Primärprävention unterscheidet sich von der Sekundär- und Tertiärprävention durch die Abwesenheit von Krankheit. Die Primärprävention verhindert damit den Ausbruch einer Erkrankung während die Sekundärprävention zu einer möglichst frühzeitigen Erkennung derselben führen soll. Die Tertiärprävention wiederum versucht, die möglichen Konsequenzen einer Erkrankung zu vermindern (Abb. 1). Die Behandlung eines erhöhten Körpergewichts (Adipositas) zur Verhinderung von Folgeerkrankungen ist nach dieser Diktion Primärprävention, weil durch epidemiologische Daten gesichert ist, dass Adipositas mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen verbunden ist und eine Reduktion des Körpergewichts mit einer niedrigeren Inzidenz von kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität einhergeht. Ziel dieser Übersicht ist es zu klären 1. warum welche adipösen Patienten einer medikamentösen Primärprävention bedürfen, 2. welche Optionen es dazu gibt und 3. wie sich diese Prävention in der Reduktion von Morbidität und Mortalität äußert.

Abb. 1
figure 1

Definitionen

Prävention

Prävention (praevenire: zuvorkommen) umfasst vorbeugende Maßnahmen, besonders in der Gesundheitspflege (Maßnahmen der Präventivmedizin). Dazu heißt es im § 1 des für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) einschlägigen 5. Sozialgesetzbuches (SGB V): „Die Versicherten sind für ihre Gesundheit mit verantwortlich, sie sollen durch eine gesundheitsbewusste Lebensführung, durch frühzeitige Beteiligung an gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen sowie durch aktive Mitwirkung an Krankenbehandlung und Rehabilitation dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden … “. Auch mit Arzneimitteln ist Prävention im Sinne dieser Definition möglich, wenn auch in der Regel die Arzneimitteleinnahme nur als weitere Option nach z. B. Verhaltensänderung, Umstellung der Ernährungsgewohnheiten etc. in Betracht gezogen werden sollte, um eine „Medikalisierung“ der Bevölkerung zu vermeiden. Die Arzneimittelrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses, die das im § 12 SGB V verankerte Wirtschaftlichkeitsgebot (der Krankenbehandlung) konkretisieren, führen hierzu aus: „Nicht jeder Krankheitszustand erfordert zur Behandlung die Anwendung eines Arzneimittels. Vor der Verordnung von Arzneimitteln soll der Vertragsarzt prüfen, ob entsprechend dem Gebot der Wirtschaftlichkeit ein vergleichbarer Behandlungserfolg durch andere Maßnahmen (z. B. hygienische, diätetische) erreicht werden kann.“

Risikostratifizierung

Damit stellt sich die Frage, ab wann eine medikamentöse Primärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen bei adipösen Patienten sinnvoll ist. Man wägt in diesem Zusammenhang die Höhe des kardiovaskulären Gesamtrisikos ab. Das Gesamtrisiko bestimmt die absolute Wirkung einer präventiven Intervention, da die prozentuale Risikoreduktion unabhängig von der Gesamthöhe eines Risikos ist. Je höher das Gesamtrisiko, das sich aus der Gesamtheit der Risikofaktoren (RF) ergibt, umso größer ist damit auch der absolute Nutzen, der aus einer wirksamen Intervention resultiert. Die Höhe des Gesamtrisikos kann z. B. mit Hilfe der Risikocharts der „European Society of Cardiology“ (ESC, [1]) oder auch mit dem PROCAM-Score [2] geschätzt werden.

Die Höhe des gesamten Risikos hat einen bedeutenden Einfluss auf die Anzahl von Patienten oder Personen, die für 1 Jahr behandelt werden müsste, um ein Ereignis zu verhindern: die „number needed to treat“ (NNT). Die NNT ergibt sich einerseits aus der erwarteten (spontanen) jährlichen Ereignisrate (z. B. 2%) und andererseits aus der Wirksamkeit der Intervention (z. B. Reduktion der Ereignisrate um 30%). Aus der daraus resultierenden jährlichen Reduktionsrate von 0,6% ergibt sich eine NNT von 100/0,6=166. Es gibt keine objektiv wissenschaftlich belegbare Grenze für die NNT, ab welcher eine Behandlung zwingend ist. Eine NNT von 200 war z. B. der mittlere Wert für alle in der WOSCOP-Studie (Statine) eingeschlossenen Personen. In Abhängigkeit von zusätzlichen RF lag die NNT deutlich >400 oder <150 (Tabelle 1).

