Der Krankheitsverlauf von Patient:innen mit chronischen Lungen- und Atemwegserkrankungen wie die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) oder Fibrose ist progredient und führt aufgrund der Krankheitssymptomatik (z. B. eingeschränkte Lungenfunktion, Dyspnoe) zu Einschränkungen in der Lebensqualität und den Aktivitäten des täglichen Lebens [1,2,3]. Studien zufolge zeigt sich bei dieser Patient:innengruppe häufig ein reduziertes körperliches Aktivitätsniveau mit Voranschreiten der Erkrankung [4, 5].

Nach Park et al. [6] und Albarrati et al. [7] zeichnet sich das Aktivitätsverhalten von COPD-Patient:innen hauptsächlich durch leicht-intensive körperliche Aktivitäten (LPA) und Inaktivität aus. Im moderat- bis hochintensiven Aktivitätsbereich (Energieverbrauch: ab 3 MET [metabolisches Äquivalent]) verbrachten Patient:innen durchschnittlich 6,4 Minuten am Tag [6]. Die Gründe dafür können sehr vielfältig sein. Zum einen nehmen bei COPD-Patient:innen mit Erkrankungsprogredienz und zunehmender Dyspnoe (zunächst bei Belastung, später in Ruhe) die Dekonditionierung des Herz-Kreislauf-Systems und die Atrophie der Muskulatur aufgrund des krankheitsbedingten Bewegungsmangels zu. Diese Dekonditionierung ist mit einer zunehmenden reduzierten Belastbarkeit sowie einer Symptomverschlechterung assoziiert, die wiederum als Barriere für die Aufnahme und Aufrechterhaltung körperlicher Aktivitäten wirken kann [8]. In diesem Zusammenhang wird in der Literatur auch von einer „Inaktivitätsspirale“ gesprochen [2]. Körperliche Inaktivität ist mit verschlechterten Gesundheitsoutcomes (z. B. Dyspnoe), häufigeren Exazerbationen sowie einer höheren Hospitalisierungsrate und Mortalität assoziiert [9,10,11]. Entsprechend den gesundheitswirksamen Aktivitätsempfehlungen der WHO (Weltgesundheitsorganisation), sollten Personen mit chronischen Erkrankungen jedoch einen Umfang von 150 Minuten pro Woche im moderaten bis hochintensiven Aktivitätsbereich erreichen [12, 13]. Neueste Erkenntnisse einer Review- und Metaanalyse von Paixao et al. [14] zu Bewegungsinterventionen (Dauer: 8 bis 12 Wochen) im häuslichen Umfeld von COPD-Patient:innen zeigen, dass diese Interventionen biopsychosoziale Effekte auf die Atemnot, körperliche Belastbarkeit, Muskelkraft, Lebensqualität, psychische Symptome und Fatigue haben. Vor dem Hintergrund des bestehenden Aktivitätsmangels bei Patient:innen mit pneumologischen Erkrankungen ist es notwendig, bedeutende Prädiktoren innerhalb des bewegungsbezogenen Gesundheitsverhaltens zu identifizieren, die sich förderlich respektive hinderlich auf das Aktivitätsausmaß dieser Zielgruppe auswirken. Die Identifizierung solcher Faktoren könnte bei der Ausgestaltung von verhaltensorientierten Bewegungsinterventionen entsprechend adressiert werden, um so einen positiven Beitrag für das Krankheitsmanagement der Patient:innen zu leisten.

