Einleitung

Die positive Wirkung von Sonnenschein auf die Stimmung und das Wohlbefinden des Menschen ist allgemein gut belegt [7, 10, 11, 14, 16, 27, 30]. Kurzfristig könnte ein Grund hierfür darin liegen, dass gutes Wetter die Motivation von Menschen erhöht [2, 18, 18, 20, 28]. Langfristig gesehen kann sich ein ausgeglichener Vitamin-D-Haushalt positiv auf die Gesundheit und somit das Wohlbefinden auswirken [45, 46].

Die Erhaltung der eignen Gesundheit ist allgemein zu einem moralischen Imperativ geworden [35]. Die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen sind auch eines der 17 zentralen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen [49]. Die Weltgesundheitsorganisation definiert Gesundheit als „ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen“ [26, 51]. Dieser Definition folgend sollten Analysen über mögliche Einflussfaktoren auf die Gesundheit auch das Wohlbefinden der Menschen berücksichtigen. Das Wohlbefinden kann mit verschiedenen Indikatoren gemessen werden. In dieser Arbeit wird das subjektive Glücksempfinden als Proxyvariable gewählt. Scheint die Sonne beispielsweise am Morgen während des Erwachens, so ist die Motivation aktiv in den Tag zu starten höher und Menschen fühlen sich allgemein glücklicher als an einem verregneten Morgen [11, 18].

Es steht außer Frage, dass es viele Faktoren gibt, die sowohl die Gesundheit als auch das Wohlbefinden beeinflussen, u. a. das Geschlecht, das Alter, die Bildung, aber auch die Häufigkeit und Intensität von Bewegung und Sport, das Ernährungsverhalten sowie der Konsum von Alkohol, Zigaretten oder illegalen Drogen [5, 25, 29, 33, 43, 47]. Der Forschungsstand zum Zusammenhang von Sonnenstunden und gesundheitlichen Folgen ist dagegen gering: Eine Studie untersuchte z. B. den Zusammenhang zwischen Wetterbedingungen und Lebenszufriedenheit. Die Analyse integriert verschiedene potenzielle Einflussfaktoren, darunter Temperatur, Regen, Wolkendichte und Luftdruck, berücksichtigt aber nicht die Sonnenscheindauer. Mit dem Ergebnis, dass das Wetter die Beurteilung der Lebenszufriedenheit nicht zuverlässig beeinflusst [34]. Eine weitere Studie untersucht den Effekt der Sonnenscheindauer an einer sehr speziellen und kleinen Stichprobe von 24 Männern im Alter von 17 bis 25 Jahren und wird daher als nicht hinreichend generalisierbar eingestuft. Das Ergebnis hier ist jedoch, dass Sonnenschein Konzentration und Optimismus fördert [21]. Weiterhin wurde der Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt der Geburt, dem Altern und der Gesundheit untersucht. Sonnenexposition wurde mit Jahreszeiten operationalisiert und damit ein Saisoneffekt nachgewiesen [1]. Zuletzt wurde der Einfluss von Sonnenstunden und der Lage der Region (Breitengrade) auf die subjektive Gesundheit untersucht, wobei sich der Einfluss der Breitengrade unter Kontrolle weiterer Variablen als statistisch signifikant und der Einfluss der regionalen Sonnenstunden sich als nicht statistisch signifikanter Zusammenhang herausstellten [26]. In der vorliegenden Arbeit wird nun der Einfluss der Sonnenexposition auf das Glücksempfinden untersucht. Daher wird die folgende Forschungsfrage gestellt: Sind Menschen, die mehr Sonnenexposition erfahren glücklicher?

Sonnenlicht als Quelle für das Glücksempfinden: Die Sonne ist die größte natürliche Lichtquelle. Wenn die Sonne scheint, geben viele Menschen u. a. an, gut gelaunt [18] oder weniger müde zu sein [11], was zur ersten Hypothese führt:

H1. Je höher die Anzahl der Sonnenstunden einer Region, desto höher ist das durchschnittliche Glücksgefühl.

