Sowohl die breitere Anwendung der schnittbildgebenden Diagnostik (Computertomographie [CT], Magnetresonanztomographie [MRT]) sowie ihre immer bessere Auflösung haben in der Kombination zur Darstellung von immer mehr und immer kleineren zystischen Läsionen im Pankreas geführt, häufig auch als Zufallsbefund [19]. Dies ist ein Prozess, der sich so auch bei Leber- und Nierenzysten vollzogen hat. Die Angaben zur Inzidenz von zystischen Pankreasneoplasien (PCN) schwanken noch sehr [7]. Im Unterschied zu den Nieren- bzw. Leberzysten haben einige zystische Pankreasläsionen ein hohes Malignitätspotenzial bis hin zur Entwicklung eines Pankreasadenokarzinoms. Wegen der infausten Diagnose darf die Chance, eine prämaligne Neoplasie rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln, in keinem Fall verpasst werden.

Systematik

Die PCN werden nach den WHO-Kriterien eingeteilt [17]. Es gibt 4 Hauptformen der PCN: intraduktale papillär-muzinöse Neoplasie (IPMN), muzinös-zystische Neoplasie (MCN), serös-zystische Neoplasie (SCN) sowie serös-pseudopapilläre Neoplasie (SPN; Tab. 1). Während die MCN ein hohes Entartungsrisiko haben und praktisch immer operiert werden müssen, werden SCN nur observiert und SPN trotz relativ niedrigen Entartungsrisikos ebenfalls meistens reseziert (Tab. 1). Die IPMN bedürfen einer differenzierten Betrachtung. Es werden IPMN im Pankreashauptgang (Main-duct[MD]-IPMN) von denen der Seitengänge (Branched-duct[BD]-IPMN) und den gemischten Formen (Mixed-type-IPMN) unterschieden. Die Prognose und der natürliche Verlauf sind sehr unterschiedlich (Tab. 2).

Tab. 1 Klinische, histopathologische und molekulare Charakteristika der häufigsten zystischen Neoplasien des Pankreas. (Nach [3])
Tab. 2 Einteilung der intraduktalen papillär-muzinösen Neoplasien (IPMN). (Nach [4])

Derzeitige Herausforderungen

Basierend auf den kürzlich veröffentlichten europäischen Richtlinien [7] lassen sich die folgenden Herausforderungen formulieren, auf die im Folgenden (Tab. 3) unter Darstellung des derzeitigen Vorgehens eingegangen wird.

Tab. 3 Derzeitige Herausforderungen bei PCN

Diagnostische Intervention

Eine zufällig gefundene zystische Läsion wird mit einer State-of-the-art-Bildgebung, idealerweise MRT mit Magnetresonanzcholangiographie (MRCP) und Sekretinstimulation, bestmöglich dargestellt. Bei Unklarheiten hinsichtlich der Dignität werden weitere bildgebende Verfahren, wie 3‑Phasen-CT und Endosonographie (EUS) mit Kontrastmittel, angewandt. Es erfolgt eine Einteilung entsprechend der WHO-Nomenklatur und im Fall von IPMN die Einteilung in Hauptgangläsionen (MD-IPMN) oder Läsionen in den Seitengängen (BD-IPMN) sowie eine Beurteilung, ob sog. besorgniserregende Merkmale („worrisome features“), wie Größe >3 cm, Durchmesser des „main pancreatic duct“ (MPD) 5–9 mm, klinische Symptome, Pankreatitis, solide Knoten und/oder atypische Zellen in der Zytologie, vorliegen. „High-risk stigmata“ beinhalten Ikterus, MPD ≥10 mm sowie kontrastaufnehmende Knoten. Sollten danach noch Unklarheiten existieren, ist eine kurzfristige (3-monatige) Kontrolluntersuchung mit Wiedervorstellung im Tumorboard erforderlich. Die Beurteilung der Konversion einer niedriggradigen Dysplasie in eine hochgradige ist mit derzeitigen bildgebenden Verfahren nicht möglich. In Einzelfällen kann die endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP) mit Pankreatikoskopie [2] und gegebenenfalls sogar die konfokale Endomikroskopie (pCLE; [16]) hilfreich sein.

