Hintergrund

Seit längerer Zeit ist eine Diskussion zu verschiedenen neuen Rollen im Schweizer Gesundheitswesen im Gange, welche v. a. die zukünftigen Berufsrollen von Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegefachpersonen betrifft. Hierzu positionierte sich auch eine Arbeitsgruppe der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) bereits 2007 [3]. Im Kern geht es darum, die Versorgung von Patientinnen und Patienten optimal zu gestalten, trotz oder wegen sich wandelnder gesellschaftlicher Veränderungen. Jedoch spielt hier auch der Fachkräftemangel im ärztlichen wie auch im pflegerischen Bereich eine zentrale Rolle. So können die in der Schweiz relativ neuen Berufsrollen der Advanced Practice Nurses (APN), der klinischen Fachspezialistinnen und -spezialisten (KliF) sowie die medizinischen Praxiskoordinatorinnen und -koordinatoren (MPK) Teil der Lösung sein. Im Grunde geht es jedoch nicht um den Ersatz einzelner Berufe, wie ein anderer Artikel [27] vermittelt, sondern um neue Modelle interdisziplinärer Zusammenarbeit. Die verschiedenen neuen Berufsrollen sollen ergänzend und entlastend wirken sowie eine hohe Versorgungsqualität trotz Fachkräftemangel ermöglichen [9]. Dass dies gelingt, müssen traditionelle Rollen betreffend ihrer Kernkompetenzen betrachtet und verändert werden, um eine gleichberechtigte Zusammenarbeit zu gewährleisten [11].

In Bezug auf die Unterschiede und Aufgaben konnten mittlerweile die Rollen – APN, KliF sowie MPK – weitestgehend erklärt werden. Ein zentrales Unterscheidungsmerkmal betrifft bereits die diversen zugrunde liegenden Bildungsniveaus der Schweizer Bildungssystematik für die Zulassung zur jeweiligen Ausbildung, von der beruflichen Grundbildung mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis der MPK auf Sekundarstufe über die höhere Fachschule und Bachelor inklusive Weiterbildung auf Tertiärstufe B und A der KliF bis zum zweiten und dritten akademischen Grad der APN [9, 37] auf Tertiärstufe A. Dieses Unterscheidungsmerkmal legt auch den Fokus auf die verschiedenen Kompetenzen der Berufsrollen, welche letztlich eine entscheidende Basis für die jeweiligen Handlungsfelder legen. Dies auch betreffend z. B. delegierten Handlungsfeldern von Seiten ärztlicher Personen.

Mancherorts werden Handlungsfeldern Merkmale wie z. B. administrativ, pflegerisch, medizinisch [9] zugeordnet. Je nach Handlungsfeld sind diese Unterscheidungen jedoch sehr breit interpretierbar und es zeigen sich Überschneidungen. Die Berufsrollen von Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegefachpersonen lässt sich mit „gemeinsamen Grundelementen“, „berufsspezifischen Elementen“ sowie „spezialisierten Elementen“ dreistufig beschreiben [3]. So ist z. B. eine APN mit zweitem oder drittem akademischen Grad betreffend „spezialisierten Elementen“ sehr weit in einem Bereich, welcher der Medizin zugewiesen werden könnte. Werden die Kompetenzen im Medizinalberufegesetz [20] betrachtet oder der Einfachheit halber die von der Universität Basel definierten zusammenfassenden Kompetenzbereiche „Soziale und kommunikative Kompetenzen, Wissenschaftliche Kompetenz, Manuelle, diagnostische und therapeutische Fertigkeiten sowie Humanities und medizinethische Kompetenzen“ [33], so sind große Schnittmengen zwischen den Berufen von Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegefachpersonen feststellbar. Der Fokus innerhalb des jeweiligen Settings, auf welchem Handlungen ausgeführt werden, ist jedoch unterschiedlich. So soll dieser Artikel auf beschriebene Aufgabenfelder der Rollen APN, KliF und MPK eingehen und einen Bezug zu den unterschiedlichen Kompetenzniveaus der Rollen herstellen. Die beschriebenen Handlungskompetenzen sollen einen Beitrag zur Rollenklärung leisten. Dafür ist es jedoch zentral, den Kompetenzbegriff wie auch das Thema Delegation zu betrachten.

