Zusammenfassung
Hintergrund
Frauen sind mehr als doppelt so häufig von myalgischer Enzephalomyelitis/chronischem Fatigue-Syndrom (ME/CFS) betroffen wie Männer. Da viele von einer problematischen Beziehung zwischen Ärzt:innen und Patient:innen (AP-Beziehung) berichten, sollen hier Genderaspekte analysiert werden, die aus Sicht der erkrankten Frauen Einfluss hierauf haben könnten.
Methode
Im Rahmen eines explorativen qualitativen Surveys wurden 544 ärztlich diagnostizierte ME/CFS-Erkrankte (> 20 Jahre; ♀ n = 455, ♂ n = 89) schriftlich nach ihren Erfahrungen bezüglich ihrer AP-Beziehungen befragt. Der Fragebogen war analog eines fokussierten Leitfadeninterviews aufgebaut. Die erhobenen Daten wurden einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring unterzogen. Zudem wurden einzelne Angaben quantifiziert und im Hinblick auf genderbezogene Unterschiede statistisch betrachtet.
Ergebnisse
Probandinnen beschrieben, dass Ärzt:innen ihnen bestimmte Eigenschaften (emotional, überempfindlich, ängstlich) und Verhaltensweisen (schildern unspezifische Symptome, übertreiben) zuschrieben. Sie seien „schwierige“ Patientinnen, deren Symptome emotional und damit psychisch bedingt seien. Auch fühlten sie sich häufiger als Männer nicht ernstgenommen. Ihre Wahrnehmungen würden in Frage gestellt, man zweifele ihre Glaubwürdigkeit an. Sie gaben zudem in ihren Fragebögen signifikant häufiger als Männer Symptome an, die von Ärzt:innen eher als unspezifisch und subjektiv eingeordnet werden.
Schlussfolgerungen
Genderbezogenes Auftreten/Verhalten von Ärzt:innen tritt oft bei Krankheiten mit „subjektiven“, „unspezifischen“ Symptomen auf. Emotionale Symptomenschilderungen führen dann dazu, dass die Wahrnehmung der Betroffenen in Frage gestellt und von einer psychischen Störung ausgegangen wird. In Zukunft sollte dieses Schubladen-Denken im Rahmen der Diagnosefindung bei ME/CFS von einer systemischen, den gesamten Organismus einbeziehenden Betrachtung möglicher pathophysiologischer Vorgänge abgelöst werden, bevor eine psychosomatische Diagnose gestellt wird. Zudem sollte bereits während des Medizinstudiums immer wieder auf die besondere Bedeutung der Geschlechtersensibilität im Hinblick auf die AP-Beziehung hingewiesen werden.
Abstract
Background
Myalgic encephalomyelitis/chronic fatigue syndrome (ME/CFS) affects women more than twice as often as men. Since they often report a problematic doctor–patient (DP) relationship , gender aspects are to be analysed here which, from the point of view of the women concerned, could have an influence on the DP relationship.
Methods
As part of an exploratory qualitative survey, 544 medically diagnosed ME/CFS sufferers (> 20 years.; 455 women, 89 men) were asked in writing about their experiences regarding their DP relationships. The questionnaire was structured in the same way as a focused guideline interview. A qualitative content analysis of the data was then carried out according to Mayring. In addition, individual details were quantified and statistically examined with regard to gender-specific differences.
Results
Female participants described, that doctors attributed certain characteristics (emotional, hypersensitive, anxious) and behaviour (describe non-specific symptoms, exaggerate) to them. They were “difficult” patients whose symptoms are emotional and therefore psychological. More often than men, women felt that they were not being taken seriously. Their perceptions and their credibility were being questioned. In their questionnaires, they mentioned symptoms significantly more often than men, which doctors usually classify as nonspecific and subjective.
Conclusions
Gender-related appearance/behaviour of physicians often occurs in diseases with “subjective”,“unspecific” symptoms. Emotional symptom descriptions then lead to the perception of those affected being questioned and a mental disorder being assumed. In the future, in the context of making a diagnosis for ME/CFS, this pigeonhole thinking should be replaced by a systemic consideration of possible pathophysiological processes that includes the entire organism before a psychosomatic diagnosis is made. In addition, during medical school the special importance of gender sensitivity with regard to the DP relationship should be pointed out again and again.
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Hintergrund/Zielsetzung
Die myalgische Enzephalomyelitis/das chronische Fatigue-Syndrom (ME/CFS) ist eine neuroimmunologische Erkrankung mit vielfältiger Symptomatik, der eine Dysregulation des Nervensystems, des Immunsystems und des zellulären Energiestoffwechsels zugrunde liegt [6, 11, 33, 45, 46]. Die Erkrankung tritt meist nach einer Infektion auf [13, 34]. Kennzeichnend ist die Post-Exertional-Malaise (PEM), eine anhaltende Verstärkung aller Symptome nach geringer Anstrengung [2]. Typisch ist zudem ein chronischer Krankheitsverlauf mit einer in Art und Intensität fluktuierenden Symptomatik [8]. Die Erkrankung führt oft zu einer starken Behinderung und zu erheblichen Lebensqualitätseinschränkungen [42], > 60 % der Kranken sind arbeitsunfähig [3]. Es gibt Anzeichen für eine eingeschränkte Lebenserwartung [5] und ein erhöhtes Suizidrisiko [23]. Bislang existiert keine kausale Therapie [9].
Trotz internationaler Konsensuskriterien [6, 7] ist die Krankheit vielen Ärzt:innen unbekannt oder wird als psychosomatische Erkrankung fehldiagnostiziert [35]. Die Prävalenz lag vor der COVID-19-Pandemie („coronavirus disease 2019“) in den USA bei etwa 0,42 % [21]. In Deutschland wird die Zahl der Menschen mit einer ICD 10-GM-Diagnose G93.3 (chronisches Fatigue-Syndrom [„chronic fatigue syndrome“] inklusive myalgische Enzephalomyelitis) im Jahr 2021 mit knapp 500.000 angegeben [24]. Frauen sind mehr als doppelt so häufig betroffen wie Männer [25], möglicherweise weil sie im gebärfähigen Alter durch ihre Sexualhormone angeborene und adaptive Immunantworten besser aktivieren können als Männer [14]. Dies prädisponiert sie für Autoimmunerkrankungen [30]. Ob es genderspezifische Veränderungen der immunologischen Profile bei ME/CFS gibt, ist noch unbekannt [19]. Unklar ist auch, welche Auswirkungen das Geschlecht auf die Beziehung zwischen Ärzt:innen und Patient:innen (AP-Beziehung) und die Diagnosefindung bei ME/CFS-Erkrankten hat. Ziel dieser Studie war es nun zu untersuchen, welche subjektiven Erfahrungen im Hinblick auf Genderunterschiede erwachsene ME/CFS-Erkrankte bei der Diagnosefindung im Rahmen ihrer AP-Beziehungen gemacht haben.
