Das Studium, die schönste Zeit im Leben? Oft ist das so, doch ist das Studieren auch durch viele Stressoren gekennzeichnet: Lern- und Zeitdruck, Prüfungsängste, finanzielle Einschränkungen oder die Notwendigkeit, sich durch einen Nebenjob sein Studium zu finanzieren. Die vergangene Forschung zeigt, dass Studierende eine hohe Stressbelastung berichten. Gleichzeitig ist Stress negativ konnotiert und wird häufig als schädigend und als Risikofaktor dargestellt. Durch eine veränderte Sicht auf Stress, d. h. ein verändertes Mindset könnten nachteilige Effekte abgewendet werden.

Stress bei Studierenden mit und ohne Nebenjob

Stress

Stress ist ein vielfältig verwendeter Begriff, der im allgemeinen Verständnis mit einem Zustand der Angespanntheit und einer hohen Beanspruchung verbunden wird [19]. In der Forschung wird dieses Verständnis differenziert, indem zum einen die Stressreaktionen, zum anderen die Auslöser und Voraussetzungen für die Stressentstehung betrachtet werden [3, 19].

Die Erforschung von Stressreaktionen hat eine lange Tradition [3, 27] und gewann in der jüngsten Zeit durch die vermehrte Nutzung bildgebender Verfahren und interdisziplinärer Forschung zunehmend an Bedeutung. Es geht um die Fragen, welche Reaktionen durch andauernden Stress im Körper ausgelöst werden und welche Risiken für Erkrankungen damit einhergehen [24]. Dem gegenüber stehen Forschungsansätze, die konkrete Stressauslöser (z. B. Traumatisierungen, Katastrophen) und deren Auswirkungen auf den Menschen untersuchen. Für die Beeinflussung von Stresserleben stellt eine weitere Perspektive eine bedeutsame Grundlage dar: Das transaktionale Stressmodell [19] beschreibt, wie in Abhängigkeit von individuellen Bewertungen potenzieller Stressfaktoren (Ereigniseinschätzung) und der subjektiven Verfügbarkeit eigener Ressourcen (Ressourceneinschätzung) Stress entsteht. So können bei denselben äußeren Anforderungen in Abhängigkeit davon, was der einzelne diesen entgegenzusetzen vermag, unterschiedlich starke Stressbelastungen entstehen. Also können zwei Studierende, die sich auf dieselbe Prüfung vorbereiten, unterschiedlich viel Stress erleben, wenn der Eine meint, in einer unterstützenden Lerngruppe zu lernen und über einen guten Lernplan zu verfügen, während der Andere diese Ressourcen für sich nicht sieht.

Stress von Studierenden

Studierende sind mit einer Vielzahl von Stressoren konfrontiert [13] und erleben häufig ein hohes Ausmaß an Stress [2, 23]. Sie müssen zum einen mit studiumsbezogenen Anforderungen wie Prüfungsdichte, Stoffmenge und Zeitdruck [17] umgehen, zum anderen werden sie aber auch durch studiumsunabhängige Aufgaben wie Wohnortswechsel oder familiäre Verpflichtungen [13]. Diese haben dann nicht nur Auswirkungen auf das Wohlbefinden, sondern auch auf die Leistungen der Studierenden [25]. Da eine Vielzahl von Studierenden auf einen Job neben dem Studium angewiesen ist, um finanziell unabhängig zu sein [16], soll in der vorliegenden Studie diese Tätigkeit als zusätzlich Stressquelle [10] berücksichtigt werden.

Entsprechend der transaktionalen Sichtweise auf Stress hängt das Ausmaß des erlebten Stresses von individuellen Ressourcen ab. Dies können z. B. soziale Unterstützungsquellen der Studierenden sein [23] oder ihre eigene Denk- und Sichtweise [17]. So geht eine höhere Selbstwirksamkeit, d. h. die Überzeugung, schwierige Situationen aufgrund der eigenen Kompetenzen bewältigen zu können, mit weniger Stresserleben einher [2].