Die nächste Hypothese greift Regionen und ihre Lage auf dem Globus (Breitengradlinie) als Proxy für Vitamin-D-Produktion auf. Entscheidend bei der Sonneneinstrahlung zur Vitamin-D-Produktion ist die UVB-Komponente (Ultraviolettstrahlung des Sonnenlichts im Wellenlängenbereich von 280 bis 315 nm), die über die Haut und die Leber aus Cholesterin verstoffwechselt wird [4]. Während lange Zeit davon ausgegangen wurde, dass die Hauptaufgabe von Vitamin D die Aufrechterhaltung der Kalziumhomöostase und der Knochengesundheit ist [8], weiß man heute, dass das Sonnenhormon für fast alle Organe und Zellen des Körpers benötigt wird und diese beeinflusst [4]. Anstelle der Sonnenexposition kann der Körper seinen Vitamin-D-Bedarf durch den Verzehr von fettem Fisch, Eiern und Milchprodukten decken [8]. Als Ersatz für eine ausreichende Sonneneinstrahlung benötigt der Mensch jedoch sehr große Mengen davon, z. B. zwei große Portionen Lachs oder 20 Eier pro Tag [6]. Besonders in den nördlicheren Ländern Europas werden viele Vitamin-D-reiche Lebensmittel verzehrt, was zu einem möglichen Ausgleich führen kann [8]. Chemisch hergestellte Nahrungsergänzungsmittel können ebenfalls eine Alternative darstellen [39, 44]. Wenn diese Möglichkeiten nicht genutzt werden können, ist die Sonnenexposition die Hauptquelle für Vitamin D [27].

Personen außerhalb des −35. bis 35. Breitengrades haben gar nicht die Möglichkeit, ausreichend Vitamin D zu produzieren, unabhängig von biologischen Voraussetzungen, Verhalten oder der jährlichen Sonnenstundendauer [3]. Die genaue Menge an Vitamin-D-relevantem Sonnenlicht hängt von der geografischen Breite und Höhe des Ortes sowie von der Jahreszeit ab. Die Erdachse ist gegenüber ihrer Bahnebene um die Sonne um den Winkel ε = 23,5° geneigt. Der Winkelabstand der Sonne von der Äquatorebene ändert sich im Laufe eines Jahres zwischen +23,5° am 21. Juni und −23,5° am 22. Dezember. Aufgrund dieser Bedingungen ist das ganze Jahr über mit einer unterschiedlich starken Sonneneinstrahlung zu rechnen. Diese ist am Äquator ganzjährig am stärksten, weil der Winkel dort ständig am kleinsten ist. Je größer der Winkel und damit je weiter eine Region vom Äquator entfernt ist, desto geringer ist die Sonneneinstrahlung. Die Sonneneinstrahlung nimmt mit dem Breitengrad ab und die Sonnenscheindauer ist in nördlichen Ländern geringer als in äquatornahen Gebieten. Daher ist zusätzlich die Lage der Regionen (gemessen an den Breitengraden) von Interesse:

H2. Je weiter eine Region vom Äquator entfernt ist, desto geringer ist das durchschnittliche Glücksgefühl.

Das Alter ist zudem ein wichtiger Risikofaktor für einen möglichen Vitamin-D-Mangel, der auf eine geringere Sonnenlichtexposition, die Nahrungsaufnahme und die Hautdicke zurückzuführen ist [6]. Daher werden insgesamt zwei Interaktionen, zwischen den Sonnenstunden sowie den Breitengraden und dem Alter, mit in die Analyse aufgenommen.

H3a-Interaktion. Je älter eine Person ist, desto geringer ist der positive Effekt aus Hypothese 1.

H3b-Interaktion. Je älter eine Person ist, desto stärker ist der negative Effekt aus Hypothese 2.

Obwohl es sich hierbei um ein Querschnittsdesign handelt, werden Kausalhypothesen aufgestellt, da die betreffenden unabhängigen Variablen die abhängige Variable beeinflussen können, aber nicht umgekehrt. So können sich Sonnenstunden, die Lage der Region und das Alter auf das Glücksempfinden auswirken, aber das Glücksempfinden hat keine Möglichkeit die Anzahl der Sonnenstunden, die Lage der Region oder das Alter zu beeinflussen.

Im Folgenden werden die Datengrundlage, Operationalisierungen und die statistische Vorgehensweise für den Hypothesentest vorgestellt. Anschließend werden die Ergebnisse des Beitrags präsentiert und einer Diskussion unterzogen.

Methodik

Die Analysen basieren auf Daten des International Social Survey Programme (ISSP): Health and Health Care 2011. Das ISSP wurde 1984 gegründet und umfasst derzeit 42 Mitgliedsstaaten weltweit [23]. Die Erhebungen finden jährlich statt und haben wechselnde Schwerpunktthemen. Die Welle 2011 hat den Schwerpunkt Gesundheit und Gesundheitsversorgung. Zwischen Februar 2011 und April 2013 wurden insgesamt 55.081 Personen aus 32 Ländern befragt. Zusätzlich wurden die Daten mit der monatlichen Sonnenscheindauer und den zugehörigen Breitengraden des Wohnortes und Befragungszeitpunktes durch Daten vom Deutschen Wetterdienst ergänzt [13]. Es handelt sich hierbei um validierte Klimadaten, die einer routinemäßigen Qualitätskontrolle unterliegen [12]. Durch das kleinräumige Zusammenführen der Datenquellen können Sonnenexposition und Wohlbefinden im internationalen Vergleich simultan analysiert werden.