Theoretisch-konzeptionelle Überlegungen und Forschungsstand

Die Gesundheit von Patient:innen mit pneumologischen Erkrankungen wird in Anlehnung an das systemische Anforderungs-Ressourcen-Modell (SAR-Modell) von Becker [15] durch individuelle sowie umweltbezogene Aspekte beeinflusst. Das heißt, Gesundheit ist ein Resultat von Anpassungs- und Bewältigungsprozessen zwischen dem Individuum und der Umwelt. Zur Bewältigung interner und externer Anforderungen wie kardiorespiratorische Einschränkungen, reduzierte körperliche Belastbarkeit und depressiver sowie angstbezogener Symptomatiken stehen Patient:innen interne sowie externe Ressourcen zur Verfügung. Unter Ressourcen werden motivationale, kognitive, emotionale und soziale Potenziale einer Person verstanden [16, 17]. Zu diesen zählen neben sozialen Ressourcen (wie z. B. soziale Unterstützung) auch personale Ressourcen wie die Selbstwirksamkeit [15]. Selbstwirksamkeitserwartungen (SWE) sind als Konstrukt in der sozial-kognitiven Theorie von Bandura [18, 19] verankert und werden in allgemeine und bereichsspezifische SWE differenziert [20]. Zu den bereichsspezifischen SWE zählen z. B. neben aktivitätsbezogenen auch krankheitsspezifische SWE. In Bezug auf Patient:innen mit chronischen Lungen- und Atemwegserkrankungen ist unter krankheitsspezifischer SWE die Überzeugung zu verstehen, krankheitsbezogene Symptome wie die Dyspnoe in verschiedenen Alltagssituationen aufgrund eigener Fähigkeiten (z. B. unter Anwendung der Lippenbremse) bewältigen zu können. Nach Khoshkesht et al. [21] bestehen bei COPD-Patient:innen reduzierte krankheitsspezifische SWE. Gleichzeitig sind reduzierte SWE bei Patient:innen mit einer reduzierten Lungenfunktion und körperlichen Belastbarkeit sowie einer verminderten Lebensqualität und vermehrt auftretenden Symptomen von Dyspnoe sowie Depression und Angst assoziiert [22,23,24]. Zudem besteht ein Zusammenhang zu einer erhöhten Hospitalisierungs- und Exazerbationsrate. Hingegen stehen höhere SWE im Zusammenhang mit einem besseren Selbstmanagement bei Patient:innen [22]. Aktivitätsbezogene SWE beziehen sich auf die Überzeugung, körperliche Aktivität auch in schwierigen Situationen, z. B. aufgrund der Krankheitssymptomatik, mittels eigener Fähigkeiten aufzunehmen, umzusetzen bzw. aufrechtzuerhalten oder nach Unterbrechung (z. B. durch Exazerbationen) wieder aufzunehmen [25]. Geringere Ausprägungen in aktivitätsbezogenen SWE sind mit einer höheren Symptomschwere und vermehrten psychischen Symptomen bei COPD-Patient:innen assoziiert [26]. Carl et al. [27] weisen bei COPD-Patient:innen Zusammenhänge zwischen der Intention, d. h. der Absicht zur Umsetzung körperlicher Aktivität, und dem tatsächlichen Aktivitätsumfang in Schritten pro Tag nach. Die Metaanalyse von Selzler et al. [28] belegt, dass sowohl eine höhere krankheitsspezifische als auch eine höhere aktivitätsbezogene SWE mit einer höheren körperlichen Aktivität und Belastbarkeit bei COPD-Patient:innen einhergeht.

Geringe Selbstwirksamkeitserwartungen sind mit Dyspnoe und reduzierter Lebensqualität assoziiert

Im Hinblick auf weitere, das Aktivitätsverhalten von COPD-Patient:innen beeinflussende Faktoren geben Patient:innen in einer Untersuchung von Hartman et al. [29] gesundheitliche Probleme sowie das schlechte Wetter als hemmende Faktoren an, hingegen werden der gesundheitliche Nutzen sowie Spaß und Freude als förderliche Faktoren identifiziert. In einem systematischen Review qualitativer Studien zeigt sich, dass neben sozialer Unterstützung von medizinischem und therapeutischem Personal v. a. die SWE das Aktivitätsverhalten von COPD-Patient:innen nach einer pneumologischen Rehabilitation positiv beeinflussen [30]. Hingegen wirken sich negative Erfahrungen und Überzeugungen im Zusammenhang mit der Umsetzung von Bewegung negativ auf das Aktivitätsverhalten aus [30]. Die Identifizierung hinderlicher Faktoren bzw. von Barrieren ist Voraussetzung, um mittels Stärkung von Ressourcen wie der SWE im Rahmen motivationaler und volitionaler Prozesse einen Beitrag zur langfristigen Aufnahme und Aufrechterhaltung eines gesundheitsförderlichen Aktivitätsverhaltens von pneumologischen Patient:innen leisten zu können [28].