Tabelle 1 NNT aus der WOSCOP-Studie. Auf 10 Jahre hochgerechnete Ereignisraten bei Untergruppen in der WOSCOP-Studie und Anzahl der für 1 Jahr mit Lipidsenker (40 mg Pravasin) zu behandelnden Personen (mittlerer LDL-Cholesterin 190 mg/dl), um ein Ereignis (Herzinfarkt oder kardialer Tod) zu verhindern (NNT)

Ein Wert von 20% Risiko über 10 Jahre wird von der ESC [3] und der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) als Grenzwert angesehen, wenn es um den Einsatz einer medikamentösen Therapie geht. Die Festlegung kann aber als willkürlich angesehen werden. Unter dem zugegebenermaßen unrealistischen Szenario einer unbegrenzten Verfügbarkeit von kostenlosen Arzneimitteln würde man die Grenze an einer Stelle ziehen, wo die möglichen Nebenwirkungen (Schaden) einer solchen Therapie den zu erwartenden Nutzen überschreiten. Das ist schwer zu messen und ist sicher auch interindividuell unterschiedlich. Vereinfacht könnte man aber die Entscheidung aus einer Formel herleiten, bei der im Falle eines positiven Resultats eine medikamentöse Therapie „lohnt“:

$$ Nutzen - Schaden = Resultat $$
(1)

In der realen Welt wird man in eine solche Gleichung aber die Kosten einer Arzneimitteltherapie mit in Betracht ziehen, sodass die Formel etwas komplexer und gleichzeitig variabel wird:

$$ Nutzen - Kosten - Schaden = Resultat $$
(2)

In diesem Kontext stellt sich die Frage nach dem Wert eines gewonnenen Lebens oder Lebensjahrs. Dieser Frage geht man in der Medizin häufig aus dem Weg. Lebensversicherungen überlassen die Entscheidung über den Wert des Lebens dem Versicherungsnehmer und belegen ihn mit einer nach seinem individuellen Risiko und nach seiner vereinbarten Auszahlung im Versicherungsfall variablen Prämie. Der Wert von 1998 in den USA abgeschlossenen Risikolebensversicherungen lag im Mittel zwischen 42.000 $ und 271.900 $ je nach Lebensalter (Abb. 2). Er orientiert sich aber auch stark am Haushaltseinkommen des Versicherungsnehmers (z. B. Haushaltseinkommen >100.000 $ mittlere Versicherungssumme 559.000 $).

Abb. 2
figure 2

Abgeschlossene Lebensversicherungen in den USA nach Alter des Hauptverdieners 1998

Epidemiologie und kardiovaskuläres Risiko

Nach den Ergebnissen des Bundesgesundheitssurvey 1998, einer repräsentativen Stichprobe der Bevölkerung in Deutschland [4], liegt die relative Häufigkeit übergewichtiger Personen bei 39,4% und derjenigen mit Adipositas bei 20,3%. Auch in der primärärztlichen Versorgung in Deutschland ist der Anteil der übergewichtigen und adipösen Patienten hoch und entspricht im Wesentlichen den im Bundesgesundheitssurvey gefundenen Daten (Abb. 3, [5]).

Abb. 3
figure 3

Anteil übergewichtiger und adipöser Patienten in der primärärztlichen Versorgung. (Nach [5])

Kennzeichnend für Patienten mit v. a. abdominaler Adipositas sind eine Reihe von metabolischen Risikofaktoren, die in ihrer Summe als metabolisches Syndrom bezeichnet werden und die mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität einhergehen:

  • atherogene Dyslipidämie (Erhöhung der Serumtriglyzeride, des Apolipoprotein B (apo B) und der kleinen LDL-Partikel, und niedrige HDL-Cholesterin-Spiegel),

  • erhöhter Blutdruck,

  • erhöhte Glukosespiegel und Insulinresistenz und

  • prothrombotischer sowie proinflammatorischer Konstellation [6].