Ziel der Datenerweiterung war es mindestens die drei größten Regionen (gemessen an der Anzahl der Befragten in der Region) eines Landes zu berücksichtigen. Alternativ sollten mindestens zehn Datenpunkte (Anzahl der Sonnenstunden) pro Land vorliegen. Fünf der 32 Länder wurden aus den Analysen ausgeschlossen. In China wurde eine fünfstufige Antwortskala benutzt, deren Antwortkategorien zudem anders beschriftet waren als die siebenstufige Antwortskala der restlichen Länder. Für Bulgarien liegen keine Informationen zu den Monaten der Datenerhebung vor. Für Norwegen und Taiwan gibt es keine validierten Klimadaten für den Befragungszeitraum. Schließlich musste Belgien ausgeschlossen werden, weil hier nur für eine kleine Region Klimadaten vorliegen, in der nur 27 Personen befragt wurden. In den vorliegenden Analysen verbleiben also 27 von 32 Ländern. Es wurde geprüft, ob sich diese Teilstichprobe von der Gesamtsichtprobe unterscheidet. Bezüglich des Glücksempfindens, der Arbeitszeiten, des Rauch- und Sportverhaltens, des Alters und des Geschlechts unterscheiden sich diese 27 Länder nicht von der Gesamtstichprobe. Da die Sonnenexposition den Befragungsdaten hinzugespielt wird, können an dieser Stelle keine Selektivitätsprobleme auftreten.

Nachstehend werden die Operationalisierungen sowie die statistische Vorgehensweise erläutert und die Kontrollvariablen begründet. Die abhängige Variable der Analyse ist das subjektive Glücksempfinden. Diese wird als Proxyvariable für das Wohlbefinden verwendet und mit Hilfe einer siebenstufigen Skala von „vollkommen unglücklich“ bis „vollkommen glücklich“ operationalisiert. Aufgrund der Beschaffenheit und der Antwortverteilung der Variablen kann sie als quasi-metrisch angenommen werden. Zur leichteren Interpretation wird die siebenstufige Skala in Prozentangaben (0–100) umkodiert. „Vollkommen unglücklich“ nimmt dabei den Wert 0 an, die mittlere Ausprägung „weder/noch“ 50 % und „vollkommen glücklich“ nimmt den Prozentwert 100 an. Für eine leichtere Interpretation wurde zudem die monatliche Sonnenscheindauer durch 100 geteilt. Die Interpretation basiert demnach auf Veränderungen in 100 Sonnenstundeneinheiten pro Monat. Eine ausreichende Vitamin-D-Zufuhr findet nur im Intervall von 35° N und 35° S statt [3]. Diese wurden dementsprechend dichotomisiert (Referenz 0 = Länder innerhalb des 35° N und 35° S Breitengrads).

Relevante Kontrollvariablen bzw. Störfaktoren auf Länderebene sind die gesamtstaatlichen Gesundheitsausgaben (zur Kontrolle der Länderunterschiede), die Melanin-Konzentration der Haut (Hautton), welche die UVB-Strahlung je nach Stärke der Melaninkonzentration blockt [42] und sich somit auf das Glücksempfinden auswirken kann. Die Jahreszeit der Erhebung wird zur Kontrolle möglicher Saisoneffekte genutzt. Die gesamtstaatlichen Gesundheitsausgaben (in % des Bruttoinlandsprodukts) wurden über die Datenbank der World Bank recherchiert [48] und pro Land an die Befragungsdaten angefügt. Die Melaninkonzentration der Haut wird nach dem Verfahren von Chaplin [9] angereichert, welcher den Farbton der Haut von 1 „ganz hell“ bis 7 „ganz dunkel“ angibt. Zudem wurden die Jahreszeiten (Frühling, Sommer, Herbst und Winter) durch den Erhebungsmonat entsprechend der südlichen und nördlichen Hemisphäre angepasst. Außerdem gibt es eine Kategorie, die keine Jahreszeiten für Länder anzeigt, da sie so nah am Äquator liegen, dass keine saisonalen Veränderungen vorkommen (nominal, Referenz = keine Jahreszeit).