Studiendesign/Untersuchungsmethoden
Die Untersuchung ist Teil der explorativen, überwiegend qualitativen APAV-ME/CFS-StudieFootnote 1, an der 1238 ME/CFS-Erkrankte und deren nahe Angehörige teilnahmen.
Sampling
In der 2. Jahreshälfte 2022 wurden 6 ME/CFS-Patienten-Organisationen und 2 medizinische ME/CFS-ZentrenFootnote 2 gebeten, einen Aufruf zur Studienteilnahme an ME/CFS-Erkrankte und deren Angehörige weiterzuleiten (Sampling durch Selbstaktivierung und über das Schneeballprinzip). Gewonnene Proband:innen gaben den Hinweis an andere Erkrankte bzw. deren Angehörige weiter. Beim Sampling durch Selbstaktivierung erfolgt keine primäre Selektion durch die Forschenden. Die Auswahl hängt stattdessen von der Bereitschaft der potenziellen Proband:innen zur Teilnahme an der Studie ab [32]. Die Interessent:innen mussten folgende Kriterien erfüllen, um an der Studie teilnehmen zu können:
Einschlusskriterien der gesamten APAV-ME/CFS-Studie:
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Teilnehmen konnten ME/CFS-Erkrankte und nahe Angehörige (z. B. Eltern, Partner:in oder Kind) eines ME/CFS-Erkrankten.
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Vorliegen einer ärztlichen ME/CFS-Diagnose bei den Erkrankten.
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Lag keine ärztliche Diagnose vor, mussten die Erkrankten alternativ durch das Ausfüllen des DSQ-SF („DePaul symptom questionnaire short form“)Footnote 3 und des DSQ PEM („DePaul symptom questionnaire post-exertional malaise“)Footnote 4 nachweisen, dass bei ihnen eine entsprechende Symptomatik vorliegt.
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Keine Altersbegrenzung bei den ME/CFS-Erkrankten (Kinder und Jugendliche wurden eingeschlossen).
Ausschlusskriterien der gesamten APAV-ME/CFS-Studie:
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Ausgeschlossen wurden Long-COVID-Patient:innen, die die Canadian Consensus Criteria (CCC) bzw. die International Consensus Criteria (ICC; noch) nicht erfüllten.
Studienteilnehmende
Im Rahmen der hier untersuchten Fragestellung wurden ausschließlich die erwachsenen ME/CFS-Kranken (> 20 Jahre) mit vorliegender ärztlicher Diagnose aus der APAV-ME/CFS-Studie betrachtet. Nicht einbezogen wurden die ME/CFS-kranken Kinder und Jugendlichen sowie die Angehörigen von ME/CFS-Erkrankten, da diese möglicherweise andere Erfahrungen hinsichtlich der AP-Beziehungen gemacht haben. Abb. 1 gibt einen Überblick darüber, welche Daten der APAV-ME/CFS-Studie in die hier vorliegende Auswertung eingeschlossen wurden.
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1.
Insgesamt erfüllten 763 Personen (♀ n = 621, ♂ n = 139) die genannten Kriterien. Ihre Antworten flossen in die quantitative Auswertung bezüglich der ME/CFS-Symptome ein. Die Antworten der 3 Proband:innen, die sich als divers eingeordnet hatten, konnten aufgrund der geringen Gruppengröße hier nicht berücksichtigt werden.
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2.
Von den 764 Personen hatten insgesamt 544 die Fragen im qualitativen Teil des schriftlich durchgeführten Surveys beantwortet (♀ n = 455, ♂ n = 89). Tab. 1 ordnet die hier betrachteten Frauen und Männer den verschiedenen Altersgruppen zu. Die ID eines Teilnehmers bzw. einer Teilnehmerin enthält hiernach Informationen zu Alter und Geschlecht der betreffenden Person. Bei den folgenden Zitaten im Text zeigt z. B. die ID J22, dass es sich hierbei um eine Frau mit einem ärztlich diagnostizierten ME/CFS aus der Altersgruppe 51–60 Jahre handelt.
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3.
Bei den 477 Proband:innen (♀ n = 404, ♂ n = 73), die den Fragebogen über SurveyMonkey ausgefüllt hatten, erfolgte eine Quantifizierung der Fragestellung, ob die Erkrankten von ihren Ärzt:innen ernstgenommen wurden.
Leitfadenerstellung/Durchführung des Surveys
Die Proband:innen wurden schriftlich anhand eines analog zu einem fokussierten, standardisierten Leitfaden aufgebauten Survey-Fragebogens befragt. In die vorliegende Auswertung flossen die offenen Antworten der folgenden 8 von 13 Survey-Fragen zu den subjektiven Erfahrungen der Proband:innen ein, die sie im Rahmen von AP-Beziehungen gemacht hatten:
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Erfahrungen, die die Erkrankten seit Beginn ihrer Erkrankung mit den hierzu konsultierten Ärzt:innen gemacht haben (1. Einstiegsfrage),
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Schilderung einer aus ihrer Sicht typischen Situation, die sie mit einem behandelnden Arzt/einer behandelnden Ärztin bereits erlebt haben (2. Einstiegsfrage),
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Einschätzung des AP-Verhältnisses,
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mögliche Unterschiede der AP-Beziehung bei ME/CFS zu einer AP-Beziehung bei einer „normalen“ Erkrankung wie Grippe, Herzinfarkt oder Lungenkrebs,
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Ursachen für die geschilderte problematische bzw. gute AP-Beziehung aus Sicht der Proband:innen,
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Gründe für eine möglicherweise gestellte Fehldiagnose (z. B. die einer psychischen Erkrankung) aus Sicht der Proband:innen,
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Reaktion der behandelnden Ärzt:innen auf die von dem/der Erkrankten geäußerte Vermutung, dass die vorliegenden Symptome wahrscheinlich auf eine ME/CFS-Erkrankung zurückzuführen sind,
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Auswirkungen der AP-Beziehung auf die gesundheitliche Situation der Erkrankten.
