Einleitung

Arbeit und die aus ihr hervorgehenden Belastungen können zur Entwicklung einer Depression oder Angsterkrankung beitragen [37]. Zudem zeigen arbeitsbezogene Ängste einen hohen Zusammenhang zur Arbeitsunfähigkeit (AU; [20, 31]). Psychische Störungen stellten im Jahr 2018 die dritthäufigste Ursache für die AU dar, allen voran Depressionen, Anpassungsstörungen und Angststörungen [25]. Arbeit und die damit in Zusammenhang stehenden Faktoren wie Selbstwerterhöhung, Identifikation, Erleben von Effizienz, soziale Eingebundenheit sowie Tages- und Wochenstruktur können aber auch positive psychische Effekte haben [18, 40]. Die arbeitsbezogene kognitive Verhaltenstherapie (aKVT) bietet Interventionen, welche zu einer Symptomreduzierung und Verbesserung der Arbeitsfähigkeit beitragen können [32]. Joye et al. [13] konnten zeigen, dass aKVT-Interventionen einen positiven Einfluss auf das Stresserleben und damit auch auf die Arbeitsfähigkeit haben können. Andere deutschsprachige evidenzbasierte Manuale beziehen sich auf die Behandlung von Arbeitsängsten [29, 30] oder integrieren Module zur Motivation, Stressbewältigung, sozialen Kompetenz und beruflichen Orientierung [11]. Auch Strategien der Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) können den Umgang mit arbeitsbezogenem Stress erleichtern [9]. Die Intervention Gesund bleiben im Beruf kombiniert verschiedene aKVT-Interventionen und integriert darüber hinaus ACT-Interventionen. Ziel der Intervention ist die Vermittlung und das Einüben von Kompetenzen zur Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit. Die zehn Module umfassende Intervention beinhaltet Sitzungen zu den Themen Arbeitsanamnese, Arbeitsmotivation, Umgang mit Stress, soziale Kompetenz, Umgang und Prävention von Mobbing, Akzeptanz- und Commitmenttherapie am Arbeitsplatz sowie zukünftige Perspektiven und Rückfallprophylaxe (Tab. 1). Das Manual unterstützt Therapeuten dabei, das Thema Arbeitsbelastungen und Arbeitsfähigkeit im therapeutischen Prozess besser zu verstehen und systematisch in den Behandlungsplan zu integrieren. Für eine detaillierte Darstellung der Intervention sei auf Wittmann et al. verwiesen [46]. Erste Evaluationsergebnisse sprechen für eine verbesserte Arbeitsfähigkeit, Aktivität und Partizipation sowie eine geringere generelle Symptombelastung und depressive Symptomatik nach Teilnahme an der Gruppentherapie [45]. Bislang ist nicht bekannt, inwieweit diese Intervention durch Patienten und Therapeuten akzeptiert wird. Bei der Implementierung neuer Therapieangebote stellen Akzeptanz und Durchführbarkeit jedoch wichtige Outcomes dar [1, 34, 35]. Die erfolgreiche Implementierung einer evidenzbasierten Intervention kann erschwert und verzögert werden, wenn fehlende Akzeptanz oder Schwierigkeiten in der Durchführbarkeit nicht erfasst werden [33]. Akzeptanz kann sowohl auf Seiten der Therapeuten als auch auf Seiten der Teilnehmenden betrachtet werden [33]. Darüber hinaus ist die Frage nach den Wirkfaktoren einer Intervention seit langem Untersuchungsgegenstand der psychotherapeutischen Forschung [24, 47]. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, die Akzeptanz und Durchführbarkeit der Intervention Gesund bleiben im Beruf aus Sicht der Patienten und Therapeuten zu untersuchen. Zudem sollte untersucht werden, auf welche Faktoren die Patienten die Wirksamkeit des Programms zurückführen.

