische Selbstcheck acht Standards der OGK und eins bis fünf Substandards, die einzelne Aspekte der OGK erfassten. Für die Messung der OGK wurden pro Substandard (je nach Standard bzw. Handlungsfeld der einrichtungsspezifischen Selbstchecks) zwischen eins und 31 Items formuliert, die die Inhalte der entsprechenden Substandards abbildeten. Insgesamt umfassten die (einrichtungsspezifischen) Selbstchecks (Krankenhaus, (Alten‑)Pflege, Eingliederungshilfe) nach der ersten Anpassungsphase jeweils 102 Items. Der Selbstcheck in Leichter Sprache umfasste 20 Items. Jeder Selbstcheck war ähnlich aufgebaut und enthielt folgende Bereiche (Infobox 2):

Infobox 2 Aufbau der einrichtungsspezifischen Selbstchecks nach der ersten Anpassungsphase

  1. 1.

    „Einleitung“: Einführung zur Entstehung des Selbstchecks und dem Projekt „EwiKo“; Informationen zur Gesundheitskompetenz und Mehrwert des Selbstchecks für die Einrichtung.

  2. 2.

    „Aufbau des Selbstchecks“: Anleitung zum Ausfüllen des Selbstchecks.

  3. 3.

    „Selbstcheck zum Ausmaß der organisationalen Gesundheitskompetenz“: Selbstcheck für die jeweilige Einrichtungsart, gegliedert nach den acht Handlungsfeldern einer gesundheitskompetenten Einrichtung.

  4. 4.

    „Glossar“: Ausführung zentraler Begriffe, die im Selbstcheck verwendet werden.

Phase 2: Pretestung

Differenziert nach Einrichtungsart bzw. Zielgruppe konnten folgende Erkenntnisse aus den Fokusgruppeninterviews zur Pretestung abgeleitet werden.

Für das Krankenhaus zeigte sich in den Pretests, dass leichte sprachliche Anpassungen vorzunehmen waren:

  • Im Selbstcheck für Krankenhäuser wurden u. a. die Formulierungen „Selbstbehalt“ („Kosten, die nicht über die Krankenkasse gedeckt sind“) oder „Nutzende“ als unverständlich bzw. nicht eindeutig eingestuft und daher durch „Privatkosten“ und „Patient*innen“ ersetzt.

  • Manche Beispiele haben die Testpersonen aus Krankenhäusern als nicht passend empfunden (z. B. „Formulare zur Vorbereitung auf einen Klinikaufenthalt“ (geändert: „Rehabilitationsanträge“) oder „App“ (geändert: „Homepage“)).

Die Testpersonen der Einrichtungen der Pflege und auch Eingliederungshilfe meldeten Bedarf nach sprachlichen Anpassungen zurück, insbesondere um den Eindruck der „Hospitalisierung“ zu vermeiden. Unter Hospitalisierung wurde verstanden, dass bestimmte Formulierungen, Begriffe und Beispiele der Selbstchecks in ihrer ersten Version zu stark auf die Einrichtungsart „Krankenhaus“ bezogen und aus Sicht der Pretestpersonen aus Einrichtungen der Pflege und Eingliederungshilfe für die dort lebenden Menschen diskriminierend wirkten. Um dem entgegenzuwirken, wurde von den Testpersonen vorgeschlagen, den Text zu kürzen und Begriffe zu verwenden, die spezifisch für die Wohnsituation der dort lebenden Menschen (d. h. den Bewohner*innen) in Einrichtungen der Pflege und auch Eingliederungshilfe sind.

Folgende Anpassungen wurden vorgenommen:

  • Der Begriff „Standard(s) der OGK“ sollte in „Handlungsfeld(er) der OGK“ geändert werden, da eine Ähnlichkeit mit dem Begriff „Pflegestandard“ bei den Testpersonen der Einrichtungen der Pflege zu Missverständnissen geführt haben.

  • Als unverständlich oder irrelevant wurden bspw. Begriffe wie „Gesundheitsdienste“ und „medizinische Dienstleister“ von den Testpersonen aus den Bereichen Pflege und Eingliederungshilfe genannt.

  • Zu den Formulierungen in Handlungsfeld 8 „Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung“ wurde angemerkt, dass die Beispiele eher auf Krankenhäuser zutreffen würden.

  • Im Selbstcheck für Einrichtungen der Pflege wurden außerdem die Formulierungen „Mitarbeitende“ als nicht eindeutig und „Nutzende“ als verwirrend eingestuft. Daher wurden sie durch „Fachpersonal“ und „Klient*innen bzw. Bewohner*innen“ ersetzt.