Die Zytologie ist notorisch unzuverlässig

Neben der Bildgebung gibt es weitere Kriterien, wie z. B. Tumormarker in Blut und Zystenflüssigkeiten sowie die Zytologie. Die Zytologie ist notorisch unzuverlässig mit 40 % bis maximal 77 %, abhängig von der vermuteten Läsion [3]. Eine Messung der Pankreasenzyme in Serum und Zystenflüssigkeit ist bei der Fragestellung PCN nicht hilfreich, da bei Pseudozysten hohe Werte zu finden sind. Die Bestimmung des karzinoembryonalen Antigens (CEA) in der Zystenflüssigkeit ist vielleicht der etablierteste Parameter zur Differenzierung der muzinösen von den nichtmuzinösen Läsionen, auch wenn über den Cut-off-Wert noch keine Einigkeit herrscht [7, 23]. Der im Serum gemessene Tumormarker CA 19-9 scheint ebenfalls geeignet, zumindest bei den IPMN eine Invasion anzuzeigen: Wenn Werte im Verlauf, auch aus dem Normbereich (<37 I.E./l) heraus ansteigen, sollte man genau hinschauen. Es bedarf allerdings weiterer großer prospektiver Studien mit exzellenter Bildgebung, um diesen Befund zu etablieren [7, 23].

Chirurgische Intervention

Die Entscheidung über Indikation und Zeitpunkt einer chirurgischen Intervention muss neben dem Typ der IPMN (BD, MD oder „mixed type“) immer individuelle Faktoren des betroffenen Patienten (v. a. Alter und Komorbidität) berücksichtigen. Hierbei werden grundsätzlich MD- und Mixed-type-IPMN als gemeinsame Entität betrachtet, da ihr Malignitätsrisiko vergleichbar hoch und von der Hauptgangkomponente abhängig ist [26]. In allen Leitlinien gilt diesbezüglich ein Gangdurchmesser von ≥10 mm als Operationsindikation im Sinne einer onkologischen Resektion (also partielle Duodenopankreatektomie [„Whipple-Operation“], Pankreaslinksresektion oder totale Duodenopankreatektomie inkl. entsprechender Lymphadenektomie), sofern der Patient sich von seinen Begleiterkrankungen für eine Operation qualifiziert [7, 27]. Da die Definition von MD- und Mixed-type-IPMN jedoch bereits einen Gangdurchmesser von ≥5 mm beinhaltet, stellt der Bereich zwischen 5 und 9,9 mm eine „Grauzone“ dar, in der aktuell die Operationsindikation kontrovers diskutiert wird.

Während die Leitlinien der International Association of Pancreatology (IAP; [27]) hier lediglich ein „worrisome feature“ sehen und somit keine Operation empfehlen, fehlt in der Leitlinie der American Gastroenterological Association (AGA; [28]) eine genaue Angabe des Hauptgangdurchmessers, sodass diese nicht für eine Entscheidung in diesem Bereich herangezogen werden kann. Im Gegensatz dazu wird in der aktualisierten europäischen Leitlinie [7] das Malignitätsrisiko auch bei einem Durchmesser zwischen 5 und 9,9 mm als hinreichend angesehen, um eine relative Operationsindikation zu empfehlen; d. h., bei vertretbarer Komorbidität sollten die betroffenen Patienten operiert werden, auch wenn keine weitere Risikokonstellation (z. B. erhöhtes CA 19-9) vorliegt. Hintergrund für diese Empfehlung sind verschiedene Arbeiten der vergangenen Jahre, in denen das Risiko für High-grade-Dysplasien oder invasive Karzinome im Mittel bei 56 % (30–91 %) lag [1, 9, 24]. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine Resektion vor der Entwicklung eines invasiven Karzinoms durchgeführt werden sollte, erscheint diese Empfehlung sinnvoll.