Tab. 1 Inhalte des Manuals „Gesund bleiben im Beruf“

Methoden

Design und Rekrutierung

Die Pilotstudie fand an zwei ambulanten Psychotherapieeinrichtungen in Hamburg statt (einer Klinik und einem MVZ). Durch die jeweiligen Behandler wurden Patienten gezielt durch eine persönliche Ansprache und mittels Flyer auf das Therapieangebot aufmerksam gemacht. Den Behandlern lagen dafür die Einschlusskriterien vor. Wie viele Patienten potenziell interessiert waren, aber dann doch nicht teilnahmen, wurde nicht strukturiert erhoben. Einschlusskriterien waren das Vorliegen einer affektiven Störung gemäß ICD-10 sowie eine mindestens 3‑monatige und höchstens 5‑jährige AU. Um sicher zu stellen, dass individuelle Themen aus der Gruppentherapie und darüber hinaus gehende therapeutische Bedarfe im Einzelsetting berücksichtigt werden konnten, war die Inanspruchnahme einer Einzeltherapie Voraussetzung für die Teilnahme. Die Diagnose wurde nach umfassender regelhafter Eingangsdiagnostik gemäß ICD-10 durch Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie oder Psychologische Psychotherapeuten gestellt, sodass von einer validen Diagnosestellung ausgegangen werden kann. Ausschlusskriterien waren keine ausreichenden Deutschsprachkenntnisse, eine schwere depressive Symptomatik (nach ICD-10; F32.2; F32.3, F33.2, F33.3), akute psychotische Symptome sowie akute Suizidalität. Die Indikation für die Teilnahme wurde durch die Behandler gestellt. Nach der 10-wöchigen Teilnahme an dem Therapieprogramm wurden semistrukturierte Interviews mit allen Teilnehmenden geführt. Die Interviews wurden in den Räumlichkeiten des MVZ und der Klinik durchgeführt. Patienten wurden einzeln eingeladen. Die Durchführung der Interviews dauerte zwischen 10 und 20 min. Allen Teilnehmenden wurde vor Beginn des Interviews für ihre Teilnahme gedankt, über den Zweck des Interviews wurde aufgeklärt. Den Teilnehmenden wurde zudem verdeutlicht, dass es nicht um eine wissensbezogene Abfrage von Therapieinhalten gehe, sondern ihre subjektive Meinung von Interesse sei. Alle Teilnehmenden schienen die Fragen gut verstanden und offen beantwortet zu haben. Alle Therapeuten füllten zudem nach jeder Sitzung anonym eine Modulevaluation aus. Die Durchführung der Studie wurde nach entsprechender Beantragung durch die Ethikkommission des Competence Centrums Gesundheit der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg als „ethisch unbedenklich“ bewertet.

Gruppentherapeutische Intervention

Die Gruppentherapie Gesund bleiben im Beruf wurde ergänzend zur Einzeltherapie im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung angeboten. Die Gruppentherapie wurde über 10 Wochen je 100 min durchgeführt.

Material

Die Akzeptanz und Durchführbarkeit auf Seiten der Patienten wurde im Sinne einer formativen Evaluation mittels Fragebögen erhoben. Um eine Aussage über die subjektive Akzeptanz mit den Inhalten der einzelnen Module machen zu können, wurde nach jeder Therapiesitzung allen Patienten eine Modulevaluation ausgehändigt. Auf dieser sollten die jeweiligen Module auf einer sechsstufigen Skala von 1 (sehr gut) bis 6 (unbefriedigend) bewertet werden. Darüber hinaus wurden die Patienten in den semistrukturierten Interviews am Ende der Gruppentherapie befragt, (1) wie zufrieden sie mit dem Therapieangebot waren, (2) was zur Verbesserung ihrer psychischen Symptome beitrug, (3) was zur Verbesserung ihrer Arbeitsfähigkeit beitrug, (4) ob sie das Therapieangebot weiterempfehlen würden und (5) was aus ihrer Sicht an dem Therapieangebot fehlte.

Die Akzeptanz und Durchführbarkeit auf Seiten der Therapeuten wurde über eine Modulevaluation erhoben: Auf einer dreistufigen Skala sollte von sehr genau bis gar nicht angeben werden, ob es (1) genug Zeit für die Bearbeitung der Themen und (2) Diskussionen gab (Skala: zu viel bis zu wenig). Zudem wurde die Verständlichkeit der (3) Themen, der (4) Arbeitsblätter sowie der (5) Übungen erfragt (dreistufige Skala: Inhalte bereits bekannt bis zu anspruchsvoll). Zudem konnten in zwei Freitextfeldern (6) aufgetretene Schwierigkeiten und (7) Verbesserungsvorschläge angemerkt werden.

Datenauswertung

Für die Auswertung der quantitativen Daten wurde das Statistikprogramm Statistical Package for the Social Sciences Version 22 (SPSS Version 22, IBM, Armonk, NY, USA) verwendet. Die Auswertung der transkribierten Interviews erfolgte nach der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring [26]. Dafür wurde die Software (MAXQDA Version 11, VERBI, Berlin, Deutschland) verwendet. Für die Auswertung wurden zwei von Mayring [26] vorgeschlagene Auswertungsprozesse (Zusammenfassung und Strukturierung) kombiniert.