Auf der Individualebene werden folgende Kontrollvariablen einbezogen: das Vertrauen in das Gesundheitssystem wird hier berücksichtigt, da es mit verbesserten Gesundheitschancen einhergeht [38]. Rauchen verringert nachweislich die Bildung von Vitamin D [29, 47] und sportliche Aktivität fördert das Glücksempfinden [31, 33]. Weitere Kontrollvariablen sind Bildung [40], Alter [37], Geschlecht [5, 25] und die Anzahl der Arbeitsstunden, unter der Annahme, dass berufliche Tätigkeiten überwiegend nicht im Freien verrichtet werden. Dazu wurden Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung [22] herangezogen und alle Berufe klassifiziert, in Berufe die überwiegend draußen durchgeführt werden (z. B. Gärnter*innen und Steifenpolizist*innen) und Berufe die überwiegend drin durchgeführt werden (z. B. Bürofachkräfte, Ärzt*innen und Jurist*innen). Das Verhältnis zeigte, dass ca. 5 % ihren Beruf überwiegend im Freien ausführen.

Das Vertrauen in das Gesundheitssystem wird dichotomisiert in die Kategorien hohes (vollständig und sehr viel) und niedriges (etwas und wenig) Vertrauen (Referenz 0 = kein Vertrauen). Das Rauchverhalten wird in vier Kategorien rekodiert, wobei zwischen Personen, die nie geraucht haben, ehemaligen Rauchenden, Rauchende mit ≤ 10 Zigaretten pro Tag und Rauchende mit > 10 Zigaretten pro Tag unterschieden wird (ordinal, Referenz 0 = nie). Das Sportverhalten wird in die Kategorien nie, selten (einmal oder mehrmals im Monat) und häufig (mehrmals pro Woche und täglich) unterteilt (ordinal, Referenz 0 = nie). Die Anzahl der Arbeitsstunden wurde offen abgefragt und als metrische Variable in die Analyse aufgenommen. Die Variable beinhaltet auch Personen, die nicht arbeiten (Angabe 0 h), was dazu führt, dass eine recht große Standardabweichung auftritt. Die Arbeitsmarktbeteiligung wurde zuvor auch mit zwei Variablen geprüft: Einer dichotomen Variablen, die erfragt ob jemand erwerbstätig ist oder nicht, und wenn ja, in einer zweiten Variablen die Anzahl der Arbeitsstunden enthalten sind. Die ausführlichere Operationalisierung zeigt keine veränderten Resultate auf, weshalb auf die simplere Operationalisierung zurückgegriffen wird. Die Interpretation erfolgt auf einer Skala von 10 Arbeitsstunden pro Monat. Zur Messung der Bildung wird die aggregierte Form der International Standard Classification of Education (ISCED) verwendet und das Bildungsniveau in die Bildungsgruppen niedrig, mittel und hoch zusammenfasst (ordinal, Referenz 0 = niedrig; [17]). Das Alter (metrisch) wurde offen abgefragt und in der Analyse auf Personen zwischen 18 und 82 Jahren beschränkt, um eine einheitliche Ober- und Untergrenze zu definieren und mögliche Survivor-Effekte zu reduzieren [37]. Die Interpretation des Koeffizienten des Lebensalters erfolgt ebenfalls in 10-Jahres-Schritten.

Obwohl manchmal empfohlen wird, alle unabhängigen Variablen in Mehrebenenmodellen am Gesamtmittelwert zu zentrieren [19], werden nur die metrischen Variablen Alter und Sonnenscheindauer am Gesamtmittelwert zentriert, um aussagekräftige Referenzkategorien zu erhalten (\(\bar{\text{x}}_{\text{Alter}}\) = 46,756; \(\bar{\text{x}}_{\text{Alter}}\)Sonne = 180,116). Zudem gibt es gegenläufige Argumentationen die davon abraten Dummy-Variablen am Gesamtmittelwert zu zentrieren [36]. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Interpretation der Breitengradlinie genau für den Wert 1 (außerhalb des Intervalls bei ausreichender UVB-Exposition) erfolgt und nicht über den gesamten statistischen Mittelwert (was bei einer Zentrierung der Fall wäre). Unser inhaltliches Interesse an den Prädiktoren der zweiten Ebene, der Sonnenscheindauer und der Breitengradlinie spricht gegen eine Zentrierung am Gruppenmittelwert [15, 41].