Abgefragt wurden auch Basisinformationen (Alter, Geschlecht, regelmäßig auftretende Symptome etc.). Der Fragebogen enthielt darüber hinaus wichtige Informationen zum Studienablauf, zum Umgang mit den erhobenen Daten etc. Alle Teilnehmenden gaben eine Einwilligungserklärung ab (Informed Consent). Sie beantworteten die Fragen überwiegend über das Online-Tool SurveyMonkey. Im Hinblick auf mögliche Probleme der Erkrankten, den umfangreichen Fragebogen in einem Zug auszufüllen, bestand zudem die Möglichkeit, den downgeloadeten Fragebogen von Hand/am PC auszufüllen und per E‑Mail, Fax oder Post an die Studienleitung zu senden.
Datenbearbeitung, Datenanalyse und Gütekriterien
Die Daten der nicht online ausgefüllten Fragebögen wurden dem Online-Datensatz von Hand bzw. über Copy & Paste hinzugefügt. Nach der vollständigen Eingabe dieser Fragebögen wurden 12 zufällig ausgewählte Fragebögen (= 10 % von n = 116) zur Validierung ein zweites Mal eingegeben. Hierbei traten keine Fehler auf, sodass von einer korrekten Datenübertragung auszugehen ist.
Qualitativer Studienteil
Nach einer ersten Sichtung des umfangreichen Datenmaterials wurde beschlossen, trotz des großen Zeitaufwandes alle 544 Antworten auf die offenen Fragen einer qualitativen Inhaltsanalyse zu unterziehen. Dies geschah zum einen, um keine Hinweise der Proband:innen zu übersehen und zum anderen, um dem potenziellen Argument einer Antwortselektion schon vorab zu begegnen. Insgesamt wurden hier Texte im Umfang von 1.051.697 Zeichen (ohne Leerzeichen) ausgewertet (∅ pro Person: 1933 Zeichen; ♀: ∅ 1965 Zeichen, ♂: ∅ 1771 Zeichen). Die Auswertung erfolgte im Rahmen einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring/Fenzl [26]. Dabei wurde durch Paraphrasierung, Abstrahierung und Generalisierung der einzelnen Aussagen eine frühe Reduktion der Datenkomplexität angestrebt. Auf dieser Basis wurden zentrale inhaltliche Kategorien identifiziert und die Aussagen diesen Kategorien zugeordnet. Zuvor wurde in einem Kodierleitfaden definiert, welche Textbestandteile unter eine Kategorie fallen. Zudem wurden Textstellen als Ankerbeispiele festgehalten und Kodierregeln formuliert. Bei der Zuordnung der Textstellen zu den einzelnen Kategorien und Unterkategorien gab es aufgrund der klaren Kodierregeln kaum Differenzen zwischen den Kodierenden. In den wenigen strittigen Fällen wurde gemeinsam festgelegt, welcher Kategorie eine Textstelle zugeordnet werden sollte. Zur Kontrolle fand eine Rücküberprüfung statt, bei der das Kategoriensystem erneut mit den Ausgangstexten abgeglichen wurde. Zudem wurde nach Transparenz, Intersubjektivität und Reichweite sowie Gegenstandsangemessenheit und Regelgeleitetheit des Vorgehens als mögliche Gütekriterien der qualitativen Forschung geschaut.
Quantitativer Studienteil
Nach Vogl [41] ist die Quantifizierung qualitativer Daten ein ergänzender Schritt in der qualitativen Forschung, um der „Vielschichtigkeit und Komplexität der Daten gerecht zu werden und gleichzeitig Muster aufzuzeigen“. Sie hilft, die Perspektive zu erweitern und ergänzende Blickwinkel zur interpretativen Analyse zu sammeln. Um die relative Bedeutung der Thematik aufzuzeigen, wurde daher hier eine Quantifizierung der Fragestellung vorgenommen, ob sich die Proband:innen als Patient:innen ernstgenommen fühlen. Zudem wurden die Häufigkeiten der regelmäßig auftretenden ME/CFS-Symptome im Hinblick auf mögliche Gender-Unterschiede betrachtet. Zu jedem Symptom wurde ein Pearson’s χ2-Test durchgeführt, ergänzt durch Yates Continuity Correction, Fisher’s Exact Test, Likelihood Ratio und Effektstärke ϕ. Genderunterschiede bei der Gesamtzahl an angekreuzten Symptome wurden mit Hilfe des Wilcoxon-Rangsummentests berechnet. Das Signifikanzniveau wurde auf p = 5 % festgelegt.
Ergebnisse der qualitativen Untersuchung
Eine erste Durchsicht zeigte, dass überwiegend Frauen genderbezogene Themen ansprachen. Allerdings nahmen auch einzelne Männer hierauf Bezug:
A7: „Dort hat mir ein Neurologe erklärt, ich wäre ja ein junger starker Mann, da würde Long COVID schon von alleine innerhalb von ein paar Monaten weggehen, ich wäre ja keine depressive Hausfrau […] Warum sollte man eine Hausfrau bitte weniger ernst nehmen müssen als mich???!!!“
Einige Faktoren spielten sowohl bei weiblichen als auch bei männlichen Patient:innen eine Rolle, allerdings schienen Frauen häufiger betroffen. Daher werden nun die folgenden Kategorien v. a. aus Sicht der befragten Frauen betrachtet. An dieser Stelle soll noch einmal betont werden, dass die hier zitierten und die der Analyse zugrunde liegenden Aussagen jeweils die subjektive Wahrnehmung der befragten ME/CFS-Patientinnen wiedergeben. Die Proband:innen sprachen zudem meist von „den Ärzten“, ohne dabei deutlich zu machen, ob sie hier das generische Maskulinum anwandten oder tatsächlich nur männliche Ärzte meinten, wenn sie auf ihre Erfahrungen hinsichtlich der Beziehung zwischen Ärzt:innen und Proband:innen angesprochen wurden. Die weibliche Form wurde von ihnen in der Regel nur dann gewählt, wenn explizit Ärztinnen (im Singular oder Plural) gemeint waren. Im Folgenden wird daher auch dann jeweils von Ärzt:innen gesprochen, wenn es zwar sehr wahrscheinlich ist, dass Patientinnen überwiegend oder ausschließlich männliche Ärzte meinten, dies aber anhand der Texte nicht klar nachgewiesen werden konnte.
