Lernziele

Nach Lektüre dieses Beitrags …

  • können Sie einen Diabetes mellitus mit Hilfe geeigneter Laborparameter diagnostizieren,

  • ist Ihnen die Bedeutung des Einsatzes der richtigen Entnahmeröhrchen für die Glukosebestimmung bewusst,

  • kennen Sie die gesetzlichen Grundlagen zur Qualitätssicherung von laboratoriumsmedizinischen Bestimmungen,

  • sind Ihnen die Limitationen der HbA1c-Bestimmung (HbA1c: glykiertes Hämoglobin Typ A1c) bewusst,

  • ist Ihnen die Bedeutung der Ketonkörperbestimmung bekannt,

  • kennen Sie Indikationen für die C‑Peptid-Bestimmung und können deren Vorteile gegenüber der Insulinbestimmung benennen.

Hintergrund

Diabetes mellitus ist eine Stoffwechselerkrankung, deren Hauptmerkmal die chronische Hyperglykämie ist. Ursächlich sind entweder eine eingeschränkte Insulinsekretion, eine reduzierte Insulinwirkung oder beides. Die stark steigende Zahl an Menschen mit Diabetes geht mit einer gleichsam zunehmenden Zahl an diabetesassoziierten Folgeerkrankungen einher. Dazu zählen mikroangiopathische Erkrankungen wie Retinopathie, Nephropathie und Neuropathie sowie makroangiopathische Erkrankungen, zu denen v. a. die koronare Herzkrankheit, zerebrovaskuläre Erkrankungen und die periphere arterielle Verschlusskrankheit gerechnet werden. Zur Vermeidung von Folgeerkrankungen ist eine frühzeitige Diagnose mit Hilfe von Laborparametern entscheidend. Zusätzlich spielt die Labordiagnostik auch bei der Abschätzung der Prognose und der Therapiesteuerung von Menschen mit Diabetes eine entscheidende Rolle.

Einteilung des Diabetes mellitus

In der klinischen Praxis unterscheidet man zwischen Diabetes mellitus Typ 1 und 2. Der Diabetes mellitus Typ 1 ist die häufigste Diabetesform bei jüngeren Menschen und eine Folge der autoimmunvermittelten Zerstörung der Betazellen des Pankreas. Bei den Betroffenen finden sich spezifische Autoantikörper im Blut, und es liegt ein absoluter Insulinmangel vor.

Der Diabetes mellitus Typ 2 tritt v. a. im höheren Alter auf und ist eng mit dem metabolischen Syndrom und einer Insulinresistenz assoziiert.

Zu den weiteren Diabetesformen zählen der Gestationsdiabetes und andere spezifische Formen, wie beispielsweise der medikamenteninduzierte Diabetes, der pankreoprive Diabetes und spezielle genetisch bedingte Formen, wie der MODY („maturity onset diabetes of the young“).

Neue Einteilung in Typ-2-Diabetes-Subtypen

Der Diabetes mellitus Typ 2 präsentiert sich klinisch sehr heterogen und zeigt interindividuell erhebliche Unterschiede hinsichtlich notwendiger Therapien und Folgeerkrankungen. Mittels Clusteranalysen wurde, basierend auf Daten skandinavischer Kohorten, eine detaillierte Einteilung vorgeschlagen [1]. In dieser wurden 5 Diabetessubtypen beschrieben, die anhand spezifischer Charakteristika definiert werden und sich sehr deutlich im Risiko für Folgeerkrankungen unterscheiden. Als Grundlage für diese neue Klassifikation wurden neben dem Alter und dem Body-Mass-Index (BMI) v. a. Laborparameter einbezogen: HbA1c, C‑Peptid, Glukose (für die Berechnung der HOMA-Indizes [HOMA: „homeostasis model assessment“], HOMA2‑B [HOMA-B: HOMA für Betazellfunktion (HOMA2: „updated HOMA“)] und HOMA2-IR [HOMA-IR: HOMA für Insulinresistenz]) und GAD-Autoantikörper (GAD: Glutamatdekarboxylase). Damit diese Daten auf weitere Populationen übertragen werden können und dadurch international anwendbar werden, müssen diese zur Klassifikation verwendeten Laborparameter weltweit vergleichbar gemessen werden können. Dies verdeutlicht, auch für die Einteilung in die neuen Diabetessubtypen, die zentrale Bedeutung zuverlässiger und genauer laboratoriumsmedizinischer Bestimmungen [2].