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der individuell wahrgenommene Gesundheitszustand davon abhängig ist, inwieweit es den pneumologischen Patient:innen gelingt, Anforderungen im Umgang mit der Erkrankung durch die Verfügbarkeit und Mobilisierung eigener individueller Ressourcen zu bewältigen. Demzufolge sind die Ausprägung sowie die Stärkung individueller Ressourcen bedeutsam für das Gesundheitsverhalten im Krankheitsmanagement von pneumologischen Patient:innen. Bei der Durchsicht bisheriger Studien zeigt sich, dass die Bedeutung von bereichsspezifischen SWE für die Umsetzung körperlicher Aktivität selten im Fokus der Forschung steht. Deshalb prüft die vorliegende Untersuchung, welchen Einfluss krankheitsspezifische und aktivitätsbezogene SWE sowohl auf den Aktivitätsumfang als auch auf die wahrgenommenen Schwierigkeiten bei der Aktivitätsumsetzung haben. In den Analysen werden weitere Faktoren wie das Alter oder die Erkrankungsschwere als Confounder berücksichtigt.

Material und Methoden

Untersuchungsdesign

Die aktuelle querschnittliche Untersuchungsauswertung bezieht sich auf Daten, die im Rahmen einer randomisiert kontrollierten Studie mit Patient:innen mit anerkannten pneumologischen Berufskrankheiten (BK) in der BG Klinik (berufsgenossenschaftliche Klinik) für Berufskrankheiten Falkenstein in Kooperation mit der Universität Leipzig erhoben wurden [31]. Alle Patient:innen unterschrieben nach (schriftlicher und mündlicher) Untersuchungsaufklärung eine schriftliche Einverständniserklärung zur freiwilligen Untersuchungsteilnahme in Anlehnung an die aktuelle Fassung der Deklaration von Helsinki. Die Proband:innen wiesen eine diagnostizierte berufsbedingte Lungen- und Atemwegserkrankung auf, z. B. Silikose (BK Nr. 4101) und Asbestose (BK Nr. 4103) [32, 33] und absolvierten aufgrund ihrer Erkrankung (bei bestehender Rehabilitationsfähigkeit) ein stationäres Heilverfahren, das durch den zuständigen Unfallversicherungsträger genehmigt und finanziert wurde. Weitere Einschlusskriterien waren ein Alter von höchstens 80 Jahre sowie eine bestehende Gehfähigkeit (auch mit Unterstützung von Hilfsmitteln). Zu den Ausschlusskriterien zählten beispielsweise: ausgeprägte kardiovaskuläre oder muskuloskeletale Einschränkungen, ausgeprägte kognitive Einschränkungen, onkologische Erkrankungen in den letzten 2 Jahren. Weitere Hinweise zum Untersuchungsdesign sind bei Müller et al. [31] nachzulesen.

Die Forschungsarbeit wurde mit Mitteln der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. (DGUV) finanziert (Projekt-Nr.: FF-FB0227). Die Studie ist im Deutschen Register für Klinische Studien (DRKS00010777) registriert. Seitens der Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig liegt ein positives Ethikvotum (Aktenzeichen: 117-13-22042013) vor.

Untersuchungsstichprobe

In die Untersuchung wurden 184 Patient:innen (176 männlich/8 weiblich, Alter: 45 bis 80 Jahre, M [Mittelwert] = 69,13 Jahre) mit pneumologischen Berufskrankheiten eingeschlossen (Tab. 1). Von diesen sind 81,5 % (n = 150) verheiratet, 9,2 % geschieden oder getrennt lebend (n = 17), 8,2 % (n = 15) verwitwet, und eine Person machte keine Angabe. Der überwiegende Teil der Stichprobe ist Nichtraucher:in (n = 119) oder Nieraucher:in (n = 40) (Tab. 1). Aufgrund der pneumologischen BK sind 57 Personen (31,0 %) auf eine Sauerstofflangzeittherapie angewiesen.