Dass eine Person kompetent zur Handlung wird, umfasst die individuelle Handlungskompetenz aus Handlungsfähigkeit (Können) und Handlungsbereitschaft (Wollen) sowie die Zuständigkeit (Dürfen). Handlungsfähigkeit setzt sich hierbei aus explizitem wie implizitem Wissen sowie Fertigkeiten zusammen [5]. Insbesondere das explizite Wissen ist in der Diskussion zu neuen Rollen in der Gesundheitsversorgung nicht außer Acht zu lassen, da dieses sich fundamental zwischen den Rollen APN, KliF und MPK unterscheidet und Abschlusskompetenzen auf unterschiedlichen Niveaus betreffend den verschiedenen Bildungsabschlüssen festgesetzt sind. Die Begrifflichkeit der Kompetenz hat mit dem „Europäischen Qualifikationsrahmen“ (EQR; [25]) an Bedeutung gewonnen und wurde in der Schweiz als Grundlage für den „Nationalen Qualifikationsrahmen für Berufsbildung“ (NQR-BB; [34]) wie auch dem nationalen Hochschulrahmen (NQR-HS; [32]) genutzt.

Kompetenz ist im EQR als „die nachgewiesene Fähigkeit, Kenntnisse, Fertigkeiten sowie persönliche, soziale und methodische Fähigkeiten in Arbeits- oder Lernsituationen und für die berufliche und/oder persönliche Entwicklung zu nutzen“ beschrieben. Im EQR wird Kompetenz im Sinne der Übernahme von Verantwortung und Selbstständigkeit beschrieben und umfasst acht Kompetenzniveaus, wobei die drei letzten Bachelor‑, Masterabschlüssen und Doktortitel zugeordnet werden können. Diese drei Kompetenzniveaus können orientierend mit dem nationalen Hochschulrahmen verglichen werden.

So reichen die Niveaus der zugrunde liegenden Abschlüsse von APN, KliF und MPK von z. B. „… Sicherstellung des reibungslosen Ablaufs der eigenen Arbeitsprozesse …“ bei MPK (Niveau 5 NQR-BB) über „… vielseitige berufliche Praxiserfahrung führen … zum reibungslosen Ablauf der eigenen Arbeitsprozesse und zu strategischen Ergebnissen im Betrieb …“ bei KliF (Niveau 6 NQR-BB) bis zur Anwendung von „… Problemlösungsfähigkeiten in einem neuen oder unvertrauten Umfeld innerhalb breiterer (oder multidisziplinärer) Kontexte …“ (Niveau 2 NQR-HS) bzw. „… einen substanziellen Forschungsprozess mit wissenschaftlicher Integrität zu konzipieren, gestalten, implementieren und adaptieren“ (Niveau 3 NQR-HS) oder der „… fachlichen Autorität …“ bei APN (Niveau 8 EQR).

Schwierigkeiten bereiten die zwei unverbundenen Nationalen Qualifikationsrahmen (NQR; Berufsbildung versus Hochschulbereich), da ein Vergleich hier nicht möglich ist [4]. Auch betreffend den Vergleichs zwischen EQR und NQR-BB. Anders als der EQR bezieht sich der NQR-BB nur auf formal und nicht auch auf informell und nichtformal erworbene Lernergebnisse [8].

Delegation wird nun als „Übertragung von Kompetenz (und Verantwortung) auf hierarchisch nachgeordnete organisatorische Einheiten“ bezeichnet. Der Delegationsgebende hat darauf zu achten, ob der Delegationsnehmende von seiner/ihrer Kompetenz und Motivation her zur selbstständigen Erfüllung der zu übertragenden Aufgaben fähig ist [18]. Hierbei ist auf das Kongruenzprinzip zu achten, damit die Aufgabe, die Verantwortung und die Kompetenzen möglichst übereinstimmen [35]. Im ärztlichen Bereich kann zusätzlich das Verordnen, was vorab eine Diagnose sowie eine Indikation für den Behandlungstypus benötigt, von der konkreten Durchführung, welche delegiert werden kann, abgegrenzt werden. Dies impliziert, dass die Person, an die die Handlung delegiert wird, über die notwendige Ausbildung, Kompetenz und Erfahrung verfügt, um diese Handlung nach den gemeinsam vereinbarten Regeln der Kunst vorzunehmen [26].