Spezifisch für Testpersonen aus Einrichtungen der Eingliederungshilfe kristallisierte sich bei den Pretests heraus, dass es sich bei ihren Einrichtungen um den Wohnraum der Klient*innen handelt, in dem Menschen leben, wohnen oder arbeiten und in dem keine Schulungen oder Behandlungen stattfinden. Es wurde angegeben, dass die Wohngruppen der Menschen mit Behinderung nicht als öffentliche Einrichtung betrachtet werden können.

Folgende Änderungen wurden aufgrund der Rückmeldungen vorgenommen:

  • Der Selbstcheck für Einrichtungen der Eingliederungshilfe wurde entlang der Rückmeldungen aus den Pretests in zwei separate Selbstchecks – für den Bereich „Wohnen“ und „Arbeiten“ (WfbM) – aufgeteilt.

  • Neben den Begrifflichkeiten wurden v. a. die Beispiele, die in den Items genannt wurden, einrichtungsspezifischer formuliert.

  • In dem Selbstcheck für Einrichtungen der Eingliederungshilfe im Bereich „Wohnen“ wie auch im Selbstcheck in Leichter Sprache wurde darauf geachtet, dass der private Wohnraum der Menschen mit Behinderung nicht als öffentlicher Raum betrachtet werden kann.

  • Im Selbstcheck für die Eingliederungshilfe wurde darauf geachtet, dass in den Wohngruppen für Menschen mit Behinderung kein „ärztliches Personal“, sondern hauptsächlich „pädagogisches Personal“ vorhanden ist.

  • Manche Formulierungen (z. B. „Aktionspläne“) wurden als nicht relevant für die Einrichtungen der Eingliederungshilfe eingestuft und wurden daher geändert oder gekürzt.

  • Zudem wurde gewünscht, einen Selbstcheck für Bewohner*innen bzw. Beschäftigte mit kognitiven Einschränkungen oder (geistiger) Behinderung zur Verfügung zu haben, damit sich dieser Personenkreis an der „AG Gesundheitskompetenz“ beteiligen könne. Entsprechend der Rückmeldung der Testpersonen wurde ein Selbstcheck in Leichter Sprache entwickelt.

Basierend auf den Ergebnissen der Fokusgruppeninterviews wurden außerdem einrichtungsartenübergreifende Änderungen an den Selbstchecks vorgenommen:

  • Aufgrund der Pretestrückmeldungen in Einrichtungen der (Alten‑)Pflege wurde die Bezeichnung „Standards“ der OGK durch die Bezeichnung „Handlungsfelder“ der OGK ersetzt und über alle Einrichtungsarten hinweg in allen Selbstchecks einheitlich bezeichnet. Dies ließ sich durch die bereits vorhandene Bezeichnung „Pflegestandards“ begründen, die bei den Pretestpersonen zu Verwirrung führte.

  • Die Antwortmöglichkeit „nicht zutreffend“ wurde zu „nicht relevant“ geändert, da es zuvor zu Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von „nicht zutreffend“ und „nein“ kam.

  • Die Anpassung der Anzahl von Substandards, Indikatoren und Items der jeweiligen Handlungsfelder der OGK war – überwiegend aufgrund der sprachlichen oder inhaltlichen Änderungen – erforderlich, da diese je Einrichtungsart als unterschiedlich adäquat empfunden wurden. Zum Beispiel haben die Pretestpersonen alle acht Standards der OGK als adäquat eingestuft. Für die Eingliederungshilfe wurde Handlungsfeld 8 „Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung“ von den Testpersonen weniger relevant angesehen; es wurden daraufhin Items in diesem Handlungsfeld gekürzt.

Selbstcheck in Leichter Sprache

Um eine umfassende Befragung aller Akteure der Einrichtungen der Gesundheitsversorgung zu ermöglichen (u. a. Einbezug der Patient*innen oder Bewohner*innen, insbesondere mit kognitiver Beeinträchtigung oder geistiger Behinderung), wurde der ursprüngliche Selbstcheck (s. Anpassungsphase 1) gekürzt (auf 20 Items) und durch ein Übersetzungsbüro in Leichte Sprache übersetzt (inkl. Prüfgruppe). Bei der Auswahl der Items wurde auch berücksichtigt, zu welchen Sachverhalten Patient*innen oder Bewohner*innen eine Antwort geben können und Bereiche betreffen, die für die jeweiligen einrichtungsspezifischen Zielgruppen als relevant erachtet werden.