Fallbeispiel Teil 1: Anamnese und körperliche Untersuchung

Ein 67-jähriger übergewichtiger Mann (BMI: 32 kg/m2) wird mit der Verdachtsdiagnose „Erstmanifestation Diabetes mellitus“ ins Krankenhaus eingewiesen. Er klagt über seit Wochen zunehmende Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Außerdem müsse er seit einigen Tagen sehr viel mehr Wasserlassen als üblich. Er berichtet, in letzter Zeit vermehrt depressiv verstimmt gewesen zu sein. In der körperlichen Untersuchung finden sich leichte Ödeme an den unteren Extremitäten, und in der Auskultation fällt ein abgeschwächtes Atemgeräusch beidseits basal auf. Die Vitalparameter sind unauffällig. Zur genaueren Abklärung werden Blut- und Urinuntersuchungen veranlasst.

Laborparameter für die Diagnose eines Diabetes mellitus

Folgende Kriterien werden von nationalen und internationalen Diabetesfachgesellschaften für die Diagnose eines Diabetes bei Menschen mit Symptomen eines solchen oder einem erhöhten Diabetesrisiko definiert [3, 4, 5]:

  • Gelegenheitsplasmaglukosespiegel ≥ 11,1 mmol/l (≥ 200 mg/dl)

  • Nüchternplasmaglukosewert ≥ 7,0 mmol/l (≥ 126 mg/dl)

  • 2‑h-Plasmaglukosespiegel im Rahmen eines oGTT (oraler Glukosetoleranztest, Infobox 1) ≥ 11,1 mmol/l (≥ 200 mg/dl)

  • HbA1c-Wert ≥ 48 mmol/mol (≥ 6,5 %)

Als diagnostisches Vorgehen wird zunächst die Messung des Nüchtern- oder des Gelegenheitsplasmaglukosespiegels empfohlen. Bei unauffälligen Befunden trotz Symptomen eines Diabetes oder bei erhöhtem Diabetesrisiko sowie auch bei grenzwertigen Befunden (Infobox 2) wird die Bestimmung des 2‑h-Plasmaglukosewerts im Rahmen eines oGTT oder des HbA1c angeraten ([6], Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Diagnostisches Vorgehen bei Menschen mit Symptomen eines Diabetes, erhöhtem Diabetesrisiko oder auffälligen Glukose‑/HbA1c-Werten (HbA1c: glykiertes Hämoglobin Typ A1c), IFG „impaired fasting glucose“ (beeinträchtigte Nüchternglukose), IGT „impaired glucose tolerance“ (beeinträchtigte Glukosetoleranz), NPG Nüchternplasmaglukose, oGTT oraler Glukosetoleranztest. (Aus [6])

Infobox 1 Oraler Glukosetoleranztest (oGTT)

Die Durchführung eines oGTT wird von Fachgesellschaften als Goldstandard zur Diagnose eines Diabetes mellitus empfohlen. Das Vorgehen ist wie folgt: Es wird idealerweise morgens eine 75 g Glukose enthaltende Lösung getrunken, nachdem mindestens 8 h Nahrungskarenz eingehalten worden war. Zudem sollte in den letzten 3 Tagen eine kohlenhydratreiche Ernährung zugeführt worden sein (≥ 150 g Kohlenhydrate/Tag). Die Glukosekonzentration wird im venösen Blutplasma vor Einnahme der glukosehaltigen Lösung und 2 h nach dieser bestimmt. Die Bewertung der 2‑h-Plasmaglukosewerte erfolgt anhand der Angaben in Abb. 1.