Die Delegation an andere Gesundheitsfachpersonen, die wie z. B. heute im Bereich der Psychotherapie vom ärztlichen Bereich an Fachpsychologinnen/‑psychologen erfolgt [6], wird in vielen anderen Bereichen Einzug halten [11]. Entscheidend für die Delegation von Handlungen ist jedoch das mit der Rolle verbundene Kompetenzniveau.

Ziel und Fragestellung

Dieser Artikel soll auf aktuell beschriebene Aufgabenfelder der Rollen APN, KliF und MPK eingehen und einen Bezug zu den unterschiedlichen Kompetenzniveaus der Rollen herstellen. Die beschriebenen Handlungskompetenzen sollen zur Rollenklärung beitragen. So wurde folgende Fragestellung formuliert: „Stimmen aktuell beschriebene Handlungsfelder der Berufsrollen APN, KliF und MPK mit definierten Kompetenzniveaus überein?“

Methoden

Um Abgrenzungen betreffend Handlungsfeldern in Verbindung mit dem jeweiligen Kompetenzniveau der APN zu KliF und MPK darzustellen, wurde eine systematische Literaturrecherche nach den fünf Phasen von Arksey & Malley [1] durchgeführt. So wurde nach der Identifizierung der Forschungsfrage eine Literaturrecherche in MEDLINE (via PubMed) und CINAHL (via EBSCO) sowie auf einschlägigen Webseiten durch den Erstautor durchgeführt. Die Suche wurde auf die Jahre 2019–2022 eingegrenzt, um v. a. neue Ergebnisse aktueller Artikel zu den Handlungsfeldern der jeweiligen Rollen zu identifizieren. Aber auch, um bereits erschienene Publikationen zu ergänzen [7, 9].

Suchbegriffe waren:

  • (″Advanced Practice Nurses″) AND (″Switzerland″ OR ″Swiss″)

  • (″Klinische Fachspezialistin″) OR (″Klinischer Fachspezialist″)

  • (″Physician Associates″ OR ″Physician Assistant″) AND (″Switzerland″ OR ″Swiss″)

  • (″Medizinische Praxiskoordinatorin″ OR ″Medizinischer Praxiskoordinator″)

  • (″Health Care Assistants″) AND (″Switzerland″ OR ″Swiss″)

Relevante Studien wurden anschließend mittels Ein- und Ausschlusskriterien selektiert. Eingeschlossen wurden Studien, welche Aufgabengebiete der Berufsrollen im schweizer Kontext beschrieben. Ausgeschlossen wurden Studien, welche sich mit Ausbildung, Implementierung, Pflegemodellen und Gesundheitspolitik auseinandersetzten oder im Ausland durchgeführt wurden.

Als letzter Schritt erfolgten die Datenextraktion und Präsentation, welche durch beide Autoren durchgeführt wurde. Orientierend bei der Literaturrecherche waren die Qualitätsrichtlinien des „preferred reporting items for systematic reviews and meta-analyses (PRISMA) statement“ [24].

Ergebnisse

Insgesamt konnten 13 Publikationen identifiziert werden, von welchen sich 11 mit APN beschäftigten und je eine mit KliF sowie MPK (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

PRISMA(„preferred reporting items for systematic reviews and meta-analyses“)-Flowdiagram. (Adaptiert nach Moher [22])

Charakteristika der eingeschlossenen Studien

Neun Artikeln lag ein qualitatives Design zugrunde sowie einem ein quantitatives. Die drei Restlichen waren Berichte zu Konzept und Rollenentwicklung sowie ein Zwischenstand zu einem Forschungsprojekt (Tab. 1).