Stress-Mindsets

Die Idee der Bewertung von Stress entsprechend des transaktionalen Verständnisses wird von der Stress-Mindset-Theorie [9] aufgegriffen. Mindsets sind Überzeugungen oder implizite Theorien, die sich auf die Beurteilung von Situationen und das eigene Verhalten auswirken. So konnte auch bei Studierenden gezeigt werden, dass Überzeugungen hinsichtlich der eigenen Intelligenz und Persönlichkeit als angeboren und damit unveränderlich („fixed“) mit mehr Stress und schlechteren Leistungen einhergehen als solche, dass die eigene Intelligenz und Persönlichkeit durch Lernen („growth“) verändert werden kann [30]. Je nach Mindset unterscheiden sich Menschen darin, wie sie mit neuen Situationen und Herausforderungen umgehen. Mit der Stress-Mindset-Theorie wurde diese Idee auf das Verständnis von Stress als einerseits förderlich („enhancing“) oder andererseits schädlich („debilitating“) übertragen [8]. Das vorherrschende Stress-Mindset bestimmt, ob und welche physiologische und verhaltensbezogene Stressreaktionen auftreten [9]. Gleichzeitig schwächt die Überzeugung, dass Stress förderlich sein kann, die nachteiligen Auswirkungen von Stress auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit ab [6]. Dieser Puffer konnte auch für Studierende gezeigt werden [14].

Ziel der Studie

Da viele Studierende zur Finanzierung ihres Studiums und ihres Unterhalts neben dem Studium einen Job nachgehen, stellt sich die Frage, ob diese von den Studierenden als Stressor wahrgenommen werden [13]. In Hypothese 1 wird daher postuliert:

H1.

Eine Nebenjobtätigkeit geht mit einem erhöhten Stresserleben einher.

Über dieses Wissen um das Stresserleben von Studierenden hinaus soll die Rolle der Stress-Mindsets beleuchtet werden. Es gilt aufbauend auf dem bisherigen Wissen [9] herauszufinden, ob förderliche Stress-Mindsets auch mit weniger erlebten Stress der Studierenden einhergeht. Entsprechend wird in Hypothese 2 postuliert:

H2.

Ein förderliches Stress-Mindset geht mit weniger Stress einher.

Aus der Idee der verschiedenen Stress-Mindsets [9] leitet sich die ergänzende Frage, inwieweit Stress-Mindsets den Zusammenhang von Nebenjobtätigkeiten und Stresserleben der Studierenden weiter qualifizieren. In Hypothese 3 wird daher davon ausgegangen:

H3.

Stress-Mindsets moderieren den Zusammenhang zwischen einer Nebenjobtätigkeit und dem Stresserleben derart, dass eine Nebenjobtätigkeit bei einer gleichzeitigen förderlichen Sicht auf Stress mit weniger Stresserleben assoziiert ist.

In Abb. 1 werden die Hypothesen modellhaft dargestellt.

Abb. 1
figure 1

Modell des Zusammenspiels von Stress-Mindsets, Stresserleben und Nebenjob

Methodik

Design und Stichprobe

Diese Querschnittsstudie wurde an der University of Europe for Applied Sciences in Übereinstimmung mit den ethischen Grundsätzen der Deklaration von Helsinki durchgeführt. Nach aufgeklärter Einwilligung füllten 264 Studierende in Psychologie‑, Wirtschafts- und künstlerischen Studiengängen einen Onlinefragebogen aus. In der vorliegenden Studie werden Daten von N = 195 Studierenden mit vollständigem Datensatz ausgewertet, sie unterschieden sich in keiner der Studienvariablen von denjenigen mit fehlenden Daten (p > 0,05). Die Mehrheit der Studierenden (79,0 %) war zwischen 20 und 25 Jahre alt, nur 8,7 % waren jünger als 19 Jahre und 12,3 % waren älter als 26 Jahre. Zwei Drittel (67,2 %) waren weiblich, ein Drittel (32,8 %) männlich, das Geschlecht divers war nicht vertreten. Im Durchschnitt studierten die Studierenden in ihrem M = 3,9 Semester (SD = 1,8, eine Angabe fehlte).