Ergebnisse

Stichprobenbeschreibung

Die 17 Patienten (11 weiblich; 64,7 %) aus vier Therapiegruppen waren durchschnittlich 42 (Standardabweichung = 10,15) Jahre alt. Die Altersspanne reichte von 21 bis 56 Jahre. Davon waren 16 Patienten (94,1 %) arbeitsunfähig und eine Patientin (5,9 %) berufsunfähig. Insgesamt 8 Patienten (42,1 %) gaben an, ledig zu sein und 10 Patienten (58,8 %) gaben an, sich in einer festen Beziehung zu befinden; 9 Patienten (52,9 %) gaben als höchsten Schulabschluss einen Realschulabschluss und 8 Patienten (47,1 %) das Abitur an.

Akzeptanz und Durchführbarkeit

Im Folgenden sind zunächst Ergebnisse für die Patienten dargestellt. Die Auswertung der Modulevaluationen in Tab. 2 zeigt, dass fast alle Module am häufigsten mit gut bewertet wurden (Median = 2). Bei der Betrachtung der Tabelle fällt auf, dass die Spannweite der Werte stark differenzieren. Dies ist auf Ausreißerwerte zurückzuführen, da der Median zeigt, dass die Module überwiegend mit eins bis zwei bewertet wurden. Zudem zeigt sich, dass insbesondere die letzten drei Module, in denen die Themen Perspektiven und Rückfallprophylaxe behandelt wurden, sehr gut bewertet wurden.

Tab. 2 Modulevaluationen durch Patienten

Darüber hinaus konnten in den Interviews sechs Faktoren identifiziert werden, die nach Patientensicht zu einer Verbesserung der psychischen Symptome beitrugen: soziale Eingebundenheit durch die Gruppe (n = 4, 28,6 %), eine Verbesserung des Selbstwerts (n = 4, 28,6 %), eine Strukturgebung durch den Gruppentermin (n = 3, 21,4 %), die Verbesserung der Konfliktfähigkeit (n = 1, 7,1 %), die Reduzierung sozialer Ängste (n = 1, 7,1 %), sowie das Erlangen wichtiger neuer Informationen (n = 1, 7,1 %). Das folgende Zitat verdeutlicht beispielhaft den Wirkfaktor Selbstwert:

[…] was das angeht, habe ich mehr Selbstsicherheit bekommen, weil nämlich diese Möglichkeiten, die man hat, es gibt sie. Das ist so ein Moment der Erkenntnis, der einem dann auch wieder Selbstvertrauen gibt, weil man selber sieht: Aha, hier könnte ich was machen, hier könnte ich Hilfe bekommen, hier könnte ich mich neu orientieren, worum es ja auch geht.

Es konnten ebenso sechs Faktoren identifiziert werden, die nach Patientensicht zu einer Verbesserung der Arbeitsfähigkeit beitrugen: die Entwicklung einer neuen Perspektive (n=9; 60%), eine Verbesserung des Selbstwerts (n = 3, 20 %), die Erlangung neuer Informationen (n = 2, 13,3 %), die Erlangung einer Struktur (n = 1, 6,7 %), die Akzeptanz von Unveränderbarem (n = 1, 6,7 %) sowie das Wissen über Frühwarnzeichen und Rückfallprophylaxe (n = 1, 6,7 %). Das folgende Zitat verdeutlicht beispielhaft den Wirkfaktor Perspektivwechsel:

[…] Infos bzw. Wege aufgezeigt bekommen zu haben, mit Dingen noch anders umzugehen. Und sich auch einfach nochmal gewisse Dinge bewusst gemacht zu haben. Zum Beispiel fand ich es einen ganz wichtigen Punkt, was einem an der Arbeit auch Spaß macht und gut tut. Was man ja gerne aus den Augen verliert, man sieht ja dann oft nur das Negative daran und wundert sich dann, dass man depressiv wird, aber das hat ja durchaus auch positive Aspekte. Und sich diese einfach nochmal vor Augen zu führen, fand ich extrem wichtig. Einfach diesen Perspektivwechsel.

