Einleitung

Jede Schwangerschaft ist einzigartig und so individuell wie die Person, die sie erlebt. Häufig werden Schwangeren Idealbilder suggeriert, die selten das reale Erleben von Schwangerschaft widerspiegeln. Geprägt von Ängsten, Stress und Unsicherheit kann eine Schwangerschaft mit ambivalenten Gefühlsausprägungen verbunden sein. In der Summe bedeutet schwanger sein vor allem Veränderung und Anpassung.

Schwangerschaft als Anpassungsleistung und das subjektive Wohlbefinden

Schwangerschaftsbedingte Veränderungen, die auf körperphysiologischer, psychischer und sozialer Ebene stattfinden können [18, 27] (Abb. 1), werden durch die schwangere Person als aufregend und spannend, aber auch anstrengend und herausfordernd erlebt [30, 38]. Häufig gehen sie mit einem subjektiv veränderten Wohlbefinden einher. Niedrigere Werte des Wohlbefindens finden sich bei von Ängsten und Unsicherheit geprägten Schwangerschaften [2, 32]. Positive Affekte wie Freude und ein Gefühl von Sicherheit hingegen führen zu mehr Wohlbefinden bei Schwangeren [2, 9].

Abb. 1
figure 1

Schwangerschaftsbedingte Anpassungsebenen. (Eigene Darstellung)

In der Literatur wird subjektives Wohlbefinden u. a. als Zustand definiert, der mit einer hohen Lebenszufriedenheit, dem Erleben positiver und selten negativer Affekte einhergeht [13, 20]. Dabei ist das aktuelle subjektive Wohlbefinden sehr veränderungssensitiv und z. B. von der sozialen Umgebung, dem Körpergefühl oder den zur Verfügung stehenden Ressourcen abhängig [1]. Die Förderung der persönlichen Ressourcen, die Stärkung positiver Affekte und die Reduktion negativer Affekte kann somit zur Verbesserung des aktuellen subjektiven Wohlbefindens beitragen [39].

Stress in der Schwangerschaft

Weltweit belegen Studien, dass Schwangere unter einem moderaten bis hohen Stresslevel leiden [59]. Aktuell bestehende externe Stressoren aus gesellschaftlichen Problemlagen wie die COVID-19-Pandemie („coronavirus disease 2019“) oder Kriegsgeschehnisse, die zu einem starken Gefühl der Unsicherheit führen, fördern diese negative Gefühlslage in Form von Stress zusätzlich [6, 18]. Ein starkes Angsterleben während der Schwangerschaft, z. B. aufgrund der bevorstehenden Geburt oder bereits erlebter traumatisierender Geburtserfahrungen, kann als interner Stressor Auslöser für ein hohes Stresslevel sein. Dabei nimmt das Stresserleben direkt Einfluss auf das Wohlbefinden [10, 26, 31, 38]. Zusätzlich zu internen und externen Stressoren können soziodemographische Faktoren als Stress- und Belastungsquellen angesehen werden. Maxson et al. [41] clusterten Schwangere anhand ihrer soziodemographischen und psychosozialen Gesundheit in drei Profile: vulnerabel, moderat und resilient.

Die negativen Folgen von Stress während der Schwangerschaft sind vielfältig: Maternal kann es zur vorzeitigen Wehentätigkeit, Frühgeburten, Spontanaborten oder Präeklampsien kommen; fetal zu einer Minderversorgung, einem niedrigen Geburtsgewicht und Krankheitsdispositionen [7, 10, 15, 18, 49].

Im Vergleich zu der Vielzahl an Grundlagenstudien, die den Einfluss von Stress auf die Schwangerschaft untersucht haben, bestehen wenig Interventionsstudien, die die nachhaltige Veränderung im Umgang mit Stress und negativen Affekten untersuchen [38]. Bisherige Studienergebnisse zeigen, dass bei Maßnahmen zur Stressreduktion während der Schwangerschaft der Blick auf die zur Verfügung stehenden Bewältigungsressourcen und die Optimierung der individuellen Stressbewältigungskompetenzen der Schwangeren von besonderer Relevanz sind. Je früher die Intervention und die Orientierung an den eigenen Ressourcen dabei stattfindet, umso besser [18, 19, 38, 44]. Dazu eignen sich v. a. Gruppeninterventionen, denn die Förderung psychosozialer Ressourcen im Gruppensetting kann die Vulnerabilität eingrenzen und damit die individuellen Bewältigungsstrategien und das Selbstwertgefühl fördern [29, 41]. Das Erleben von sozialen Ressourcen, die sich in der gleichen Lebenslage befinden, z. B. in Geburtsvorbereitungssettings, fördert außerdem die Steigerung des psychosozialen Wohlbefindens und die Reduktion des Stresserlebens [29].

Ein ressourcenaktivierendes Gruppentraining, welches nach aktuellen Studienergebnissen zur Gefühlsregulierung und zur Stressreduktion beitragen kann, ist das Zürcher Ressourcenmodell (ZRM; [54]).

Das ZRM

Das ZRM gilt als ein Selbstmanagementtraining, welches als allgemeinpsychologisches integratives Modell auf Theorien der psychologischen als auch der neurowissenschaftlichen Forschung basiert [54]. Es wird in diversen Settings eingesetzt, z. B. im Bereich der Motivations- und Gesundheitsförderung bei Patient*innen, als Führungskräfteschulung oder im pädagogischen Bereich zur Förderung der Selbstregulation bei Kindern und JugendlichenFootnote 1.