Tab. 1 Charakteristika der eingeschlossenen Studien

Handlungsfelder APN

Innerhalb einer Studie zu Patientinnen und Patienten mit Lymphomen, die mit Hochdosischemotherapie (HDC) und autologer Stammzelltransplantation (ASZT) behandelt wurden, erlebten die Teilnehmenden eine fachliche, administrative und emotionale Unterstützung und fühlten sich kompetent informiert und beraten. Dies durch eine kontinuierliche Begleitung durch ein APN-Team, welches bedarfsgerechte Betreuung über den ganzen Therapieverlauf bot. Den Teilnehmenden stand eine gut erreichbare Ansprechperson für Fragen zur Verfügung, zu der sie eine emotionale Beziehung aufbauten [2].

Ebenso reduzierte ein von APN geleiteter Deliriumberatungsdienst den Schweregrad des Delirs als akute neuropsychiatrische Störung und die Aufenthaltsdauer im Spital von orthopädischen Patientinnen und Patienten. So hatte die Gruppe, die eine „frühe“ Deliriumberatung erhielt, im Laufe der Zeit einen deutlich geringeren Schweregrad des Deliriums und eine kürzere Aufenthaltsdauer. Die Tätigkeiten der APN umfassten die Diagnose und Behandlung von Krankheiten, Verletzungen und/oder Behinderungen innerhalb des Fachgebiets. Die APN wurde kontinuierlich geschult, von Geriatern ausgebildet und beaufsichtigt, handelte aber unabhängig von ihnen. Der Beratungsdienst umfasste die Bereiche: systematische kognitive und klinische Bewertungen auf der Grundlage der Delirium-Ätiologie-Checkliste, Durchsicht der Krankenakten, Überprüfung von Labor, Laborparameter wie Elektrolyte und Bildgebungsergebnisse sowie die Erhebung der Krankengeschichte bei Dritten wie Familienmitgliedern, Pflegeheimen oder Hausärzten. Auf der daraus resultierenden Diagnose gab die APN Empfehlungen für nicht-pharmakologische und pharmakologische Interventionen, zusätzliche Laboruntersuchungen oder weitere Diagnostik. Außerdem gaben sie Vorschläge für die Rehabilitation und führten Nachkontrollbesuche durch [36]. Dieser hohe Grad an Autonomie von APN wurde auch in einer weiteren Studie beschrieben [14].

Auch auf die Zufriedenheit, das Wohlbefinden der Familienmitglieder von Patientinnen und Patienten von Intensivstationen hatten Verbindungs- und Koordinierungstätigkeiten von APN positiven Einfluss [23].

Ein Mehrwert mit der Berufsrolle APN entsteht in den Bereichen Unterstützung des Selbstmanagements, Prävention und Gesundheitsförderung bei Patientinnen und Patienten in komplexen, stabilen und instabilen Situationen leisten, die bis jetzt durch andere Gesundheitsberufe in den Hausarztpraxen nur unzureichend abgedeckt wurden. Gerade bei Hausbesuchen stärken APN die Verbindung zwischen Patientinnen und Patienten, Angehörigen, Hausarztpraxis, Spitex oder anderen Leistungserbringern. Dabei ermöglichen sie transparente Kommunikation und bessere Koordination [16] und erbringen einen Mehrwert betreffend Versorgungsqualität und Flexibilität [10].

Durch die Zusammenarbeit in der Grundversorgung zwischen APN und Hausarzt fühlten sich die Patientinnen und Patienten sicher, gut betreut und erlebten Verbesserungen des physischen und psychischen Wohlbefinden sowie bei den täglichen Aktivitäten [31].