Die Anzahl der Variablen auf der Makroebene spielt in Mehrebenenmodellen zudem eine besondere Rolle. Insgesamt konnten 27 Länder in die Analyse einbezogen werden, wobei für jedes Land mehrere Regionen und Monate berücksichtigt wurden und entsprechend 243 Merkmale für die Sonnenscheindauer zur Verfügung stehen. Tab. 1 zeigt, wie viele Datenpunkte für die Sonnenscheindauer pro Land erhoben wurden und aus wie vielen verschiedenen Regionen diese stammen. Sie zeigt außerdem den durchschnittlichen Hautton in den Ländern (gemessen an den Regionen des Landes) und die durchschnittlichen staatlichen Gesundheitsausgaben (gemessen an den Erhebungsjahren). Bei der genaueren Betrachtung des Hauttons erscheint es zunächst merkwürdig, dass Australien eine dunklere durchschnittliche Hautfarbe hat als Südafrika. Dies klärt sich jedoch auf, da drei von fünf Regionen in Australien näher am Äquator liegen als die datenliefernden Regionen in Südafrika.

Tab. 1 Datenpunkte pro Land und Ländermerkmale

Strenggenommen liegen drei Analyseebenen vor (Länder, Regionen innerhalb der Länder und Personen). Die regionale Ebene wurde außer Acht gelassen, weil einerseits die Regionen nicht genügend eigene Merkmale aufweisen, um aussagekräftige eigenständige inhaltliche Schätzungen vorzunehmen, und andererseits die Varianz der Sonnenscheindauer zwischen den Regionen innerhalb der Länder sehr gering ist. Die Einbeziehung einer zusätzlichen dritten regionalen Ebene würde daher nur die Komplexität erhöhen und die Interpretation erschweren. Die Erhebungszeit wurde in Jahreszeiten umkodiert und dementsprechend als Kontrollvariable auf individueller Ebene einbezogen.

Ein häufiges Problem bei Mehrebenenmodellen ist Multikollinearität zwischen den Kontextvariablen [41]. Im vorliegenden Modell tritt laut Variationsinflationsfaktor keine Multikollinearität auf, wenn die Variablen des Hauttons, der durchschnittlichen Gesundheitsausgaben und die Jahreszeit entfernt werden. Multikollinearität ist erst ein Problem, wenn auch die Standardfehler verzerrt werden. Daher wurde dies schrittweise geprüft und festgestellt, dass es keine Auswirkung auf die Standardfehler gibt. Der Hautton muss hierbei als metrische Variable aufgenommen werden.

Ergebnisse

Sonnenstunden sowie Breitengrade und ihre Effekte auf das Wohlbefinden werden unter Berücksichtigung der Länderebene analysiert. Die Nettostichprobe besteht aus 27 Ländern mit insgesamt 17.691 befragten Personen. Die Region mit der geringsten Fallzahl weist 156 Befragte und die größte 2188 Personen auf, die durchschnittliche Fallzahl pro Region beträgt 655 Personen. Die Integration von Ländervariablen in die Analyse ist wichtig, da es wahrscheinlich ist, dass die Länderzugehörigkeit (Gesundheitssystem, Politik etc.) einen Einfluss auf das Wohlbefinden der einzelnen Personen hat. Etwa 5 % der Varianz im Glücksempfinden wird nur durch die Verschiedenheit der Länder erklärt (Interklassenkorrelation – ICCNullmodell 0,051; Konfidenzintervall – KI95% = [0,030; 0,087]). Abb. 1 veranschaulicht die Varianz des Glücksempfindens zwischen den Ländern.

Abb. 1
figure 1

Varianz der einzelnen Länder bezüglich des Wohlbefindens. (Quelle: ISSP 2011 [24], eigene Berechnung)

Ein hohes durchschnittliches Glücksempfinden der Menschen findet sich in der Schweiz, niedrige Werte weisen Italien, Litauen und Russland auf (Abb. 1). Die deskriptive Verteilung der metrischen Variablen ist in Tab. 2 und der kategorialen Variablen in Tab. 3 dargestellt. Standardabweichungen und relative Häufigkeiten zeigen eine hinreichende Varianz zur Durchführung multivariater Berechnungen auf.