Abb. 3 stellt die Anzahl der Items der Selbstbewertungsinstrumente WKGKKO-I, SAT-OHL-Hos-v1.0 und der fünf einrichtungsspezifischen Selbstchecks im Projekt „EwiKo“ dar, die nach den Pretests angepasst und in der Pilotphase des Projekts „EwiKo“ erprobt wurden.

Abb. 3
figure 3

Anzahl der Items der Selbstbewertungsinstrumente zur Erfassung der organisationalen Gesundheitskompetenz für Krankenbehandlungsorganisationen (WKGKKO‑I und SAT-OHL-Hos-v1.0) und der fünf einrichtungs- bzw. zielgruppenspezifischen Selbstchecks des Projekts „EwiKo“ nach der jeweiligen Pretestung (eigene Darstellung, EH Eingliederungshilfe. Die Anzahl der Items bezieht sich auf die Version der Selbstchecks, die im Rahmen der Pilotphase des Projekts „EwiKo“ erprobt wurde.)

Phase 3: Erprobung der Selbstchecks

Die Ergebnisse der Fokusgruppeninterviews mit den AG-Mitgliedern in den sechs Piloteinrichtungen während Anpassungsphase 3 „Erprobung der Selbstchecks“ (während der Pilotierungsphase, 15–18 Monate) legen nahe, dass die Einrichtungsart keinen Einfluss auf die Erfahrungen der einrichtungsspezifischen Mitglieder der „AG Gesundheitskompetenz“ im Umgang mit den Selbstchecks hatte. Die Mitglieder der AGs berichteten über ähnliche Erfahrungen unabhängig von der Einrichtungsart. Als (zu) umfangreich erwies sich in den Selbstchecks der Einführungstext zum Konzept der persönlichen und organisationalen Gesundheitskompetenz. Zum Beispiel berichtete eine Piloteinrichtung, dass ein Einführungsvideo zum Konzept „Gesundheitskompetenz“ das Verständnis des Konzepts anstatt eines Fließtextes erleichtern könnte. Dies wurde im Nachgang erstellt und den Einrichtungen zur Verfügung gestellt.

Die Piloteinrichtungen gaben an, dass das Bewusstsein für die Bedarfe zur Stärkung der (organisationalen) Gesundheitskompetenz in den Einrichtungen durch die Selbstchecks geschärft wurde. Als sehr hilfreich wurde das in den Selbstchecks enthaltene Glossar empfunden, das zu einem besseren Verständnis der Bezeichnungen und Begrifflichkeiten sowie den darin genannten Techniken und Methoden beitrug.

Daneben äußerten die Piloteinrichtungen den Wunsch, dass Items kürzer, einfacher und präziser formuliert und Fachbegriffe ersetzt werden sollten. Die Antwortmöglichkeiten und die prozentuale Angabe im Selbstcheck („ja“ = Erfüllungsgrad 100–76 %; „eher ja“ = Erfüllungsgrad 75–51 %; „eher nein“ = Erfüllungsgrad 50–26 %; „nein“ = Erfüllungsgrad 25–0 %) wurden von den Piloteinrichtungen als hilfreich beschrieben. Die Antwortmöglichkeit „nicht relevant“ wurde als nicht eindeutig eingestuft. Stattdessen wurde die Antwortmöglichkeit „weiß ich nicht/kann ich nicht beantworten“ vorgeschlagen und schließlich ergänzt.

Die AG-Mitglieder gaben an, dass sie den Selbstcheck öfter beiseitelegten und in Etappen ausfüllten. Die Rückmeldungen zeigten, dass es für das Ausfüllen der Selbstchecks wichtig sei, ausreichend Zeit und Ruhe zu haben. Laut Rückmeldung der AG-Mitglieder waren die veranschlagten 90–120 Minuten für das Ausfüllen der Selbstchecks notwendig. Es wurde zudem gewünscht, bereits zu Beginn der Selbstchecks eine Angabe zur Ausfülldauer zu erhalten. Dies wurde ergänzt.

Bei der Anwendung der Selbstchecks erwies es sich als schwierig, dass die ausfüllende Person z. T. nur Aussagen zum Bereich beantworten konnte, in dem diese arbeitete. So gaben AG-Mitglieder (insbesondere Einrichtungsmitarbeitende aus der Praxis) an, dass ihnen Wissen im Managementbereich (z. B. Budget) fehle. AG-Mitglieder auf Ebene des Leitungs- oder Managements berichteten umgekehrt, dass ihnen das Wissen zum Umgang mit Patient*innen oder Bewohner*innen (bspw. im Bereich Kommunikation) aus der Praxis fehle und daher Schwierigkeiten berichtet wurden, die entsprechenden Items zu beantworten. Vor diesem Hintergrund wurde das gemeinsame Ausfüllen der jeweiligen Selbstchecks mit der abteilungs- und berufsgruppenübergreifend zusammengesetzten „AG Gesundheitskompetenz“ als äußerst wichtig und empfehlenswert eingeschätzt.