Direkte (klinische) Pflege- und Versorgungspraxis, Versorgungskoordination und Fallmanagement, psychosoziale Gesundheitsförderung und Prävention, Beratung, Ausbildung und Coaching, Führung und Öffentlichkeitsarbeit und Forschung und Praxisentwicklung waren zentrale Aufgaben und Tätigkeiten von APN im psychiatrischen Setting [28]. Für die Rollen- und Konzeptentwicklung wurde die Koordinierung des Übergangs zwischen Akut‑, Rehabilitations- und häuslicher Pflege, die Unterstützung des Selbstmanagements und Screening der emotionalen Belastung als die drei Schlüsselbereiche identifiziert [29]. Wichtig erschien die Begleitung von Patienten durch APN über den gesamten Behandlungspfad von der Diagnose bis zur Nachsorge [17]. Rollenklärung wie auch die Beseitigung politischer und rechtlicher Hindernisse wurden als wichtige Bausteine für eine nachhaltige Einführung von APN benannt [10, 15]. Rollenklarheit, Teamfunktion, kollaborative Führung, interprofessionelle Konfliktlösung, patientenzentrierte Versorgung und interprofessionelle Kommunikation hatten einen erkennbaren Einfluss auf die interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsfachpersonen in der Schweizer Grundversorgung [15].

Der zugrunde liegende Abschluss war in dieser Studie auf Tertiärstufe A, der Masterabschluss bzw. ein Doktorat (NQR-HS Niveau 2–3). So ist diese Stufe betreffend der beruflichen Kompetenz mit „… Wissen und Verstehen und ihre Problemlösungsfähigkeiten in einem neuen oder unvertrauten Umfeld innerhalb breiterer (oder multidisziplinärer) Kontexte in ihrem Studienbereich anwenden können“ wie auch „… die Fähigkeit bewiesen haben, einen substanziellen Forschungsprozess mit wissenschaftlicher Integrität zu konzipieren, gestalten, implementieren und adaptieren“ beschrieben [32]. Auch im EQR wäre dies auf Stufe 7 die Berufsrolle APN als „… Leitung und Gestaltung komplexer, unvorhersehbarer Arbeits- oder Lernkontexte, die neue strategische Ansätze erfordern; Übernahme von Verantwortung für Beiträge zum Fachwissen und zur Berufspraxis und/oder für die Überprüfung der strategischen Leistung von Teams“ [25] beschrieben.

Handlungsfelder KliF

Zur Rolle der KliF wurde ein Artikel identifiziert, welcher eine Tätigkeit im urologischen Setting beschreibt. Ziel der Implementation des KliF war die Entlastung der Assistenzärztinnen und Assistenzärzte. Unter Delegation wurden vom KliF Assistenzaufgaben übernommen, welche unter ärztlicher Aufsicht erfolgten. Die medizinische Verantwortung lag bei den jeweiligen Ärztinnen und Ärzten. Tätigkeiten waren z. B. Teilnahme und Vorbereitung von ärztlichen Rapporten, Visiten mit der Ärzteschaft sowie deren Dokumentation, Vorbereitung von Berichten, klinische Untersuchungen unter ärztlicher Aufsicht, terminliche Planung etc. Ausgewiesen wurde ein administrativer Anteil von 50 %. Durch die Rolle des KliF konnte der Arbeitsaufwand der Assistenzärztinnen und Assistenzärzte tagsüber und an Werktagen subjektiv verringert werden [19]. Der zugrunde liegende Abschluss war in diesem Bericht ein Bachelor of Science in Pflege mit der Weiterbildung CAS Klinische Fachspezialistin/Klinischer Fachspezialist (NQR-HS Niveau 1; EQR Niveau 6). So ist diese Stufe betreffend der beruflichen Kompetenz mit „… Wissen und Verstehen in einer Weise anwenden können, die von einem professionellen Zugang zu ihren weiterführenden Studien oder ihrem Beruf zeugt, und die über Kompetenzen verfügen, die üblicherweise durch das Formulieren und Untermauern von Argumenten und das Lösen von Problemen in ihrem Studienbereich demonstriert werden“ [34].