Zentrales Element des ZRM ist die Bildung eines persönlichen Mottoziels wie z. B. „Gelassen beschütze ich mich und mein Löwenrudel“. Zur Bildung der Mottoziele erfolgt die Synchronisation der beiden innerpsychischen Bewertungssysteme, die im ZRM mit den Begriffen „Verstand“ und „Unbewusstes“ belegt werden (s. auch PSI-Theorie nach Kuhl [35] oder 2‑System-Theorie z. B. nach Kahnemann [33]). Die Synchronisation dieser beiden Systeme wird als entscheidender Faktor für die psychische Gesundheit angesehen [3]. Aktuelle Studien zeigen, dass Mottoziele die Selbstregulation und damit die Fähigkeit zur Selbstberuhigung fördern, die Selbstwirksamkeit verbessern und das Gefühl selbstbestimmt zu sein, erhöhen können [5, 17, 42].

Die Fähigkeit zur Selbstberuhigung und die Verbesserung der Selbstwirksamkeit stellen wesentliche Faktoren für den positiven Verlauf einer Schwangerschaft dar. Ob diese Selbststeuerungskompetenzen auch in stressigen Situationen und unter hoher Belastung zur Verfügung stehen, hängt im Wesentlichen davon ab, inwieweit eine Person in der Lage ist, Affekte zu regulieren (z. B. im Sinne der Handlungs- und Lageorientierung nach Kuhl [36]). Mehrere Studienergebnisse weisen darauf hin, dass eine ZRM-Intervention eine verbesserte Selbst- und Gefühlsregulation ermöglicht [17, 55], die sich bspw. in einem geringeren Stresserleben äußert (z. B. gemessen am Speichel-Cortisol – s. RCT-Studie von Storch et al. [52]).

Ziel dieser Studie im Rahmen einer Masterarbeit an der Hochschule für Gesundheit Bochum war es, das ZRM als Online-Gruppenintervention an Schwangeren zu erproben und auf seine Wirksamkeit zu überprüfen.

Studiendesign und Untersuchungsmethode

Stichprobenbeschreibung

Zu Beginn der Arbeit wurde eine A‑priori-Poweranalyse mit G*Power 3 durchgeführtFootnote 2 [22]. Die Berechnung ergab eine notwendige Stichprobengröße von N= 28. Die Rekrutierung der Schwangeren erfolgte in digitaler und analoger Form mithilfe von Studienplakaten, die in gynäkologischen Praxen, Geburtshäusern und Geburtskliniken sowie Hebammenpraxen ausgehängt oder per Mail weitergeleitet wurden. Zudem fand ein Aufruf über die E‑Mail-Verteiler einiger Hochschulen mit hebammenwissenschaftlichen Studiengängen in Deutschland, Österreich und der Schweiz und über den Verteiler des Instituts für Selbstmanagement und Motivation Zürich (ISMZ) statt. Über einen QR-Code auf dem Plakat gelangten Interessent*innen zu einer angelegten Studienwebsite, über die sie sich über alle wichtigen Eckpunkte der Studie informieren und Kontakt zur Studienleitung aufnehmen konnten. Zusätzlich wurde ein Instagram-Account zur Studie angelegt, über den ebenfalls zur Studienwebsite weitergeleitet wurde.

Als Einschlusskriterium für die Teilnahme an der Studie galten eine bestehende Schwangerschaft und ein errechneter Geburtstermin nach dem 27.03.2021, um die Durchführung des Trainings während der Schwangerschaft zu gewährleisten und mögliche Drop-outs aufgrund von Frühgeburten o. ä. zu verringern. Außerdem mussten die Teilnehmerinnen mindestens 18 Jahre alt sein.

Während des Trainings kam es insgesamt zu drei Drop-outs. Als Grund wurde von zwei Teilnehmerinnen zeitliche Probleme und von einer Teilnehmerin die Ausrichtung des ZRM benannt. Somit wurden n = 29 in die Analysestichprobe einbezogen.

Soziodemographische Angaben

Insgesamt nahmen N = 32 Schwangere an der Prämessung (T1) teil (s. Tab. 1). Orientiert an den Profilanalysen von Maxson et al. [41] sind 30 Teilnehmerinnen (n = 27 in der Analysestichprobe), also der Großteil der Studienpopulation, mit ihren soziodemographischen Parametern – älter als 20 Jahre, höherer Bildungsstand, privat abgesichert und in einer festen Partnerschaft – eher in das Profil „resilient“ einzuordnen. Zwei Teilnehmerinnen gaben an, finanziell nicht abgesichert zu sein und sind damit soziodemographisch eher dem Profil „moderat“ zuzuordnen.

Tab. 1 Allgemeine soziodemographische Daten der Studienpopulation

Frühere Schwangerschaften

Vierzehn Teilnehmerinnen (43,8 %) berichteten, dass die aktuelle Schwangerschaft ihre erste Schwangerschaft ist. Das Durchschnittsalter lag bei den Erstgebärenden bei M = 30,71 (SD = 3,79; Min = 24, Max = 37) Jahren. 18 Frauen (56,3 %) hatten bereits eine Schwangerschaft vor der jetzigen Schwangerschaft erlebt (M = 1,44, SD = 0,51, Min = 0, Max = 6).

Jetzige Schwangerschaft

Die Teilnehmerinnen befanden sich durchschnittlich in der 21. Schwangerschaftswoche (SSW; M = 21,47, SD = 7,69, Min = 5, Max = 32). Bei einer Teilnehmerin (3,1 %) bestand eine Mehrlingsschwangerschaft. Einer beruflichen Tätigkeit während der bestehenden Schwangerschaft gingen 22 der 32 Teilnehmerinnen (68,8 %) nach.

Studiendesign

Zu der oben genannten Annahme wurde folgende Forschungsfrage entwickelt: Hat das ZRM-Training einen positiven Einfluss auf das Stresserleben und das subjektive (emotionale) Wohlbefinden während der Schwangerschaft? Zur empirischen Überprüfung der Forschungsfrage wurden fünf gerichtete Hypothesen entwickelt (s. Anhang), die die Konstrukte Stress und Wohlbefinden anhand der in Tab. 2 dargestellten psychometrischen Parameter operationalisierten.

