Hinführung zum Thema

Historisch gesehen, haben gesundheitliche Aspekte bei der Gründung und Gestaltung von Städten neben anderen Aspekten immer eine Rolle gespielt [4]. Auch gesetzlich ist im Baugesetzbuch vorgegeben, dass „die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung“ zu berücksichtigen sind (§ 1 Abs. 6, Ziffer 1 BauGB). Allerdings besteht für die Entwicklung und Umsetzung einer gesundheitsfördernden Stadtentwicklung noch erheblicher Handlungsbedarf [18]. Zwar werden in der Stadtplanung gesundheitliche Belastungen oft berücksichtigt, eine gezielte Stärkung von Potenzialen zur Gesundheitsförderung findet jedoch nicht systematisch statt. Vor diesem Hintergrund gibt der vorliegende Beitrag einen Überblick über zentrale stadtplanerische Schüsselfaktoren, daraus hervorgehende Effekte und deren Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit.

Einleitung

Nichtübertragbare Krankheiten stellen weltweit die häufigste Todesursache dar, auch in Deutschland sind sie mit > 90 % für den größten Anteil aller jährlichen Todesfälle verantwortlich [30, 45]. Ihnen zugehörig sind u. a. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Krebs und Atemwegserkrankungen, welche in erster Linie mit Lebensstil- und Umweltfaktoren verbunden sind. Auch psychische Erkrankungen wie Depressionen werden im weiteren Sinne dazugezählt [30].

Gesundheitsförderung spielt eine Schlüsselrolle bei der Prävention dieser Krankheiten, indem sie auf Modifikationen des individuellen Verhaltens, gesellschaftlicher Einflüsse und Umweltfaktoren abzielt [31]. Eine effektive Gesundheitsförderung trägt hierbei nicht nur zur individuellen Gesundheit bei, sondern auch zur Verringerung der gesamtgesellschaftlichen Belastung durch Folgekosten im Gesundheitssystem.

In einer Ära zunehmender Urbanisierung und eines damit weltweit und auch in Deutschland steigenden Anteils der Stadtbevölkerung [37, 44] besteht die Herausforderung, städtische Umgebungen vermehrt als gesundheitsförderliche Umgebungen zu gestalten. Stadtplanung kann beispielsweise auf verschiedene Umweltbelastungen wie Hitze, Lärm oder Luftschadstoffe Einfluss nehmen und deren gesundheitliche Auswirkungen verringern [32]. Damit wird die Wirkung von städtebaulichen Strukturen hinsichtlich der menschlichen Gesundheit zu einem essenziellen Forschungsfeld und bietet einen Rahmen für verhältnispräventive Gesundheitsförderung für einen großen Anteil der Stadtbevölkerung. Die Bedeutung stadtplanerischer Schlüsselfaktoren für die menschliche Gesundheit zeigt sich in einem komplexen Netzwerk von physischen, sozialen und psychologischen Einflüssen. Diese Übersicht widmet sich der Darstellung und Einordnung relevanter Faktoren und ihrer Rolle bei der Gestaltung von Städten als lebenswerte und gesundheitsförderliche Umgebungen.

Methodik

Der vorliegende Beitrag folgt der Methodik eines narrativen Literaturreviews. Grundlage für die Auswahl der berücksichtigten Literatur waren Recherchen in den Datenbanken PubMed, Science Direct sowie etablierte Standardwerke an der Schnittstelle zwischen Stadtplanung und Gesundheit (u. a. [3, 4, 6, 18]). Die nach Auffassung der Autor*innen wichtigen Zusammenhänge zwischen stadtplanerischen Faktoren und menschlicher Gesundheit wurden anhand der in Abb. 1 dargestellten Wirkungskette analysiert. Die Auswahl und Gewichtung der berücksichtigten Literatur erfolgte durch Diskussion der Autor*innen und Konsensbildung. Es werden wichtige stadtplanerische Schlüsselfaktoren und deren direkte Effekte beleuchtet, welche wiederum mit gesundheitlichen Auswirkungen in Zusammenhängen stehen. Anschließend werden daraus abgeleitete Handlungsempfehlungen und Strategien für die Prävention nichtübertragbarer Krankheiten diskutiert.