Handlungsfelder MPK

Zur Rolle MPK wurde ein Artikel identifiziert, welche das Handlungsfeld in der Hausärztlichen Praxis beschreibt. Das beschriebene Handlungsfeld drehte sich um administrative und koordinative Aufgaben, wie auch technische Tätigkeiten wie Blutentnahmen, Labor und Röntgen. Weiter wurden Wundsprechstunden und gezielte Beratungen für stabile Patientinnen mit spezifischen chronischen Erkrankungen angeboten. Handlungsfelder waren immer unter ärztlicher Delegation und die Tätigkeit beschränkte sich örtlich auf die Praxis [9].

Der zugrunde liegende Abschluss war in dieser Studie auf Sekundarstufe 2, das Eidgenössische Fähigkeitszeugnis (NQR-BB Niveau 4) mit Weiterbildung zur MPK (NQR-BB Niveau 5). So ist diese Stufe, betreffend der beruflichen Kompetenz, mit „durch berufliche Praxiserfahrung führen die auf diesem Niveau geforderten Kenntnisse und Fertigkeiten zur Sicherstellung des reibungslosen Ablaufs der eigenen Arbeitsprozesse im Betrieb. Die Mitarbeit kann selbstständig stattfinden. Routinearbeiten anderer Personen können beaufsichtigt werden“ beschrieben [34].

In Abb. 2 soll ein Versuch unternommen werden, die Rollen betreffend ihres Kompetenzlevels sowie den administrativen wie auch operativen Aufgaben zu unterscheiden. Unter Administration, bzw. administrare (verwalten), können sämtliche Verwaltungsaufgaben wie Personalwesen, Einkommensmanagements, Praxismarketing, Qualitätssicherung etc. zusammengefasst werden, damit wiederum andere Personen wie z. B. die Hausärzteschaft ihrem Kerngeschäft nachgehen können. Für alle beschriebenen Rollen in Abb. 2 besteht eine Administrationslast, welche sich jedoch von Art und Umfang unterscheidet wie z. B. Dokumentationsarbeiten.

Abb. 2
figure 2

Kompetenzniveau der unterschiedlichen Bildungsstufen. MPKA medizinische Praxiskoordinatorinnen und -koordinatoren, KliF klinische Fachspezialistinnen und -spezialisten, APN Advanced Practice Nurse, EQR Europäischer Qualifikationsrahmen

Diskussion

Die Ergebnisse zeigen die jeweiligen Handlungsfelder der drei Berufsrollen APN, KliF und MPK in Verbindung mit dem des Bildungsabschlusses verbundenen Kompetenzniveaus, auf welchen sie eingesetzt werden können.

Bei der APN wurden Handlungsfelder beschrieben, welche hochspezialisiertes medizinisches, ethisches, geisteswissenschaftliches, kommunikatives und gesundheitssystemisches Wissen erfordern, um kompetent handeln zu können und sich komplexer, unvorhersehbarer Arbeitskontexte zu stellen, die neue strategische Ansätze erfordern (vgl. EQR Niveau 7–8, Niveau 2–3 NQR-HS). Der Bericht zu KliF beschreibt das Handlungsfeld in Delegation von Assistenzaufgaben unter Aufsicht von Ärztinnen und Ärzten, welche fortgeschrittene Kenntnisse benötigen, um komplexe berufliche Handlungen zu übernehmen (vgl. EQR Niveau 6, NQR-HS Niveau 1, NQR-BB Niveau 6). Bei MPK wurden vordergründig administrative und koordinative Handlungsfelder beschrieben, welche der Sicherstellung des reibungslosen Ablaufs dienen (vgl. NQR-BB Niveau 5).

Der gemeinsame Kern der neuen Rollen ist die Verbesserung eines belasteten Gesundheitswesens aufgrund demografischer Veränderungen und der damit zusammenhängenden wachsenden Zahl an chronisch Kranken, Fachkräftemangel sowie die zunehmende Komplexität von Behandlungen. So können auch die drei Berufsrollen APN, KliF und MPK als berechtigt bezeichnet werden. Jedoch führt die Neuheit dieser Rollen nach wie vor zu Verwirrung und Kompetenzüberschneidung zu Ungunsten der Betreuung von Menschen [37]. Dies obwohl die Kompetenzbereiche auf unterschiedlichen Ebenen liegen und hierdurch auch die Handlungsfelder inklusive delegierbaren Aufgaben verschieden sind.