Infobox 2 Prädiabetes

Die Vorstufe des manifesten Diabetes mellitus wird als Prädiabetes bezeichnet. Es findet sich entweder eine erhöhte Nüchternplasmaglukosekonzentration („impaired fasting glucose“ [IFG]) oder eine eingeschränkte Glukosetoleranz („impaired glucose tolerance“ [IGT]). Eine IFG liegt vor, wenn der Nüchternplasmaglukosewert zwischen 5,6 mmol und 6,9 mmol/l (100 und 125 mg/dl) beträgt. Eine IGT liegt bei einem 2‑h-Plasmaglukosewert im Rahmen eines oGTT von 7,8–11,0 mmol/l (140–199 mg/dl) vor. Auch bei HbA1c-Werten von 39–48 mmol/mol (5,7–6,4 %) spricht man von einem Prädiabetes [4, 7].

Gesetzliche Rahmenbedingungen – interne und externe Qualitätssicherung

Alle zur Diagnose eines Diabetes mellitus verwendeten Laborparameter und ihre Messverfahren unterliegen der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (kurz: Rili-BÄK; [8]). Diese Richtlinie enthält genaue Vorgaben, wie die interne und externe Qualitätssicherung durchzuführen sind. Ziel sind die Minimierung von Einfluss- und Störfaktoren und die Sicherstellung der korrekten Durchführung und Dokumentation laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen.

Merke

Alle zur Diagnose eines Diabetes mellitus verwendeten Laborparameter und ihre Messverfahren unterliegen der internen und externen Qualitätssicherung nach den Vorgaben der Rili-BÄK.

Für die interne Qualitätssicherung gilt: Vor Beginn jeder Messung muss eine Kontrollprobenmessung erfolgen. Innerhalb von 24 h müssen mindestens 2 davon durchgeführt werden. Dabei sollen Qualitätskontrollproben mit bekannten Zielwerten verwendet werden, die wie Patientenproben behandelt werden. Außerdem sollen Kontrollproben verwendet werden, deren Konzentrationen in mindestens 2 verschiedenen, klinisch relevanten Bereichen liegen. Auch bei allen Eingriffen in das Messverfahren muss vor der nächsten Patientenmessung eine Kontrollprobenmessung erfolgen. Die Bewertung der internen Qualitätssicherung erfolgt anhand der Vorgaben in der Rili-BÄK. Für Glukose ist eine relative Abweichung des Einzelwerts vom Zielwert von 11 % erlaubt. Für das HbA1c wurde dieser Bereich in den letzten Jahren verkleinert. Bisher war eine Messabweichung von 10 % erlaubt. Diese Grenze wurde mit Bekanntmachung der neuen Rili-BÄK im Dezember 2019 auf zunächst 5 % herabgesetzt und soll mit einer Übergangszeit von 2 Jahren weiter auf 3 % reduziert werden.

Für die externe Qualitätssicherung gilt: In der Rili-BÄK definierte Parameter müssen mittels externer Ringversuche überwacht werden. Referenzinstitutionen verschicken regelmäßig Kontrollproben, die von den teilnehmenden Laboratorien wie Patientenproben gemessen und ebenfalls nach den Vorgaben in der Rili-BÄK bewertet werden sollen. Für die Glukosebestimmung ist eine Abweichung von 15 % erlaubt. Für das HbA1c wurde mit der neuen Rili-BÄK die zulässige Messabweichung von vormals 18 % auf 8 % herabgesetzt.

In niedergelassenen Praxen oder auch in Krankenhäusern ohne Zentrallabor gelten diese Bestimmungen nicht für Messverfahren mit für eine Einzelbestimmung vorgesehenen Reagenzien („unit use“) in der patientennahen Sofortdiagnostik (Infobox 3).