Erhebungsinstrument

Stress.

Wahrgenommene Stressbelastungen der Studierenden wurden mit der deutschen Version [17] der Perceived Stress Scale (PSS-10; [4]) erfasst (z. B. „Wie oft hattest du dich nervös und ‚gestresst‘ gefühlt?“). Die Antworten konnten auf einer 5‑Punkt-Likert-Skala abgestuft werden (0 = nie; 4 = sehr oft). Die 10 Items wurden anschließend zu einem Summenwert zusammengefasst (Cronbach’s α = 0,86), so dass höhere Werte für ein höheres Ausmaß an wahrgenommenem Stress mit einem möglichen Bereich zwischen 0 und 40 stehen.

Stress-Mindsets.

Die Stress-Mindsets der Studierenden wurden mit dem General Stress Mindset Measure (SMM‑G; [9]) in einer eigenen deutschen Version der Skala erfasst. Diese wurde gemäß gängiger Empfehlungen [28] für Instrumentenübersetzungen entwickelt. Die Skala besteht aus 8 Items, von denen jeweils 4 Items das Stress-Mindset „Stress ist förderlich“ (z. B. „Stress fördert bei mir das Lernen und meine Entwicklung.“) und das Stress-Mindset „Stress ist schädlich“ (z. B. „Gestresst zu sein schwächt meine Leistung und Produktivität.“) erfassen. Die Antworten wurden ebenfalls auf einer 5‑Punkt-Likert-Skala angegeben (0 = stimme gar nicht zu; 4 = stimme sehr zu). Nach Umpolung der „Stress ist schädlich“-Items wurde ein Mittelwert gebildet (Cronbach’s α = 0,86), so dass höhere Werte eine Denkweise repräsentieren, die Stress als förderlich wahrnimmt.

Nebenjob.

Darüber hinaus wurden die Studierenden gefragt, ob sie einem Nebenjob nachgehen (ja = 1/nein = 0) und wie viele Stunden in der Woche.

Datenauswertung

Zunächst werden die Daten deskriptiv dargestellt und Geschlechtseffekte in den zentralen Studienvariablen mittels χ2-Tests und einfaktoriellen Varianzanalysen untersucht. Anschließend werden die Hypothesen mittels Pearson-Korrelation und Moderatoranalyse basierend auf multiplen Regressionsmodellen mit Hilfe des PROCESS-Makros (Version 2.041) überprüft [11]. Wie empfohlen [4], wurden der Prädiktor (Nebenjob; als Dummy-Variable) und Moderator (Stress-Mindset) zum Schutz vor Multikollinearität bei der Bildung des Interaktionsterms beider Variablen um ihre Mittelwerte zentriert. Im Fall einer signifikanten Interaktion wird der Effekt des Prädiktors auf das Kriterium auf verschiedenen Ebenen des Moderators (M ± 1 SD) bestimmt.

Ergebnisse

Stressbelastungen von Studierenden

Die Studierenden berichteten eine mittlere Stressbelastung mit M = 17,14 (SD = 5,21) bei einem möglichen Wertebereich von 0–40, wobei die Werte der weiblichen Studierenden etwas höher lagen als die der männlichen Studierenden (s. Tab. 1).

Tab. 1 Mittelwertvergleiche im Stresserleben und den Stress-Mindsets nach Geschlecht und Nebentätigkeit

Etwa zwei Drittel der Studierenden (62,6 %) gaben an, einem Nebenjob mit einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von M = 15,5 h (SD = 9,9) nachzugehen. Weder in der Nebentätigkeit (χ2[1] = 2,52; p > 0,05), noch in der Wochenarbeitszeit (F[1,121] = 1,25; p > 0,05) unterschieden sich die Geschlechter.

Entgegen Hypothese 1 unterschieden sich Studierende mit und ohne Nebenjob nicht signifikant in ihrer Stressbelastung (s. Tab. 1) und auch die wöchentliche Arbeitszeit hing nicht mit der Stressbelastung zusammen (s. Tab. 2).