Den Frauen zugeschriebene Eigenschaften
Weibliche Erkrankte berichteten, dass Ärzt:innen sie für zu emotional, überempfindlich oder zu ängstlich hielten:
H63: „Am meisten stört mich, dass ich […] behandelt werde, als wäre ich hysterisch, würde mir das alles nur einbilden und würde schon von selbst wieder gesund werden, wenn man es mir nur nicht zu bequem machen würde.“
J122: „Normale Ärzte […] halten mich für ein bissle empfindlich bis eingebildet krank.“
J135: „… hatte ich manchmal auch das Gefühl, … da ich eine schlanke und eher blasse Frau bin – dass Ärzte so einen etwas gönnerhaften Blick hatten …, dass ich eben generell ‚schwach und empfindlich‘ sei.“
J20: „Ich beschrieb, dass mir das alles Angst macht und ich nicht wüsste, wohin mich das führt. Die Antwort war, dass ich ein ängstlicher Mensch sei. Ich solle mich nicht so beobachten. Im Anschluss erhielt ich ein Rezept für Antidepressiva.“
Den Frauen zugeschriebene Verhaltensweisen
Probandinnen hatten das Gefühl, ihre Ärzt:innen meinten, sie kontaktierten sie wegen trivialer Symptome:
H5: „Schwere der Symptome [wird] nicht ernstgenommen (ganz normal, hat jeder, man solle gefälligst froh sein, nichts Schlimmes wie z. B. multiple Sklerose [MS] zu haben).“
H5: „… die Zeit würde für wirklich Kranke gebraucht.“
Ihre Symptomenbeschreibung werde als zu emotional wahrgenommen, die Symptome seien unspezifisch:
G8: „… nicht spezialisierte Ärzte […] haben abgewiegelt, […] die Symptome seien zu unspezifisch.“
I88: „Soweit mir bekannt, ist das Auftreten einer Vielzahl eher unspezifischer Symptome gleich unglaubwürdig.“
Ärzt:innen meinten, dass sie übertrieben:
G41: „Es liegt teilweise auch an dem Geschlecht. Bei Frauen wird direkt gedacht, dass ‚übertrieben‘ wird.“
J19: „Man unterstellt, ich lüge oder übertreibe meine Symptome. […] Wenn man Symptome nennt, werden von Ärzten […] und med. Personal die Augen verdreht, gelacht, getuschelt und/oder es wird direkt gesagt, man lüge.“
Einordnung der ME/CFS-Patientinnen
Meist sahen sich die Probandinnen als „schwierig“ eingeordnet:
H63: „Ich glaube, dass mein Alter und mein Geschlecht eine große Rolle spielen. […], sehen andere Ärzte und Ärztinnen mich als schwierige Patientin, die somatisiert. […] werde ich bei fast jedem Ärztekontakt entweder mit ‚junge Frau‘ angesprochen oder höre ‚aber sie sind ja noch eine junge Frau‘ […]“
H46: „Ärzte […] sehen einen als schwierige Patientin an, die ggf. einfach überarbeitet ist und das nicht einsehen will.“
Ihre Symptome seien emotional bedingt:
K22: „… auf psychische, verdrängte Gefühle reduziert zu werden. […] Ja, verdrängte Gefühle, und wenn ich mich genug anstrenge, werde ich gesund.“
H1: „… als sei ich verwirrt und labil.“
Es liege also eine psychosomatische Erkrankung vor:
H52: „Daneben spielt bestimmt auch das Geschlecht eine Rolle! Als Frau werden die meisten Beschwerden ja eh immer erstmal als psychisch oder psychosomatisch eingeordnet. […] Das sei psychisch, und ich solle das endlich akzeptieren.“
J75: „In der Vergangenheit war das Schlimmste, als eingebildeter oder psychisch Kranker abgetan zu werden.“
Eigenschaften und Verhaltensweisen der Ärzt:innen
Nach Ansicht der Proband:innen sind Ärzt:innen Frauen gegenüber oft voreingenommen:
G28: „Mich stört am meisten, dass Ärzte […] zu schnell ‚Junge Frau = Psyche‘ denken.“
G9: „Grund für die psychosomatische Einordnung ist die Voreingenommenheit der Ärzte gegenüber stillen jungen Mädchen bzw. Frauen mit unspezifischen Symptomen. Diesen wird jegliche Glaubwürdigkeit abgesprochen und […] Überempfindlichkeit und weibliche Hysterie unterstellt.“
H52: „Als Frau ist man im Medizinsystem immer erstmal ‚nichts‘ und eher ein ‚hysterischer‘ Querulant.“
Sie berichteten, dass ihnen nicht zugehört wird:
J18: „Besonders als Frau erlebe ich immer wieder, wie wenig mir zugehört wird oder mir gar Eigenschaften wie Leistungsorientiertheit, Durchsetzungsfähigkeit oder hohe Autonomie aberkannt werden. Der damit einhergehende Wille, zurück ins Leben und ins Berufsleben zu finden, wird deshalb als ‚unangepasst und fehlende Krankheitseinsicht‘ deklariert. Bei männlichen Miterkrankten wird es dagegen positiv konnotiert als ‚Nicht aufgeben‘.“
Ärzt:innen nähmen sie nicht ernst:
G9: „Als junges Mädchen mit den beschriebenen Symptomen nicht ernstgenommen zu werden, statt Hilfe nur Hohn und Spott […], dass man nicht liebenswert sei und man diesen hysterischen Mädchen früher einfach eine Ohrfeige verpasst habe.“
J70: „Die Reaktion ist oft ein Lächeln und in der Folge eine zwischenmenschliche Behandlung, als wäre man ein kleines dummes Kind.“
H25: „Ich wurde nicht ernstgenommen, als ich sagte, dass ich sehr erschöpft bin, hat die Ärztin begonnen in Babysprache/-stimme mit mir zu sprechen.“
Sie stellten ihre Körperwahrnehmung in Frage:
G3: „Es stört mich, dass mir die Kenntnis über meinen eigenen Körper abgesprochen wird.“
I115: „… mir werden meine geistigen Fähigkeiten abgesprochen. […], dass das eigene Empfinden, schwer krank zu sein, in Frage gestellt wurde – massive Invalidisierung – traumatisierend.“
H27: „Mir wurde auch in meiner Selbsteinschätzung, Selbstwahrnehmung […] Schaden zugefügt. Ich sollte alle meine Symptome als psychisch ansehen. […] Wie gestört muss ich denn sein, dass so viele Jahre Psychotherapie nicht helfen?“
Andere zweifelten ihre Glaubwürdigkeit an:
J142: „Und selbst wenn ich mit körperlichen Problemen einen Arzt aufsuche, der die Diagnose kennt, werde ich oft nicht mehr für voll genommen und bekomme Beruhigungstropfen verordnet. Das macht mich zum Unterlegenen und ein Gespräch findet nicht wirklich statt. Ich fühle mich ausgeliefert, nicht für voll genommen und stigmatisiert. Der Kontakt findet nicht auf Augenhöhe statt, und meine Äußerungen werden für unglaubwürdig erklärt bzw. umgedeutet.“
H63: „Ich habe mir […] eine Begleitperson zu Arztbesuchen mitgenommen, welche im Notfall widersprechen konnte, wenn die Ärzte mir junger Frau entweder nicht geglaubt haben, oder ich bereits so erschöpft war, dass ich mich nicht mehr selber verteidigen konnte.“
J32: „Es ist anstrengend, kränkend und zum Verzweifeln, wenn ich immer wieder um meine Glaubwürdigkeit ringen muss.“
H23: „Am meisten stört mich, dass die Ärzte regelrecht Gaslighting betreiben. […] Das hat mein Vertrauen in die Ärzteschaft komplett zerstört.“
Die Tab. 2 fasst nun das von den Probandinnen wahrgenommene, genderspezifische Auftreten und Verhalten ihrer Ärzt:innen sowie dessen Interpretation durch die Proband:innen zusammen.