Infobox 3 Patientennahe Sofortdiagnostik

Patientennahe Sofortdiagnostik ermöglicht die direkte Messung einer Patientenprobe ohne vorherige Probenvorbereitung, und benötigte Reagenzien können ohne Vorbereitung direkt eingesetzt werden. Die Bestimmungen werden meist außerhalb eines Zentrallabors durchgeführt, und aus den Messergebnissen lassen sich direkt diagnostische oder therapeutische Konsequenzen ableiten.

Merke

Patientennahe Sofortdiagnostik mit für eine Einzelbestimmung vorgesehenen Reagenzien muss in niedergelassen Praxen oder in medizinischen Einrichtungen ohne Zentrallabor nicht mittels externer Qualitätssicherung überwacht werden. Die interne Qualitätssicherung muss mindestens 1‑mal wöchentlich und nach den Angaben des Herstellers durch eine Kontrollprobenmessung sichergestellt werden.

Tab. 1 Ergebnisse der Laboruntersuchungen

Fallbeispiel Teil 2

Die Ergebnisse der Laboruntersuchungen sind in Tab. 1 dargestellt.

Die Ergebnisse des Urinstreifentests waren:

  • pH-Wert: 6,5

  • spezifisches Gewicht: 1,006

  • Leukozyten: (+)

  • Nitrit: negativ

  • Azeton: negativ

  • Eiweiß: +

  • Hämoglobin: negativ

  • Glukose: +++

Laborparameter in der Diabetologie

Glukose

Glukose gehört zu den wichtigsten zellulären Energielieferanten des Menschen. Beim Diabetes kommt es infolge von Insulinmangel oder reduzierter bzw. fehlender Insulinwirkung zu einem Anstieg der Blutglukosekonzentration. Die Hyperglykämie ist daher unabhängig von ihrer Ätiologie der Leitbefund des Diabetes.

Messverfahren und Limitationen

Die Glukosekonzentration wird mit Hilfe enzymatischer Messverfahren im venösen Blutplasma bestimmt. Referenzmethode ist die Hexokinasereaktion mit anschließender Umsetzung durch die Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase, wodurch die Analyse spezifisch für Glukose wird. Gemessen wird das dabei gebildete NAD(P)H (Nikotinamidadenindinukleotid[phosphat], reduziert). Für die patientennahe Sofortdiagnostik wird die Glukoseoxidasemethode verwendet, bei welcher die Glukosekonzentration im Vollblut amperometrisch ermittelt wird. Für dieses Verfahren wird nur sehr wenig Volumen benötigt, und die Bestimmung erfolgt innerhalb weniger Sekunden.

Die Glukosekonzentration spiegelt nur den aktuellen Moment wider und hat in vivo eine Reihe von Einflussfaktoren. Dazu zählen Medikamente, akute und chronische Infektionen sowie Stresssituationen. Darüber hinaus zeigen sich unterschiedlich stark ausgeprägte intraindividuelle und tageszeitliche Schwankungen.

Merke

Zur Diagnose eines Diabetes mellitus ist die Bestimmung der Glukosekonzentration im venösen Blutplasma der Goldstandard!

Präanalytik der Glukosebestimmung

Bei der Messung der Glukosekonzentration sind wichtige präanalytische Limitationen zu beachten: Von erheblicher Bedeutung ist die Tatsache, dass Glukose in vitro von Blutzellen weiter abgebaut wird und sich deren Konzentration dadurch weiter verringert. Um dies zu verhindern, wird die Verwendung von Blutentnahmeröhrchen mit Fluorid und Zitrat als Inhibitoren empfohlen [9], wodurch der weitere Abbau der Glukose vollständig und sofort verhindert wird. Die Verwendung von nur Fluorid enthaltenden Röhrchen dagegen bewirkt keine vollständige Hemmung des Glukoseabbaus [10]. Alternativ kann durch zeitnahe Zentrifugation der Probe (< 30 min) und sofortige Trennung des zellfreien Überstands von den Blutzellen der weitere Glukoseabbau ebenfalls verhindert werden. Die Verwendung von Entnahmeröhrchen mit Gelseparatoren ermöglicht den gleichen Effekt [11].

