Die Förderung von Gesundheitskompetenz stellt eine wichtige Voraussetzung für die Unterstützung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen dar. Gesundheitskompetenz hängt eng mit kritischer Informationskompetenz sowie mit Lesekompetenz zusammen. Auch digitale Kompetenzen sind wichtig, da Gesundheitsinformationen verstärkt aus dem Internet bezogen werden.

Im vorliegenden Artikel wird ein Konzept für partizipative Workshops mit Jugendlichen präsentiert, im Rahmen derer der kompetente Umgang mit gesundheitsbezogenen Informationen aus dem Internet gefördert wurde.

Hintergrund

Unter den zahlreichen Definitionen von Gesundheitskompetenz mit Bezug zur Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen (für eine Übersicht s. z. B. [4]) stellt jene von Sørensen et al. [19] eine der im deutschsprachigen Raum bekanntesten und zugleich eine der umfassendsten dar. Dieser Definition zufolge umfasst Gesundheitskompetenz Wissen, Motivation und Fähigkeiten, die zum Finden, Verstehen, Bewerten und Anwenden gesundheitsrelevanter Informationen benötigt werden [19]. Demnach kann der kompetente Umgang mit Gesundheitsinformationen als zentraler Baustein von Gesundheitskompetenz angesehen werden. Um Gesundheitsinformationen, die vermehrt über das Internet bezogen werden [15], zu finden, ist zunächst ein gewisses Maß an Kompetenz im Umgang mit dem Internet als Informationsquelle im Sinne von digitaler Kompetenz („digital literacy“; [8]), notwendig. Damit das Internet und textbasierte Informationsquellen wie Zeitschriften oder Bücher effizient genutzt werden können, ist zudem Lesekompetenz von zentraler Bedeutung. Auch mathematische Kompetenzen, kritisches Denken und Kommunikationsfähigkeiten sind mit Gesundheitskompetenz assoziiert [4].

Die Veröffentlichung der Ergebnisse des European Health Literacy Surveys (HLS-EU) im Jahr 2012 rückte das Thema Gesundheitskompetenz v. a. in Österreich und Deutschland in den Fokus. Der Survey attestierte >50 % der österreichischen Bevölkerung ab 15 Jahren eine inadäquate bzw. problematische Gesundheitskompetenz [9]. Informationen zu Deutschland wurden im Zuge des HLS-EU nur im Bundesland NRW erhoben, daher wurde eine Nachfolgestudie konzipiert (HLS-GER), für die Personen aus ganz Deutschland befragt wurden. Die Ergebnisse des HLS-GER zeichnen für die deutsche Bevölkerung ebenfalls kein gutes Bild: rund 54 % der Deutschen weisen demnach eingeschränkte Gesundheitskompetenz auf [17]. Auch in Österreich wurden Nachfolgestudien zum HLS-EU durchgeführt. Eine im Jahr 2013 veröffentlichte Studie unter österreichischen Jugendlichen im Alter von 15 Jahren, für die ebenfalls der HLS-EU-Fragebogen eingesetzt wurde, zeigte, dass die Gruppe mit inadäquater oder problematischer Gesundheitskompetenz in dieser Altersgruppe mit 58 % sogar größer ist, als in der österreichischen HLS-EU-Stichprobe. Insbesondere Jugendliche aus Familien mit niedrigem sozioökonomischem Status verfügen über eine geringere Gesundheitskompetenz [16].

Um gesundheitliche Chancengleichheit auf gesellschaftlicher Ebene zu ermöglichen, ist es notwendig, die Gesundheitskompetenz bereits bei Kindern und Jugendlichen zu fördern [11]. Ab dem Alter von circa 12 Jahren sind Kinder und Jugendliche in der Lage, mögliche körperliche und psychische Auslöser von Krankheiten wahrzunehmen. Sie entwickeln ein Verständnis von Gesundheit und Krankheit, das dem von Erwachsenen ähnelt [18]. Interventionen zur Förderung des kompetenten Umgangs mit Gesundheitsinformationen sind in dieser Altersgruppe sinnvoll, denn insbesondere in der Adoleszenz entstehen riskante Verhaltensweisen, deren Folgen sich später im Lebensverlauf bemerkbar machen können [5]. Riskante Verhaltensweisen können beispielsweise riskantes Sexualverhalten oder regelmäßiger Tabak- und Alkoholkonsum sein. Auch unter österreichischen Jugendlichen sind diese Verhaltensweisen weit verbreitet, wie die Ergebnisse der europäischen SchülerInnenstudie zu Alkohol und anderen Drogen zeigen [20]. Die gezielte Förderung von Gesundheitskompetenz kann ein Weg sein, der Ausbildung solcher Verhaltensweisen in dieser Altersgruppe entgegenzuwirken.