Ergebnisse der quantitativen Untersuchung
Im Folgenden werden einige genderrelevante Aspekte quantitativ untersucht, um die relative Bedeutung dieser Faktoren deutlich zu machen.
Nicht ernstgenommen werden
Im qualitativen Teil berichteten v. a. Frauen, dass Ärzt:innen sie nicht ernstnähmen. Um mögliche Genderunterschiede sichtbar zu machen, erfolgte eine Quantifizierung dieser Aussage. Tab. 3 bestätigt bestehende Genderunterschiede (♀: 66,1 %, n = 404; ♂: 35,6 %, n = 73; relative Rate [RR] 1,83, Odds Ratio [OR] 3,52). Zudem wird deutlich, dass ganz junge Frauen und Männer am häufigsten angaben, von ihren Ärzt:innen nicht ernstgenommen zu werden. Bei den Frauen nimmt der Anteil mit zunehmendem Alter kontinuierlich ab, während er bei den über 30-jährigen Männern mit durchschnittlich 32,8 % unterhalb des niedrigsten Wertes der Frauen liegt.
ME/CFS-Symptome
Da Probandinnen häufig davon sprachen, dass ihre Symptome als unspezifisch eingeordnet wurden, wurde die Art und Häufigkeit der angekreuzten ME/CFS-SymptomeFootnote 5 hinsichtlich möglicher Genderunterschiede betrachtet (Tab. 4). Die häufigsten Symptome waren (1) BrainfogFootnote 6, (2) Muskelprobleme, (3) Schlafstörungen, (4) Überempfindlichkeit auf Licht, Geräusche etc. und (5) Herz-Kreislauf-Beschwerden (Tab. 4).
Es ließ sich bei unseren Proband:innen eine statistisch signifikante Assoziation zwischen dem Geschlecht und folgenden Symptomen beobachten:
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Unverträglichkeit von Nahrungsmitteln, Medikamenten, Chemikalien (p = < 0,001),
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Überempfindlichkeit z. B. auf Licht, Geräusche, Gerüche, Berührung (p = < 0,001),
-
Atembeschwerden (z. B. beim Treppen-Steigen, längerem Sprechen; p = < 0,001),
-
Herz-Kreislauf-Beschwerden (z. B. Herzrasen, Blutdruck-Schwankungen, Schwindel bei längerem Stehen/Lagewechsel; p = < 0,01),
-
Temperaturregulationsstörung (z. B. Kältegefühl, Frösteln, Hitzewallungen; p = < 0,01) und
-
Unverträglichkeit hoher/niedriger Temperaturen (p = 0,03).
Bei den übrigen Symptomen zeigte sich kein statistisch signifikanter Gendereffekt (Tab. 5).
Diskussion
Mindestens zwei Drittel der ME/CFS-Kranken sind Frauen. Sie sind somit deutlich häufiger betroffen als Männer [29], ME/CFS ist jedoch keine „Frauenkrankheit“ [12]. Im Vergleich zur Literatur ist der Anteil der Männer mit ärztlich diagnostiziertem ME/CFS in unserer Studie etwas geringer. Das könnte u. a. daran liegen, dass ME/CFS bei Männern seltener erkannt wird oder das Thema AP-Beziehung für Frauen besonders wichtig war.
Genderbezogenes Auftreten/Verhalten der Ärzt:innen
Proband:innen der APAV-ME/CFS-Studie beschrieben die AP-Beziehung zu ihren Ärzt:innen überwiegend als schwierig [15, 17]. Insbesondere Frauen vermuteten, dass Genderaspekte hier eine Rolle spielen. Sie berichteten von einer Voreingenommenheit gegenüber Frauen mit „unspezifischen“ Symptomen, denen jegliche Glaubwürdigkeit abgesprochen sowie Überempfindlichkeit und weibliche Hysterie unterstellt würde (G9). Frauen würde nicht zugehört (J18), ihnen würde unterstellt, sie übertrieben (G41). Die geschilderten Symptome würden „immer erstmal als psychisch oder psychosomatisch eingeordnet“ (H52).