Abb. 1
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Wirkungskette von stadtplanerischen Schlüsselfaktoren zu gesundheitlichen Auswirkungen

Stadtplanerische Schlüsselfaktoren

Stadtplanerische Schlüsselfaktoren haben oft keine unmittelbar positive oder negative Auswirkung auf die Gesundheit der Menschen. Vielmehr werden gesundheitliche Auswirkungen durch eine Reihe von direkten Effekten vermittelt (Abb. 1). So bewirkt beispielsweise eine verbesserte Walkability des städtischen Umfelds eine erhöhte körperliche Aktivität von Menschen, welche wiederum zu weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen und geringerer Mortalität beiträgt (a in Abb. 1). Andererseits bewirkt eine Erhöhung des Anteils grüner Infrastruktur im öffentlichen Raum eine Verringerung der Umgebungstemperatur infolge von Hitzeereignissen, welche wiederum das Risiko für verschiedene Atemwegserkrankungen senkt (b in Abb. 1).

Walkability

Der Begriff Walkability beschreibt die bewegungsfördernde Gestaltung von Wohnumgebungen, welche die persönliche Mobilität sowie die freizeitlichen Bewegungsaktivitäten begünstigt [6]. Durch eine Kombination von städtebaulichen Merkmalen eines urbanen Quartiers, etwa dem Verdichtungsgrad, der Nutzungsmischung, dem Vorhandensein hochwertiger Gehwege und einem ästhetisch-attraktiven Straßenbild, kann die aktive Mobilität, also beispielsweise das Zurücklegen von Arbeitswegen zu Fuß und mit dem Fahrrad, begünstigt werden. In einer Wohnumgebung mit höherer Walkability zu leben, steht in einem Zusammenhang mit mehr körperlicher Aktivität im Alltag [13, 35]. Eine Untersuchung zeigt zudem, dass eine Implementierung von Walkability durch städtebauliche Maßnahmen möglich ist und zu einer Steigerung der Bewegungsaktivität von Menschen führen kann [14].

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt 150–300 min moderate bis intensive Ausdaueraktivität oder 75–150 min intensives Training pro Woche [7], auch eine Kombination von moderaten und intensiven Aktivitäten ist möglich. Die gesundheitlichen Vorteile von körperlicher Aktivität sind weitreichend, gleichzeitig stellt körperliche Inaktivität ein maßgebliches Risiko für die Entwicklung verschiedener Krankheitsbilder dar [22, 39]. Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählen weltweit als die häufigste Todesursache. Die wichtigste Störung dabei ist die Arteriosklerose, welche zu verschiedenen Krankheitsbildern wie Herzinfarkt, koronarer Herzkrankheit oder Schlaganfall führen kann. Körperliche Inaktivität stellt, neben anderen, einen der wichtigsten Risikofaktoren für Arteriosklerose dar [38]. Regelmäßig körperlich aktiv zu sein, kann nach Delbrück [9] außerdem das Risiko für verschiedene Arten von Krebserkrankungen verringern. Auch in der onkologischen Akutbehandlung bringt körperliche Aktivität u. a. Vorteile für Erschöpfungsbeschwerden, den verringerten Abbau von Muskelmasse und das Immunsystem mit sich [9]. Regelmäßig körperlich aktiv zu sein senkt zudem das Risiko an Diabetes zu erkranken, darüber hinaus kann Bewegung verschiedene gesundheitliche Parameter bei bestehendem Diabetes verbessern [48].

Körperliche Inaktivität ist zudem ein zentraler Risikofaktor für die Entwicklung von Übergewicht und Adipositas [16]. Diese erhöhen wiederum das Risiko für eine Reihe von chronischen Erkrankungen, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, bestimmte Krebsarten und Depressionen [42]. Depressionen sind eine häufig auftretende psychische Störung, welche das allgemeine Wohlbefinden und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigt. Die regelmäßige Ausübung von körperlicher Aktivität zeigt eine förderliche Wirkung auf die psychische Gesundheit und kann bei Depressionen sowohl präventiv als auch therapeutisch eingesetzt werden [20].

Zugang und Gestaltung der öffentlichen Freiräume

Öffentliche Freiräume wie Plätze, Parks, Grünanlagen sowie Straßenräume gelten als zentrale Infrastrukturelemente in Städten. Wichtige Eigenschaften für attraktive öffentliche Freiräume sind hierbei insbesondere eine hohe Sicherheit sowie die Ästhetik, Ausstattung und Wohnortnähe [24]. Die Nähe des Wohnorts zu Parks, Grünanlagen und öffentlichen Erholungs- und Sporträumen steht bei Stadtbewohner*innen in einem Zusammenhang mit mehr körperlicher Aktivität [19], da eine verbesserte Erreichbarkeit gegeben und damit ein niedrigerer Zeitaufwand verbunden ist. Dies geht mit denen im Abschnitt „Walkability“ beschriebenen gesundheitlichen Vorteilen einher. Des Weiteren können öffentliche Freiräume durch die Integration von Vegetation einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung von Luftverschmutzung und der Bindung von Kohlenstoff leisten, was zu einer Verbesserung der innerstädtischen Luftqualität führt [29]. Eine Exposition mit Luftschadstoffen steht wiederum im Zusammenhang mit dem Auftreten verschiedener Lungenkrankheiten, wie Asthma, chronisch obstruktiver Lungenerkrankung, Lungenkrebs und Atemwegsinfektionen, insbesondere Kinder und ältere Erwachsene sind dabei stärker gefährdet [21].

