Ganz aktuell wurde aus dem Epidemiology Research Program der amerikanischen Krebsgesellschaft (American Cancer Society) eine prospektive Kohortenstudie an 1 Mio. Erwachsener publiziert [1], die 26 Jahre nachbeobachtet wurden, nachdem bei Studienbeginn keine Krebserkrankung festgestellt worden war (Cancer Prevention Study II). An diesem Kollektiv fand sich eine eindeutige Korrelation von Diabetes mellitus mit Tod durch verschiedene Krebserkrankungen. Wie erwartet war bei Diabetikern auch die Mortalität durch Herz-Kreislauf-, Atemwegserkrankungen und Erkrankungen des Verdauungs- sowie Urogenitalsystems vermehrt. Bei beiden Geschlechtern fielen Häufungen von Krebs an Leber, Pankreas und Kolon auf. Dazu kamen geschlechtsabhängige Zunahmen der Krebserkrankungen bei Frauen an Mamma und Endometrium sowie bei Männern im Hals-Nasen-Ohren(HNO)-Bereich. Die Ergebnisse dieser aktuellen Studie werden durch mehrere, umfangreiche Metaanalysen zu bestimmten Krebserkrankungen gestützt (zitiert in [1]). Der Blick auf die Gesamtmortalität zeigte eine Risikoverdoppelung bei Diabetikern. Im Alter von 50 Jahren an Diabetes mellitus Erkrankte verlieren etwa 5 Lebensjahre. Die vorhandene Datenlage insgesamt zeigt:

Der Krebstod trägt signifikant zur Mortalität durch alle bei Diabetes mellitus auftretenden Folgeschäden bei.

Warum nun Betroffene insbesondere bei Typ-2-Diabetes ein erhöhtes Krebsrisiko aufweisen, bleibt trotz intensiver Forschung und vieler interessanter Diskussion mit gut begründeten Hypothesen offen. Die Kernfrage ist, ob Risikofaktoren wie Übergewicht und mangelnde physische Betätigung mit resultierender Insulinresistenz ursächlich und einander bedingend Diabetes mellitus und Krebs begünstigen oder ob diese – zivilisatorischen – Risiken unabhängig voneinander einfach unterschiedliche Schäden am Menschen begünstigen. Das ist nicht unwichtig zu klären, da die Frage zu beantworten ist, ob eine gute Diabeteseinstellung hilft, das Krebsrisiko zu vermindern, oder – umgekehrt – schlecht eingestellte Diabetiker ein höheres Risiko tragen. Zudem gibt es Hinweise, dass insulinotrope Diabetesmedikamente eine Insulinresistenz eher fördern und daher ein höheres Krebsrisiko bedingen könnten, während nichtinsulinotrope Pharmaka, etwa Metformin, das Krebsrisiko senken könnten. Die Ergebnisse der aktuellen Fettgewebsforschung eröffnen hier eine völlig neue Perspektive. Dysfunktionale Fettzellen nehmen sehr wahrscheinlich durch parakrine und endokrine Effekte Einfluss auf die Diabetesentstehung, aber eben auch die Krebsentstehung und -progression bei Übergewichtigen [2]. Die alarmierende Ausbreitung der Fettlebigkeit wird auch deshalb zum weltweiten Problem. Diese Diskussion findet ihren Widerhall in der Laienpresse [3] und führt zu besorgten Nachfragen von Patienten sowie Familienangehörigen. Hier müssen Ärzte Rede und Antwort stehen und gute Konzepte präsentieren.

Pragmatisch kann man heute empfehlen, Gewichtsnormalisierung und eine gesunde Mischkost mit reichlich Gemüse und Obst allen Menschen anzuraten. Eine möglichst gute Stoffwechseleinstellung beim Diabetiker ist anzustreben, weil sie gesichert zur Verbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und vielleicht auch zur Minderung des Krebsrisikos beiträgt. Die Ziele bei der Diabeteseinstellung sind individuell zu überprüfen. Die Teilnahme an den Programmen zur Krebsvorsorge sind allen, besonders aber Menschen mit Diabetes, nahezulegen, da Letztere eindeutig als Risikogruppe anzusehen sind.