Tab. 5 gibt einen Überblick über die Ergebnisse aus den Fokusgruppeninterviews mit den AG-Mitgliedern in den sechs Piloteinrichtungen während der Erprobung der Selbstchecks (Anpassungsphase 3).

Tab. 5 Erfahrungen der AG-Mitglieder bei der Anwendung der einrichtungsspezifischen Selbstchecks (N = 43 AG-Mitglieder aus N = 6 Piloteinrichtungen)

Die abgeleiteten Änderungsbedarfe wurden durch das „EwiKo“-Projektteam geprüft und anschließend (in der Anpassungsphase 3) umfangreiche Anpassungen an den Selbstchecks, deren Inhalten sowie an den Formulierungen vorgenommen.

Änderungen und Ergänzungen in den Selbstchecks wurden folgendermaßen vorgenommen:

  • Aufgrund des partizipativ erfassten Bedarfs der Piloteinrichtungen wurde ein Erklärvideo zum Konzept der persönlichen und organisationalen Gesundheitskompetenz erstellt.

  • In den Selbstchecks wurde die voraussichtliche Ausfülldauer (90–120 Minuten) sowie der Hinweis, dass der Selbstcheck schrittweise (inklusive Pausen) ausgefüllt werden kann, ergänzt.

  • Itemformulierungen wurden angepasst und Fachbegriffe möglichst durch Alltagssprache und einrichtungsspezifische Begriffe ersetzt.

  • Die Bezeichnung „Standard(s)“ wurde in allen Selbstchecks in „Handlungsfeld(er)“ umbenannt, um Verwechslungen mit den „Pflegestandards“ zu vermeiden.

  • Einrichtungsspezifische Beispiele wurden in die Selbstchecks eingefügt, um die Relevanz der Handlungsfelder zu verdeutlichen.

  • Die Antwortmöglichkeit „nicht relevant“ wurde um die Antwortmöglichkeit „kann ich nicht beantworten“ ergänzt.

Folgende Bestandteile enthalten die finalen Selbstchecks:

  • eine kurze Einführung in das Konzept OGK,

  • ein Erklärvideo zur Einführung in das Konzept OGK,

  • einrichtungsspezifischer Selbstcheck zur Erhebung der OGK in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung,

  • ein Glossar mit zentralen Begriffen sowie Techniken und Methoden,

  • Praxis- bzw. Fallbeispiele.

Eine tabellarische Übersicht über die Standards, Substandards und Items (vor, während und nach der Entwicklung) der fünf Selbstchecks, differenziert nach Einrichtungsart und in Leichter Sprache, können von den Autor*innen auf Anfrage bereitgestellt werden. Abb. 4 stellt die Selbstchecks für Krankenhäuser, die stationäre (Alten‑)Pflege, Einrichtungen der Eingliederungshilfe (im Bereich „Wohnen“ und „Arbeiten“ bzw. in „Werkstätten für Menschen mit Behinderung“) und in Leichter Sprache dar.

Abb. 4
figure 4

Selbstchecks für Krankenhäuser, Einrichtungen der stationären (Alten‑)Pflege und der Eingliederungshilfe (im Bereich „Wohnen“ und „Arbeiten/Werkstätten für Menschen mit Behinderung“) sowie in Leichter Sprache (eigene Darstellung nach Rathmann und László [35]. Die Quellen zu den Selbstchecks „EwiKo“ sind im Literaturverzeichnis unter „Projekt EwiKo (o. J.)“ [19] zu finden.)

Da die Piloteinrichtungen in der dritten Anpassungsphase (Anpassungsphase 3 „Erprobung der Selbstchecks“) den Bedarf an einer differenzierten Ausformulierung der Items pro Handlungsfeld zurückgemeldet haben, enthalten die Selbstchecks in der finalen Fassung

  • Selbstcheck für Krankenhäuser: 92 Items,

  • Selbstcheck für die Einrichtungen der (Alten‑)Pflege: 93 Items,

  • Selbstcheck für Einrichtungen der Eingliederungshilfe (im Bereich „Wohnen“): 91 Items,

  • Selbstcheck für die Eingliederungshilfe im Bereich „Arbeiten“ (d. h. Werkstätten für Menschen mit Behinderung): 81 Items,

  • Selbstcheck in Leichter Sprache: 20 Items.