Glykiertes Hämoglobin Typ A1c (HbA1c)

Durch die nichtenzymatische Glykierung des Hämoglobins entsteht das für die Diabetesdiagnose verwendete HbA1c. Es wird entsprechend nationaler und internationaler Leitlinien eingesetzt und ist, neben seiner Bedeutung zur Diagnose und Prognose, zudem der zentrale Parameter für die Therapiekontrolle und -steuerung von Menschen mit Diabetes. Ein Wert von 6,5% (48 mmol/mol) gilt als Diagnosekriterium für einen Diabetes. Der HbA1c-Wert dient zudem als Langzeitblutglukosewert, da er die Blutglukoseeinstellung der letzten 8–12 Wochen widerspiegelt (entspricht der Lebensdauer der Erythrozyten).

Messverfahren und Limitationen

Zur Bestimmung stehen immunologische und chromatographische (v. a. HPLC [„high pressure liquid chromatography“ bzw. Hochdruckflüssigkeitschromatographie]) Messverfahren zur Verfügung. Durch die Verfügbarkeit eines internationalen Referenzmaterials und einer Referenzmethode wurde bei den unterschiedlichen HbA1c-Messverfahren eine Standardisierung erreicht, sodass heutzutage international vergleichbare Messergebnisse erzielt werden können. Die Bestimmung erfolgt aus EDTA-Vollblut (EDTA: Ethylendiamintetraessigsäure) und zeigt eine deutlich geringere präanalytische Beeinflussung im Vergleich zur Plasmaglukosekonzentration. Die Stabilität im EDTA-Vollblut beträgt im Kühlschrank bis zu 3 Tage und eingefroren mehrere Monate.

Individuelle Unterschiede wie die Medikamenteneinnahme, körperliche Fitness oder Schwangerschaft können den HbA1c-Wert beeinflussen, sodass diese bei der Interpretation der Messwerte berücksichtigt werden sollten. Generell können alle Veränderungen, die einen Einfluss auf die Erythrozytenlebensdauer haben (z. B. Anämien, Hämoglobinopathien, chronische Nieren‑/Leberinsuffizienz, u. a.), mit Änderungen des HbA1c-Werts einhergehen [12, 13]. Die Auswirkungen können sich, insbesondere bei den Hämoglobinopathien, unterschiedlich auf die eingesetzten Messmethoden auswirken.

Insulin und C-Peptid

Insulin ist das zentrale Hormon für die Regulation des Blutglukosespiegels. In pankreatischen Betazellen wird es aus dem Proinsulin unter Abspaltung des C‑Peptids gebildet und ist als einziges endogenes Hormon in der Lage, die Blutglukosekonzentration zu senken. Die Sekretion von Insulin und C‑Peptid aus den pankreatischen Betazellen erfolgt zunächst äquimolar, allerdings wird durch den raschen Abbau von Insulin in der Leberpassage das Verhältnis C‑Peptid/Insulin in der Peripherie deutlich erhöht.

Messverfahren und Limitationen

Insulin und C‑Peptid können mittels immunologischer Messungen in Serum oder Heparin‑/EDTA-Plasma spezifisch nachgewiesen werden, ohne dass Vorläufermoleküle wie das Proinsulin die Bestimmungen stören. Die Insulinbestimmung ist allerdings nach wie vor nicht standardisiert [14]. Daher zeigt sie erhebliche Unterschiede zwischen verschiedenen Reagenzien und eingesetzten Messverfahren. Auch in der klinischen Praxis ist sie nur eingeschränkt verwendbar, beispielsweise bei der Abklärung eines Insulinoms oder in Forschungsfragestellungen.