Tab. 2 Mittelwerte (M), Standardabweichungen (SD) und Interkorrelationen von Stresserleben, Stress-Mindset und wöchentlicher Arbeitszeit

Stress-Mindsets von Studierenden

Hinsichtlich der Bewertung von Stress tendieren die Studierenden zu einer negativeren Sichtweise, d. h. einem Mindset, das Stress als schädlichen Faktor für Leistung, Gesundheit und Wohlbefinden versteht (M = 1,48; SD = 0,72). Hierbei zeigen sich keine Geschlechtsunterschiede und auch die Nebentätigkeit spielt keine direkte Rolle für die Ausprägungen der Stress-Mindsets.

Die Bedeutung der Mindsets wird sichtbar, wenn sie mit der tatsächlich wahrgenommenen Stressbelastung in Verbindung gebracht werden. Im Einklang mit Hypothese 2 berichteten die Studierenden, die Stress eher als aktivierend und förderlich ansahen, insgesamt weniger Stress (s. Tab. 2). Der Geschlechtsunterschied in der Stressbelastung bleibt bestehen (F[1,166] = 7,44; p < 0,001), wenn in einer ANCOVA für Stress-Mindsets kontrolliert wird.

Wie oben beschrieben hängt zwar die Nebentätigkeit nicht direkt mit dem wahrgenommenen Stress zusammen, doch kann sich dieser Zusammenhang unter verschiedenen Bedingungen ändern. Im Folgenden wurde daher untersucht, welche Rolle Stress-Mindsets hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einer Nebentätigkeit und Stresserleben spielen. Zur Überprüfung der Hypothese 3 wurde in einem Moderationsmodell das Stresserleben der Studierenden durch ihre Nebenjobtätigkeit, ihre Stress-Mindsets sowie deren Interaktion vorhergesagt und für das Geschlecht der Studierenden kontrolliert. Neben den bekannten Haupteffekten weist die signifikante Interaktion von Nebenjob und Stress-Mindsets (β = 0,19; p < 0,01) auf unterschiedliche aus einer Nebentätigkeit resultierende Stressbelastungen der Studierenden in Abhängigkeit von ihrem Stress-Mindset hin (s. Tab. 3, direkte Effekte). Die Interaktion von Nebentätigkeit und Stress-Mindsets wird anschließend weiter ausdifferenziert: Entgegen Hypothese 3 veranschaulichen die konditionalen Effekte der Nebentätigkeit auf das Stresserleben für unterschiedliche Ausprägungen der Stress-Mindsets, dass für Studierende mit „Stress ist förderlich“-Mindset sich der Zusammenhang von Nebenjob und ohnehin niedriger Stressbelastung nicht ändert (β = 0,13; p = 0,18). Dagegen weisen Studierende ohne Nebenjob, die „Stress als schädlich“ betrachten, ein besonders hohes Stresserleben auf (β = −0,26; p < 0,01; s. Tab. 3, konditionale Effekte). Die Ergebnisse sind in Abb. 2 modellhaft dargestellt.

Tab. 3 Moderatoranalyse des Zusammenhangs von Nebentätigkeit und Stresserleben (direkte Effekte) nach Ausprägung der Stress-Mindsets (konditionale Effekte)
Abb. 2
figure 2

Modell des Zusammenspiels von Stress-Mindsets, Stresserleben und Nebenjob (kontrolliert für Geschlecht; Nebenjob dichotom mit ja = 1, nein = 0; **p < 0,01, ***p < 0,001)

Eine Post-hoc-Analyse der Teilstichprobe von Studierenden mit Nebenjob zeigte, dass sich die Wochenarbeitszeit weder direkt, noch in Interaktion mit den Stress-Mindsets auf das Stresserleben auswirkt.