Tab. 1 Deskriptive Statistik zu soziodemografischen Daten der Stichprobe (N = 184) sowie zu weiteren erhobenen Parametern der Spirometrie, mMRC, C‑PPAC_ARasch, C‑PPAC_ARasch, CSES_D_PE, SWE_KA

Untersuchungsmethoden

Soziodemografische Variablen (Geschlecht, Alter, Familienstatus) sowie Daten zum Rauchverhalten sowie zur Nutzung einer Langzeit-Sauerstofftherapie wurden mittels Fragebogen erfasst.

Spirometrie

Die Lungenfunktionsdiagnostik erfolgte in der Funktionsabteilung der BG Klinik Falkenstein mittels Spirometrie (Jaeger Master Screen Body, Care Fusion, Höchberg, Deutschland), entsprechend den Guidelines of American College of Physicians, American College of Chest Physicians, American Thoracic Society und European Respiratory Society [34, 35]. Für die aktuelle Auswertung wurden folgende Parameter eingeschlossen: exspiratorische Einsekundenkapazität (FEV1 in l), forcierte Vitalkapazität (FVC in l).

Empfundene Atemnot

Der modified Medical Research Council (mMRC) Dyspnoe-Score wurde zur Erfassung der empfundenen Atemnot bei der Ausübung alltäglicher Aktivitäten angewendet. Die Antwortkategorien des mMRC reichen von 0 – keine Einschränkungen – bis 4 – starke Einschränkungen [36].

Körperliche Aktivität

Zur Erfassung des Aktivitätsumfangs und der Wahrnehmung von Schwierigkeiten bei der Ausübung körperlicher Aktivitäten wurde das hybride Erfassungsinstrument - der PROactive Fragebogen (C-PPAC: Clinical Visit PROactive Physical Activity in COPD) [37, 38] angewendet. Zum einen wurden im C‑PPAC Fragen zum Umfang körperlicher Aktivität und zu Schwierigkeiten bei deren Umsetzung gestellt, die mittels einer 5‑stufigen Skala beantwortbar waren. Zum anderen wurden die vom Aktivitätssensor ActigraphGT3x+® (Software: ActiLife 6; Pensacola, FL, US) erfassten Daten zur Schrittanzahl pro Tag und die VMU (Vector Magnitude Unit) pro Minute in den letzten 7 Tagen mit einer Tragezeit von mindestens 8 h pro Tag an mindestens 3 Tagen in die Auswertung des C‑PPAC integriert [37, 38]. Beide objektiven Aktivitätsvariablen wurden mittels Mediane ebenfalls in 5 Bereiche (Schritte/Tag: ≤ 1000 bis > 6500; VMU/min: ≤ 100 bis > 500) kategorisiert. Zur Auswertung dienten folgende 2 Subscores des C‑PPAC: „Umfang der körperlichen Aktivität“ (Amount Score: C‑PPAC_A) und „Schwierigkeiten bei der Umsetzung körperlicher Aktivität“ (Difficulty Score: C‑PPAC_D). Zusätzlich wurden die Werte über die Umrechnung in Prozentwerte als Rasch-Score (Amount: C‑PPAC_ARasch, Difficulty: C‑PPAC_ARasch) dargestellt. Je höher der Score (Range: 0–100 %), desto höher der Aktivitätsumfang bzw. desto weniger Schwierigkeiten bestanden bei der Umsetzung körperlicher Aktivitäten [37,38,39].

Selbstwirksamkeit

Die aktivitätsbezogene SWE (SWE_KA) wurde über die Erfassung von 3 Items bezüglich der Zuversicht zur Aufnahme, Aufrechterhaltung und Wiederaufnahme körperlicher Aktivität erfasst [40]. Die Items wurden auf einer 6‑stufigen Antwortskala von „traue ich mir gar nicht zu“ (0) bis „traue ich mir zu 100 % zu“ (5) beurteilt. Das Erfassungsinstrument weist eine gute Reliabilität mit einem Cronbach’s alpha von 0,75 auf [40]. Für die Auswertung wird ein Gesamtscore als Mittelwert über die 3 Items gebildet. Höhere Werte entsprechen einer höheren aktivitätsbezogenen SWE.