Jeder dieser fünf Selbstchecks enthält in der finalen Fassung 21 Substandards, die sich in die acht Handlungsfelder der OGK unterteilen lassen [24,25,26,27,28].

In Abb. 5 werden zudem die projektrelevanten Materialien – d. h. Toolboxen, digitale Tool-Datenbank und Praxisleitfäden mit Anleitungen, Checklisten und Vorlagen zur Umsetzung von Tools zur Entwicklung der OGK in den entsprechenden Handlungsfeldern der OGK – bereitgestellt, die für die Pilotphase und die Piloteinrichtungen im Rahmen des Projekts „EwiKo“ entwickelt wurden.

Abb. 5
figure 5

Einrichtungsspezifische Toolboxen, digitale Tool-Datenbank, den fünf Selbstchecks und Praxisleitfäden im Projekt „EwiKo“ (eigene Darstellung nach Rathmann und László [35]. Die Quellen sind im Literaturverzeichnis unter „Literatur Projekt „EwiKo“ (o. J.)“ [15] zu finden.)

Die digitalen Selbstchecks

Damit Einrichtungen der Gesundheitsversorgung – im Sinne einer nachhaltigen Implementierung – den Weg zur gesundheitskompetenten Einrichtung selbstständig durchlaufen können, sind alle fünf Selbstchecks (d. h. für Krankenhaus [24], Einrichtungen der (Alten‑)Pflege [25], Einrichtungen der Eingliederungshilfe im Bereich „Wohnen“ [26] und im Bereich „Arbeiten“ (Werkstätten für Menschen mit Behinderung/WfbM) [27], in Leichter Sprache [28]) sowie alle Informationen, Anleitungen (Schritt-für-Schritt-Anleitung [29], Toolboxen [20, 21], Praxisleitfäden [15]) und Unterstützungsmaterialien auf der Webseite des Projekts „EwiKo“ [19] in digitaler Form verfügbar. Die digitalen Selbstchecks sind dort direkt ausfüllbar und mit einer Ergebnisübersicht versehen. Daneben kann über die Tool-Datenbank nach geeigneten Handlungsfeldern der OGK und Zielgruppen gesucht und gefiltert werden, um bedarfsspezifisch bewährte und geeignete Maßnahmen zur Stärkung der persönlichen und organisationalen Gesundheitskompetenz zu finden.

Diskussion

Ziel des Beitrags war es, die Entwicklung von einrichtungs- und zielgruppenspezifischen Selbstbewertungsinstrumenten zur Erfassung der OGK in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung unter Berücksichtigung bisheriger internationaler und deutschsprachiger Instrumente [6, 46] zu berichten. Daneben zielte der Beitrag darauf ab, die Pretestungen und Anpassungen an den Selbstbewertungsinstrumenten sowie deren Erprobung in Krankenhäusern sowie in Einrichtungen der (Alten‑)Pflege und Eingliederungshilfe (im Bereich „Wohnen“ und „Arbeiten“) sowie in Leichter Sprache im Rahmen des Projekts „EwiKo“ darzustellen.

Der Entwicklungsprozess begann mit der Auswahl der im internationalen und deutschsprachigen Raum bereits bewährten und eingesetzten Instrumenten WKGKKO‑I und SAT-OHL-Hos-v1.0. In der ersten Anpassungsphase (Abb. 2) wurde das Instrument SAT-OHL-Hos-v1.0 [46] auf Basis der Vorgängerversion des Instruments (WKGKKO‑I; [6]) an den deutschsprachigen Kontext und verschiedene Einrichtungsarten (Krankenhaus, Einrichtungen der (Alten‑)Pflege und Eingliederungshilfe für die Bereiche „Wohnen“ und „Arbeiten“) und in Leichter Sprache angepasst.

Jeder der fünf Selbstchecks umfasst ein einrichtungs- bzw. zielgruppenspezifisches Spektrum von Items und Aspekten der OGK und erweitert die Landschaft bisheriger Selbstbewertungsinstrumente zur Messung der OGK [1, 5, 13, 44]. Vorteilhaft ist, dass die Selbstchecks weniger Items als andere Instrumente beinhalten [6, 46] und dadurch im (Berufs‑)Alltag der Nutzenden (Leitungs- und Fachpersonal, Patient*innen oder Bewohner*innen) zeitsparender und insgesamt einfacher zu handhaben sind.