Das aus diesen Veränderungen resultierende Risiko spiegelt sich auch in einer Übersicht der WHO aus dem Jahr 2000 wieder (Tabelle 2), die die Korrelation des Risikos für Begleiterkrankungen mit dem BMI dokumentiert [7].

Tabelle 2 Risiko für Begleiterkrankungen nach WHO. (Nach [7])

Auch in der HYDRA-Studie, einer Stichtagserhebung bei >40.000 Patienten im niedergelassenen Bereich in Deutschland, wurde für Patienten mit Übergewicht und Adipositas eine erhöhte Prävalenz von kardiovaskulären Folgeerkrankungen dokumentiert. Bei allen genannten Folgeerkrankungen ist der Anteil von übergewichtigen und adipösen Patienten besonders hoch (Tabelle 3).

Tabelle 3 Anteil der übergewichtigen und adipösen Patienten bei den einzelnen Erkrankungen in %. (Nach [5])

Adipositas und die direkten (z. B. Bluthochdruck) und indirekten Folgeerkrankungen (z. B. Herzrhythmusstörungen [8]) führen häufig zu einer reduzierten Lebenserwartung und -qualität für übergewichtige und adipöse Patienten [9, 10]. In der „Nurses Health Study“ [11] wurde der Zusammenhang zwischen erhöhtem Körpergewicht und Mortalität für Frauen, in der Arbeit von Fontaine et al. [10] einige Jahre später auch für Männer belegt (Tabelle 4, 5).

Tabelle 4 Effekte einer Intervention mit verschiedenen Medikamenten. Durch das relativ höhere Risiko adipöser Patienten ist eine höhere Risikoreduktion wahrscheinlich. (Nach [29])
Tabelle 5 Häufigkeit von Nebenwirkungen der verschiedenen Substanzklassen (in %). (Nach [29])

Übergewicht/Adipositas

Der abdominale Fettansatz (androider Verteilungstyp) wirkt sich besonders ungünstig auf den Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel, dass Gerinnungssystem und die Prognose aus. Durch eine deutliche Gewichtsreduktion können Entzündungsparameter wie CRP, aber auch TNF-α, Interleukin-6, P-Selektin, ICAM-1, VCAM-1 reduziert und die Endothelfunktion verbessert werden. Ein Erreichen einer dauerhaften Gewichtsreduktion ist jedoch schwierig und wird selbst nach einem kardiovaskulären Ereignis nur von wenigen Patienten erreicht. Die Empfehlung zur Gewichtsreduktion kann in Bezug auf eine Verminderung der Ereignisrate als Klasse-IIa-Empfehlung angesehen werden (Evidenzgrad C). Randomisierte Endpunktstudien fehlen.

Zur Pharmakotherapie von adipösen Patienten wurden 3 Medikamente systematisch untersucht. In einer aktuellen Übersichtsarbeit (Health Technology Assessment) war Orlistat nach 2 Jahren Therapie mit einer Reduktion des Gewichts um −3,26 kg [95%-Konfidenzintervall (-KI) =−4,15 bis −2,37] und einer Reduktion von Risikofaktoren verbunden. Sibutramin war nach 18 Monaten bei Patienten auf einer gewichtserhaltenden Diät mit einem Gewichtsverlust von −3,40 kg (95%-KI =−4,45 bis −2,35) und einer günstigen Beeinflussung von Risikofaktoren und des diastolischen Blutdruckes verbunden. Metformin war nach 10 Jahren mit einer reduzierten Gesamtmortalität und kardiovaskulären Mortalität verbunden (UKPDS), [12].