Tab. 2 Parameter zur Operationalisierung der Forschungsfrage

Durchgeführt wurde eine quasiexperimentelle unkontrollierteFootnote 3 Interventionsstudie auf der Grundlage eines Prä-post-Follow-up-Designs. Die Messung der fünf Parameter erfolgte direkt vor (T1; Prämessung), direkt nach (T2; Postmessung) und 4 Wochen nach der Intervention (T3; Follow-up-Messung). Die Messzeitpunkte fungierten als unabhängige Variablen (UV) und wurden als dreistufiger Innersubjektfaktor (Prä vs. Post vs. Follow-up [FoUp]) in die Analysen aufgenommen. T1 wurde dabei als Ausgangswert (Baseline-Wert) herangezogen. Als Effektmesser für den „Lernerfolg“ direkt nach der Intervention diente T2. Die Follow-up-Messung zu T3 fungierte als Indikator für den „Transfererfolg“ und als Hinweis für einen möglichen Langzeiteffekt [34].

Für die Studie wurde von der Ethikkommission der Hochschule für Gesundheit Bochum am 07.12.2020 ein positives Ethikvotum ausgesprochen.

Erhebungsinstrumente

Zur Erfassung des allgemeinen Stressempfindens wurde der PSQ-20 in der deutschen Fassung von Fliege et al. [24, 25] mit 20 Items eingesetzt. Cronbachs α erwies sich zu allen Messzeitpunkten als hoch: αPrä = 0,91, αPost = 0,92, αFoUp = 0,93.

Zur Erfassung des schwangerschaftsspezifischen Stresserlebens wurde der „Prenatal Distress Questionaire“ (PDQ) von Yali und Lobel [60] in der deutschen Übersetzung von Pluess et al. [43] mit 12 Items eingesetztFootnote 4. Cronbachs α lag bei αPrä = 0,77, αPost = 0,71, αFoUp = 0,74.

Die 5‑Item-STAI-SKD von Englert et al. [21] als deutschsprachige Kurzform des State-Trait-Angstinventars von Laux et al. [39] wurde als Erhebungsinstrument für das Angsterleben (Zustandsangst) ausgewählt. Die Reliabilität konnte wie folgt gemessen werden: αPrä = 0,78, αPost = 0,58, αFoUp = 0,80.

Das emotionale Wohlbefinden der Schwangeren wurde mit einer Skala des deutschen Instruments „Schwanger wohlfühlen“ von Ayerle [1] erfasst. Angepasst an die Forschungsfrage wurden 48 Items daraus genutzt (Original: 78 Items). 21 Items entfielen dabei auf die Kategorie „Emotionales/Affektives Wohlgefühl“, die restlichen 27 auf die Erfassung der allgemeinen und schwangerschaftsspezifischen soziodemographischen Daten. Für die interne Konsistenz der Gesamtdimension „Affektives Wohlbefinden“ lag eine hohe interne Konsistenz vor: αPrä = 0,92, αPost = 0,91, αFoUp = 0,92.

Zur Erfassung der aktuellen subjektiven Vitalität, als ein positives Gefühl von Lebendigkeit und Energie [4, 12] wurde in dieser Arbeit die State-Skala der „subjective vitality scale“ (SVS) von Ryan et al. [8, 46] in der deutschen validierten Fassung von Bertrams et al. [4] mit 6 Items eingesetzt. Cronbachs α wurde mit αPrä = 0,79, αPost = 0,89, αFoUp = 0,87 berechnet.

Zur Messung der Affektregulation wurde auf den Persönlichkeitsfragebogen HAKEMP von Kuhl [35,36,37] mit einer Skala zur Handlungs- bzw. Lageorientierung nach Misserfolg (HOM/LOM) mit 12 Items zurückgegriffen. Cronbachs α-Werte lagen bei: αPrä = 0,70, αPost = 0,70, αFoUp = 0,70 vor.

Datenanalyse

Die Datenanalyse wurde mit SPSS 27 durchgeführt. Im Sinne einer Effektkodierung wurden die Werte der Prä-Messung (Baseline-Werte; Referenzgruppe) mit den Post- und Follow-up-Werten mittels einfaktorieller ANOVA je Parameter verglichen. Das Signifikanzniveau wurde auf α = 0,05 festgelegt [23]. Als Effektstärke wurde partielles Eta-Quadrat berechnet. Dabei wurden folgende Grenzwerte für einen kleinen, mittleren und großen Effekt nach Cohen [11] berücksichtigt: 0,01, 0,06, 0,14.

Da für die Arbeit a priori Hypothesen gebildet wurden, die einen Vergleich von Gruppen (hier: Messzeitpunkte) bedingen, wurden zusätzlich Innersubjektkontraste zum paarweisen Vergleich der Messzeitpunkte (T1 vs. T2 und T1 vs. T3) berechnet. Die Kennwerte des Kontrastes von T1 vs. T3 wurden als Indikator für die Veränderungen über die gesamte Laufzeit (3 Messzeitpunkte) angesehen. Waren diese Kontraste signifikant, so erfolgte zusätzlich eine Testung des einfachen Innersubjektkontrastes zwischen T2 und T3, um die Signifikanz des Transfererfolgs zu überprüfen. Als letzter Schritt wurde mittels Kontrastmatrix der Kontrastschätzer berechnet und ausgegeben. Da mehr als ein Kontrasttest (multiple Testung) durchgeführt wurde, wurde eine Bonferroni-Korrektur der p-Werte vorgenommen, um Alphafehlerkumulierungen zu vermeiden [23].