Genderaspekte sind im Gesundheitsbereich von großer Bedeutung. Sie beeinflussen die AP-Beziehung sowie das ärztliche Handeln hinsichtlich Diagnose und Therapie [4, S. 7–33]. Ärztinnen haben öfter einen wärmeren Kommunikationsstil und ermutigen ihr Gegenüber häufiger zu einer offenen Kommunikation als ihre männlichen Kollegen. Letztere zeigen meist ein weniger kommunikatives Verhalten. Sie gehen eher davon aus, dass Patientinnen sie häufiger wegen trivialer Gesundheitsprobleme in Anspruch nehmen und bei der Beschreibung ihrer Probleme ein „more trivial medical speaking“ verwenden [37]. Weibliche Ärzte bemühen sich im Durchschnitt etwas stärker um ein partnerschaftliches Verhalten, männliche Ärzte monologisieren häufiger [39, S. 30]. Auch in unserer Studie hatten v. a. Frauen das Gefühl, dass Ärzt:innen ihre Symptome als eher trivial und als „nichts Ernstes“ einordneten (H69). Männliche Patienten mit einem solchen Gesundheitsverhalten werden als „unmännlich“ wahrgenommen [39, S. 30]. Entsprechendes berichtete auch ein junger Proband (21–30 J.), dem ein Arzt vorwarf, er sei ja schließlich ein junger, starker Mann und „keine depressive Hausfrau“ (A7).
Subjektive Befunde und die Psyche der Frauen
Frauen nehmen Symptome eher wahr, sehen sie eher als behandlungsbedürftig an. Bei als gestresst und ängstlich eingeordneten Frauen führen Ärzt:innen deren „unspezifische“ Symptome häufig auf psychogene Ursachen zurück. Bereits 1970 ordneten McEvedy und Beard den im Jahr 1955 beschriebenen Ausbruch einer ME/CFS-ähnlichen Erkrankung in einem Londoner Krankenhaus als psychisch bedingt ein, u. a. weil besonders viele Frauen betroffen waren: „… epidemic hysteria is a much more likely explanation. The data which support this hypothesis are the high attack rate in females compared with males; the intensity of the malaise compared with the slight pyrexia; the presence of subjective features similar to those seen in a previous epidemic of hysterical overbreathing …“ [28].
Heute nennt der DAK-Gesundheitsreport [40] bei den wichtigsten Einzeldiagnosen Krankheiten mit unklarer Ätiologie an zweiter Stelle, Frauen weisen hier ein Drittel mehr AU-Fälle (Fälle von Arbeitsunfähigkeit) auf als Männer. Unter „Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde“ werden bei Frauen 22,4 % mehr AU-Fälle angegeben. Besonders groß ist der Unterschied bei psychischen Erkrankungen (Frauen: 58,5 % mehr AU-Fälle als Männer). Auch in unserer Studie ordneten Ärzt:innen ihre Patientinnen als ängstlich (H23) oder gestresst (J41) ein, obwohl die Betroffenen und auch ihr Umfeld das nicht so sahen. Ihre Symptome wurden als unspezifisch bezeichnet und seien daher wahrscheinlich psychosomatisch bedingt (J144).
„Unspezifisch“ sind Symptome für Ärzt:innen meist dann, wenn sie sich nicht eindeutig einer Krankheit zuordnen lassen. Sie werden als „subjektiv“ [15] klassifiziert, im Gegensatz zu „objektiven Befunden“ wie Biomarkern. In der Hierarchie der Krankheiten werden solche Krankheiten meist weit unten eingeordnet [43]. Auch viele ME/CFS-Symptome werden als „unspezifisch“ und „subjektiv“ betrachtet. Hinzu kommt, dass die von den Frauen in unserer Studie signifikant häufiger genannten Symptome das Kriterium der Subjektivität noch stärker zu erfüllen scheinen als andere, als eher objektiv eingeordnete Symptome (Tab. 3).
Die S3-Leitlinie der AMWF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V.; [10]) versteht unter funktionellen Körperbeschwerden ein breites Spektrum an Beschwerdebildern, von vorübergehenden Befindlichkeitsstörungen über funktionelle Syndrome (einschließlich ME/CFS) bis zu unklaren Schmerzen. Die Begriffe sind hier oft in Anführungszeichen gesetzt bzw. mit dem Adjektiv „sogenannt“ versehen, was die Skepsis der Autor:innen diesen Krankheiten gegenüber verdeutlicht. Man ordnet dort die Beschwerdepräsentation von Patient:innen bezeichnenderweise als „chaotisch, komplex, inkonsistent“ ein. Die Betroffenen zeigten „eine plastische und emotionale Beschwerdepräsentation, um die Ärzte vom Ausmaß ihrer Beschwerden zu überzeugen“. Auch die Glaubwürdigkeit der Erkrankten wird andeutungsweise in Frage gestellt. Bei „ängstlich-anklammernden Personen und bei Frauen“ – im Gegensatz zu „souveränen Personen und Männern“ – solle jedoch nicht vorschnell von einer funktionellen GeneseFootnote 7 ausgegangen werden.
„Medical gaslighting“
Auch nach Hedegaard et al. [20] verwenden weibliche Patienten eher emotional orientierte Aussagen. Im Arztgespräch schildern sie häufig ihre seelischen Empfindungen und die Entstehungszusammenhänge der Krankheit aus ihrer Sicht. Da die biomedizinisch orientierte Medizin jedoch v. a. darauf ausgerichtet ist, körperliche Ursachen für möglichst klar umrissene Beschwerden zu finden, bieten Frauen damit oft ein (zu) vielfältiges Spektrum an Symptomen. Das führt bei Ärzten, aber auch bei entsprechend sozialisierten Ärztinnen nicht selten zu einer gewissen Ratlosigkeit. Häufig werden dann ohne hinlänglichen Befund seelische Gründe als Ursache angenommen [18, S. 401–413]. Während Männer im Gespräch eher als kompetent wahrgenommen würden, sähe man Frauen häufig als zerbrechlich an [44]. Dieses Bild der Frau steht nach Johannisson [22] im Einklang mit einer historischen Sicht auf Frauen, die im 19. Jh. als „krank, schwach und schwierig“ charakterisiert wurden.
Nach Pagán [31] neigen v. a. männliche, aber auch einige weibliche Ärzte dazu, die Beschwerden von Frauen zu ignorieren oder nicht so ernst zu nehmen wie bei einem Mann und sie als Hysterikerinnen zu betrachten. Sie ordneten ihre Symptome häufiger als emotional bedingt ein und diagnostizierten sie öfter als psychisch krank. Auch unsere Proband:innen schrieben, dass das Nicht-einordnen-Können der „unspezifischen“ Symptome nicht selten automatisch mit dem Vorliegen psychischer Probleme gleichgesetzt wurde (G28). Besonders häufig wurde von ihnen auch das Nicht-ernstgenommen-Werden genannt (J40). Bezeichnend ist, dass dies nur ganz junge Männer ähnlich häufig taten. Selbst unter den über 60-jährigen Frauen fühlten sich noch mehr als 45 % nicht ernstgenommen. Eine ältere Probandin beschrieb dies treffend mit den Worten, dass sie behandelt wurde, „als wäre man ein kleines dummes Kind“ (J70).