An Straßen, auf Plätzen oder in Park- und Grünanlagen platzierte Bäume bieten Schatten, welcher das direkte Sonnenlicht blockiert und damit die Umgebungstemperatur senkt. Darüber hinaus kühlt die Vegetation die Umwelt durch Verdunstungskälte [29], auch durch den Einsatz von Gründächern und Fassadenbegrünungen lässt sich die Umgebung auf natürliche Art und Weise kühl halten. Damit können in dicht bebauten städtischen Gebieten auftretende Hitzeinseln reduziert werden [1]. Auch blaue Infrastruktur in Form öffentlicher Gewässer kühlt die Umgebung durch Verdunstungseffekte und trägt damit zur Hitzeregulierung in Städten bei [15].

Bei hohen Temperaturen steigt nach Gronwald et al. [12] das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, verschiedene Atemwegserkrankungen und Nierenerkrankungen, überdies kann auch eine Verschlechterung der mentalen Gesundheit eintreten. Besonders betroffene Risikogruppen bei Hitze sind dabei Menschen mit chronischen Erkrankungen und Schwangere. Tropennächte (Nachtmindesttemperaturen > 20 °C) können außerdem Schlafstörungen verursachen und stellen eine erhebliche thermophysiologische Belastung dar [12].

Hochwertiger ÖPNV und Reduktion des motorisierten Individualverkehrs

Die Bereitstellung eines hochwertigen öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) hat eine große Bedeutung für das Mobilitätsangebot einer Stadt und Region und kann eine Reduktion des motorisierten Individualverkehrs (MIV) begünstigen. Merkmale eines hochwertigen ÖPNV sind eine angemessene Taktung, eine möglichst großflächige Gebietsabdeckung durch die Einzugsbereiche der Haltestellen sowie die Möglichkeit einer barrierefreien Nutzung.

Menschen, die den ÖPNV nutzen, legen mehr Entfernungen zu Fuß zurück, da die Nutzung des ÖPNV automatisch mehr Bewegung erfordert als die Nutzung des Autos [33]. Dies geht mit den beschriebenen gesundheitlichen Effekten von regelmäßiger körperlicher Aktivität einher (s. Abschnitt: Walkability). Gleichzeitig kann eine Reduzierung des MIV maßgeblich den Umgebungslärm in Städten verringen. Ein erhöhter Lärmpegel in Städten geht mit negativen Effekten für verschiedene gesundheitliche Bereiche einher. So kann eine anhaltende Lärmexposition zu schnellerem Puls, Bluthochdruck und anderen gesundheitsschädigenden Auswirkungen wie Herzinfarkt führen [8]. Dem Umgebungslärm sind zudem jährlich in allen EU-Ländern ca. 900.000 verlorene gesunde Lebensjahre durch Schlafstörungen zuzuschreiben, die Hauptlast trägt dabei der Verkehrslärm [46]. Eine anhaltende Lärmexposition kann zudem zu Tinnitus und Hörverlust führen, hier sind dem Umgebungslärm jährlich in allen EU-Ländern etwa 22.000 verlorene gesunde Lebensjahre durch Tinnitus zuzuschreiben [46]. Daneben ist der Straßenverkehr einer der wichtigsten Faktoren für die Entstehung von Luftschadstoffbelastungen, insbesondere ist er Hauptverursacher von Stickstoffdioxidbelastungen und eine entscheidende Quelle von Feinstaub [34]. Mit Luftverunreinigungen gehen bereits beschriebene negative gesundheitliche Effekte einher (s. Abschnitt: Zugang und Gestaltung der öffentlichen Freiräume).