Intervention

Die Teilnehmerinnen erhielten im Januar 2021 pandemiebedingt eine Face-to-face-Online-ZRM-Intervention über Zoom. Die gesamte Interventionsdauer betrug 6,5 Zeitstunden, aufgeteilt auf 3 Tage. Tab. 3 zeigt die Inhalte des Trainings (Storch et al. 2022 [54]).

Tab. 3 Inhalte der ZRM-Intervention

Die Teilnehmerinnen wurden für die Trainingsdurchführung in drei Gruppen eingeteilt. Diese Einteilung erfolgte aus didaktischen Gründen. In der Praxis wird die Durchführung des ZRM-Trainings mit 6–12 Teilnehmer*innen empfohlen [54]. Die Durchführung des ZRM-Trainings im Online-Format mit N = 32 Personen zeitgleich hätte somit möglicherweise zu Qualitäts- bzw. Effektivitätsverlusten geführt. In der Auswertung wurden die Teilnehmerinnen jedoch als eine zusammengehörige abhängige Stichprobe angesehen. Durchgeführt wurde die ZRM-Intervention von einer zertifizierten ZRM-Trainerin mit pädagogisch-psychologischer Grundqualifikation.

Ergebnisse

Ziel der Datenerhebung war es, Unterschiede im Stresserleben und dem emotionalen Wohlbefinden nach der Durchführung des ZRM-Trainings bei Schwangeren zu erfassen.

Subjektives Stresserleben

Die einfaktorielle ANOVA mit Messwiederholung zeigte bei der Messung des allgemeinen Stresserlebens (s. Abb. 2) einen signifikanten Effekt vom Messzeitpunkt auf das Stresserleben gemessen mit dem PSQ-20 (F [2,56] = 15,053; p < 0,001). Die Effektstärke ηp2 nach Cohen [11] lag bei 0,350 und wies auf einen starken Effekt hin.

Abb. 2
figure 2

Allgemeines Stresserleben (H1); ** p < 0,001

Innersubjektkontraste zeigten, dass das allgemeine Stresserleben der Teilnehmerinnen direkt nach der Intervention (T2; M = 32,30, SD = 16,90) mit einer statistisch signifikanten (p < 0,001) Differenz von 6,782 (SE = 0,678) und einem starken Effekt (ηp2 = 0,375) absank. Vier Wochen nach der Intervention (T3; M = 31,04, SD = 18,23) war das allgemeine Stresserleben mit einer Differenz von 8,05 (SE = 0,805) und einem starken Effekt (ηp2 = 0,455) ebenfalls signifikant (p < 0,001) niedriger als vor der Intervention (T1; M = 39,08, SD = 16,94). Eine zusätzliche explorative Analyse des Innersubjektkontrastes von T3 zu T2 zeigte ebenfalls eine signifikante Differenz (p = 0,001) von 1,264 (SE = 0,126) mit einer mittleren Effektstärke ηp2 von 0,028.

Bei den Ergebnissen zur Messung des schwangerschaftsspezifischen Stresserlebens (s. Abb. 3) gemessen mit dem PDQ wurde eine Korrektur der Freiheitsgrade nach Greenhouse-Geisser vorgenommen, da eine Verletzung der Voraussetzung der Sphärizität (p = 0,034) vorlag. Der Haupteffekt war signifikant (F [1,64, 45,83] = 9,356; p < 0,001). Die Effektstärke ηp2 nach Cohen [11] lag bei 0,250 und weist auf einen starken Effekt hin.

Abb. 3
figure 3

Schwangerschaftsspezifisches Stresserleben (H1); * p < 0,01

Die Innersubjektkontraste zeigten, dass das schwangerschaftsspezifische Stresserleben der Teilnehmerinnen direkt nach der Intervention (T2; M = 2,13; SD = 0,53) mit einer statistisch signifikanten (p < 0,01) Differenz von 0,261 (SE = 0,02) und einer starken Effektstärke (ηp2 = 0,263) absank. Vier Wochen nach der Intervention (T3; M = 2,06, SD = 0,54) war das schwangerschaftsspezifische Stresserleben mit einer Differenz von 0,336 (SE = 0,03) und einem starken Effekt (ηp2 = 0,303) ebenfalls signifikant (p < 0,01) niedriger als vor der Intervention (T1; M = 2,39; SD = 0,65). Die zusätzliche Berechnung des Innersubjektkontrastes zwischen T3 und T2 zeigte eine statistisch signifikante (p < 0,01) Differenz von 0,897 (SE = 0,090) mit starkem Effekt (ηp2 = 0,237).

Die Berechnungen hinsichtlich des spezifischen Stressfaktors Angst (s. Abb. 4) zeigten einen signifikanten Effekt vom Messzeitpunkt auf das Angsterleben gemessen mit dem STAI-SKD (F [2,56] = 3,44; p = 0,039). Die Effektstärke ηp2 nach Cohen [11] lag bei 0,109 und weist auf einen mittleren Effekt hin.

Abb. 4
figure 4

Angsterleben (H2); * p < 0,01; n.s. nicht signifikant

Innersubjektkontraste zeigten, dass das Angsterleben der Teilnehmerinnen direkt nach der Intervention (T2; M = 8,17; SD = 1,97) mit einer Differenz von 1,069 (SE = 0,107) und einer starken Effektstärke (ηp2 = 0,206) statistisch signifikant (p = 0,012) niedriger war als vor der Intervention (T1; M = 9,24; SD = 2,82). Vier Wochen nach der Intervention stieg das Angsterleben mit einer Differenz von 0,897 (SE = 0,09) wieder leicht an (T3; M = 8,35; SD = 2,56), jedoch nicht über den Ausgangswert von T1. Der Vergleich von T1 zu T3 war nicht signifikant (p = 0,094).