Die krankheitsspezifische SWE wurde mittels der Subskala „körperliche Beanspruchung“ (Physical Exertion) der Kurzfassung der deutschen Version der COPD-Self-Efficacy Scale (CSES_D_PE) [41] erhoben. Die Subskala besteht aus 7 Items mit einer Antwortskala von „überhaupt nicht zuversichtlich“ (1) bis „sehr zuversichtlich“ (5) und weist eine sehr gute Reliabilität mit einem Cronbach’s alpha von 0,95 auf. Zur Auswertung wird der Mittelwert über diese 7 Items gebildet. Höhere Werte entsprechen einer höheren krankheitsspezifischen SWE in Bezug auf die körperliche Beanspruchung.

Untersuchungsauswertung

Die Datenanalyse erfolgte mit der Software IBM SPSS Statistics Version 29 (IBM Corp., Armonk, NY, USA). Korrelationsanalysen nach Spearman wurden zur Darstellung der Zusammenhänge zwischen den Variablen angewendet. Für die Interpretation werden Korrelationskoeffizienten als gering (r ≤ 0,29), mittel (0,30 ≤ r ≤ 0,49) und stark (r ≥ 0,50) eingeschätzt [42]. Zusätzlich erfolgten schrittweise, lineare Regressionsanalysen nach Prüfung der Testvoraussetzungen (Homoskedastizität, keine Multikollinearität (VIF (Varianzinflationsfaktor) < 10)). Die Interpretation des adjustierten R2-Wertes erfolgt nach Cohen [43]: geringe/schwache Varianzaufklärung (R2adj = 0,02), mittlere/moderate Varianzaufklärung (R2adj = 0,13), hohe/starke Varianzaufklärung (R2adj = 0,26). Signifikanzwerte von p < 0,05 werden als statistisch signifikant betrachtet.

Ergebnisse

Deskriptive und bivariate Analysen

Die Patient:innen sind im Durchschnitt 5125,2 Schritte pro Tag gegangen. Für den Aktivitätsumfang ergibt sich ein Mittelwert im C‑PPAC_ARasch von 70,8 % (SD [Standardabweichung] = 16,4) bei einem minimalen Wert von 0,0 % und einen maximalen Wert von 100 %. Ein Mittelwert im C‑PPAC_DRasch von 60,4 % (SD = 15,8) bei einem minimalen Wert von 8,0 % und einem maximalen Wert von 100 % zeigt sich für die Wahrnehmung von Schwierigkeiten bei der Aktivitätsumsetzung. Die Darstellung der deskriptiven Werte zu den in die Korrelationsanalysen eingeschlossenen Parameter ist Tab. 1 zu entnehmen.

Aus den Korrelationsanalysen (Tab. 2) wird ersichtlich, dass die Scores C‑PPAC_ARasch und C‑PPAC_DRasch signifikant sowohl mit den Variablen Alter, FEV1, mMRC als auch mit beiden Scores zur krankheitsspezifischen (CSES_D_PE) und aktivitätsbezogenen (SWE_KA) SWE im geringen bis mittleren Bereich signifikant korrelieren. In den Analysen zeigen sich für alle Parameter bis auf das Alter höhere signifikante Korrelationskoeffizienten für C‑PPAC_DRasch, d. h. für die Wahrnehmung von Schwierigkeiten bei der Umsetzung körperlicher Aktivität, im Vergleich zum C‑PPAC_ARasch. Gleichzeitig korrelieren Parameter (FEV1 und mMRC) zur Erfassung der Schwere der pneumologischen Erkrankung signifikant mit beiden Scores zur SWE (Tab. 2).

