Angesichts der steigenden Zahl von Menschen mit Typ-2-Diabetes und der damit verbundenen hohen individuellen und gesellschaftlichen Belastungen ergibt sich die dringliche Aufgabe, effektive Programme zur Primärprävention des Diabetes in Deutschland zu organisieren [1]. Der Typ-2-Diabetes ist für eine Primärprävention prädestiniert, denn das Auftreten der Erkrankung kann durch nichtpharmakologische und pharmakologische Interventionen verhindert oder zumindest hinausgezögert werden [2, 3]. Mehrere Präventionsstudien bei Personen mit gestörter Glukosetoleranz, einer Vorstufe des Typ-2-Diabetes, zeigten übereinstimmend, dass die Neuerkrankungsrate durch eine Lebensstilintervention (Gewichtsreduktion, Bewegung, Ernährungsumstellung) um mehr als die Hälfte gesenkt werden kann [2, 3, 4].

Derzeit ist unklar, wie solche Hochrisikogruppen für die Prävention effektiv identifiziert werden sollen. Umfangreiche Phäno- und Genotypisierung von Bevölkerungsgruppen sind derzeit nur in aufwendigen Forschungsprojekten möglich. Die Durchführung eines oralen Glukosetoleranztests als Risikoscreening in der Allgemeinbevölkerung ist aus Kosten- und Zeitgründen ebenfalls nicht realisierbar. Daher hat das Interesse an prognostischen Modellen zur Abschätzung des Typ-2-Diabetesrisikos sprunghaft zugenommen [5].

Kowall und Rathmann zeigen in ihrem Beitrag, was ein gutes Prognosemodell auszeichnet. Dies sind neben statistischen Gütekriterien wie Diskriminanz, Kalibrierung und externer Validität auch die Benutzerfreundlichkeit des Scores, die Verfügbarkeit der berücksichtigten Parameter sowie die verbundenen Kosten. Die Ableitung von Prädiktionsmodellen schließt eine Reihe von Schritten ein, die beschrieben werden.

Derzeit werden Diabetesscores jedoch eher selten in der klinischen Praxis verwendet. Kowall, Rathmann und Landgraf erörtern deshalb die Frage nach der Akzeptanz von Scores bei Patienten und praktisch tätigen Ärzten. Des Weiteren untersuchen sie die Identifizierung von Faktoren, die eine Nutzung von Scores beeinträchtigen oder fördern können und die Fragestellung, inwiefern die eher intuitive Prognose eines Arztes und die Score-basierte Prognose miteinander vergleichbar sind.

Mühlenbruch und Schulze geben eine Übersicht über den zeitlichen Trend sowie regionale Verteilung der bis Ende 2013 publizierten Typ-2-Diabetes-Prädiktionsmodelle. Dabei liegt der Fokus auf den nichtinvasiven und extern validierten prognostischen Modellen, da diese ein breiteres Anwendungsfeld in der allgemeinen Bevölkerung bieten im Vergleich zu Scores, die Blutparameter oder andere ärztliche Untersuchungen beinhalten.

Herder und Illig gehen der Frage nach, inwiefern Genvarianten und Metabolite als bislang am besten messbare Biomarker im Rahmen der neuen Omics-Technologien zur Verbesserung der Risikoprädiktion des Typ-2-Diabetes dienen können.

In der Kardiologie spielen Risikoscores bei den Behandlungsempfehlungen in nationalen und internationalen Leitlinien bereits eine wichtige Rolle [6]. Grossmann, Schmitt, Jünger, Münzel und Wild zeigen, dass für die Stratifizierung des kardiovaskulären Risikos bei Patienten mit Typ-2-Diabetes eine große Anzahl von Prognosemodellen zur Verfügung steht. Neben der Bedeutung zur Berechnung des Risikos für die Entwicklung einer kardiovaskulären Erkrankung, können die Scores im Alltag auch für das Gesundheitsbewusstsein des Patienten hilfreich sein, beispielsweise durch eine Änderung des Lebensstils oder einer verbesserten Medikamenteneinnahme.

Für Diabetesscores und kardiovaskuläre Prognosemodelle gibt es eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten, die von internetbasierten Angeboten über die betriebliche Gesundheitsvorsorge bis zur klinischen Praxis reichen. Um Risikoscores für den Einsatz in der ärztlichen Praxis attraktiver zu machen, bieten sich insbesondere Parameter an, die bereits vorliegen und nicht zusätzlich erhoben werden müssen. Scores werden nicht die ärztliche Einschätzung ersetzen können, sie stellen jedoch eine wertvolle Ergänzung dar.