Diskussion

Dies ist eine der ersten Studien, die die Auswirkungen von Stress-Mindsets auf das Stresserleben von Studierenden unter Berücksichtigung ihrer Nebentätigkeit untersucht. Die Ergebnisse weisen auf die Stressbelastung von Studierenden hin, zeigen aber auch die Abhängigkeit von den vorherrschenden Mindsets. So berichten Studierende, die Stress als förderlich wahrnehmen, weniger Stress. Gleichzeitig scheint die Nebentätigkeit eine zusätzliche Ressource der Studierenden darzustellen – insbesondere im Fall von Mindsets, in denen Stressbelastungen als schädlich bewertet werden.

Das in der vorliegenden Studie gezeigte Stresserleben ist konsistent mit früheren Studien [1, 22]. Geschlechtsunterschiede in der Stressbelastung sind aus der Literatur bekannt, sind häufig aber auf den subjektiven Bericht statt auf die tatsächliche körperliche Stressantwort zurückzuführen [12]. Dies scheint auf nachteilige kognitive Bewertungen der weiblichen Studierenden zurückzuführen zu sein. Zwar zeigen sich hinsichtlich der Sichtweise auf Stress in der vorliegenden Studie keine Geschlechtsunterschiede, doch sind diese entsprechenden Sichtweisen eher negativ ausgeprägt, d. h. Stress wird als schädlich wahrgenommen. Zukünftige Forschung sollte daher überprüfen, ob Geschlechtseffekte im Stresserleben durch die Überzeugung, Stress sei ein positiver Faktor, ausgeglichen werden können.

Mit Blick auf die Stress-Mindsets weisen die Studierenden eine eher negative Sicht auf Stress auf. Dies entspricht den Ergebnissen früherer Studien [9] und dem vorherrschenden Verständnis in der Gesellschaft. Aufklärungskampagnen zur Gesundheitsförderung und Angebote zur Stressreduktion (z. B. von Krankenkassen) kommunizieren meistens Stress als Risikofaktor und implizieren damit diese Sichtweise. Unbestritten stellt Stress einen Risikofaktor dar [20], doch sollte darüber nicht vergessen werden, dass Stress auch nützliche Facetten hat. Es ist zunächst eine natürliche Reaktion unseres Körpers, um uns leistungsfähig zu machen [3]. Für Studierende in Prüfungssituationen könnte ein förderliches Stress-Mindset zur Folge haben, dass sie sich aufgrund ihrer akuten Stresssituationen für die Prüfung gewappnet und mit Energie ausgestattet fühlen, anstatt dass sie Angst haben zu versagen.

Wird die Nebentätigkeit der Studierenden als potenzielle Stressquelle betrachtet, konnte in der vorliegenden Studie entgegen Hypothese 1 kein direkter Effekt gefunden werden. Dies reiht sich ein in eine Vielzahl von inkonsistenten Befunde in Literatur [26]. Eine Nebentätigkeit kann Schlüsselkompetenzen wie Zeitmanagement und wirtschaftliches Denken fördern [29] und wertvolle Einblicke in den Berufsalltag gewähren, insbesondere bei fachnahen Jobs [16].

In Einklang mit Hypothese 2 konnte gezeigt werden, je positiver das Stress-Mindset ausgeprägt ist, d. h. als je förderlicher der Stress bewertet wird, desto weniger Stress wird berichtet. Dies resultiert im transaktionalen Verständnis daraus, dass potenzielle Stressquellen als irrelevant bewertet werden, da keine Bedrohung von ihnen ausgeht [19]. Außerdem wird der Teufelskreis unterbrochen, in dem aus Angst vor Stress noch mehr Stress entsteht.

Entgegen der Annahme in Hypothese 3 zeigte sich bei nachteiligen Stress-Mindsets weniger Stresserleben bei Studierenden mit Nebentätigkeit. Dies stützt die bereits diskutierte Annahme [13], dass Nebentätigkeiten auch mit zusätzlichen Ressourcen einhergehen können, die den Nachteil der schädlichen Stress-Mindsets auf das Stresserleben ausgleichen. Neben der Berücksichtigung der Stress-Mindsets sollten weiterführende Studien explizit danach fragen, wie die Nebentätigkeit erlebt wird, ob als zusätzliche Belastung oder als Ressource.

