Wie die Daten einer repräsentativen Stichprobe der deutschen Bevölkerung zeigen, sind 7,4% der Personen ab 14 Jahren von chronischen nicht tumorbedingten Schmerzen beeinträchtigt und es gibt Hinweise auf einen steigenden Verbrauch von Opioiden. Fehlversorgt sind dabei jüngeren Angaben zufolge Patienten mit Fibromyalgie und somatoformen Schmerzstörungen. Hierzulande war ein außerordentlicher Anstieg der Verordnungen im Zusammenhang mit psychiatrischen Komorbiditäten festzustellen [1].

Patienten mit neuropathischen Schmerzen unterversorgt?

Andererseits scheint es möglich zu sein, dass beispielsweise Patienten mit neuropathischen Schmerzen unterversorgt sind, obwohl ihnen Opioide prinzipiell helfen könnten. Auch die Leitlinie „Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht tumorbedingten Schmerzen“ der Deutschen Schmerzgesellschaft e. V. (DGS) hält Opioide für eine Option gegen neuropathische Schmerzen. Chronische Arthrose- und Rückenschmerzen zählen ebenfalls zu den Indikationen. Dabei ist in der Regel die zeitlich befristete Einnahme von vier bis zwölf Wochen gemeint, wobei die Gabe beim akuten nicht spezifischen Kreuzschmerz nach spätestens vier, beim chronischen nach zwölf Wochen auf ihren Nutzen überprüft werden soll.

Die schwierigste Frage ist jene nach einer Opioidtherapie über länger als drei Monate. Unabdingbare Voraussetzung dafür ist, dass die Schmerzen unter der zunächst befristeten Therapie in relevantem Maß abgenommen haben und / oder die Patienten weniger beeinträchtigt sind, und dies ohne oder mit nur geringen Nebenwirkungen. In solchen Fällen halten die Autoren eine Langzeittherapie von sechs Monaten oder länger für eine Option („starker Konsens“), und zwar für „Patienten mit chronischem Rückenschmerz, chronischem Arthroseschmerz und chronischen neuropathischen Schmerzen (Polyneuropathien verschiedener Ätiologie, Postzosterneuralgie)“.

Vorsicht ist angebracht

Anders sieht es bei sonstigen Beschwerdebildern aus. „Für andere Erkrankungen mit Leitsymptom chronischer Schmerz“, so die Leitlinie, „wurden keine placebokontrollierten randomisierten kontrollierten Studien mit einer Dauer ≥ 4 Wochen und ≥ 20 Patienten pro Studienarm beziehungsweise Empfehlungen deutscher Leitlinien zur symptomatischen Schmerztherapie gefunden.“ Auch hier herrscht starker Konsens.

Die Vorsicht im Umgang mit Opioiden ist gewiss angebracht. Bei den Verordnungszahlen liegt Deutschland bei mehr als 20.000 standardisierten Tagesdosen je Million Einwohner. In den USA stehen etwa 35.000 Tagesdosen je eine Million Einwohner zu Buche. Stellt man den Verordnungen aber die Todesfälle durch Opioidmissbrauch gegenüber — zehn je eine Million Einwohner in Deutschland versus 130 Fälle je Million in den USA —, spricht das für einen hierzulande eher vernünftigen, restriktiven Umgang mit diesen Substanzen.