Bei der BD-IPMN wurde in der Vergangenheit das Kriterium der Größe bei der Indikationsstellung zur Operation häufig stark in den Vordergrund gestellt. Daneben definierten die häufig angewandten sog. Sendai-Fukuoka-Konsensus-Leitlinien die bereits genannten „worrisome features“ und „high-risk stigmata“, anhand derer die Empfehlung zur weiteren Diagnostik bzw. Operation gegeben wurden. Inzwischen scheint sich abzuzeichnen, dass die Größe einer BD-IPMN alleine kein hinreichendes Kriterium für das Malignitätsrisiko und damit die Operationsindikation darstellt, da einerseits auch BD-IPMN unter 3 cm in verschiedenen Studien eine relevante Malignitätsrate aufwiesen ([8, 10, 11, 13, 22, 23, 29]; Tab. 4) und andererseits auch große BD-IPMN häufig benigne sind, wenn keine anderen Kriterien für maligne Entartung vorliegen. In den aktuellen europäischen Leitlinien wurde daher die Größe als Kriterium bis 4 cm nicht mehr berücksichtigt, vielmehr stellen weitere radiologische und endosonographisch definierte Veränderungen wesentlich wichtigere Faktoren dar, auch die Wachstumsdynamik (unabhängig von der absoluten Größe) kann eine entscheidende Rolle spielen. Bei Vorliegen einer Wachstumsdynamik von ≥5 mm/Jahr, erhöhtem CA 19-9, neu aufgetretenem Diabetes mellitus, IPMN-assoziierter akuter Pankreatitis oder einem kontrastmittelaufnehmenden Knötchen (<5 mm) besteht damit unter 4 cm Größe eine relative Operationsindikation; d. h., ein sonst bezüglich Komorbiditäten gesunder Patient sollte operiert werden. Dies kann bei einer BD-IPMN nicht nur im Sinne einer onkologischen Resektion, die in der Regel möglich ist, sondern befundabhängig parenchymsparend (z. B. durch alleinige Enukleation des Befunde [12]) erfolgen.

Bei parenchymsparender Operation muss ein Schnellschnitt zum Malignitätsausschluss erfolgen

Intraoperativ muss eine Malignität mittels Schnellschnitt ausgeschlossen werden, ansonsten muss die parenchymsparende Operation erweitert werden. Insbesondere bei BD-IPMN bieten sich außerdem minimalinvasive Verfahren (z. B. laparoskopische Enukleation oder Linksresektion) an, die bei entsprechender Expertise des Chirurgen auch robotisch assistiert erfolgen können [25]. Die potenziellen Vorteile dieser Verfahren sind neben kosmetisch besseren Ergebnissen eine geringeres Operationstrauma mit schnellerer Erholung und kürzerer Krankenhausverweildauer. Diese Vorteile sind bislang nicht durch methodologisch gute Studien (RCT) belegt. Entsprechende Studien werden daher zurzeit durchgeführt, sodass in den nächsten Jahren auch wissenschaftlich belegbare Ergebnisse hierzu vorliegen werden. Absolute Operationsindikationen bei BD-IPMN bestehen bei bioptisch nachgewiesener High-grade-Dysplasie oder bereits manifestem Karzinom sowie bei IPMN-bedingtem Ikterus und kontrastmittelaufnehmendem Knötchen ≥5 mm. Auch Patienten mit relevanten Begleiterkrankungen sollten nach Abwägung des Operationsrisikos einer Resektion zugeführt werden.

Tab. 4 Übersicht chirurgischer Studien zu Malignitätsraten bei intraduktaler papillär-muzinöser Neoplasie des Seitengangs <30 mm und >30 mm

In diesem Zusammenhang muss unterstrichen werden, dass gerade bei BD-IPMN individuelle Entscheidungen für oder gegen eine Operation immer möglich sind, wobei v. a. ein hohes Lebensalter (>70 Jahre), das Operationsrisiko, eine mögliche familiäre Belastung für das Auftreten von Pankreaskarzinomen und auch der Patientenwunsch berücksichtigt werden sollten.