Alle Patienten (n = 17; 100 %) gaben in den Interviews an, dass sie das Therapieangebot weiterempfehlen würden. Das folgende Zitat soll exemplarisch die die subjektive Begründung für die Weiterempfehlung zeigen:

Die würde ich weiterempfehlen. Auf jeden Fall. Denn entscheidend ist, wie man selbst in die Gruppe geht. Wenn ich jetzt keine Lust habe auf irgendwelche Veränderungen oder sage: Ich bin ja krank, was soll’s …, dann bringt das nichts. Aber man muss das selber als Chance begreifen. Als Chance und als Hilfe und wenn man das begreift, dann hat man alle Möglichkeiten gesund zu werden.

Hinsichtlich der Verbesserung des Therapieangebots wünschten sich 8 Patienten (47 %) mehr Sitzungen für das Therapieangebot.

Es lagen 38 (95 %) Evaluationsbögen von 4 verschiedenen Therapeuten vor. Der Erstautor wirkte in einer Gruppe als Therapeut mit, was in der Diskussion aufgegriffen wird. Die betreffenden zehn Evaluationsbögen wurden vom Therapeuten und einer Kotherapeutin gemeinsam ausgefüllt, um die Gefahr von Allegiance zu reduzieren. Die Bearbeitungszeit für die Themen wurde für drei Sitzungen (7,9 %) als zu viel, für 21 Sitzungen (55,3 %) als genau richtig und für 14 Sitzungen (36,8 %) als zu wenig bewertet. Die Zeit für Diskussionen wurde für 33 Sitzungen (86,8 %) genau richtig und für 5 Sitzungen (13,2 %) als zu wenig angegeben. Die Verständlichkeit der Themen wurde für drei Sitzungen (8,1 %) als bereits bekannt und für 34 Sitzungen (91,8 %) als genau richtig bewertet. Die Verständlichkeit der Arbeitsblätter wurde für 35 Sitzungen (91,8 %) als genau richtig und für 3 Sitzungen (8,2 %) als zu anspruchsvoll bewertet. Die Verständlichkeit der Übungen wurde für 29 Sitzungen (93,5 %) als genau richtig und für 2 Sitzungen (6,5 %) als bereits bekannt bewertet. Als Verbesserungsvorschläge wurde überwiegend ein größeres Zeitfenster für Therapieinhalte genannt.

Diskussion

Arbeitsbezogene Belastungen stiegen in den letzten Jahren an und gehen mit psychischen Symptomen und Störungen einher [19]. Insbesondere psychische Auffälligkeiten sind wiederum mit einer erhöhten AU bzw. Frühverrentung assoziiert [36, 37]. Dementsprechend sind arbeitsbezogene Gruppentherapieangebote indiziert. Stationäre Maßnahmen in der Sekundär- und Tertiärprävention sollten arbeitsbezogene Aspekte stärker in den therapeutischen Prozess einbeziehen [5, 10, 14, 15]. Dies gilt aber auch für die Psychotherapie und Gesundheitsförderung im ambulanten Setting [45]. Die vorliegende Arbeit untersuchte die Akzeptanz und Durchführbarkeit der arbeitsbezogenen Gruppentherapie Gesund bleiben im Beruf. Für die Akzeptanz und Durchführbarkeit auf Seiten der Patienten kann zusammengefasst werden, dass die einzelnen Module sowie die Therapie insgesamt gut bis sehr gut angenommen wurden. Kein Modul wurde schlechter als „gut“ bewertet, was verdeutlicht, dass die angebotenen Themen zielgruppengerecht sind. Die subjektive Zufriedenheit der Patienten mit der Gruppentherapie war hoch. Dass alle Patienten das Therapieangebot weiterempfehlen würden, verdeutlicht die hohe Akzeptanz. Dies konnte sowohl durch die Modulevaluation als auch die semistrukturierten Interviews gezeigt werden.