Projekte zur Förderung von Gesundheitskompetenz im Sinne des kompetenten Umgangs mit Gesundheitsinformationen beziehen sich jedoch meist auf Erwachsene [2, 3], direkt an Jugendliche adressierte Programme sind sowohl international als auch im deutschen Sprachraum rar [14]. Dies liegt nicht zuletzt darin begründet, dass Gesundheitskompetenz so viele Teilbereiche umfasst. Für eine nachhaltige und zielgerichtete Förderung der Gesundheitskompetenz von Jugendlichen ist es notwendig, auch die Bereiche Lesekompetenz und „digital literacy“ zu fördern. Darüber hinaus muss eine entsprechende Förderung den heterogenen Ausgangsbedingungen der Jugendlichen Rechnung tragen, um tatsächlich zu mehr gesundheitlicher Chancengleichheit beizutragen.

Methode

Kontext

Die hier beschriebenen Workshops fanden in der ersten Projektphase eines Projekts statt, dessen Ziel es war, ein computergestütztes Programm zur Förderung der Gesundheitskompetenz von SchülerInnen mit hoher Diversität in den Bereichen Erstsprache, sozioökonomischer Status und Behinderung zu entwickeln. Der Definition von Gesundheitskompetenz entsprechend standen die Themenbereiche des Findens, Verstehens und Bewertens gesundheitsbezogener Informationen im Zentrum dieser Workshops. Ziel war es zum einen herauszufinden, welche gesundheitsbezogenen Themen Jugendliche als spannend und relevant für ihren Alltag einschätzen, wie die Jugendlichen Informationen recherchieren und welche Quellen sie als vertrauenswürdig einschätzen. Zum anderen sollten sie darin geschult werden, recherchierte Quellen hinsichtlich ihrer Qualität einzuordnen und Strategien einzusetzen, die das Verstehen von gesundheitsbezogenen Informationen in Textform erleichtern.

Umsetzung

Es wurden insgesamt vier parallele Workshops durchgeführt. Die Workshops fanden mit zwei 3. Klassen einer stadtnahen Neuen Mittelschule (Pflichtschule umfassend die Schulstufen 5–8) im österreichischen Bundesland Steiermark an 3 aufeinanderfolgenden Tagen im Frühjahr 2018 statt. An jedem der 3 Tage wurden 4 Unterrichtsstunden für die Workshops aufgewendet. Vor Durchführung der Workshops wurde das Einverständnis der Direktion, der Lehrpersonen, der Eltern und der teilnehmenden SchülerInnen eingeholt. Die Festlegung der im Workshop behandelten gesundheitsbezogenen Themen erfolgte gemeinsam mit den Klassenlehrerinnen. In einer der beiden Klassen wurde das Thema Impfungen behandelt und in der zweiten das Thema ästhetisch-chirurgische Eingriffe.

Insgesamt nahmen 38 Jugendliche zwischen 12 und 15 Jahren an den Workshops teil. Jede Klasse wurde in zwei Gruppen mit je 8–10 Jugendlichen aufgeteilt. Begleitet wurde jede Gruppe von je einer Projektmitarbeiterin mit erziehungswissenschaftlichem Hintergrund und einem/einer Studierenden, der/die sich in einem fortgeschrittenen Stadium des Medizinstudiums befand. Alle in den Workshops eingesetzten Materialien wurden von Erziehungs- und Bildungswissenschaftlerinnen gemeinsam mit Studierenden der Medizin entwickelt, um die Fundiertheit der pädagogischen Herangehensweise ebenso wie die inhaltliche Richtigkeit zu gewährleisten. Die Workshops fanden in den EDV-Räumlichkeiten der Schule statt.