Hypercholesterinämie

Die Therapie der Hypercholesterinämie als Risikofaktor der koronaren Herzerkrankung ist notwendig und sinnvoll. Gerade adipöse Patienten haben häufig erhöhte Blutfettwerte und sind somit häufig eine wichtige Zielgruppe für den Einsatz von Statinen. Die Schlüsselstudien auf diesem Gebiet konnten eindrucksvoll die mortalitätssenkende Wirkung von Statinen in allen Endpunkten in der Primär- und Sekundärprävention unabhängig von Alter und Geschlecht zeigen (z. B. Scandinavian Simvastatin Survival Study 2004, [13]). Während auch der Nutzen der Statine in der Sekundärprävention eindeutig nachgewiesen ist, wird der Einsatz dieser Substanzen in der Primärprävention kontrovers diskutiert. Allerdings ist die Abgrenzung von Primär- zu Sekundärprävention hier auch besonders schwierig, weil sich die koronare Herzkrankheit (KHK) als ein Kontinuum, vom (noch) asymptomatischen Hochrisikopatienten bis zur Angina pectoris und zum Myokardinfarkt präsentiert. Vergleicht man die Ergebnisse der Primärpräventionsstudien mit denen der Sekundärpräventionsstudien, zeigt sich, dass die absolute Risikoreduktion in den Primärpräventionsstudien etwas geringer ist und damit die Anzahl Patienten, die zu behandeln sind, um ein Ereignis zu vermeiden, höher ist.

Arterielle Hypertonie

Die arterielle Hypertonie ist eine häufige Begleiterkrankung adipöser Patienten. So wurde in der HYDRA-Studie im Jahre 2001 in deutschen Allgemeinarztpraxen gezeigt [14], dass je nach Altersgruppe bis zu 80% aller adipösen Patienten gleichzeitig eine arterielle Hypertonie aufweisen. Aber schon in nominal normalen Blutdruckbereichen ist das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse erhöht und steigt linear mit dem steigenden Blutdruck.

Auf dem Boden pathophysiologischer Überlegungen erscheint der Einsatz von Hemmern des Renin-Angiotensin-Systems in Kombination mit einem niedrig dosierten Diuretikum besonders vorteilhaft. Für ACE- (Angiotensin-converting-Enzym-)Hemmer konnte gezeigt werden, dass sie bei Patienten mit Herzinsuffizienz [15] und nach Myokardinfarkt die Morbidität und Mortalität senken. Das Diabetesrisiko wird unter Einnahme von ACE-Hemmern nicht erhöht bzw. sogar vermindert. Darüber hinaus wirken sich die ACE-Hemmer günstig auf die häufig bei Adipositas vorliegende linksventrikuläre Hypertrophie aus.

Aus der Metaanalyse der Studien mit ACE-Hemmer (>74.000 Behandlungsjahre) ergibt sich eine NNT zur Verhinderung eines Schlaganfalls von 194. Für die Verhinderung eines schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignisses ergibt sich in dieser Gruppe mit relativ hohem Risiko (etwa 4,5% Ereignisrate/Jahr) eine NNT von nur 97 [16]. Die Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten habe viele Eigenschaften mit den ACE-Hemmern gemeinsam, sind aber nach den bisherigen Erfahrungen besser verträglich [17], insbesondere wenn höhere Dosierungen notwendig werden. Aktuelle Studien konnten auch ihren Stellenwert bei Patienten mit Herzinsuffizienz [18, 19, 20] und nach Myokardinfarkt [19] belegen. Daneben liegen Endpunktstudien zum Einsatz zur Verhinderung einer terminalen Niereninsuffizienz [21, 22] bzw. eines Schlaganfalls [23, 24] vor. Sie sind daher eine wichtige Therapieoption in der Behandlung der Adipositas assoziierten Hypertonie.

Atherosklerose/-thrombose

In der kardiovaskulären Primärprävention verhindert Acetylsalicylsäure (ASS) bei Männern Herzinfarkte (relative Risikoreduktion 32%), aber keine Schlaganfälle — so zeigen es bisher 5 große Studien mit 55.000 überwiegend männlichen Teilnehmern. Demgegenüber zeigte die „Women‘s Health Study“ (mit fast 10.000 Patientinnen), dass ASS Frauen nicht vor Herzinfarkten oder kardiovaskulären Ereignissen insgesamt schützt, dafür aber vor Schlaganfällen [25]. Wegen der immer noch heterogenen Datenlage und dem Risiko von Blutungskomplikationen stuft der aktuelle Chochrane-Review daher die primärpräventive Einnahme von ASS als nicht sinnvoll ein ([26], der zweifelsfrei nachgewiesene Nutzen in der Sekundärprävention soll damit jedoch nicht in Zweifel gezogen werden).