Demgegenüber setzte sich das C‑Peptid als Surrogatparameter für die körpereigene Insulinsekretion durch. Die C‑Peptid-Bestimmung wird durch exogen zugeführtes Insulin nicht gestört (welches teilweise durch Assays zur Insulinbestimmung erfasst wird) und die labormedizinische Standardisierung ist wesentlich weiter fortgeschritten.

Diagnostik diabetesassoziierter Autoantikörper

Der Diabetes mellitus Typ 1 ist gekennzeichnet durch das Vorhandensein von Autoantikörpern gegen Bestandteile der pankreatischen Betazellen. Zu den wichtigsten Zielstrukturen dieser Autoantikörper zählen die Glutamatdekarboxylase (GAD) und die Tyrosinphosphatase 2 (IA2). Insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern mit typischer Diabetessymptomatik sollten die Autoantikörper bestimmt werden. Auch bei Erwachsenen, bei denen die Diabetesklassifikation nicht sicher ist und bei welchen ein Verdacht auf einen autoimmunen Diabetes besteht, kann der Nachweis dieser Autoantikörper einen Hinweis auf das Vorliegen eines Diabetes mellitus Typ 1 geben.

Messverfahren und Limitationen

Der Nachweis von GAD- und IA2-Autoantikörpern kann mit Hilfe eines ELISA (enzymverknüpftes immunbindendes Nachweisverfahren, [„enzyme linked immunosorbent assay“]) aus Serum oder Heparinplasma geführt werden. Alternativ stehen auch andere Detektionssysteme, wie beispielsweise Radiobindungsverfahren oder Fluoreszenzmessverfahren zur Verfügung. Als Antigene werden humane Proteine eingesetzt, die die Quantifizierung der Autoantikörper ermöglichen. Allerdings kann aufgrund der biologischen Heterogenität von Antikörpern keine Standardisierung erreicht werden, sodass für jedes Testsystem eigene Cut-off-Werte definiert werden müssen. Durch Verwendung eines Referenzstandards für GAD- und IA2-Autoantikörper kann aber eine weitestgehende Harmonisierung der verschiedenen Testsysteme erreicht werden [2].

Ketonkörper

Ketonkörper entstehen unter katabolen Stoffwechselbedingungen wie beispielsweise beim ausgeprägten oder absoluten Insulinmangel bei Menschen mit Diabetes mellitus Typ 1. Dabei kommt es durch den erhöhten Abbau von Fettsäuren zur vermehrten Bildung von Azetyl-CoA, aus welchem die Ketonkörper (Azetoazetat und Azeton) sowie β‑Hydroxy-Butyrat entstehen (bei β‑Hydroxy-Butyrat handelt es sich formal um keinen Ketonkörper; in der Diagnostik wird es aber trotzdem zu dieser Substanzgruppe gerechnet). Bei Menschen mit Diabetes kann dies zu einer lebensbedrohlichen Ketoazidose führen. Um dies frühzeitig zu erkennen, ist der zeitnahe und zuverlässige Nachweis von Ketonkörpern im Serum/Urin, neben der Bestimmung des pH-Werts, von entscheidender Bedeutung.

Messverfahren und Limitationen

Ketonkörper können im Serum mittels enzymatischer Messverfahren gemessen werden. Im Urin werden Azeton und Azetoazetat mittels Streifentest bestimmt, β‑Hydroxy-Butyrat wird durch diese Methode allerdings nicht erfasst. Die Ketonkörper zeigen insgesamt eine eingeschränkte Stabilität, sodass Proben entweder zeitnah gemessen oder eingefroren verschickt werden sollten.