Konzept

Der Fokus der Workshops lag auf gesundheitsbezogenen Informationen aus dem Internet. Durch eine ausgewogene Mischung aus Input durch die Workshopleitung, Einzel- und Gruppenarbeit sowie Diskussionen im Plenum wurden die Bereiche des Findens, Verstehens und Bewertens von online verfügbaren Gesundheitsinformationen adressiert. Bei der Konzeption der Workshops folgten wir den Grundgedanken der Partizipation der Zielgruppe [22] und kompetenzorientierter Didaktik [21]. Zentral dabei war der Einbezug der Jugendlichen mit ihren Anliegen und Erfahrungen. Daher konnten die Teilnehmenden zu jeder Zeit Fragen stellen; der Ablauf orientierte sich an diesen Fragen und nahm die (Alltags‑)Problemstellungen, die von den Jugendlichen aufgeworfen wurden, auf.

Um einen sinnvollen Ausgangspunkt für die Workshops bereitzustellen, entschieden wir uns, angelehnt an das Konzept des problembasierten oder forschenden Lernens, von konkreten Problemstellungen auszugehen [1, 6]. Dazu wurden Fallbeispiele konzipiert, die einen Rahmen für die Recherche- und Diskussionsaktivitäten darstellten. Die Arbeit mit lebensweltnahen Fallbeispielen eignet sich besonders gut zur Verknüpfung von Theorie und Praxis und zur Förderung von Reflexions- und Analysekompetenzen [7]. Die Fallbeispiele waren so aufgebaut, dass sie eine für die SchülerInnen relevante und realistische Situation mit Bezug zu Gesundheitsentscheidungen beschrieben (Abb. 1). Im Mittelpunkt stand ein/e jugendliche/r Protagonist/in, der/die sich in einer gesundheitsbezogenen Dilemmasituation befand und Informationen recherchieren musste, um eine Entscheidung fällen zu können.

Abb. 1
figure 1

Beispiel für eine Fallvignette aus dem Workshop zum Thema „ästhetisch-chirurgische Eingriffe“

Die in den Fallbeispielen beschriebene Problemstellung wurde mittels der Think-pair-share-Methode [13], die sich im universitären Bereich als nützliche Methode zur Förderung des kritischen Denkens erwiesen hat [10], bearbeitet (s. Ausführungen zu Workshoptag 1). Alle Aufgaben, die während der Workshops bearbeitet wurden, bezogen sich auf diese Fallbeispiele bzw. die im Zusammenhang mit diesen durchgeführte Recherche. Jeglicher Input durch die Workshopleitung zum Finden, Verstehen und Bewerten von Informationen wurde von den Teilnehmenden in entsprechenden Übungen stets auf die eigene Recherche angewandt. So sollte der Grundstein für den Transfer des in den Workshops erworbenen Wissens in die eigene Recherchepraxis gelegt werden.

Workshops

Am 1. Tag der Workshops wurde das Finden gesundheitsrelevanter Informationen im Internet adressiert, am 2. Tag das Verstehen und Bewerten und am 3. Tag die eigene Konzeption und Beschreibung gesundheitsrelevanter Informationen.

Tag 1) Finden von gesundheitsbezogenen Informationen

Zentraler Inhalt des ersten Workshoptages war das Finden gesundheitsrelevanter Informationen im Internet. Bevor die Teilnehmenden von der Workshopleitung Input zum richtigen Suchen im Internet bekamen, sollten sie zunächst unbeeinflusst einen Rechercheauftrag durchführen. Dazu erhielt jede/r TeilnehmerIn eines von zwei ausgedruckten Fallbeispielen mit einer konkreten Fragestellung. Je nach Schulklasse wurde den SchülerInnen zufällig eines von je zwei Fallbeispielen zum Thema Impfungen oder ästhetisch-chirurgische Eingriffe zugewiesen.

  1. 1.

    Welche Informationsquellen werden von den Jugendlichen a priori als zuverlässig erachtet?

    Zunächst wurde im Plenum unter der Anleitung der Workshopleitung diskutiert, welche Informationsquellen die SchülerInnen heranziehen würden. Als primäre Informationsquellen wurden Eltern und Familienmitglieder, Bücher und das Internet genannt. Einige der SchülerInnen nannten auch Ärzte bzw. Ärztinnen und anderes medizinisches Fachpersonal als primäre Ansprechpartner in Fragen zu Gesundheitsentscheidungen. Der überwiegende Teil der SchülerInnen gab an, das persönliche Gespräch mit einer als kompetent empfundenen Person gegenüber dem Internet zu bevorzugen. Allerdings betonten viele, dass sie sich vor einem solchen Gespräch zunächst selbst mithilfe des Internets informieren würden.