Die Bedeutung eines primärpräventiven Einsatzes von Clopidogrel ist unklar. Bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom wird Clopidogrel für den akuten sowie den langfristigen Einsatz über 9–12 Monate empfohlen [27]. Jenseits dieser Evidenz hängt eine Entscheidung über seinen Einsatz vom individuellen Risikostatus der Patienten und der klinischen Beurteilung ab. Er erscheint z. B. bei Patienten mit einer Unverträglichkeit für ASS angezeigt und wird bei Patienten mit Angioplastie (mit oder ohne Stentimplantation) und bei koronarem Bypass empfohlen. Insgesamt reduziert Clopidogrel die Häufigkeit des kombinierten Endpunktes kardiovaskulärer Tod, Herzinfarkt oder Schlaganfall mit und ohne refraktäre Ischämie [28].

Übergreifende Ansätze

Im Jahr 2003 schlugen Wald u. Law [29] in einem Artikel im British Medical Journal vor, mehrere Antihypertensiva (Betablocker, Diuretikum, ACE-Hemmer), ASS, ein Statin und Folsäure in einer Tablette zusammenzufassen („Polypill“) und diese nicht nur Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen zu verabreichen, sondern allen Erwachsenen >55 Jahren. Basierend auf dieser Metaanalyse könnte das relative Risiko von ischämischen Herzereignissen und Schlaganfällen zu 88 und 80% gesenkt werden [29]. Damit diese geschätzte Risikoreduktion zur Geltung kommen könnte, wäre ein sehr breiter, universeller präventiver Ansatz nötig, d. h. jeder Erwachsene müsste (auch im Falle kompletter Gesundheit) im Alter von 55–64 Jahren diese aus 6 Komponenten zusammengesetzte Pille 2 Jahre lang einnehmen (Primärprävention). Ob dieser Ansatz sinnvoll und gewollt ist wird gegenwärtig intensiv diskutiert.

Eine Blockade des Endocannabinoid-Systems mit Rimonabant stellt eine neue Möglichkeit dar, über eine Gewichtsreduktion hinaus eine deutliche Reduktion kardiovaskulärer Risikofaktoren zu erreichen [30]. Endocannabinoide sowie deren Rezeptoren sind sowohl im zentralen Nervensystem als auch in der Peripherie in verschiedenen Organen exprimiert und regulieren die zentrale Steuerung der Nahrungsaufnahme und die peripheren metabolischen Regelkreise. Im Kontext einer Steuerung der Nahrungsaufnahme ist der Cannabinoid-Rezeptor 1 (CB1-Rezeptor) von zentraler Bedeutung. Seine Stimulation mit Δ9-Tetrahydrocannabiol (Δ9-THC) oder Blockade mit Rimonabant sind klinisch bedeutsame therapeutische Ansätze zur Steuerung des Körpergewichts. Rimonabant ist der erste Vertreter einer neuen Gruppe von Medikamenten, die über eine Blockade des CB1-Rezeptors in das Endocannabinoid-System eingreifen. Mit der in klinischen Studien [30, 31] gefundenen deutlichen Reduktion des Körpergewichts und des Taillenumfangs geht eine Verbesserung des kardiovaskulären Risikoprofils einher, das durch einen Anstieg des HDL-Cholesterins, einem Absinken der Serumtriglyzeride und eine verbesserte Insulinsensitivität gekennzeichnet ist. Dieser Ansatz könnte daher für übergewichtige und adipöse Patienten eine Art moderne „Polypill“ sein.

Ausblick

Adipöse Patienten sind im Hinblick auf kardiovaskuläre Folgeerkrankungen eine Hochrisikogruppe. Modifikationen des Lebensstils mit erhöhter körperlicher Aktivität und verminderter Kalorienzufuhr führen nur selten zur gewünschten Gewichtsreduktion und der damit einhergehenden Senkung des kardiovaskulären Risikos. Daher sollte eine medikamentöse Prävention von Folgeerkrankungen in Erwägung gezogen werden. Eine gezielte Senkung des häufig erhöhten Blutdruckes, eine Therapie einer evtl. vorliegenden Hyperlipidämie und eine Thrombozytenaggregationshemmung sind Maßnahmen, die zu einer deutlichen Reduktion des kardiovaskulären Risikos führen. Ob hier Ansätze wie die Polypill oder die Hemmung des Endocannabinoid-Systems innovative Strategien sind, werden die kommenden Jahre zeigen.