Im Vergleich zu den einrichtungsspezifischen Selbstchecks im Projekt „EwiKo“ richtet sich das Instrument „Organizational Health Literacy Self-Assessment Tool for Primary Care“ (OHL Self-AsseT) speziell an Einrichtungen der Primärversorgung in der Schweiz und ist auf die Herausforderungen zugeschnitten, mit denen Allgemeinmediziner und ambulante Pflegedienste dort konfrontiert sind [4]. Während die „EwiKo“-Selbstchecks in acht Handlungsfeldern der OGK gegliedert sind, ist das Instrument „OHL Self-AsseT“ in sechs Dimensionen unterteilt, darunter einfacher Zugang zu Einrichtungen, Kommunikation in verständlicher Sprache und Stärkung der Gesundheitskompetenz von Nutzenden und Mitarbeitenden [4]. Ähnlich wie die „EwiKo“-Selbstchecks wurde auch der „OHL Self-AsseT“ unter Berücksichtigung eines partizipativen Ansatzes entwickelt, bei dem Allgemeinmediziner*innen und kommunale Pflegedienstorganisationen aktiv einbezogen wurden.

In einer qualitativen Studie, die in den Prozess der Instrumentenentwicklung eingebettet war, wurde das „OHL Self-AsseT“ in Einrichtungen der Primärversorgung evaluiert [39]. Ähnlich wie bei den Selbstchecks im Projekt „EwiKo“ zeigen die Ergebnisse von Stuermer et al. [39], dass der Einsatz des Instruments „OHL Self-AsseT“ die Teammitglieder der Einrichtungen der Primärversorgung ermutigt hat, Veränderungen im Bereich der OGK anzustoßen und die Teamarbeit zu stärken (s. Tab. 5). Außerdem deuten die Ergebnisse von Stuermer et al. [39] darauf hin, dass sich insbesondere beim gemeinsamen Umsetzen des Instruments „OHL Self-AsseT“ das Gefühl der Teameffektivität verbessert hat. In Übereinstimmung mit dieser Erfahrung und Erfahrungen aus anderen Projekten zur Instrumentenentwicklung [11, 41] wurde im Projekt „EwiKo“ berichtet, dass es förderlich ist, den Selbstcheck in einer multiprofessionell zusammengesetzten „AG Gesundheitskompetenz“ durchzuführen, um verschiedene Perspektiven der Einrichtung durch die Beteiligten abzubilden. Auf diese Weise ist es möglich, sich mit der multiprofessionell zusammengesetzten „AG Gesundheitskompetenz“ in sieben Schritten zu einer „gesundheitskompetenten Einrichtung“ zu entwickeln [29].

Parallel zu den Selbstchecks des Projekts „EwiKo“ wurde das „Selbstbewertungsinstrument zur organisationalen Gesundheitskompetenz“ [11] im Rahmen des Projekts „Entwicklung gesundheitskompetenter Organisationen zur Förderung der Gesundheitskompetenz in Hamburg (OHL-HAM)“ entwickelt. Das Instrument „OHL-HAM“ besteht aus fünf Kategorien: 1) barrierefreier Zugang und Navigation, 2) Integration, Priorisierung und Verbreitung von organisationsbezogener Gesundheitskompetenz, 3) Qualifizierung, Qualitätsmanagement, Evaluation und Bedarfserhebung, 4) Kommunikation mit Zielgruppen, 5) Einbeziehung und Unterstützung von Zielgruppen. Es besteht aus insgesamt 17 Subkategorien und 77 Items, differenziert allerdings nicht nach Settings oder Zielgruppen.

Das Instrument OHL-HAM wurde ähnlich wie die Selbstchecks im Projekt „EwiKo“ in einem mehrstufigen Prozess unter Verwendung einer Kombination von qualitativen und quantitativen Methoden entwickelt. Es basiert auf einem Scoping-Review [3], das den aktuellen Stand der OGK-Kriterien erfasst hat. Zusätzlich wurden im Rahmen des OHL-HAM-Projekts Kriterien durch Gruppendiskussionen mit Vertreter*innen verschiedener Gesundheitseinrichtungen (u. a. Kammern, Verbände, Krankenversicherungen, Patient*innenvertretungen, Selbsthilfeorganisationen und Kliniken) gesammelt und nach ihrer Relevanz bewertet [11].