  2. 2.

    Welche Strategien wenden Jugendliche an, um gesundheitsrelevante Informationen im Internet zu recherchieren?

    Im nächsten Schritt wurden die Teilnehmenden gebeten, in Einzelarbeit eine Internetrecherche durchzuführen und anhand der recherchierten Informationen eine erste Empfehlung für die im Fallbeispiel beschriebene Person abzugeben (z. B. pro oder kontra Operation). Die einzelnen Schritte der Recherche (Suchbegriffe, angeklickte Treffer, ob die geöffneten Websites gelesen wurden) wurden von den SchülerInnen handschriftlich auf vorbereiteten Dokumentationsbögen (Abb. 2) dokumentiert. Zusätzlich fertigten die SchülerInnen Screenshots von den Suchresultaten und den besuchten Websites an.

  3. 3.

    Welche Entscheidung treffen Jugendliche und wie begründen sie diese?

    Nach erfolgter Recherche sollten sich die Teilnehmenden in 2er-Gruppen zusammenfinden (beide Gruppenmitglieder sollten dasselbe Fallbeispiel bearbeitet haben) und diskutieren sowie begründen, welche Empfehlung sie geben würden. Danach sollten alle SchülerInnen, die dasselbe Fallbeispiel bearbeitet hatten, gemeinsam eine Empfehlung abgeben. Wenn die Teilnehmenden zu unterschiedlichen Empfehlungen gekommen waren, wurden sie gebeten, so lange zu diskutieren, bis ein Konsens gefunden war. Zum Abschluss des ersten Workshoptages wurden die Ergebnisse aus der Diskussion kurz präsentiert. Eine Begründung für die gemeinsam gefundene Empfehlung sowie eine kurze Reflexion zu den recherchierten Informationen waren ebenfalls Teil dieser Präsentation.

Abb. 2
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Dokumentationsbogen zur Dokumentation des eigenen Recherchevorgangs durch die SchülerInnen

Tag 2) Verstehen und Bewerten von gesundheitsbezogenen Informationen

Am zweiten Workshoptag wurden zunächst die Erkenntnisse des vorangegangenen Tages wieder aufgegriffen. Als Grundlage dafür dienten die Dokumentationsbögen und die Präsentationsunterlagen. Der inhaltliche Schwerpunkt des zweiten Workshoptages lag auf dem Verstehen und Bewerten von gesundheitsrelevanten Informationen. Anknüpfend an die Inhalte des ersten Workshoptages wurde zunächst die Verständlichkeit der bisher recherchierten Informationen diskutiert und dann verschiedene Lesestrategien (LeseNavigator des Landesinstituts für Schule und Medien Berlin-Brandenburg [12]), die das Verstehen (komplexer) Texte erleichtern können, vorgestellt und exemplarisch angewandt.

Der zweite Abschnitt dieses Tages widmete sich dem Bewerten von gesundheitsrelevanten Informationen aus dem Internet. Zunächst gab die Workshopleitung Input dazu, anhand welcher Kriterien vertrauenswürdige und qualitativ hochwertige Websites von weniger vertrauenswürdigen unterschieden werden können. Hierbei wurden die Tipps zur Recherche vertrauenswürdiger Gesundheitsinformationen der Stiftung Gesundheitswissen (https://www.stiftung-gesundheitswissen.de) als Basis herangezogen. Zudem wurde den Teilnehmenden eine Liste mit vertrauenswürdigen Websites zur Verfügung gestellt. Im Anschluss evaluierten die SchülerInnen die von ihnen am Vortag recherchierten Quellen und führten eine erneute Recherche durch, bei der sie sich auf Websites konzentrierten, die als gute Quellen für Gesundheitsinformationen angesehen werden können. Danach fanden sie sich ihrem Fallbeispiel entsprechend wieder in Gruppen zusammen und diskutierten ihre Empfehlung vom Vortag. Sie konnten ihre Empfehlung entweder ändern oder beibehalten und mit den neu recherchierten Informationen anreichern. Am Ende dieses Workshoptages galt es schließlich, eine endgültige Empfehlung zum Fallbeispiel abzugeben.