Surveillance

Hier gilt es zunächst einmal festzustellen, ob es sich bei der relevanten Läsion um eine sporadische PCN handelt oder ob eine Person betroffen ist, die ein familiäres Risiko, vielleicht sogar einen positiven genetischen Marker hat und damit ein „individual at risk“ ist [6]. In einer Untersuchung wurde während eines 16-Jahres-Zeitraum eine maligne Konversion in etwa 7 % der Fälle beobachtet [5]. In diesem Patientengut am Johns Hopkins Institute waren alle gefundenen Tumoren resektabel. Nach initialer Diagnosestellung, die ja in der Regel zufällig erfolgt, sollte die grundlegende Bildgebung im Rahmen eines Pankreas-MRT mit MRCP, wenn möglich unter Sekretinstimulation, erfolgen [18]. Die erste Kontrolle sollte, entsprechend den Leitlinien, nach 6 Monaten erfolgen, um eine bereits bestehende Wachstumstendenz nicht zu verpassen [7]. Offensichtlich sind unterschiedliche MR-Techniken wie auch die Messung von Diameter oder Volumen gut vergleichbar [20].

Alle IPMN beinhalten ein lebenslanges Risiko für eine malige Entartung

Zahlreichen Langzeitstudien haben gezeigt, dass alle IPMN ein lebenslanges Risiko für eine Wachstumsdynamik und eine malige Entartung beinhalten [5, 13]. Daher sollten Patienten mit dieser Diagnose in ein strukturiertes Überwachungsprogramm aufgenommen werden. Auch nach erfolgter Resektion einer IPMN muss ein lebenslanges Follow-up durchgeführt werden, es sei denn, es wurde eine totale Pankreatektomie ohne Nachweis eines invasiven Karzinoms durchgeführt. Ansonsten kann an jeder Stelle des Restpankreas nach Pankreasteilresektion erneut eine IPMN entstehen oder sich eine bestehende IPMN verändern. Die Empfehlungen sowohl der IAP wie auch der europäischen Leitlinien [7] sind hier einig, dass keine Terminierung der Surveillance bzw. des Follow-ups sinnvoll ist. Inwieweit bei Patienten, die sich aus medizinischen Gründen keinerlei operativem Eingriff unterziehen können, auf die Surveillance verzichtet werden kann, ist noch in der Diskussion. In der Praxis umfasst die Überwachung eine jährliche Bildgebung, bevorzugt mit MRT/MRCP. Hier gibt es erste Erfahrungen mit einem Kurzprotokoll für Kontrollen, das z. B. auf die Gabe von Kontrastmittel verzichtet [21]. Die Endosonographie kann alternativ im Wechsel erfolgen, daneben kann CA 19-9 zur Verlaufskontrolle sinnvoll sein [3]. Bei pankreasspezifischen Beschwerden oder anderen neu aufgetretenen Symptomen (z. B. Gewichtsverlust) sollte eine Bildgebung auch außerhalb der vorgegebenen Intervalle durchgeführt werden. Ohne die Patienten zu beunruhigen, sollten sie darauf hingewiesen werden, sich bei Symptomen unmittelbar zu melden. Tatsächlich ist der psychologische Stress der Surveillance für diese Gruppe von Individuen und Patienten gering [15] mit der Ausnahme von Individuen, deren Angehörige jung ein Pankreaskarzinom entwickelt haben [14].

Ein weiteres Screening von IPMN-Patienten hinsichtlich Kolonadenome oder Barrett-Veränderungen wurde in der Vergangenheit aufgrund einer möglicherweise erhöhten Inzidenz dieser Erkrankungen bei IPMN-Patienten empfohlen; nach neuerer Datenlage scheint diese Assoziation jedoch nicht hinreichend belegt zu sein, um eine speziell strukturierte Überwachung außerhalb der grundsätzlichen Empfehlungen (z. B. zur Vorsorgekoloskopie) zu empfehlen.

Fazit für die Praxis

  • Fehlende Langzeitstudien sowie die komplexe Biologie der zystischen Pankreastumoren legen eine interdisziplinäre Vorgehensweise bei diesen Patienten nahe, die neben Gastroenterologen und Chirurgen erfahrene Radiologen, Pathologen (Zytologen) sowie interventionelle Endoskopiker (ERCP mit SpyGlass™ DS/pCLE; EUS) einschließen sollte.

  • Entscheidungen sollten idealerweise im Rahmen einer multidisziplinären Teamkonferenz getroffen werden.