Limitation

Abschließend soll noch auf einige Einschränkungen und Möglichkeiten weiterführender Forschung eingegangen werden. Zur Operationalisierung der wahrgenommenen Stressbelastung der Studierenden wurde der PSS-10 [5, 18] herangezogen, welcher hauptsächlich kognitive Wertung zur Kontrolle des Stressors sowie Gefühle der Belastung erhebt. Die herausfordernde Wahrnehmung von Stressoren und körperliche Stresssymptome fehlen. Zwar handelt es sich bei den Daten um Selbstberichte, die das Risiko von Verzerrungen (z. B. Geschlechtseffekten) bergen [12], doch gilt der PSS-10 als ein weit verbreitetes und valides Messinstrument [21]. Zukünftige Forschung sollte dennoch zwischen Stressoren, deren Bewertung und den ausgelösten Reaktionen differenzieren [7] und die Effekte der Stress-Mindsets von Studierenden weiter durch objektive Stressdaten sowie weitere Kriterien wie Wohlbefinden, Leistungsfähigkeit und Studienerfolg untermauern. Wie erwähnt, sollte auch die Erfassung der Nebentätigkeit in zukünftigen Studien ausdifferenziert werden, indem zwischen fächernahen und -fernen Jobs unterschieden wird und die individuellen Nutzen und Kosten des Nebenjobs erfasst werden.

Da es sich bei der vorliegenden Studie um eine Querschittsstudie handelt, sollten die Effekte und Wechselwirkungen von Stress-Mindsets mit studiumspezifischen Stressoren (vgl. [13]) auch im Längsschnitt untersucht werden. Hier gibt es bereits interessante Interventionen, die Stress-Mindsets verändern und in entsprechende Studien eingebaut werden können [15]. Damit böten sie den Studierenden eine gute Basis für einen erfolgreichen Umgang mit Stress im Studium sowie eine bessere Vereinbarkeit von Studium und Nebenjob.

Ausblick

Die vorliegende Studie ergänzt das bisherige Wissen über die Stressbelastung von Studierenden und den Einfluss von Stress-Mindsets auf das Stressgeschehen, indem die Notwendigkeit eines Nebenjobs als relevanter studienspezifischer Faktor berücksichtigt wird. Die Erkenntnis, dass förderliche Stress-Mindsets bei Studierenden mit weniger Stress einhergehen und dass die nachteiligen Effekte schädlicher Stress-Mindsets durch mögliche Ressourcen eines Nebenjobs abgepuffert werden können, sollten für die Arbeit mit Studierenden genutzt werden und zu differenzierten Sichtweisen auf Nebenjobs anregen. Die Aufklärung über und Veränderung von Stress-Mindsets sollte im Rahmen von Schlüsselkompetenzen Thema im Studium sein sowie als Angebote zur Studierendengesundheit dienen. In dieser Arbeit mit den Studierenden sollte eine Ausdifferenzierung von individuellen Stressoren (z. B. Prüfungsangst) genutzt werden, um personalisierte Angebote zu ermöglichen. Lehrende und Studierendenberatungen sollten diese Möglichkeit zur Stressreduktion von Studierenden kennen und nutzen.

Fazit für die Praxis

  • Studierende sind mit einer Vielzahl von Anforderungen und Belastungen konfrontiert, so dass Stress zu ihrem Studienalltag dazugehört.

  • Stress-Mindsets stellen Überzeugungen dar, die Stress entweder als förderlich oder als schädlich für die eigene Leistungsfähigkeit und Gesundheit bewerten.

  • Viele Studierende sind gezwungen, zusätzlich zum Studium durch einen Nebenjob ihr Studium und ihren Unterhalt zu finanzieren. Doch nicht immer ist diese Tätigkeit nachteilig.

  • Wird Stress als förderlich wahrgenommen, berichten Studierende per se weniger Stress.