Tag 3) Schreibwerkstatt: gesundheitsrelevante Informationen darstellen

Der 3. Workshoptag beinhaltete eine Schreibwerkstatt. Die SchülerInnen erstellten Texte (sowohl narrative als auch expositorische) zu gesundheitsbezogenen Themen, die sie mit Informationen aus verlässlichen Internetquellen anreicherten. Die SchülerInnen konnten die Themen frei wählen. Die gewählten Themen hatten teilweise Bezug zu den in den Fallbeispielen angesprochenen Themen, teilweise handelte es sich um Themen, die für die SchülerInnen von besonderem Interesse waren, z. B. Allergien oder mentale Gesundheit. Jede/r SchülerIn verfasste mindestens einen Text im Umfang von bis zu 600 Wörtern. Die Texte konnten dann, wenn gewünscht, in der Gruppe präsentiert werden. Abgeschlossen wurde dieser dritte und letzte Workshoptag mit einer Gruppendiskussion, in der die erarbeiteten Inhalte sowie allgemein neue Erkenntnisse aus den drei Workshoptagen thematisiert wurden.

Evaluation: Bewertung der Workshops durch die SchülerInnen

Im Rahmen der abschließenden Gruppendiskussionen wurde eine qualitative Evaluation der Workshops vorgenommen. Die Gruppendiskussionen wurden aufgenommen und transkribiert. Zusätzlich füllten die Teilnehmenden einen kurzen Fragebogen aus, in dem sie Auskunft zu ihrem wahrgenommenen Lernfortschritt gaben und den Workshop bewerten konnten.

Laut dieser Befragung (n = 35; 3 SchülerInnen waren bei der Befragung nicht anwesend) waren rund 89 % der SchülerInnen der Ansicht, besser im Internet nach Informationen suchen zu können als vor dem Workshop. Rund 77 % waren der Meinung, Informationen aus dem Internet nun besser verstehen zu können und ca. 89 % gaben an, nach dem Workshop besser beurteilen zu können, welche Informationen aus dem Internet vertrauenswürdig sind. Etwa 91 % der SchülerInnen fanden den Workshop lustig und >94 % fanden ihn informativ.

Aus den offenen Antworten bei der Befragung sowie den Gruppendiskussionen ging hervor, dass zum einen die intensive Arbeit am Computer positiv bewertet wurde und zum anderen der Input durch die Workshopleitung zu vielen neuen Erkenntnissen geführt hatte. Als positiv hervorgehoben wurde auch die Möglichkeit, den Medizinstudierenden Fragen zu stellen und gemeinsam konkrete Frage- bzw. Problemstellungen zu diskutieren. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Workshops aus Sicht der SchülerInnen erfolgreich waren.

Diskussion und Reflexion der Ergebnisse

Das in allen Workshops auffallend große Interesse der SchülerInnen an gesundheitsbezogenen Themen, die über die Bereiche gesunde Ernährung und Bewegung hinausgehen, stellte eine gute Ausgangsbasis für die Vertiefung von Inhalten dar. Durch das offene Setting fühlten sich die SchülerInnen ernstgenommen und nützten die Gelegenheit, eigene offene Fragen zu klären. Der vertrauensvolle Umgang miteinander stellt eine unumgängliche Voraussetzung für die Vertiefung der Themen dar, da häufig sehr persönliche Erfahrungen eingebracht werden z. B. Großeltern, die an Demenz erkrankt sind oder Angehörige mit Krebserkrankungen. Deshalb ist es wesentlich, dass die Workshops in einem Klima des gegenseitigen Vertrauens und der Wertschätzung stattfinden.

Um ein solches Setting zu ermöglichen, ist eine klare Absprache mit den Lehrpersonen notwendig, die aufgrund ihrer Aufsichtspflicht zumindest auf Abruf verfügbar sein müssen. Unklare Rollenverteilungen bzw. ein unklares Rollenverständnis hinsichtlich dessen, wie sich die Lehrpersonen einbringen können, können den Ablauf solcher Workshops stören. Allein die passive Anwesenheit von Lehrpersonen kann die Bereitschaft der SchülerInnen mindern, sich aktiv einzubringen. Manchmal sind klassenverantwortliche Lehrpersonen schulfremden Personen gegenüber auf ein gutes Image bedacht und darauf, dass ihre Klasse einen guten Eindruck hinterlässt. Auch dies ist für ein offenes Gesprächsklima nicht förderlich.