Ähnlich wie bei der Entwicklung der vorliegenden „Selbstchecks“ wurde ein Pretest für das Instrument OHL-HAM durchgeführt, an dem u. a. Personen mit wissenschaftlichem Hintergrund und Vertreter*innen aus verschiedenen Einrichtungsarten der Gesundheitsversorgung teilgenommen haben [11]. Die Ergebnisse des Pretests führten zu mehreren Verfeinerungen des Instruments, darunter wurden Items umformuliert, um die Klarheit und das Verständnis zu verbessern. Zudem wurden Items aufgeteilt, um den Fokus der einzelnen Fragen zu schärfen [11].

Insgesamt enthalten die einrichtungsspezifischen „Selbstchecks“ im Projekt „EwiKo“ jeweils acht Handlungsfelder der OGK [19]. Die beteiligten Einrichtungen fanden alle Handlungsfelder der OGK für die Erfassung und Stärkung der OGK in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung relevant. Die Messung der OGK in mehreren Handlungsfeldern bzw. Standards bietet den Vorteil eines differenzierteren Bildes zum Ausmaß und den Bedarfslagen der OGK in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung im Gegensatz zu Instrumenten mit bereichsspezifischen oder eindimensionalen Foki [1, 13]. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit anderen Arbeiten, in denen Selbstbewertungsinstrumente bzw. Fragebögen entwickelt und validiert wurden, die verschiedene Bereiche der OGK abdecken [3, 4, 11, 39, 44].

In den Entwicklungsprozess der „Selbstchecks“ im Projekt „EwiKo“ wurden, neben den Pretestpersonen und Mitgliedern der „AG Gesundheitskompetenz“, auch Nutzende der Einrichtungen der Gesundheitsversorgung einbezogen, die bisher nur selten am Entwicklungsprozess von Instrumenten – und schon gar nicht zur Erfassung der OGK – teilgenommen haben [11]. Da die Selbstchecks mit dem Konsens von Praxisexpert*innen (d. h. Leitungs- und Fachpersonen der AG-Mitglieder) sowie Nutzenden verschiedener Einrichtungsarten der Gesundheitsversorgung entwickelt wurden, konnten die Wahrnehmung und die Bedarfe aus einer multiprofessionellen, abteilungs- bzw. bereichsübergreifenden Perspektive in den Piloteinrichtungen berücksichtigt werden, was als sehr positiv von den Piloteinrichtungen wahrgenommen wurde.

Darüber hinaus wurden die „Selbstchecks“ im Projekt „EwiKo“ einrichtungsspezifisch, d. h. differenziert nach verschiedenen Einrichtungsarten entwickelt. Abhängig von der Relevanz der einzelnen Items in der jeweiligen Einrichtungsart wurden einzelne Items bzw. Fragen zusammengefasst, gekürzt oder mit einrichtungsspezifischen Begriffen/Bezeichnungen umformuliert. Bisher wurde dieses Verfahren bei der Entwicklung von Instrumenten zur Erfassung der OGK nicht beschrieben. Einrichtungsspezifische Selbstchecks bieten den Vorteil einer differenzierten Analyse der OGK in verschiedenen (Versorgungs‑)Settings [35].

Stärken und Schwächen

Die Ergebnisse des vorliegenden Beitrags tragen dazu bei, die Bedarfe zur Stärkung der OGK in verschiedenen Einrichtungsarten der Gesundheitsversorgung einrichtungs- und zielgruppenspezifisch zu erfassen und Maßnahmen zur Stärkung der Gesundheitskompetenz – im Sinne des Public Health Action Cycles – bedarfsorientiert zu planen, durchzuführen und anschließend zu evaluieren. Positiv anzumerken ist, dass erstmals Selbstchecks zur Erfassung der OGK für Einrichtungsarten der stationären Versorgung (Krankenhaus und (Alten‑)Pflege) sowie Einrichtungen der Eingliederungshilfe (im Bereich „Wohnen“ und „Arbeiten“) mit einem differenzierten Itemkatalog bestehend aus einrichtungsspezifischen Begriffen bzw. Bezeichnungen und Beispielen, sowie in Leichter Sprache für Menschen mit kognitiven Einschränkungen bereit liegen.

Zum Einbezug vor allem von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen oder Sprachbarrieren sowie Patient*innen, Bewohner*innen und Mitarbeitenden von Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM) wurde die bedarfsorientiert gekürzte Form der Selbstchecks in Leichte Sprache übersetzt. Auch eine jeweils digitale Möglichkeit zur Anwendung der Selbstchecks (s. Webseite des Projekts „EwiKo“: https://ewiko-gesundheitskompetenz.de/produkte/selbstchecks/ [19]) wurde veröffentlicht und kann von den Nutzenden zur Ermittlung des OGK-Ausmaßes inkl. digitaler Ergebnisdarstellung genutzt werden.