Tab. 2 Deskriptive Übersicht zu den metrischen Variablen

Auf der Individualebene zeigen 39 % der befragten hohes Vertrauen in ihr eigenes Gesundheitssystem. Der größte Anteil der Befragten hat noch nie geraucht (54 %), während 22 % ehemalige Rauchende sind. Zirka 13 % rauchen ≤ 10 Zigaretten pro Tag und ca. 11 % rauchen > 10 Zigaretten am Tag. 39 % der befragten Personen betreiben häufig, 34 % selten und 27 % nie Sport. 33 % haben einen niedrigen, 40 % einen mittleren und 27 % einen hohen Bildungsabschluss. 55 % der untersuchten Personen sind weiblich und 45 % männlich. 32 % der Personen leben innerhalb des 35° S und 35° N Breitengrades und 68 % außerhalb dieses Intervalls. Circa 7 % der Befragten sind keinen saisonbedingten Klimaveränderungen (Jahreszeiten) ausgesetzt, bei 27 % war zum Zeitpunkt der Umfrage Frühling, bei 19 % Sommer, bei 21 % Herbst und bei 26 % war Winter.

Tab. 3 Deskriptive Übersicht zu den kategorialen Variablen

Im Vorfeld der multivariaten Analyse wurden die Modellvoraussetzungen geprüft. Multikollinearität und etwaige Abweichungen von der Linearitätsannahme verursachen keine Probleme. Bis auf die Homoskedastizität sind alle Voraussetzungen der multiplen linearen Regression erfüllt. Aufgrund der Heteroskedastizität wird die Analyse mit robusten Standardfehlern durchgeführt. Es liegt ein theoretisch fundiertes und entsprechend umfangreiches Modell vor, um schlussendlich eine annähernd korrekte Modellspezifizierung zu erhalten.

In Tab. 4 sind die Ergebnisse der multivariaten linearen Regression dargestellt. Im Rahmen der Mehrebenenanalyse werden variierende Achsenabschnitts- und Anstiegskoeffizienten verwendet. Alle folgenden Interpretationen der Regressionskoeffizienten finden im Durchschnitt sowie unter Berücksichtigung des Ceteris-paribus-Prinzips statt.

Tab. 4 Multiple lineare Regression („varying-intercept, varying-slope model“)

Sonnenstunden weisen einen auf dem 5 %-Niveau statistisch signifikanten Effekt auf das Glücksempfinden auf: Scheint die Sonne 100 h mehr im Monat, dann schätzt sich eine Person um rund 1,4 Prozentpunkte glücklicher ein. Die erste Hypothese wird somit vorläufig unterstützt. Die Lage der Region (Breitengrade) hat entgegengesetzt der Annahme keinen statistisch signifikanten Einfluss auf das Glücksempfinden. Die zweite Hypothese wird entsprechend zurückgewiesen (Tab. 4). Die Interaktionen zwischen den Sonnenstunden sowie den Breitengraden und dem Alter (Moderation) sind beide statistisch signifikant, wobei der Haupteffekt des Lebensalters nicht statistisch signifikant ist. Um diese Effekte besser interpretieren zu können, sind Grafiken der marginalen Effekte hilfreich, siehe Abb. 2.

Abb. 2
figure 2

Visualisierung der Interaktionseffekte des Alters mit a Sonnenstunden und b Breitengraden. (Quelle: ISSP 2011 [24], Deutscher Wetterdienst [13], eigene Berechnung)

Die Interaktion zwischen den Sonnenstunden und dem Alter verhält sich wie erwartet. Während für junge Personen die Anzahl der Sonnenstunden kaum einen Einfluss auf ihr (hohes) Glücksempfinden hat, liegen große Unterschiede bei den hochaltrigen Befragten vor. Die Variation im Glücksempfinden steigt dabei kontinuierlich mit zunehmendem Lebensalter an (Interaktionskoeffizient: 2,18 %). Noch eindeutiger zeigt sich die Stärke der Interaktion, wenn die Breitengrade betrachtet werden: Die Variation im Glücksempfinden, der Personen die nahe am Äquator wohnen ist gering im Vergleich zu den Personen, die außerhalb des 35° Nord und Süd wohnen (Interaktionskoeffizient: −7,35 %). Demnach werden beide Interaktionshypothesen H3a und H3b, trotz der teilweise nicht statistisch signifikanten Haupteffekte, vorläufig unterstützt.

Neben den Hypothesentests ist zu berichten, dass Personen, die den saisonbedingten Klimaveränderungen ausgesetzt sind, sich statistisch signifikant weniger glücklich einstufen, als Personen, die keinen Jahreszeiten ausgesetzt sind. Die Gesundheitsausgaben des Landes weisen einen minimalen positiven, aber nicht statistisch signifikanten Effekt auf das Wohlbefinden auf. Je dunkler der Hautton, desto weniger glücklich sind die Menschen. Dieser Effekt ist zwar auf dem 5 %-Niveau statistisch signifikant, fällt aber sehr klein aus.