Mit der Einführung der SGLT-2-Inhibitoren (SGLT-2: „sodium glucose linked transporter 2“) für die Therapie des Diabetes und neuerdings teilweise auch für andere Indikationen wurden vermehrt Ketoazidosen bei nur leicht erhöhten und auch normwertigen Glukosekonzentrationen beobachtet [15]. Die SGLT-2-Inhibitoren hemmen spezifisch den natriumabhängigen Glukosetransporter SGLT‑2 in der Niere und werden neben der eigentlichen Indikation beim Diabetes zunehmend auch bei Patienten mit Herzinsuffizienz eingesetzt. Das Risiko für Ketoazidosen steigt insbesondere bei schweren Infektionen, bei größeren operativen Eingriffen und unter Stresssituationen deutlich an.

Merke

Unter Therapie mit SGLT-2-Inhibitoren kann es zu einer euglykämischen Ketoazidose kommen! Bei entsprechendem Verdacht ist neben der Bestimmung des pH-Werts auch die Ketonkörperbestimmung indiziert.

N-terminale Vorstufe des B-natriuretischen Peptids (NT-proBNP)

Natriuretische Peptide wie das BNP („brain natriuretic peptid“) sind wichtige Regulatoren des Plasmavolumens und beeinflussen den Blutdruck, indem sie als Vor- und Nachlastsenker die Natriurese fördern und zugleich gefäßerweiternd wirken. Das Peptid BNP wird spezifisch in Kardiomyozyten des linken Ventrikels aus dem Vorläufermolekül proBNP gebildet. Das aktive BNP wird äquimolar mit dem N‑terminalen proBNP-Fragment, NT-proBNP, freigesetzt. Beide Parameter sind etablierte kardiale Marker zur Herzinsuffizienzdiagnostik. Neben der kardialen Funktion werden sie auch durch das Alter, das weibliche Geschlecht und Übergewicht beeinflusst [16]. Heutzutage wird v. a. die Bestimmung von NT-proBNP eingesetzt.

Messverfahren und Limitationen

Das NT-proBNP kann mittels immunologischer Messung in Serum oder EDTA-/Heparinplasma bestimmt werden. Im Vergleich zum BNP, das nur im EDTA-Plasma gemessen werden kann und eine Halbwertszeit von wenigen Stunden aufweist, ist das NT-proBNP deutlich länger stabil (Halbwertszeit ca. 2–3 Tagen). Die Therapie der Herzinsuffizienz mit Neprilysininhibitoren zielt auf eine Hemmung des Abbaus von u. a. aktivem BNP ab und führt dadurch zu für die Diagnostik falsch-hohen BNP-Konzentrationen. Daher wird bei Patienten unter Neprilysininhibitoren grundsätzlich die Bestimmung von NT-proBNP empfohlen.

Merke

Unter Therapie mit Neprilysininhibitoren werden falsch-hohe BNP-Konzentrationen gemessen. Zur Diagnostik der Herzinsuffizienz soll in diesen Fällen NT-proBNP bestimmt werden!

Fallbeispiel Teil 3: Diagnose und neuer Befund

Die Diabetesdiagnose kann aufgrund der Laborergebnisse gestellt und die entsprechende Therapie zeitnah eingeleitet werden. Der Patient wird über die Erkrankung umfassend aufgeklärt, und es werden weitere Untersuchungen zur Abklärung von Folgeerkrankungen und des erhöhten NT-proBNP-Werts veranlasst. Ein routinemäßig durchgeführter PCR-Test (PCR: Polymerasekettenreaktion) bei Aufnahme auf SARS-CoV‑2 („severe acute respiratory syndrome coronavirus 2“) ergab ein positives Ergebnis. Auf gezielte Nachfrage gibt der Patient an, seit einigen Tagen etwas Husten und Halsschmerzen zu haben. Er ist sehr besorgt über den positiven Nachweis, da er in der Vergangenheit bereits 2 Thrombosen hatte und ihm das erhöhte Risiko für thrombembolische Ereignisse bei COVID-19 („coronavirus disease 2019“) bekannt sei. Sie veranlassen die Isolation des Patienten und klären ihn über COVID-19 auf.

