Meist ohne Bedenken nehmen Frauen heutzutage die „Pille“ zur Verhütung ein. Die Einnahme wird dem Arzt oft nicht mitgeteilt, denn häufig betrachten Frauen die „Pille“ nicht als Medikament. Doch dass sich die Kontrazeptiva-Einnahme durchaus auf andere körperliche Funktionen auswirken kann, zeigt das Beispiel einer Patientin, deren Bluthochdruck sich als eine medikamentös-induzierte arterielle Hypertonie entpuppte.
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Eine 32-jährige Patientin wurde uns mit der Erstdiagnose eines Bluthochdrucks zum Ausschluss einer sekundären Hypertonie zugewiesen. Die erhöhten Blutdruckwerte waren der Frau zum ersten Mal aufgefallen, als sie das neue Blutdruckmessgerät ihrer Mutter getestet hatte. Auch als die Patientin sich bei ihrem Hausarzt vorstellte, konnte der bei ihr erhöhte Werte (150–160/90–95 mmHg) feststellen. Die Langzeitblutdruckmessung ergab eine systolische arterielle Hypertonie Grad 1 mit erhaltener Nachtabsenkung. Bei der Mutter war eine arterielle Hypertonie im Alter von 60 Jahren diagnostiziert worden, der Vater und die Geschwister waren normoton.
Keine relevanten Vorerkrankungen
In der Vorgeschichte der Patientin fanden sich keine relevanten Vorerkrankungen. Erst auf Nachfrage berichtete sie, dass sie zur Verhütung seit dem 17. Lebensjahr orale Kontrazeptiva einnehme. Das Präparat sei sechs Monate zuvor umgestellt worden und zwar auf ein Östrogen-Gestagen-Kombinationspräparat. Der Patientin empfahl man zunächst, das Kontrazeptivum abzusetzen und auf eine hormonfreie Empfängnisverhütung umzustellen. Der Blutdruck wurde zuhause mittels Selbstmessung überwacht. Nach zwei Monaten wurde eine erneute Langzeitblutdruckmessung unternommen, die dann normale Blutdruckwerte zeigte.
Die Patientin litt an einer medikamentös induzierten arteriellen Hypertonie. Bei der Hypertonieabklärung ist es besonders wichtig, gezielt nach Medikamenten zu fragen. Denn frei verkäufliche Schmerzmittel aber auch orale Kontrazeptiva betrachten Patienten oft nicht als Medikamente und geben sie daher nicht an. Die ersten Pillenpräparate enthielten 50 μg und mehr Östrogen und 1–4 mg Progesteronderivate. Bluthochdruckerkrankungen traten bei etwa 5% der Frauen, die diese Kombinationspräparate einnahmen, auf.
Mit den heute wesentlich niedrigeren Hormonkonzentrationen ist diese Nebenwirkung viel seltener geworden. Charakteristisch ist, dass bei Absetzen der Pillen-Einnahme der Bluthochdruck verschwindet, jedoch kann dies durchaus mehrere Monate andauern. Die Mechanismen, die eine Hypertonie unter oraler Kontrazeption entstehen lassen, sind nicht vollständig geklärt. Anzunehmen ist, dass der Salz- und Wasserhaushalt durch Veränderungen in der Regulation des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) beeinflusst wird. Der Netto-Effekt besteht demnach in einer Salz- und Volumenretention.
Eine Vorgeschichte von Bluthochdruck in der Schwangerschaft, Hypertonie in der Familie, und klassische kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht, Diabetes mellitus und Nierenerkrankungen erhöhen das Risiko. Blutdruckkontrollen jeweils vor Rezeptierung der Pille, zumindestens jedoch jährlich bei Patientinnen, die orale Kontrazeptiva einnehmen, können mit geringem Aufwand das Risiko einer unentdeckten Hypertonie minimieren.
Bluthochdruck auch durch NSAR
Neben der Pille sind heute nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR), die auch unsere Patientin immerhin gelegentlich eingenommen hatte, die zweite große Medikamentengruppe, die an der Entstehung erhöhter Blutdruckwerte beteiligt sein kann. NSAR mindern die Synthese vasodilatierender Prostanoide, führen zu einer Konstriktion der Vasa afferentia in den Glomeruli und setzen damit die Nierenperfusion herab. Über diesen Mechanismus wird das RAAS ebenfalls aktiviert.
Die Tabelle liefert eine Übersicht über die wesentlichen Substanzgruppen, die den Blutdruck erhöhen können.
Literatur
CardioVasc 2012, Bluthochdruck durch die Pille, 12 (6): 27–28
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Mitchell, A. Bluthochdruck durch die Pille. CME 10, 26 (2013). https://doi.org/10.1007/s11298-013-0172-6
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