Abgesehen von Alter und Geschlecht, deren Effekte nicht statistisch signifikant sind, weisen alle weiteren Kontrollvariablen statistisch signifikante Zusammenhänge auf. Vertrauen in das jeweilige Gesundheitssystem, Nicht-Rauchen, hohe Bildung, intensivere Arbeitsmarktbeteiligung und intensivere sportliche Aktivität gehen mit höherer Glückseinstufung einher.

Diskussion

In dieser Arbeit wurde der Einfluss der Sonnenexposition auf das selbst eingeschätzte Glücksempfinden untersucht. Da die Analyse die Variation regionaler Sonnenexposition erfordert, wurde ein international vergleichender Ansatz gewählt. Ausgewertet wurden die Daten des ISSP 2011, die um Informationen zur regionalen Sonnenscheindauer des Deutschen Wetterdienstes (desselben Jahres) ergänzt wurden. Neben der kleinstmöglichen Erfassung der Sonnenexposition wurde die Intensität der Sonneneinstrahlung über die Breitengrade operationalisiert. Forschungsleitend ist hierbei der Mechanismus, dass Sonneneinstrahlung behilflich ist, die Vitamin-D-Produktion zu fördern und somit zum Wohlbefinden der Menschen beizutragen.

Sonnenschein wirkt sich, unter Kontrolle weiterer Einflussbereiche, durchaus statistisch signifikant positiv auf das Glücksempfinden der Menschen aus. Allerdings ist dieser Effekt relativ klein: Eine Erhöhung der regionalen Sonnenexposition um 100 h pro Monat bewirkt eine Steigerung des individuellen Glücksempfindens um 1,37 Prozentpunkte. In Deutschland würde das in etwa ein Umzug von Nordrhein-Westfalen nach Bayern bedeuten. Da der Abstand von Minimum und Maximum der regionalen Sonnenstunden bei 405 Sonnenstunden liegt, fällt auch eine maximal mögliche Beeinflussung des Glücksempfindens mit 5,54 Prozentpunkten relativ klein aus.

Die Breitengrade, über die der Einstrahlwinkel der Sonne operationalisiert wurde, haben dagegen keinen Einfluss auf das Glücksempfinden. Dieses Ergebnis ist unerwartet, da in ähnlichen Analysen zu Gesundheit und Sonnenexposition sich die Breitengrade und nicht die Sonnenscheindauer als statistisch signifikant erwiesen haben [26].

Man kann an dieser Stelle vermuten, dass es in der Messqualität zur selbsteingeschätzten Gesundheit und dem subjektiven Glücksempfinden im internationalen Vergleich Unterschiede gibt. Hierzu müssten Unterschiede im Antwortverhalten innerhalb und zwischen Ländern untersucht werden. Zudem könnten verzerrende Einflüsse auf den Befragungsmodus zurückgeführt werden. Es ist bekannt, dass Effekte sozial erwünschten Antwortverhaltens in Gesundheitsstudien geringer ausfallen, wenn Erhebungsinstrumente ohne Interviewer ausgefüllt werden, d. h. in Onlinebefragungen fällt unter sonst gleichen Bedingungen die subjektive Gesundheit etwas geringer aus als im Telefoninterview [32]. Das Antwortverhalten zur selbst eingeschätzten Glücklichkeit im Zusammenhang mit Modeeffekten und die Frage nach der entsprechenden Messäquivalenz im internationalen Vergleich könnten zukünftige Forschungen aufgreifen.

Weitere interessante Ergebnisse der vorliegenden Studie liefern die Interaktion jeweils zwischen dem Alter und den Sonnenstunden sowie dem Alter und den Breitengraden. Je älter die Befragten, desto stärker wirken sich die Sonnenstunden auf das Glücksempfinden aus. Ähnlich verhält es sich bei den Breitengraden. Je älter die Personen, desto stärker wirkt sich der ungünstige Winkel der Sonneneinstrahlung entsprechend ungünstig auf das Glücksempfinden aus, indem dieses deutlich stärker abnimmt als bei Personen die innerhalb des 35. südlichen und 35. nördlichen Breitengrades leben. Dieser Effekt zeigt sich unter Kontrolle der Jahreszeiten. Mehr Sonnenstunden könnten einen Anreiz bieten sich öfter im Freien aufzuhalten und davon könnten besonders die gesunden Alten profitieren, wenn sie eher an die frische Luft gehen können und sich dann auch glücklicher fühlen. Ältere Menschen haben zudem tendenziell mehr Zeit Sonnenstunden zu genießen, daher fällt ihnen schlechteres Wetter vermutlicher wahrscheinlicher auf. Zusätzlich benötigen sie auch ein erhöhtes Maß an Vitamin D, um ihre Knochen gesund zu halten [6].

