Laut Definition der ESC-Leitlinie zur Diagnose und zum Management von Synkopen ist eine Synkope definiert als „vorübergehender Bewusstseinsverlust infolge einer zerebralen Hypoperfusion, gekennzeichnet durch rasches Einsetzen, kurze Dauer und spontane, vollständige Erholung“. Das Merkmal der zerebralen Hypoperfusion ist wichtig, denn es unterscheidet Synkopen von anderen Formen der transienten Bewusstlosigkeit (TLOC). Näher unterschieden werden Reflexsynkopen, Synkopen aufgrund von orthostatischer Hypotonie und kardiale Synkopen.

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Die Klärung der Ursache einer Synkope erfordert in vielen Fällen einen detektivischen Spürsinn.

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Der Vorsitzende im Autorengremium der ESC-Leitlinie Michele Brignole hat aus dem Leitlinientext zehn Punkte destilliert, die er als dessen „zehn Gebote“ bezeichnet [1]:

  1. 1.

    Vier Schlüsselfragen zu Beginn: War das Ereignis ein TLOC-Ereignis? Wenn ja: War das Ereignis synkopal oder nicht? Bei Verdacht auf Synkope: Gibt es eine klare ätiologische Diagnose? Gibt es Hinweise auf ein hohes Risiko für kardiovaskuläre oder tödliche Komplikationen?

  2. 2.

    Bei Abklärung in Notfallsituationen: Gibt es eine identifizierbare ernste Ursache? Falls die Ursache unklar ist: Wie hoch ist das Risiko eines ernsten Ausgangs? Sollte der Patient in ein Krankenhaus eingeliefert werden?

  3. 3.

    Veranlassen Sie ein EKG-Monitoring, wenn der Verdacht auf eine arrhythmiebedingte Synkope besteht!

  4. 4.

    Massieren Sie den Karotissinus von Patienten, sofern diese älter sind als 40 Jahre und eine Synkope unbekannten Ursprungs erlitten haben, die mit einem Reflexmechanismus vereinbar ist!

  5. 5.

    Eine Kipptischuntersuchung hilft, den Verdacht auf eine Reflex- beziehungsweise orthostatisch bedingte Synkope abzuklären.

  6. 6.

    Ein langzeitiges EKG-Monitoring benötigen Patienten mit rezidivierenden, schweren, unerklärten Synkopen, sofern:

    • sie klinische oder EKG-Merkmale aufweisen, die eine arrhythmiebedingte Synkope nahelegen;

    • sie ein hohes Risiko tragen, in absehbarer Zeit erneut eine Synkope zu erleiden;

    • sie von einer spezifischen Therapie nach Identifikation der Ursache profitieren würden.

    • Patienten mit unerklärter Synkope und bifaszikulärem Schenkelblock (drohendem hochgradigem AV-Block) oder Tachykardieverdacht benötigen eine elektrophysiologische Untersuchung.

    • Bei Patienten mit Verdacht auf nicht-synkopale TLOC ist eine Videoaufzeichnung zu erwägen.

  7. 7.

    Erklären Sie allen Patienten mit Reflexsynkope und orthostatischer Hypotension die Diagnose, beruhigen Sie sie und raten Sie ihnen, wie sie Trigger vermeiden können!

  8. 8.

    Patienten mit schweren Reflexsynkopen benötigen zusätzlich spezifische Therapien:

    • Midodrin oder Fludrocortison für junge Patienten mit niedrigem Blutdruck;

    • Gegendruckmanöver (inklusive Tilt-Training, falls erforderlich) bei jungen Patienten mit Prodromi;

    • Management mithilfe eines implantierbaren Ereignisrekorders bei ausgewählten Patienten;

    • Absetzen oder Reduktion einer drucksenkenden Therapie bei älteren Hypertonikern mit einem Zieldruck von systolisch 140 mmHg;

    • Schrittmacherimplantation für Patienten mit dominanten kardioinhibitorischen Formen.

  9. 9.

    Nutzen und Schaden einer ICD-Implantation sind abzuwägen, wenn es sich um Patienten mit unerklärter Synkope und hohem Risiko für plötzlichen Herztod handelt

  10. 10.

    Stellen Sie sicher, dass alle Patienten mit kardialer Synkope eine spezifische Therapie der auslösenden Erkrankung erhalten!