Verfügbarkeit gesunder Lebensmittel

Im Kontext von Stadtplanung steht auch die ortsnahe Erreichbarkeit von Verkaufsstellen gesunder Lebensmittel mit bezahlbaren und hochwertigen Lebensmittelangeboten. Dabei führt eine hohe Fast-Food-Verfügbarkeit in der Nähe des Wohnortes oder von Schulen und Arbeitsplätzen zu ungünstigerem Essverhalten, wie eine Untersuchung in den USA zeigt [27]. Dass dies für Deutschland in gleichem Maße zutrifft, lässt sich auf dieser Basis annehmen, jedoch nicht bestätigen. Möglichkeiten, gesundheitsfördernde Strukturen zu schaffen, setzen ein Zusammenspiel von Politik und Stadtentwicklung voraus. So kann der Zugang zu gesunden Lebensmittelangeboten durch eine verstärkte Ausrichtung des öffentlichen Nahverkehrs, fußläufige Wegeverbindungen sowie die Einrichtung von Stadtteilwochenmärkten erleichtert werden. Des Weiteren kann eine Einschränkung des Zugangs zu Fast-Food-Geschäften in unmittelbarer Umgebung von Kindertagesstätten und Schulen als eine sinnvolle Maßnahme erachtet werden [47].

Eine ausgewogene Ernährung kann das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Krebs und vielen anderen chronischen Krankheiten reduzieren. Sie kann zudem das Immunsystem stärken und das Risiko von Infektionen verringern, sowie die kognitive Leistungsfähigkeit erhöhen. Darüber hinaus kann eine gesunde Ernährung dabei helfen, Übergewicht zu vermeiden oder zu reduzieren, welches ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs verbunden ist [23].

Sicherheit

Durch eine angepasste städtebauliche Planung können Angst- oder als unsicher wahrgenommene Räume vermieden werden, wodurch ein verbessertes Sicherheitsgefühl entstehen kann. Möglichkeiten dafür sind u. a. die Schaffung besserer Beleuchtung in öffentlichen Räumen sowie das Schaffen von übersichtlichen, gut einsehbaren Wegen, Hauseingängen und Freiflächen [26]. In einer Gegend mit weniger Kriminalität zu leben, kann insbesondere bei älteren Menschen zu einer verbesserten mentalen Gesundheit und einer gesteigerten Alltagsbewegung führen [43]. Die Wahrnehmung von Sicherheitsproblemen und Kriminalität kann darüber hinaus zu Stressreaktionen führen [2]. Eine hohe Stressbelastung steht wiederum in einem Zusammenhang mit einem um etwa 55 % erhöhten Mortalitätsrisiko und steigert das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Schlaganfälle oder Herzinfarkte. Dazu steigt durch höheren Stress das Risiko für die Entwicklung psychischer Erkrankungen [11].

Kompakte Siedlungsstrukturen

Durch räumlich entzerrte Siedlungsstrukturen entstehen größere Distanzen zwischen dem Wohn- und Arbeitsort. Diese lassen sich oftmals nicht zu Fuß oder mit dem Rad bewältigen, sondern nur mit dem eigenen PKW. Bei höheren Pendelzeiten kann dies negative Auswirkungen auf die verfügbare Zeit der Arbeitnehmer*innen für gesellschaftliche Teilhabe und die soziale Zufriedenheit haben [10]. Eine höhere soziale Teilhabe geht wiederum mit einem höheren Selbstwert und mehr körperlicher und psychischer Gesundheit einher [41].

Die Implementierung von kompakten, klimagerechten und grünen Siedlungsstrukturen, beispielsweise unter Berücksichtigung der Prinzipien einer Stadt der kurzen Wege oder der 15-Minuten-Stadt [5, 28], bei denen insbesondere eine hohe Nutzungsmischung und eine städtebauliche Entwicklung mit Fokus auf den ÖPNV vorgesehen ist, kann dazu beitragen Pendelzeiten zu reduzieren und diese positiven gesundheitlichen Effekte begünstigen. Darüber hinaus können diese Prinzipien voraussichtlich dazu beitragen, die Wahrscheinlichkeit für aktive Mobilität zu steigern, was mit weiteren gesundheitlichen Vorteilen einhergeht (s. Abschnitt: Walkability).

Bereitstellung sozialer Infrastruktur

Soziale Infrastruktur beinhaltet Dienstleistungen wie ärztliche Versorgung, Apotheken, Postfilialen, lokale Geschäfte und Geldinstitute, die die autonome Funktion eines Viertels unterstützen. Ebenso wichtig sind gemeinschaftliche Orte wie Spielplätze, Gemeinschaftszentren, Bibliotheken und Erholungseinrichtungen für soziale Aktivitäten und Austausch. Die Bereitstellung dieser Infrastruktur begünstigt einen stärkeren sozialen Zusammenhalt und eine erhöhte soziale Teilhabe der Stadtbewohner*innen [3]. Ein als stärker wahrgenommener sozialer Zusammenhalt geht mit einer Senkung des Schlaganfallrisikos einher [17], eine höhere soziale Teilhabe kann die bereits beschriebenen Vorteile im Abschnitt „Kompakte Siedlungsstrukturen“ bewirken. Eine erhöhte soziale Einbindung geht ebenfalls mit einem niedrigeren Stresslevel einher [3], was bereits beschriebenen gesundheitlichen Risiken von erhöhtem Stress (s. Abschnitt: Sicherheit) vorbeugt.