Das Kompetenzniveau von APN mit den beschriebenen Handlungsfeldern deckt sich mit den Guidelines des International Council of Nurses zu Advanced Practice Nursing [30]. So z. B. die Fähigkeit komplette Pflegeepisoden und komplexe Gesundheitsprobleme zu managen, einschließlich schwer erreichbarer und gefährdeter Bevölkerungsgruppen, die Fähigkeit der Forschungsintegration, Bildung, Führung und klinisches Management, eine erweiterte und breitere Autonomie, Fallmanagement auf fortgeschrittenem Niveau, fortgeschrittene Fähigkeiten in den Bereichen Beurteilung, Urteilsvermögen, Entscheidungsfindung und diagnostische Argumentationsfähigkeit [30]. Die breite Autonomie und die nötigen spezialisierten Problemlösefähigkeiten sind in den dargestellten Handlungsfeldern zu erkennen und Grundlage für den Einsatz der Berufsrolle einem selbständigen Handlungsfeld. Diese Autonomie, welche mit diesem Kompetenzniveau einhergeht, erlaubt es somit Handlungsfelder engagiert und verantwortungsbewusst anzugehen.

Der Artikel zu KliF zeigt deren Tätigkeitsfeld mit Delegation von Assistenzaufgaben unter Aufsicht von Ärztinnen und Ärzten. Hier als Pflegefachperson mit Abschluss Bachelor of Science in Pflege in Kombination mit der Weiterbildung auf Ebene „Certificate of Advanced Studies“. Das zugrunde liegende Kompetenzniveau des KliF könnte jedoch auch im Bereich der höheren Berufsbildung liegen (NQR-BB Niveau 6), was eine Besonderheit darstellt und in den zwei möglichen Wegen zur Berufsbefähigung als Pflegefachperson geschuldet ist (höhere Berufsbildung vs. Bachelorabschluss). Auf dieser Stufe geht es insbesondere um Kompetenzen, welche zu einem reibungslosen Ablauf der eigenen Arbeitsprozesse und zu strategischen Ergebnissen im Betrieb führen. Komplexe fachliche Tätigkeiten und Projekte sollen angeleitet werden und die Verantwortung für Entscheidungen getragen werden können [34]. Somit ist der zugrunde liegende Abschluss betreffend dem Handlungsfeld sowie den delegierbaren Handlungen im Vorfeld genau zu prüfen.

Auch in Deutschland nehmen verwandte bzw. KliF zugrunde liegende Rollen zu. So z. B. Bachelorstudiengänge zu Physician Assistants oder Physician Associates, die v. a. im amerikanischen und britischen Gesundheitswesen etabliert sind [12]. Auch hier sind Handlungsfelder beschrieben wie z. B. vorbereitende Anamnesegespräche einschließlich der Informationserhebung mittels Fragebogen, vorbereitende Untersuchungen der Patientinnen und Patienten, Mitwirkung an der Beratung von Patientinnen und Patienten wie auch die Mitwirkung bei invasiven Therapien und operativen Eingriffen. Es geht um die Durchführung ärztlicher Tätigkeiten in Delegation, welche aufgrund des fachärztlichen Bedarfs individuell bestimmt werden kann [21]. Es steht innerhalb dieser Berufsrolle weniger die Autonomie im Vordergrund, sondern vielmehr eine verlässliche Übernahme von stationsärztlichen Aufgaben, welche unter Supervision des ärztlichen Teams erfolgt.

Der nötige professionelle Zugang zum Beruf und die erforderlichen zusätzlichen Fertigkeiten sind auf diesem Kompetenzniveau zu erkennen, um die delegierten Assistenzaufgaben wahrnehmen zu können.