Kritisch anzumerken ist, dass der relativ große Umfang der Instrumente (insbesondere zu Beginn der Pretests) einen hinderlichen Faktor bei der Bereitschaft zum Einsatz des Instruments in den Piloteinrichtungen darstellte. Durch die umfangreiche Anzahl an Items ist es allerdings möglich, verschiedene Aspekte der OGK zu erfassen und ein differenziertes Bild von der OGK in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung zu erhalten. Eine weitere Einschränkung ist, dass das jeweilige Selbstbewertungsinstrument in den Piloteinrichtungen durch eine relativ kleine Stichprobe der Vertreter*innen der jeweiligen sechs Piloteinrichtungen (insgesamt 43 Personen) erprobt wurde. Daher sind die quantitativ messbaren Ergebnisse der Erprobung der Selbstchecks nicht repräsentativ für die Gesamtheit der Einrichtungen der Gesundheitsversorgung in Deutschland. Hierfür wären eine größere Stichprobe und erneute Erprobung erforderlich. Die Validierung der Selbstchecks in einer größeren Stichprobe erscheint daher sinnvoll und notwendig.

Eine andere Limitation ergibt sich aus dem partizipativen Entwicklungsprozess bzw. den Gütekriterien der angewandten partizipativen Methode im Projekt „EwiKo“. Es ist nicht auszuschließen, dass eine Wiederholung der beschriebenen Phasen während der Entwicklung, Pretestung und Erprobung der Selbstchecks mittels partizipativer Methoden zu anderen als den hier aufgeführten Ergebnissen führen könnte.

Fazit für die Praxis

  • Der Beitrag verweist auf die Wichtigkeit der Verfügbarkeit von einrichtungs- und zielgruppenspezifischen Selbstbewertungsinstrumenten zur Messung der organisationalen bzw. systemischen Gesundheitskompetenz in Einrichtungen der (Gesundheits‑)Versorgung.

  • Für die Erfassung der organisationalen Gesundheitskompetenz (OGK) sind einrichtungsspezifische Selbstbewertungsinstrumente erforderlich, um die Bedarfe in den Einrichtungen der Gesundheitsversorgung zu erheben und Maßnahmen zur Stärkung der OGK (ganzheitlich oder bezogen auf einzelne Standards bzw. Handlungsfelder) anzuwenden.

  • Im Rahmen des Projekts „EwiKo“ (Entwicklung der Gesundheitskompetenz in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung) wurden fünf Instrumente (sog. Selbstchecks) zur Erfassung der OGK mehrstufig und partizipativ durch die Einbeziehung von abteilungs- und berufsgruppenübergreifenden (multiprofessionellen) (Gesundheits‑)Fachpersonen sowie Patient*innen bzw. Bewohner*innen („AG Gesundheitskompetenz“) in den Einrichtungen Krankenhaus, (Alten‑)Pflege, Eingliederungshilfe (im Bereich „Wohnen“ und „Arbeiten“) sowie in Leichter Sprache entwickelt und während der Pilotphase erprobt.

  • Die regelmäßige Erfassung einrichtungsspezifischer Bedarfe („Monitoring“) in Form einer Selbstbewertung zum OGK-Ausmaß bietet Hinweise auf die Ausgangslage, Erfolge oder weitere Bedarfe durch die Anwendung geeigneter Maßnahmen zur Stärkung der OGK in Einrichtungen der (Gesundheits‑)Versorgung.

  • In künftigen Studien ist es notwendig, Instrumente zur Erfassung der OGK in größeren Stichproben einzusetzen sowie Möglichkeiten einer systematischen Anwendung der Selbstchecks bzw. Selbstbewertungsinstrumente in Einrichtungen der (akut-)stationären Versorgung und Eingliederungshilfe zu untersuchen.

  • Die leichte und pragmatische Handhabbarkeit und Durchführung der Selbstchecks im (Berufs‑)Alltag erweist sich als zentral für die Anwender*innen in Einrichtungen der (Gesundheits‑)Versorgung und Eingliederungshilfe.

  • Digitale Selbstchecks (inklusive Ergebnis-Outputs) erwiesen sich als hilfreich, um Ergebnisse und Bedarfe zur Stärkung der OGK – entweder ganzheitlich oder für einzelne Handlungsfelder separat – zu erhalten.