Die Akzeptanz und Durchführbarkeit auf Seiten der Therapeuten wurde mittels der Bereiche Zeitmanagement für Themen und Diskussionen, Verständlichkeit des Themas, der Arbeitsblätter und der Übungen sowie Verbesserungsvorschläge betrachtet. Die Verständlichkeit der im Manual bereitgestellten Arbeitsblätter sowie der Übungen war zufriedenstellend. Bezüglich des Zeitmanagements kann zusammengefasst werden, dass die Zeit für die Therapiesitzungen in mehr als einem Drittel aller Sitzungen von den Gruppenleitern als zu kurz wahrgenommen wurde. In den Verbesserungsvorschlägen wurde ebenfalls der Wunsch nach mehr Zeit deutlich. Darüber hinaus konnte dies auch in den Interviews mit den Patienten gezeigt werden, die sich überwiegend mehr Zeit gewünscht hätten. Jedoch muss zwischen subjektivem Empfinden und objektivierbarer Wirkung differenziert werden. Während einige Autoren [17, 22, 23] für die Anzahl der Therapiesitzungen und die Wirkung der Therapie eine Dosis-Wirkung-Kurve annehmen, zeigen neuere Ergebnisse, dass nach einer bestimmten Anzahl an Sitzungen ein Sättigungseffekt einsetzt und auch mit einer zunehmenden Anzahl an Therapiesitzungen keine weitere Wirkungskurve erzielt werden kann [2, 42, 43]. Muschalla [29] konnte zeigen, dass eine Gruppentherapie für Arbeitsängste bereits nach 4–6 Sitzungen positive Effekte zeigt. Somit ist die initiale Phase einer Therapie besonders bedeutsam für den Therapieerfolg. Dennoch sollte bei der zukünftigen Verwendung der Intervention eine Erhöhung der Sitzungsanzahl in Erwägung gezogen werden. Die Anpassung der Inhalte an die Bedürfnisse von Patienten steht einer hohen Manualtreue nicht entgegen, sondern ermöglicht, das Therapiekonzept in der Praxis anwendungsbezogen zu implementieren [38, 39]. Dem Wunsch nach einer längeren Therapiedauer im Gruppensetting könnte gegebenenfalls auch durch die Teilnahme an anschließenden Selbsthilfeangeboten entsprochen werden. Beispielsweise kann die Verwendung eines Selbsthilfetagebuches zur Reduzierung von arbeitsbezogenem Stress beitragen [12]. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse, dass Patienten besonders von einer Verbesserung des Selbstwerts, einem Perspektivwechsel sowie der sozialen Eingebundenheit in eine Gruppe profitieren. Subjektiv erlebten die Patienten demnach Bereiche als wirksam, auf die das Gruppenprogramm auch abzielt. Das Gefühl der sozialen Eingebundenheit in eine Gruppe ist die Voraussetzung, um die Erfahrung der Universalität des Leidens machen zu können, was wiederum einen wichtigen gruppentherapeutischen Wirkfaktor darstellt [3, 6].

Limitationen

Der Stichprobenumfang erlaubt keine Generalisierbarkeit der Ergebnisse. Dennoch ist das vorgestellte Studiendesign für die erste Stufe der Psychotherapieforschung angemessen [16]. Die Stichprobengröße der vorliegenden Arbeit ist für die Implementierung einer Gruppentherapie vergleichbar mit denen anderer Autoren [7, 41, 44]. Darüber hinaus zeichnen sich qualitative Forschungsansätze in der Regel durch kleine Stichprobengrößen aus. Zudem muss berücksichtigt werden, dass die Indikation für die Teilnahme an der Gruppentherapie durch die Behandler gestellt wurde, wodurch ein Bias in der Zuweisung der Teilnehmenden nicht ausgeschlossen werden kann. Als praktische Limitation ist die Gruppengröße zu nennen, welche zwischen drei bis sieben Teilnehmenden lag. Für Gruppen mit größerer Teilnehmerzahl stehen Evaluationsergebnisse noch aus. Des Weiteren kann kritisch diskutiert werden, ob die Teilnehmenden sozial erwünscht geantwortet haben. Einem Antwortverhalten im Sinne sozialer Erwünschtheit wurde versucht, mit üblichen Instruktionen entgegenzuwirken, indem die Teilnehmenden explizit darauf hingewiesen wurden, ehrlich zu antworten. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass kritische Rückmeldungen helfen, um das Therapiemanual zu verbessern.

Für die vorliegende Arbeit muss kritisch diskutiert werden, ob Allegiance die Studienergebnisse beeinflusst hat. Allegiance bezeichnet die Überzeugung eines Therapeuten für eine von ihm untersuchte Therapiemethode und stellt eine mögliche Ursache für Verzerrungen der Objektivität von Wirksamkeitsstudien dar [21]. Übersichtsarbeiten zeigen, dass die persönliche Überzeugung eines Therapeuten über die Überlegenheit einer Therapiemethode einen signifikanten Einfluss auf Studienergebnisse haben kann [8, 27, 28]. Der Therapeut war sich seiner Rolle als Studienleiter bewusst. Zudem wurde die Modulevaluation nicht nur durch den Autor der vorliegenden Arbeit selbst, sondern gemeinsam mit der anwesenden Kotherapeutin ausgefüllt, um eine mögliche Verzerrung zu vermeiden. Es überwog jedoch die Notwendigkeit, als Therapeut zu fungieren, um die geplante Stichprobengröße und das Forschungsvorhaben umsetzen zu können.