Kommt es von Seiten der Lehrpersonen darüber hinaus zu Einmischungen im Sinne von beispielsweise Ermahnungen bestimmter SchülerInnen, kann die Atmosphäre beeinträchtigt werden. Andererseits können Lehrpersonen den Workshopablauf auch positiv beeinflussen, wenn sie eine gute Beziehung zu den SchülerInnen und ehrliches Interesse an den Inhalten haben. Grundsätzlich zeigten unsere Erfahrungen jedoch, dass SchülerInnen sich deutlich freier äußern, wenn während des Workshops keine Lehrperson anwesend ist. Es sollte deshalb vor Durchführung solcher Workshops eine Vertrauensbasis geschaffen werden, sodass die Lehrpersonen keine Schwierigkeiten haben, einen Teil der Verantwortung an die Workshopleitung abzugeben. Hier kann ein starkes Einbeziehen der Lehrpersonen in die Planung hilfreich sein. Eine genaue Klärung der Rolle der Lehrpersonen vor der Workshopdurchführung ist in jedem Fall sinnvoll.

Ebenfalls vor der Durchführung sollte die Beschaffenheit der IT-Infrastruktur an der Schule geklärt werden. Eine stabile Internetverbindung sowie ausreichend PC-Arbeitsplätze sind notwendig. Technische Probleme können zu gravierenden Verzögerungen führen, daher ist eine genaue Abklärung möglicherweise auftretender Schwierigkeiten im Vorhinein wichtig.

Schlussfolgerungen und Ausblick

Die hier vorgestellten Workshops eignen sich gut zur Diskussion aktueller gesundheitsrelevanter Themen und zur Sensibilisierung von SchülerInnen für kritische Aspekte der Qualität von Gesundheitsinformationen im Internet. Die Kooperation von Schulen und Hochschulen, die medizinische Fachkräfte ausbilden, kann für beide Seiten gewinnbringend sein. Angehende MedizinerInnen können im Austausch mit SchülerInnen ihre Fähigkeiten im einfachen Erklären komplizierter Sachverhalte trainieren und werden für die Perspektive von potentiellen PatientInnen sensibilisiert. SchülerInnen erfahren im Austausch mit Medizinstudierenden Empowerment, indem sie weitgehend auf Augenhöhe kommunizieren können und ihre Fragen und Problemstellungen ernstgenommen werden. Beide Seiten profitieren also, sowohl MedizinerInnen in Ausbildung als auch SchülerInnen.

Workshops, wie hier vorgestellt, könnten auch sehr gut an Gymnasien durchgeführt werden, allerdings war uns von Anfang an wichtig, jene SchülerInnen zu erreichen, die aufgrund ihres sozioökonomischen Hintergrunds tendenziell ein geringeres Gesundheitswissen sowie weniger Berührungspunkte mit Medizinstudierenden oder mit MedizinerInnen im Verwandten- und Bekanntenkreis haben. Im Sinne des Empowerment-Gedankens wollten wir Bewusstsein für die eigenen Kompetenzen bei den SchülerInnen schaffen, ihnen Handwerkszeug für den kompetenten Umgang mit Gesundheitsinformationen als Basis für informierte Gesundheitsentscheidungen mitgeben und ihnen ermöglichen, ihre Erfahrungen in ihr familiäres Umfeld weiterzutragen und damit einen Transfer von Gesundheitskompetenz in das familiäre Umfeld fördern.

Fazit für die Praxis

  • Die Gesundheitsthemen der Workshops haben überraschend großes Interesse bei den Jugendlichen hervorgerufen, die diese Themen als sehr relevant empfanden.

  • Die partizipative Entwicklung erwies sich als Methode gut geeignet, Lehrpersonen und Schülerinnen zu begeistern.

  • Es wäre notwendig, diese Themen flächendeckend in allen Schulen zu diskutieren.

  • Allerdings fühlen sich die Lehrpersonen dafür nicht ausreichend qualifiziert. Es mangelt an technologischen und medizinischen Kompetenzen sowie an Medienkompetenz.

  • Es erscheint daher wichtig, ein Konzept zu entwickeln, das die Lehrpersonen unterstützt und flächendeckend umgesetzt werden kann, ohne die Lehrpersonen mit zusätzlichem Aufwand zu belasten.

  • Ein solches Tool wird derzeit in unserem Arbeitsbereich gemeinsam mit der TU Graz und der Medizinischen Universität Graz entwickelt und evaluiert. Es sollte ab Herbst 2020 den Lehrpersonen und SchülerInnen „open access“ zur Verfügung stehen.