Es hätte eine Szene aus einem Wallander-Roman sein können: Ein 53-jähriger Mann wurde mit einem Pfeil im Mund tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden. Im Sitzen nach links gekippt, hielt er eine Armbrust auf sich selbst gerichtet in der linken Hand. Der Pfeil hatte den Schädel komplett durchschlagen, die Spitze schaute am Hinterkopf heraus. Trotzdem blieb die Mordkommission außen vor, denn das Team um Dr. Sybille Fieseler vom Rechtsmedizinischen Institut der LMU München fand keine Begleitverletzungen und keine Hinweise auf eine Fremdeinwirkung, zudem zeigte die Wohnung weder Spuren eines Einbruchs noch einer gewaltsamen Auseinandersetzung. Alles deutete darauf, dass sich der Hobbyschütze mit der eigenen Armbrust gezielt selbst getötet hatte.

Hirnstamm zerfetzt und Kleinhirn durchstoßen

Ein Suizidversuch per Armbrust mag zwar extrem selten sein, entsprechend angewendet ist die Waffe aber ebenso tödlich wie ein Gewehr oder eine Pistole. Das konnten Fieseler und ihre Mitarbeiter anhand der postmortalen CT und der Obduktion bestätigen. Durch die Mundhöhle drang der Pfeil direkt oberhalb der Halswirbelsäule in den Schädel ein (Abb. 1), bohrte sich dann entlang der Mittellinie durch das Gehirn und die hintere Schädelgrube, um schließlich etwas links der Mittelinie in der Schädelbasis am Hinterhaupt stecken zu bleiben (Abb. 2). Dabei wurde der Hirnstamm zentral zerfetzt und das Kleinhirn links der Mittellinie durchstoßen — die Verletzungen sprachen für einen raschen Tod.

Abb. 1
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Aufnahme bei der Sektion, der Pfeil steckt im Mund. Blutaustritte aus Mund und Nase.

Abb. 2
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Nach Abnahme des Großhirns erkennbarer Pfeilverlauf.

Pfeilspitze mit Widerhaken

Das Geschoss erwies sich als dreiflügeliger Jagdpfeil, der ins Gehirn eingedrungen seitlich an der Pfeilspitze Widerhaken öffnete, berichten Fieseler und ihre Mitarbeiter in der Zeitschrift „Rechtsmedizin“. Da bei der Armbrust der Pfeil fest eingespannt wird und sich mit einem Abzug ähnlich wie bei einem Gewehr ohne großen Kraftaufwand losschießen lässt, dürfte der Suizid auf diese Weise nicht schwieriger zu bewerkstelligen sein als mit einer Feuerwaffe. Dem aus nächster Nähe abgefeuerten Pfeil leistet der Schädelknochen zumindest keinen großen Widerstand.

Methode oft an Beruf oder Hobby angelehnt

Im Haus des Suizidopfers wurden noch weitere Armbrüste gefunden sowie eine Zielscheibe im Garten. Dies sprach dafür, dass sich der Mann mit der Waffe gut auskannte. Generell, so die Rechtsmediziner, werden oft Suizidmethoden favorisiert, die aus beruflichen Gründen oder über Hobbys leicht zugänglich sind. So vergiften sich Ärzte bevorzugt mit Medikamenten, Polizisten und Soldaten erschießen sich mit Pistolen, Apotheker und Chemiker greifen zu Zyanid.

Die Münchener Rechtsmediziner weisen darauf hin, dass die Armbrust seit 2004 dem Waffengesetz unterliegt und Schusswaffen gleichgestellt ist. Alle Regelungen, die für Schusswaffen gelten, betreffen daher meist auch die Armbrust. Allerdings ist für den Erwerb, Besitz, das Führen und Mitnehmen für Erwachsene ab 18 Jahren keine besondere Erlaubnis nötig.