Limitationen der Studie liegen überwiegend im Querschnittsdesign der Analyse, denn Endogenitätsprobleme lassen sich hier nicht zufriedenstellend lösen. Das zeigt sich insbesondere bei den Zusammenhängen von Glücksempfinden und Arbeitsmarktbeteiligung sowie bei der sportlichen Aktivität. Ob glückliche Menschen eher länger arbeiten, oder ob längeres Arbeiten Glückshormone freisetzt, kann im Querschnitt kaum zufriedenstellend geklärt werden. Gleiches gilt für den Mechanismus zur Sportausübung.

Aus der Literatur ist jedoch der Kausationseffekt körperlicher Betätigung zur Gesundheitsförderung gut belegt. Menschen, die körperlich aktiv sind, haben weniger gesundheitliche Probleme und schätzen sich gesünder ein als Menschen, die sich wenig oder nicht körperlich betätigen [33]. Lediglich übertriebene Sportausübung kann sich negativ auf die Gesundheitschancen auswirken [50].

Probleme durch unbeobachtete Heterogenität lassen sich auch für unsere Studie nicht ausschließen. Besonders virulent ist dies im Zusammenhang mit der Berücksichtigung des Hauttons zu diskutieren. Die Variation in der Helligkeit der Haut liegt für unsere Berechnungen nur auf der Makroebene vor und nicht auf der Individualebene. Das heißt es kann nur eine durchschnittliche nationale Verringerung der Vitamin-D-Produktion aufgrund durchschnittlicher Hauttöne berücksichtigen werden, aber keine Ungleichheitseffekte. Wenige dunkelhäutige Personen in Gesellschaften mit überwiegend hellhäutiger Population können Stigmatisierungsprozessen ausgesetzt sein, die evtl. das Glücksempfinden viel stärker beeinflussen als die Sonnenexposition. Diese Mechanismen können mit dem vorliegenden Datenmaterial leider nicht untersucht werden.

Weitere Einschränkungen in der Ergebnisqualität liegen aufgrund der Tatsache vor, dass keine (genauen) Informationen darüber vorliegen, wie viel Zeit die Befragten während des Erhebungszeitraums im Freien verbracht haben. Zudem ist hier ein Kumulationseffekt zu vermuten. Personen die sich über viele Jahre vermehrt im Freien aufhalten werden zu einem bestimmten Befragungszeitpunkt ihre Glücklichkeit vermutlich anders einschätzen als dauerhafte „Stubenhocker“. Das bedeutet, dass nicht eindeutig geklärt werden kann, wie lange und wie dauerhaft Personen tatsächlich der Sonnenstrahlung ausgesetzt waren oder sind. Die Kontrolle auf die wöchentliche Arbeitszeit ist hierfür nur ein vages Maß unter der Annahme, dass der Großteil der Berufe nicht im Freien ausgeübt wird und somit mit längeren Arbeitszeiten geringere individuelle Sonnenexposition einhergehen sollte.

Zudem können weitere Faktoren, die die Sonnenexposition beeinflussen, wie das Tragen von UV-blockierender Kleidung oder die Verwendung von Sonnenschutzmitteln in den Analysen nicht berücksichtigt werden. Auch liegen keine Informationen über den Konsum von Vitaminpräparaten (Vitamin-D-Supplementierung) vor, wodurch der Nachweis eines möglichen Vitamin-D-Mangels erschwert wird.

Weitere Forschung könnte versuchen, die Effekte von direkter und indirekter Sonneneinstrahlung zu separieren, sowie weitere UV-blockierende Faktoren zu kontrollieren. Zudem wäre es interessant Mobilitätsbewegungen zu untersuchen (wer zieht näher an den Äquator?) und Latenzzeiten der Sonnenexposition in den Fokus zu nehmen.

Fazit für die Praxis

  • Sonnenexposition fördert unter sonst gleichen Bedingungen das Glücksempfinden der Menschen.

  • Unterscheidung zwischen dem Einfluss von direktem und indirektem Sonnenlicht könnte diese Forschung vorantreiben.

  • Mit zunehmendem Alter profitieren die Menschen überproportional von Sonnenexposition.

  • Je älter die Menschen werden, desto mehr Zeit sollten sie an der frischen Luft verbringen.