Schlussfolgerungen für die Praxis und Forschung

Arbeitsplatzbezogene Belastungen und Symptome werden oft zu wenig im therapeutischen Prozess berücksichtigt und sollten stärker anhand maßgeschneiderter Interventionen in den therapeutischen Prozess integriert werden. Als klinische Implikationen ergeben sich vielseitige Anwendungsbereiche für das evaluierte Gruppentherapieprogramm Gesund bleiben im Beruf im Kontext der Prävention und Gesundheitsförderung. Arbeitsbelastung und (drohende) Arbeitsunfähigkeit spielen eine bedeutsame Rolle in psychotherapeutischen Prozessen. Die Behandlung arbeitsbezogener Belastungen in einem gruppentherapeutischen Setting scheint, auch im ambulanten Rahmen, besonders geeignet. Das Gruppensetting kann entsprechend der Rückmeldung der Teilnehmenden gleichzeitig mit einer stärkeren sozialen Eingebundenheit, der Reduzierung sozialer Ängste und der Verbesserung der Konfliktfähigkeit sowie mehr Alltagsstrukturierung assoziiert werden. Der Erhalt bzw. die Förderung von sozialer Integration und Alltagsstruktur verdient v. a. bei Menschen mit eingeschränkter Arbeitsfähigkeit oder Arbeitsunfähigkeit besondere Beachtung.

Ebenso zeigt sich die große Bedeutung psychoedukativer Inhalte bzw. der Vermittlung relevanter Informationen sowohl über die psychische Symptomatik als auch berufliche Zusammenhänge und Rahmenbedingungen. Solches Wissen, z. B. auch über arbeits- und sozialrechtliche Zusammenhänge und typische Belastungen in der heutigen Arbeitswelt, ist dementsprechend auch für Therapeuten und andere Gesundheitsfachkräfte wichtig. Im Hinblick auf einen besseren Umgang mit unveränderlichen bzw. begrenzt beeinflussbaren Bedingungen von Arbeit und Berufstätigkeit offenbaren akzeptanzorientierte Interventionen Potential. Aufgrund der qualitativen Befunde ist anzunehmen, dass das Gruppenprogramm im therapeutischen Setting akzeptiert und als hilfreich erlebt wird. Da dies eine Voraussetzung für die Wirksamkeit therapeutischer Interventionen ist, kann darüber hinaus eine Förderung der Arbeitsfähigkeit und psychosozialen Gesundheit angenommen werden. Um die Akzeptanz des Therapieangebots auf Seiten der Patienten und Therapeuten weiter zu erhöhen, ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Perspektiven:

  • Übergeordnetes Ziel der Intervention ist die konkrete Auseinandersetzung mit der eigenen Arbeitssituation und nicht zwingend die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit.

  • Die Auswahl der Inhalte für jedes Modul sollte individuell an die Patientengruppe angepasst werden.

  • Gegebenenfalls sollten geeignete Maßnahmen zur Nachsorge bereitgestellt werden [4].

Zukünftige Forschung sollte das Outcome der Intervention mit einer erhöhten Therapiedauer untersuchen. Dafür könnte eine Erweiterung auf 15–20 Sitzungen angemessen sein.

Fazit für die Praxis

  • Arbeitsplatzbezogene Belastungen gehen häufig mit psychischer Beanspruchung einher. Praktiker sollten diesen Zusammenhang stärker im therapeutischen Prozess berücksichtigen. Hierfür stehen eine Vielzahl entsprechender deutschsprachiger aKVT-Interventionen (arbeitsbezogene kognitive Verhaltenstherapie) bereit.

  • Die hier vorgestellte Intervention zielt auf die Förderung der Teilhabe am (Arbeits-)Leben durch die Vermittlung von Kompetenzen zur Bewältigung von (Arbeits-)Belastungen ab.

  • Die Befunde der vorliegenden Studie sprechen für die Akzeptanz und Durchführbarkeit des Gruppenprogramms „Gesund bleiben im Beruf“.

  • Zukünftig sollte das Programm umfangreich im präventiven Setting formativ wie summativ evaluiert werden.