Studienteilnehmerinnen beschrieben zudem explizit ein „medical gaslighting“, d. h. ein fälschlicherweise Leugnen einer vorliegenden Krankheit durch behandelnde Ärzt:innen (die Patient:innen seien nicht wirklich krank) bzw. das inkorrekte Zurückführen einer somatischen Erkrankung auf psychische Faktoren, wobei die Wahrnehmungen der Patient:innen in Frage gestellt werden (I77). Einige benutzten auch den Fachbegriff (H23). Sie erwähnten ihre Erfahrungen, von Ärzt:innen ignoriert und nicht ernstgenommen zu werden. Besonders Stress auslösend war für sie, dass immer wieder an ihrer Glaubwürdigkeit gezweifelt wurde (J149, H63). „Dieses ständige Einreden von verschiedenen Ärzten, ich hätte ein psychisches Problem“ (H78) führte bei den Patientinnen nicht selten zu Zweifeln an ihren körperlichen Wahrnehmungen (H40) und zu einer Verschlechterung ihrer gesundheitlichen Situation [16]. Sebring [36] geht davon aus, dass es sich beim „medical gaslighting“ nicht in erster Linie um ein Problem des zwischenmenschlichen Austauschs handelt, sondern dass es das Ergebnis tief verwurzelter und weitgehend unangefochtener Ideologien im Medizinbereich sei. Andere betonen hingegen, dass bei unklarer Symptomatik einerseits die Gefahr bestehe, dass das Versteifen auf Biomarker als Schlüsselindikatoren bei der Diagnosefindung dazu führe, dass psychologische Faktoren kaum noch berücksichtigt würden, was gleichbedeutend einem „Rückzug in einen engstirnigen biomedizinischen Reduktionismus [wäre], von dem viele von uns hofften, dass wir ihm schon vor langer Zeit entronnen wären“. Andererseits sollten Ärzte ihre Patient:innen jedoch mit ihren Symptomen ernst nehmen und diese niemals als Einbildung abtun [38].
Limitationen
Die qualitative Analyse des Datenmaterials aller 544 Proband:innen ist für eine qualitative Studie sehr ungewöhnlich. Dies geschah zum einen, um keine Hinweise der Studienteilnehmer:innen zu übersehen, die später von Relevanz für die Entwicklung darauf aufbauender Verbesserungsvorschläge sein könnten, und zum anderen, um dem potenziellen Argument einer Antwortselektion schon vorab zu begegnen. Auch war eine Erschließung aller Texte nötig, um für eine spätere Quantifizierung der qualitativen Daten den Boden zu bereiten. Um die Texte inhaltlich möglichst gut durchdringen zu können, wurde die Untersuchung ohne die Unterstützung durch eine Qualitative Analysesoftware durchgeführt, d. h. die Daten wurden in einem Zeitraum von 6 Wochen von Hand ausgewertet.
Um auch Personen mit moderatem bis schwerem Krankheitsverlauf (und damit sehr geringen Energiereserven) in die Studie einzubeziehen, wurde die Befragung schriftlich durchgeführt. Dies hatte den Vorteil, dass sich eine zeitaufwändige Transkribierungsphase erübrigte. Von Nachteil war jedoch, dass keine Nachfragen möglich waren. Aufgrund des umfangreichen Textmaterials insgesamt und pro Person waren solche Nachfragen jedoch auch größtenteils nicht nötig. Im Hinblick auf unsere Teiluntersuchung wäre es allerdings wünschenswert gewesen, bei verschiedenen Aussagen nachfragen zu können, ob jeweils männliche oder weibliche Ärzt:innen gemeint waren. Auch Informationen über die Körpersprache der Proband:innen konnten durch die schriftliche Erhebung nicht in die Auswertung mit einbezogen werden. Einige Probandinnen drückten ihre Gefühle jedoch über Emojis im Text aus und unterstrichen damit die zuvor geäußerten schriftlichen Aussagen.
Da viele ME/CFS-Erkrankte in Deutschland nicht oder nur unter einer anderen Diagnose in ärztlicher Behandlung sind, wurden unsere Proband:innen über den Zugang zu den fünf wichtigsten ME/CFS-Selbsthilfegruppen in Deutschland und zu den bis dahin einzigen Behandlungszentren für ME/CFS-Erkrankte in Berlin und München gewonnen. Die Art der Rekrutierung erlaubte später keine Aussagen darüber, ob die Proband:innen über eine Patientenorganisation oder über ein Behandlungszentrum gewonnen wurden. Somit lässt sich nicht sagen, ob die über Patientenorganisationen gewonnenen Proband:innen grundsätzlich negativere Erfahrungen bezüglich ihres AP-Verhältnisses gemacht haben. Es gibt jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich z. B. die Patient:innen, deren ME/CFS-Diagnose an einem Universitätsklinikum gestellt wurde, hinsichtlich ihrer AP-Erfahrungen im Laufe ihrer oft langen Krankengeschichte von den Proband:innen unterscheiden, deren Diagnose andernorts gestellt wurde. Ein möglicher Selektionsbias aufgrund der Rekrutierungsmethode kann nach Mayring [27] zudem zumindest teilweise durch eine hohe Probandenzahl ausgeglichen werden (s. unten).
Anhand der erhobenen demographischen Variablen konnte gezeigt werden, dass Frauen im Sample überrepräsentiert sind, auch wenn Frauen grundsätzlich mehr als doppelt so häufig von ME/CFS betroffen sind wie Männer [25]. Dass in unserer Studie der Frauenanteil nochmals höher ist, könnte z. B. daran liegen, dass ME/CFS bei Männern seltener erkannt wird, dass Frauen über die vorgenommene Rekrutierungsmethode leichter zu gewinnen waren, dass für sie das Thema der AP-Beziehung besonders wichtig war oder dass sie eher bereit waren, sich in offenen Fragen schriftlich zu äußern. Auf Letzteres weist der geringere Teil an Männern hin, der in dieser Studie den qualitativen Teil vollständig ausgefüllt hat (s. Abb. 1, ♀: 73,3 %, ♂: 64,0 %). Ein Hinweis hierauf könnten auch die im Durchschnitt etwas längeren Texte der Frauen sein. Im Rahmen der quantitativen Auswertung wurde die geringere Anzahl an Männern durch die Wahl entsprechender statistischer Methoden berücksichtigt.