Bei den Ergebnissen zur Messung der Handlungs- und Lageorientierung nach Misserfolg (s. Abb. 5) gemessen mit dem HAKEMP wurde eine Korrektur der Freiheitsgrade nach Greenhouse-Geisser vorgenommen, da eine Verletzung der Voraussetzung der Sphärizität (p = 0,017) vorlag. Der Effekt vom Messzeitpunkt auf die Handlungsorientierung nach Misserfolg war signifikant (F [1,59, 44,42] = 4,209; p = 0,029). Die Effektstärke ηp2 nach Cohen [11] lag bei 0,131 und weist auf einen mittleren Effekt hin.

Abb. 5
figure 5

Handlungsorientierung nach Misserfolg (H3); * p < 0,05; n.s. nicht signifikant; gestrichelte Linie Cut-off zwischen Lageorientierung (Wertebereich: 0–4) und Handlungsorientierung (Wertebereich: 5–12)

Innersubjektkontraste zeigten, dass die Schwangeren direkt nach der Intervention (T2; M = 5,86; SD = 2,89) mit einer Differenz von −1,034 (SE = −0,104) und einer starken Effektstärke (ηp2 = 0,178) signifikant (p = 0,040) handlungsorientierter nach Misserfolg waren als vor der Intervention (T1; M = 4,83; SD = 2,58). Vier Wochen nach der Intervention sank das Maß an Handlungsorientierung mit einer Differenz von −0,793 (SE = −0,08) wieder leicht ab (T3; M = 5,62; SD = 2,81), fiel jedoch nicht auf den Ausgangswert von T1 zurück. Der Vergleich von T1 zu T3 war nicht signifikant (p = 0,134).

Subjektives Wohlbefinden

Die Analysen zum „Emotionalen Wohlgefühl“ (s. Abb. 6) zeigten einen signifikanten Effekt vom Messzeitpunkt auf das Wohlgefühl gemessen mit dem „Schwanger wohlfühlen“ (F (2,56) = 4,405, p = 0,017). Die Effektstärke ηp2 nach Cohen [11] lag bei 0,136 und weist auf einen mittleren Effekt hin.

Abb. 6
figure 6

Emotionales Wohlgefühl (H4); * p < 0,05; n.s. nicht signifikant

Innersubjektkontraste zeigten, dass das Wohlbefinden der Teilnehmerinnen direkt nach der Intervention (T2; M = 5,26; SD = 0,87) mit einer Differenz von −0,174 (SE = −0,017) deskriptiv höher war als vor der Intervention (T1; M = 5,08; SD = 1,05), jedoch nicht signifikant (p = 0,106). An dieser Stelle hatte die Bonferroni-Korrektur einen maßgeblichen Einfluss auf das Signifikanzniveau. Ohne Korrektur lag eine marginale Signifikanz mit p = 0,053 vor. Vier Wochen nach der Intervention stieg das Wohlbefinden im Vergleich zu T1 mit einer statistisch signifikanten (p = 0,041) Differenz von −0,289 (SE = −0,029) und einer großen Effektstärke (ηp2 = 0,178) an (T3; M = 5,37; SD = 0,89). Dabei war der Ursprungs- als auch der korrigierte Wert signifikant (p = 0,020/p = 0,041).

Mit der einfaktoriellen ANOVA konnte kein signifikanter Effekt vom Messzeitpunkt auf das Vitalitätserleben (s. Abb. 7) gemessen mit der SVS (F [2,56] = 1,662; p = 0,199) festgestellt werden. Die Effektstärke ηp2 nach Cohen [11] lag bei 0,056 und wies auf einen schwachen Effekt hin.

Abb. 7
figure 7

Emotionales Wohlgefühl (H5); n.s.  nicht signifikant

Innersubjektkontraste zeigten zwar, dass die Vitalität der Teilnehmerinnen deskriptiv direkt nach der Intervention (T2; M = 4,57; SD = 1,15) mit einer Differenz von −0,471 (SE = −0,047) höher war als vor der Intervention (T1; M = 4,10; SD = 0,97), jedoch nicht signifikant (p = 0,128). Vier Wochen nach der Intervention sank die Vitalität deskriptiv mit einer Differenz von −0,374 (SE = −0,037) wieder ab (T3; M = 4,47; SD = 1,21), fiel jedoch nicht auf den Ausgangswert von T1 zurück. Der Vergleich von T1 zu T3 war ebenfalls nicht signifikant (p = 0,394).

Die folgende Tabelle (s. Tab. 4) zeigt zusammengefasst die Gruppenmittelwerte aller abhängigen Variablen, unterschieden nach den einzelnen Messzeitpunkten.