Vermeidung von Dispersion und Barrieren

Dispersion (Zergliederung) von Quartieren durch dauerhafte Barrieren, wie stark befahrene Straßen oder Bahngleise, kann den Zugang zu Gemeinschaftsnetzwerken und -einrichtungen sozialer Infrastruktur maßgeblich einschränken. Durch solche baulich sowie verkehrlich wenig angebundenen Siedlungsstrukturen können neben den physischen Barrieren auch soziale Barrieren im Hinblick auf existierende Gemeinschaften einhergehen, dementsprechend steht das Wohnen in dispersen Siedlungsstrukturen oft in einem Zusammenhang mit einem geringen Gemeinschaftsgefühl und geringerer sozialer Teilhabe [3]. Durch eine Nutzungsmischung in Kombination mit der Bereitstellung sozialer Infrastruktur sowie die Anbindung disperser Stadtteile durch den ÖPNV können diese physischen und sozialen Barrieren reduziert werden. Die gesundheitlichen Vorteile eines stärkeren Gemeinschaftsgefühls und sozialer Teilhabe umfassen einen höheren Selbstwert und mehr körperliche und psychische Gesundheit [41], gleichzeitig geht eine höhere soziale Einbindung mit einem niedrigeren Stresslevel einher, was wiederum zu Risikosenkungen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Depressionen sowie der allgemeinen Mortalität führt [11].

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Dieser Artikel beschreibt stadtplanerische Schlüsselfaktoren, welche Ansatzpunkte für einen verhältnispräventiven Ansatz der Gesundheitsförderung darstellen können. Die Schlüsselfaktoren bewirken eine Reihe direkter Effekte, u. a. können sie zu mehr körperlicher Aktivität, besserer Ernährung, besserem Schutz vor Hitzebelastung, Luftverunreinigungen oder Lärmbelastungen sowie weniger Stress führen. Diese direkten Effekte führen wiederum zu maßgeblichen Risikosenkungen für eine Reihe von nichtübertragbaren Krankheiten, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen oder Diabetes mellitus. Neben diesen körperlichen Auswirkungen kann zudem die psychische Gesundheit in verschiedener Form durch die aus den Schlüsselfaktoren resultierenden direkten Effekte positiv beeinflusst werden, beispielsweise in Form einer Reduzierung des Risikos für Depressionen. Die Gestaltung des städtebaulichen Umfelds spielt im Kontext der Prävention nichtübertragbarer Krankheiten somit eine entscheidende Rolle.

Zukünftige Gesundheitsförderung erfordert dementsprechend eine vermehrt interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener Ressorts [36], einschließlich Maßnahmen und Expertisen aus dem Bereich der Stadtentwicklung und damit außerhalb des klassischen Gesundheitssektors. Gleichzeitig gilt für eine zukunftsorientierte Stadtentwicklung, gesundheitsfördernde Potenziale der städtebaulichen Maßnahmen besser zu erkennen und zu nutzen. Eine Möglichkeit, die verschiedenen Ressorts der Stadtplanung und des öffentlichen Gesundheitsdienstes zukünftig stärker zu verbinden besteht in der Integration eines Prozesses der Abschätzung von Gesundheitsfolgen städtebaulicher Maßnahmen in Planungsvorhaben [25]. Ein systematisches Review von Gesundheitsfolgenabschätzungen zur Verbesserung der Bewegungsfreundlichkeit von Quartieren zeigt beispielsweise, dass diese überwiegend positive Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung haben und zur Reduktion der Mortalität und der Häufigkeit nichtübertragbarer Erkrankungen führen [40]. Ein solcher methodischer Ansatz und hieraus entstehende Synergien könnten dazu beitragen, vermehrt gesundheitsfördernde Potenziale in der Stadtplanung zu realisieren.

Fazit für die Praxis

  • Im Kontext der Prävention nichtübertragbarer Krankheiten ist zukünftig eine vermehrte Berücksichtigung der Gestaltung der städtebaulichen Umgebung erforderlich.

  • Effektive Gesundheitsförderung könnte durch verstärkte, interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Akteur*innen der öffentlichen Gesundheitsdienste und Stadtplanungsämtern erreicht werden.

  • Eine mögliche Methode zur stärkeren Integration von gesundheitsförderlichen Potenzialen sind Gesundheitsfolgenabschätzungen im Rahmen von Stadtentwicklungsprozessen.