Die Ausführungen zur Rolle MPK zeigen die vordergründig administrativen und koordinativen Handlungsfelder, welche der Sicherstellung des reibungslosen Ablaufs dienen. Durch den vertieften Einblick, innerhalb der Weiterbildung zur MPK, in einzelne Erkrankungen wie Diabetes oder „chronic obstructive pulmonary disease“, können MPK Beratungen für stabile Patientinnen und Patienten mit spezifischen chronischen Erkrankungen selbständig durchführen, was wiederum zur Entlastung anderer Berufsgruppen beitragen kann. Routinearbeiten von medizinischen Praxisassistentinnen und -assistenten (MPA) können durch MPK beaufsichtigt werden können, was einem reibungslosen Ablauf dienlich ist. So arbeitet eine MPK unter Aufsicht der Ärzteschaft und ohne Autonomie im Handlungsfeld, immer unter Delegation [9] und fokussiert auf stabile und komplexarme Situationen.

Limitationen

Der Fokus bezog sich auf das Schweizer Gesundheitswesen, was entsprechend zu limitierten Ergebnissen zu allen drei Berufsrollen führte. Somit konnte nur ein Bericht zu KliF und eine Studie zu MPK analysiert werden.

Auch ist durch die Entwicklung von zwei unverbundenen NQR (Berufsbildung vs. Hochschulbereich) kein Vergleich möglich [4]. Der jeweilige NQR seinerseits kann eher als Raster des bestehenden Status quo verstanden werden [13]. Es bleibt unklar, in wie weit die jeweiligen Kompetenzniveaus der unterschiedlichen neuen Berufsrollen bei deren Einsatz berücksichtigt wurden. So fehlen auch Studien zu dieser Thematik.

Ausblick

Seit der Publikation der SAMW zu neuen Berufsrollen von Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegefachpersonen [3] etablieren sich mehrere Masterstudiengänge an den Fachhochschulen und die Ausbildungszahlen von Pflegefachperson auf Masterniveau wuchsen in den letzten Jahren stark. Ebenso entstanden Weiterbildungen für Pflegefachpersonen und MPA. Neue Modelle der interdisziplinären Teamarbeit kamen hinzu und die Zahl von z. B. interdisziplinären Praxisgemeinschaften wuchs.

Grundlage einer gelingenden interprofessionellen Zusammenarbeit ist ein kompetenzbasierter Einsatz der jeweiligen Rolle, welche das Schweizer Versorgungssystem bereichert und entlasten kann. Hierfür ist eine ausreichende Klärung der verschiedenen Rollenidentitäten elementar, da es auch für eine gelingende interprofessionelle Zusammenarbeit die nötigen Kompetenzen braucht. Die Kompetenzniveaus der jeweiligen Qualifikationsrahmen können hier Transparenz schaffen.

Fraglich ist, ob eine ausreichende Masse der neuen Berufsrollen innerhalb der Zukunft ausgebildet werden kann, um den Bedarf zu decken. Kompetenzstufen, die von bekannten Handlungsparametern bis hin zu spezialisierten Problemlösungsfähigkeiten reichen, zeigen, wie entscheidend die notwendige Ausbildung, Kompetenz und Erfahrung sind.

Fazit für die Praxis

  • Das zugrunde liegende Kompetenzniveau ist im Vorfeld genau zu betrachten, da dieses für die Delegation von Handlungen entscheidet ist.

  • Die neuen Rollen können in verschiedenen Handlungsfeldern mit unterschiedlichen Kompetenzfeldern eingesetzt werden: APN (Advanced Practice Nurse) im hochspezialisierten Bereich, in welchem spezialisierte Problemlösungsfertigkeiten gefordert werden, klinische Fachspezialistinnen und -spezialisten (KliF) v. a. im Bereich der medizinischen Assistenzaufgaben unter Aufsicht von Ärztinnen und Ärzten, welche unter Delegation stattfinden, medizinische Praxiskoordinatorinnen und -koordinatoren (MPK) im Bereich der administrativen und koordinativen Aufgaben unter Aufsicht der Ärzteschaft, fokussiert auf stabile und komplexarme Situationen.

  • Der Ausbau von Bildungsangeboten im Bereich der direkten klinischen Praxis ist zu fördern, um den Herausforderungen des belasteten Gesundheitswesens entgegen zu treten.