Tab. 4 Skalenwerte M (SD) der abhängigen Variablen je Messezeitpunkt

Diskussion

Subjektives Stresserleben

Im Hinblick auf das Stresserleben kann die Forschungsfrage damit beantwortet werden, dass das ZRM bei Schwangeren mit soziodemographisch eher resilientem Profil [41], wie bei 27 Teilnehmerinnen dieser Studienpopulation und 2 Teilnehmerinnen mit eher moderatem Profil, einen signifikanten positiven Einfluss auf das Stresserleben nehmen kann. Dabei konnte sowohl das allgemeine Stressempfinden als auch das schwangerschaftsspezifische Stresserleben kurz- und langfristig signifikant gesenkt werden. Das Angsterleben als spezifischer Stressfaktor für eine Schwangerschaft [26, 28, 51] konnte kurzfristig signifikant gesenkt werden und blieb deskriptiv auch im weiteren Verlauf unter dem Ausgangsniveau. Dies weist darauf hin, dass das ZRM während der Schwangerschaft eine wirkungsvolle Methode darstellt, um die individuellen Stressbewältigungskompetenzen zu optimieren, wie es in der aktuellen Forschungsliteratur und von der WHO [56] gefordert wird. Die Ergebnisse untermauern den Ansatz, dass eine Orientierung an den eigenen Ressourcen während der Schwangerschaft besonders förderlich für die Stressregulation sein kann [18, 19, 38, 44]. Besonders hervorzuheben ist, dass die Effekte trotz dem Bestehen einer weltweiten Pandemie, deren Auswirkungen nach aktuellen Studienergebnissen bei Schwangeren zu einem erhöhten Stresserleben sowie einer Art „Grundangst“ führte [6], erreicht werden konnten. Das pandemisch bedingte Angsterleben kann als Begründung herangezogen werden, um bei diesem Parameter die Kurzfristigkeit der Wirksamkeit und des Nutzens der ZRM-Intervention zu diskutieren. Es ist davon auszugehen, dass eine bestehende „Grundangst“ im Schwangerschaftserleben weniger vorgelegen hätte, wenn die gesellschaftspolitische Lage „sicher“ gewesen wäre und Angebote wie Geburtsvorbereitungskurse regelhaft nutzbar gewesen wären. Insofern könnten die kurzfristigen positiven Effekte der Intervention auf das Angsterleben durch die äußeren Umstände gedämpft worden sein und die fehlende Signifikanz zu T3 begründen.

Zu beachten ist jedoch auch, dass die Ergebnisse zum Angsterleben in dieser Studie aufgrund einer niedrigen internen Konsistenz zu T2 (αPost = 0,58) nur eingeschränkt interpretierbar sind. Zwar können die Ergebnisse dieser Arbeit mit den Resultaten aus weiteren Studien dahingehend gestützt werden, dass sich die Arbeit mit positiven Affekten [50], der Möglichkeit zum Ausdruck und zur Integration der erlebten Gefühle [58] und der Förderung der Selbstregulation [55, 56] positiv auf das Angsterleben auswirken, jedoch bedarf es zur Sicherstellung der Wirksamkeit weiterer Studien. In diesen sollte insbesondere die Langfristigkeit des Effekts einer ZRM-Intervention auf das Angsterleben überprüft werden.

Als Indikator für eine verbesserte Selbstregulation dienen die Ergebnisse zur Handlungsorientierung nach Misserfolg, die direkt nach der Intervention signifikant anstiegen und langfristig deskriptiv über dem Ausgangswert blieben. Dies kann auf eine verbesserte Herabregulation negativer Gefühle in Form von Stress und Angst hindeuten [16, 36]. Die grundsätzliche Fähigkeit zur Regulierung negativer Affekte im Sinne der Handlungsorientierung nach Misserfolg sorgt dafür, auch in problematischen Situationen handlungsfähig zu bleiben [35]. Wie bereits in mehreren Studien zum ZRM herausgearbeitet wurde [16, 55] kann diese verbesserte Art der Gefühlsregulierung als gesteigerte Fähigkeit zur Selbstregulation sensu Kuhl [37] interpretiert werden. Die fehlende Signifikanz zu T3 bei den Ergebnissen zur Handlungsorientierung nach Misserfolg kann ebenfalls wie oben beschrieben mit den pandemischen Einschränkungen, die sich zum Ende der Studie nochmals verschärft hatten, begründet werden. Außerdem steigt mit fortschreitender Schwangerschaft häufig das Angst- und Unsicherheitserleben hinsichtlich des Geburtsprozesses, was den Effekt in der Studienpopulation zu T3 ebenso gedämpft haben könnte. Zu beachten ist auch, dass es sich bei der Fähigkeit zur Handlungsorientierung nach Misserfolg um ein Persönlichkeitsmerkmal handelt, welches veränderbar, aber nicht vollständig und in Gänze von äußeren Bedingungen abhängig ist [34, 35]. Dies zeigen die zumindest deskriptiv weiterhin deutlich höheren Werte zu T3 im Vergleich zu T1 sowie die weitere Senkung des Stresserlebens und die signifikante Steigerung des Wohlbefindens über den gesamten Verlauf der 3 Messzeitpunkte.

Subjektives Wohlbefinden

Zum subjektiven Wohlbefinden waren die Ergebnisse weniger eindeutig. Dennoch sind diese als wertvoll und aussagekräftig anzusehen. Zum emotionalen Wohlbefinden konnte eine langfristige signifikante Steigerung verzeichnet werden. Zur subjektiven Vitalität konnten keine signifikanten Ergebnisse gewonnen werden. Deskriptiv ließ sich jedoch eine kurzfristige Steigerung der Werte verzeichnen.

Die verzögerte Signifikanz bei den Ergebnissen zum emotionalen Wohlbefinden und die fehlende Signifikanz der Ergebnisse zur subjektiven Vitalität können dabei u. a. auf die Fragengestaltung in den verwendeten Fragebögen zurückgeführt werden, die ausschließlich positive Affekte abfragen. Kuhl [35] beschreibt, dass positiver Affekt im Vergleich zu negativem Affekt im Fragebogen nicht immer bewusst und direkt abrufbar ist. Positiver Affekt ist demnach weniger mit der bewussten, analytischen Informationsverarbeitung verbunden, sondern mehr mit der Intuitiven. Somit kann das bewusste Reflektieren über positive Gefühle affektreduzierende Mechanismen wie die differenzierte Selbstwahrnehmung inhibieren. Dem zufolge ist es laut Kuhl [36] sinnvoll, negativen Affekt direkt anzusprechen und positiven Affekt eher über seine Auswirkungen, also indirekt zu erheben, wie es z. B. im HAKEMP mit der Abfrage nach Verhaltensreaktionen nach Situationsbeschreibungen erfolgt.