Über die Altersstruktur der ME/CFS-Erkrankten in unserer Bevölkerung gibt es bislang wenig Informationen, sodass dieser Aspekt nicht zur Überprüfung der Repräsentativität der Aussagen herangezogen werden konnte. Ein weiteres Merkmal, das in dieser Hinsicht von Bedeutung sein könnte, ist das durchschnittliche Alter zu Krankheitsbeginn. Hierzu kann anhand unserer Daten nur die Aussage gemacht werden, dass die Proband:innen nach eigenen Angaben im Durchschnitt bereits 6–10 Jahre an ME/CFS litten und durchschnittlich 41–50 Jahre alt waren. Internationale Studien weisen darauf hin, dass es im Erwachsenenalter einen InzidenzgipfelFootnote 8 zwischen dem 30. und 39. Lebensjahr gibt [1].
Nach Mayring [27] können die Ergebnisse qualitativer Studien umso besser generalisiert werden, je mehr Fälle analysiert werden. Eine hohe Probandenzahl kann hiernach „sehr hilfreich für Verallgemeinerungen“ sein und die potenziellen Nachteile der fehlenden Möglichkeit zum Nachfragen (schriftliche Befragung) sowie mögliche Selektionsprozesse aufgrund der Rekrutierungsmethode zumindest teilweise aufheben. Wir möchten zum Schluss nochmals betonen, dass die quantifizierten Aussagen aufgrund der möglicherweise eingeschränkten Repräsentativität des Samples eher als Hypothesen gedacht sind, die es gilt, zukünftig zu verifizieren oder falsifizieren.
Fazit für die Praxis
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Für weibliche ME/CFS-Erkrankte war das genderbezogene Auftreten und Verhalten ihrer Ärzt:innen ein wichtiger Aspekt im Rahmen einer als problematisch und krankmachend erlebten Arzt-Patient-Beziehung.
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Sie fühlten sich nicht ernstgenommen. Ihre Symptome würden als unspezifisch/subjektiv und damit im Rahmen eines „Schubladen-Denkens“ fälschlicherweise automatisch als psychisch bedingt eingeordnet.
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Stattdessen sollte immer eine systemische Betrachtung möglicher pathophysiologischer Grundlagen der vorliegenden Symptome erfolgen, die den gesamten Organismus und die hiermit wechselwirkenden sozialen, psychischen und anderen Umwelt-Faktoren einbezieht.
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Zudem sollte schon während des Studiums immer wieder auf die Bedeutung der Geschlechtersensibilität im Hinblick auf die Beziehung zwischen Ärzt:innen und Patient:innen hingewiesen werden. Fortbildungsmaßnahmen für klinisch tätige Ärzt:innen im ambulanten, stationären und Reha-Bereich sollten ebenfalls auf diese Thematik eingehen.
Notes
APAV-ME/CFS-Studie: Studie zum Arzt-Patient-Verhältnis von ME/CFS-Erkrankten.
Um Unterstützung gebeten wurden neben dem Charité Fatigue Centrum in Berlin und dem Chronischen Fatigue Centrum für junge Menschen (MC/FC) der TU München die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS, Fatigatio e. V., die Lost Voices Stiftung, #Millions Missing Deutschland, die Initiative ME/CFS Freiburg und das ME-CFS Portal.
DSQ-SF = „DePaul symptom questionnaire short form“; Screening-Fragebogen zur ME/CFS-Symptomatik.
DSQ PEM = „DePaul symptom questionnaire post-exertional malaise“; Screening-Fragebogen zur Post-Extertional-Malaise (PEM).
Nicht berücksichtigt wurden die unter „Andere“ zusätzlich genannten Symptome, da deren Nennungen oftmals bereits von den Auswahlantworten abgedeckt worden waren.
Brainfog = Gefühl, keinen klaren Gedanken mehr fassen zu können, oft kombiniert mit einer allgemeinen mentalen Erschöpfung, Konzentrationsproblemen, Wortfindungsstörungen, Vergesslichkeit und/oder Orientierungsschwierigkeiten.
Der Begriff der „funktionellen Genese“ wird hier im Sinne von „psychogen“ verwendet.
Inzidenz = Neuerkrankungsrate.
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Danksagung
Die Autorin und der Autor bedanken sich herzlich bei allen Studienteilnehmer:innen, dass sie uns ihre Zeit für die Studie zur Verfügung gestellt haben. Herzlichen Dank auch an die ME/CFS-Patientenorganisationen und die beiden ME/CFS-Zentren in Berlin und München für die Weiterleitung des Aufrufs zur Teilnahme an der Studie sowie an die Personen, die unsere wissenschaftliche Arbeit in den ersten Monaten durch kleine Spenden für Büromaterialien etc. unterstützt haben.
Förderung
Die der Publikation zugrunde liegende Studie wurde von der Landesregierung Baden-Württemberg mit 30.000 € unterstützt (Kap. 0922 Til 684 71).
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Interessenkonflikt
L. Habermann-Horstmeier und L.M. Horstmeier geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Alle beschriebenen Untersuchungen am Menschen oder an menschlichem Gewebe wurden mit Zustimmung der zuständigen Ethikkommission der Hochschule Furtwangen (Antrag Nr.: 22–057), im Einklang mit nationalem Recht sowie gemäß der Deklaration von Helsinki von 1975 (in der aktuellen, überarbeiteten Fassung) durchgeführt. Von allen beteiligten Patient/-innen liegt eine Einverständniserklärung vor.
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Habermann-Horstmeier, L., Horstmeier, L.M. Wahrnehmung von Genderaspekten in der Beziehung zwischen Ärzt:innen und Patient:innen bei myalgischer Enzephalomyelitis/chronischem Fatigue-Syndrom (ME/CFS). Präv Gesundheitsf (2024). https://doi.org/10.1007/s11553-023-01098-5
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Schlüsselwörter
- Ärztliches Verhalten
- Ärztliches Auftreten
- Unspezifische Symptome
- Subjektive Befunde
- „Medical gaslighting“