Diabetes und COVID-19 („coronavirus disease 2019“)

Die klinische Symptomatik von COVID-19 ist sehr variabel. Um diejenigen Menschen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf frühzeitig zu identifizieren, wurden verschiedene Risikofaktoren untersucht. Neben

  • dem Alter wurden

  • das männliche Geschlecht,

  • ein schlecht eingestellter Diabetes,

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen und

  • Übergewicht

als Risikofaktoren für einen schweren Verlauf identifiziert [17, 18]. Zusätzlich wurden zahlreiche Laborparameter untersucht, die ebenfalls mit einem schweren Verlauf einhergehen. Insbesondere frühzeitig erhöhte D‑Dimere waren mit einem ungünstigen Verlauf assoziiert und stehen im engen Zusammenhang mit den häufig beobachteten COVID-19-assoziierten Gerinnungsstörungen. Die D‑Dimer-Bestimmung wird daher als Prognosefaktor bei Vorliegen von COVID-19-typischen Symptomen diskutiert und könnte in der Risikoabschätzung, insbesondere für Menschen mit Diabetes, eine Rolle spielen [19].

D-Dimere

D‑Dimere sind Fibrinspaltprodukte, die im Rahmen der Fibrinolyse eines Blutgerinnsels entstehen. Es handelt sich um einen Marker der Gerinnungsaktivierung, der v. a. bei klinischem Verdacht auf eine venöse Thrombose oder ein thrombembolisches Geschehen eingesetzt wird.

Messverfahren und Limitationen

Die D‑Dimer-Bestimmung erfolgt in Zitratplasma unter Verwendung von Antikörpern, die spezifisch Neoantigene des quervernetzten Fibrins nach Spaltung durch Plasmin erkennen. Dadurch sind keine Kreuzreaktivitäten mit Fibrinogen oder anderen Strukturen zu erwarten.

Die D‑Dimer-Bestimmung zeigt eine hohe Sensitivität zur Diagnose einer tiefen Beinvenenthrombose oder einer Lungenarterienembolie. Zudem weist sie einen hohen negativen prädiktiven Wert zum Ausschluss ausgeprägter thrombembolischer Erkrankungen auf. Die Spezifität der D‑Dimer-Bestimmung ist allerdings deutlich eingeschränkt. Ein D‑Dimer-Anstieg kann auch bei einer Vielzahl anderer Erkrankungen beobachtet werden wie beispielsweise in der Schwangerschaft, postoperativ, bei Tumorerkrankungen und grundsätzlich in allen Situationen, die mit einer erhöhten Aktivität des Gerinnungssystems einhergehen.

Fazit für die Praxis

  • Zur Diabetesdiagnose sollen zunächst die Nüchtern- oder Gelegenheitsplasmaglukosewerte ermittelt werden.

  • Bei grenzwertigen Befunden sind Messungen des 2‑h-Plasmaglukose- oder HbA1c-Werts (glykiertes Hämoglobin Typ A1c) indiziert.

  • Die Glukosewerte sollen aus venösem Plasma bestimmt werden. Dabei sind geeignete Entnahmeröhrchen zu verwenden, um in vitro den weiteren Abbau zu verhindern. Alternativ ist dies durch zeitnahe Zentrifugation und Abtrennung des Überstandes möglich.

  • Limitationen der HbA1c-Bestimmung müssen bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden.

  • Die Vorgaben der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen müssen eingehalten werden.

  • Diabetesassoziierte Autoantikörper spielen bei der Typ-1-Diabetes-Diagnose eine wichtige Rolle.

  • Die C‑Peptid-Bestimmung kann bei unklarer Diabetesklassifikation hilfreich sein.

  • Bei Verdacht auf eine Ketoazidose sind pH- und Ketonkörperbestimmungen in Serum/Urin indiziert.