Es kann daher angenommen werden, dass die Ergebnisse aus den Fragebögen zum subjektiven Wohl- und Vitalitätsgefühl der Teilnehmerinnen aufgrund einer möglichen Dämpfung des positiven Affekts zunächst mit einer möglichen Verzerrung gemessen wurden. Durch die wiederholte Beantwortung der Fragen zu 3 Messzeitpunkten könnte für das Wohlgefühl angenommen werden, dass der dämpfende Effekt durch die Wiederholung reduziert wurde und somit eine signifikante Messung erst zu T3 erreicht werden konnte. Dies kann hinsichtlich der subjektiven Vitalität jedoch nicht angenommen werden. Grundsätzlich ist das Maß der subjektiven Vitalität aufgrund fehlender Vergleichsstudien schwer zu beurteilen. Nach dem Wissen der Autoren existieren bisher keine Studien, die mit der SVS untersuchten, ob das subjektive Vitalitätsgefühl bei Schwangeren evtl. grundsätzlich niedriger oder höher als bei nicht schwangeren Personen ist.

Zusammenfassend können die Ergebnisse zum emotionalen Wohlbefinden und zum Stresserleben mit den Ausführungen von Ayerle [1] verknüpft werden. Hiernach ist das affektive Wohlbefinden von Schwangeren signifikant besser, wenn sie weniger Stress im Alltag verspüren. Die Ergebnisse sind dahingehend also als kongruent zu werten und die Forschungsfrage kann abschließend damit beantwortet werden, dass das ZRM einen positiven Einfluss auf das Stresserleben und z.T. auf das subjektive (emotionale) Wohlbefinden der Studienteilnehmerinnen nehmen konnte. Vor dem Hintergrund der ambivalenten Gefühlslage, die während einer Schwangerschaft bestehen und mit einem verminderten Wohlbefinden einhergehen kann, stellt dieses Ergebnis eine besondere Relevanz für die ressourcenorientierte Versorgung von Schwangeren dar [5, 27, 46].

Limitationen der Studie

Die zentralen Limitationen ergeben sich aus der kleinen eher homogenen Stichprobe, der fehlenden Kontrollgruppe, der Erhebung von sehr veränderungssensitiven Konstrukten und einer aus forschungsökonomischen Gründen notwendigen Begrenzung auf den Einsatz von Selbstauskunftsinstrumenten, anstelle von objektiven Parametern.

Der Stichprobenumfang in der vorliegenden Arbeit ist mit N = 32 Schwangeren als klein zu werten. Zwar kann aufgrund des experimentellen Charakters der vorliegenden Studie, dieser Stichprobenumfang als „ausreichend“ angesehen werden [14], als Unteraspekt der externen Validität kann jedoch nicht von einer repräsentativen Stichprobe für die Gesamtheit aller Schwangeren in Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgegangen werden. Verzerrungen ergeben sich zudem aufgrund des eher „resilienten“ Profils der Stichprobe anhand der soziodemographischen Daten. Das Statistische Bundesamt [53] berichtet für das Jahr 2021, dass 32,7 % der Eltern bei der Geburt ihres Kindes nicht verheiratet waren; in dieser vorliegenden Studie waren lediglich 25 % nicht verheiratet. Zudem zeigt die Studienpopulation mit 65,6 % an Hochschulabschlüssen einen eher hohen Bildungsstand auf. In der deutschen Gesamtbevölkerung bekommen jedoch Frauen mit niedrigem Bildungsstand mehr Kinder als Frauen mit hohem Bildungsstand (2,0 vs. 1,4). Dementsprechend sind Frauen mit niedrigem Bildungsstand häufiger schwanger, sodass die in dieser Studie gewonnen Ergebnisse mit überwiegend hoch gebildeten Frauen sind nicht für die Gesamtanzahl Schwangerer generalisierbar. Die Effekte dieser Studie müssten in weiteren Untersuchungen explizit in einer heterogeneren Studienpopulation überprüft werden.

Zwar erhielten alle Teilnehmerinnen das gleiche Training mit dem gleichen Ablauf und unter möglichst gleichen Ausgangsbedingungen, jedoch kann es durch die veränderten Gruppengrößen nach den Drop-outs oder unterschiedlichen Gruppendynamiken zu einem „performance bias“ gekommen sein [48]. Die fehlende Verblindung der Trainerin bedingt durch die Art der Interventionsmethode kann eine zusätzliche Ergebnisverzerrung produziert haben, da ein situativ unterschiedliches Verhalten der Trainerin gegenüber den Teilnehmerinnen der jeweiligen Gruppe nicht auszuschließen ist [47].

Die Follow-up-Messung 4 Wochen nach der Intervention kann nicht als tatsächlicher Langzeiteffekt interpretiert werden, sondern nur als Hinweis für einen möglichen Langzeiteffekt gewertet werden. Für die Erhebung eines tatsächlichen Langzeiteffekts würde es der wiederholten Messung nach größeren Zeitabständen nach der Intervention bedürfen [14].

An dieser Stelle sei zudem auf die teilweise geringeren Reliabilitätswerte bei den verwendeten Instrumenten in dieser Arbeit im Vergleich zu den Validierungsstudien hingewiesen, insbesondere die Erhebung der Handlungsorientierung mit dem HAKEMP, das Angsterleben mit dem STAI-SKD zu T2 und das schwangerschaftsspezifische Stresserleben mit dem PDQ wiesen niedrigere interne Konsistenzen gemessen an Cronbachs α auf, als die Validierungsstudien. Gründe hierfür können v. a. bei dem STAI-SKD die geringe Anzahl an Items (N = 5) sein, da Cronbachs α sehr sensibel für die Anzahl der Items und daher bei langen Skalen stärker ist [14]. Außerdem weist die Studienpopulation bei diesem Konstrukt zu T2 ein sehr homogenes Antwortverhalten (sehr geringe SD) im Sinne eines Bodeneffekts auf, sodass die interne Konsistenz auch aufgrund dessen gering sein könnte. Dies muss zusätzlich bei der Interpretation der Effekte berücksichtigt werden [47].

Schlussfolgerung

Eine Schwangerschaft ressourcenorientiert zu erleben kann einen positiven Einfluss auf den Verlauf der Schwangerschaft und die Geburt haben. Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass das ZRM eine mögliche Methode ist, entscheidend zur Gefühlsregulierung und der Optimierung der Stressbewältigungskompetenzen von Schwangeren beizutragen. Die Ergebnisse dieser Arbeit machen deutlich, dass die ZRM-Intervention das Stresserleben von Schwangeren signifikant senken und ein positiver Einfluss auf das subjektive Wohlbefinden genommen werden kann – trotz der Belastung durch eine weltweit bestehende Pandemie. Weitere Studien sollten aufbauend auf den Ergebnissen dieser Arbeit die Effekte mit einer größeren und heterogeneren Studienpopulation auf der Grundlage von objektiven Parametern in einem randomisierten Kontrollgruppendesign untersuchen, um die Ergebnisse mit einem höheren Evidenzlevel sicherzustellen. Eine zusätzliche qualitative Evaluation einer ZRM-Intervention bei Schwangeren könnte zudem Aufschluss darüber geben, welche Bestandteile der Intervention für die Schwangeren besonders hilfreich waren.

Trotz der positiven Effekte können ZRM-Kurse die klassische Geburtsvorbereitung in keinem Fall ersetzen. Das ZRM kann jedoch als Ergänzung zur herkömmlichen Geburtsvorbereitung im Gruppensetting eingesetzt oder einzelne Bestandteile wie die Bildung von Motto-Zielen auch in die individuelle Schwangerenversorgung integriert werden; sowohl digital als auch in Präsenz. Aufgrund des persönlichen ressourcenorientierten Ansatzes des ZRM, bei dem jede*r Teilnehmer*in an einem individuellen Thema arbeiten kann, eignen sich die ZRM-Inhalte auch für das Einzelcoaching. Aufgrund der bisherigen Befunde zum ZRM [54] kann mit ähnlichen Effekten wie in dieser Studie auch im Einzelcoaching gerechnet werden. In jedem Fall sollten diese jedoch in weiteren Studien überprüft werden, um eine evidenzbasierte Empfehlung sicherzustellen.

Unabhängig von Art und Umfang der Integration des ZRM in die Schwangerenversorgung wird durch die vorliegende Arbeit deutlich, dass eine frühzeitige Intervention mit der Aktivierung der persönlichen Ressourcen ein entscheidender Faktor zur Gesundheitsförderung von Schwangeren darstellt. Dies bietet eine breite Basis, um die psychische Gesundheit von Schwangeren zu unterstützen und das Wohlbefinden zu erhöhen. Das ZRM ist als Open Source konzipiert. Die Verwendung und Umsetzung steht allen frei, die sich damit beschäftigen möchten [54]. Aus Qualitätsgründen empfiehlt sich jedoch zumindest eine pädagogisch-psychologische Grundqualifikation sowie die Teilnahme an einem ZRM-Grundkurs, um die Methode in der Selbsterfahrung erlebt zu haben.

Auf politischer Ebene wäre die Integration eines ressourcenaktivierenden Selbstmanagementtrainings wie dem ZRM in das Leistungsspektrum der Krankenkassen als Präventionsmaßnahme sowie die Förderung der entsprechenden Berufsgruppen (Hebammen, Ärzt*innen, Sozialarbeiter*innen, Pflegefachpersonen, Stillberater*innen etc.) in der Ausbildung dieser Methoden wünschenswert, um auch Schwangeren mit geringen finanziellen Mitteln – vulnerablen Gruppen – Zugang zu einer Methode zu bieten, die auf psychischer Ebene einen positiven Effekt auf das individuelle Schwangerschaftserleben nehmen kann. Denkbar wäre die Einbindung der ZRM-Methode z. B. in bestehende Geburtsvorbereitungskurse, in Beratungsangebote der oben genannten Berufsgruppen oder auch in Präventionskampagnen von Städteprojekten. Es bedarf nicht immer eines gesamten ZRM-Kurses, um einzelne Effekte zu erreichen. Auch die Integration einzelner Tools wie z. B. der Mottoziele können hilfreich und förderlich sein. Letztlich wird die Integration der psychischen Gesundheitsvorsorge in der standardisierten Schwangerenversorgung auch von der WHO empfohlen [57].

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die stärkere Integration der Theorien und Modelle zur ressourcenaktivierenden Schwangerenversorgung in die Curricula der Hebammenstudiengänge ebenfalls ein wichtiger Grundstein darstellen würde, um werdende Hebammen damit vertraut zu machen und somit allen Schwangeren die oben genannten Effekte zugänglich zu machen.

Fazit für die Praxis

  • Das digitale Face-to-face-ZRM-Online-Training (Zürcher Ressourcenmodell) kann als Gruppenintervention zur Reduktion eines erhöhten Stress- und Angsterlebens sowie zur Steigerung des Wohlbefindens während der Schwangerschaft eingesetzt werden.

  • ZRM-Kurse können digital oder in Präsenz als Ergänzung für die klassische Geburtsvorbereitung eingesetzt werden.

  • Einzelne Tools und Strategien aus dem ZRM wie z. B. die Mottoziele können mit geringem Zeitaufwand als ressourcenaktivierende Unterstützung in der Schwangerschaft eingesetzt werden.

  • Als Maßnahme zur Prävention, kann das ZRM als Bestandteil von Geburtsvorbereitungskursen dabei unterstützen die Gesundheit von Schwangeren zu fördern.

  • Die ressourcenaktivierende Schwangerenversorgung sollte mehr Einbindung in die Curricula hebammenwissenschaftlicher und gynäkologischer Ausbildungen/Studiengänge finden.