Tab. 2 Spearman’s Rangkorrelationskoeffizienten der erhobenen Parameter

Multiple Analysen

Zur Bestimmung des Einflusses der krankheitsspezifischen und aktivitätsbezogenen SWE auf den Aktivitätsumfang sowie die Wahrnehmung von Schwierigkeiten bei der Aktivitätsumsetzung werden folgend die Ergebnisse der beiden schrittweisen, linearen Regressionsanalysen dargestellt. Für die abhängige Variable C‑PPAC_ARasch zeigt sich, dass im Modell 1 das Alter, die FEV1 und die mMRC signifikante Prädiktoren mit einer Varianzaufklärung von 21,1 % darstellen. Bei Hinzunahme weiterer Parameter in Modell 2, ist neben dem Alter und der mMRC zusätzlich die aktivitätsbezogene Selbstwirksamkeit (SWE_KA) ein signifikanter Prädiktor für den Aktivitätsumfang mit einer Varianzaufklärung von 24,7 % (vgl. Tab. 3).

Tab. 3 Schrittweise, lineare Regressionsanalyse mit dem Aktivitätsumfang (C-PPAC_ARasch) als abhängige Variable

Für die abhängige Variable C‑PPAC_DRasch bestätigen sich im Modell 1 die FEV1 und die mMRC als signifikante Prädiktoren mit einer Varianzaufklärung von 30,3 %. Bei Aufnahme weiterer Parameter in Modell 2, sind neben den Variablen FEV1 und mMRC zusätzlich sowohl die krankheitsspezifische Selbstwirksamkeit (CSES_D_PE) als auch die aktivitätsbezogene Selbstwirksamkeit (SWE_KA) signifikante Prädiktoren für die Wahrnehmung mit einer Varianzaufklärung von 24,7 % (Tab. 4).

Tab. 4 Schrittweise, lineare Regressionsanalyse mit den Schwierigkeiten bei der Aktivitätsumsetzung (C-PPAC_DRasch) als abhängige Variable

Diskussion

Die aktuelle Studie untersuchte den Einfluss von krankheitsspezifischen und aktivitätsbezogenen SWE auf das Aktivitätsausmaß und die Wahrnehmung von Schwierigkeiten bei der Aktivitätsumsetzung von Patient:innen mit pneumologischen Berufskrankheiten.

In der aktuellen Studie sind die Patient:innen durchschnittlich 5125,2 Schritte am Tag gegangen. Damit liegt dieser Mittelwert unterhalb der Schrittanzahl von anderen Studien wie bei Garcia-Aymerich et al. [39] (M = 6500,0 Schritte/Tag) oder Carl et al. [44] (M = 5850,0 Schritte/Tag). Für den Aktivitätsumfang, erfasst mittels C‑PPAC_ARasch, zeigt sich ein Mittelwert von 70,8 % (SD = 16,4). Dieses Ergebnis ist nahezu identisch mit den Ergebnissen einer internationalen, multizentrischen Studie mit COPD-Patient:innen (n = 651; M = 70 %, SD = 16) von Garcia-Aymerich et al. [39]. Der Range von 0–100 % im C‑PPAC_ARasch verdeutlicht, dass der Aktivitätsumfang der Patient:innen individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Der Mittelwert von 60,4 % (SD = 15,8) im C‑PPAC_DRasch liegt im Vergleich zur Studie von Garcia-Aymerich et al. [39] (M = 78 %, SD = 15) deutlich niedriger. Das heißt, dass Patient:innen der vorliegenden Untersuchung mehr Schwierigkeiten bei der Umsetzung körperlicher Aktivität aufweisen. Dies könnte u. a. am durchschnittlich höheren Alter und höheren Body Mass Index (BMI) in der aktuellen Stichprobe liegen. Außerdem ist die heterogene Stichprobe zu beachten, da neben COPD-Patienten:innen auch Patient:innen mit Silikosen und Asbestosen in der BG Klinik für Berufskrankheiten rekrutiert wurden. Studien belegen Assoziationen eines geringen Aktivitätsausmaßes mit einer reduzierten Lebensqualität sowie einer höheren Ausprägung psychischer Symptome [45]. So wurden bei COPD-Patient:innen, die mehr als 5000 Schritte pro Tag gegangen sind, reduzierte depressive Symptome und krankheitsspezifische Ängste sowie ein geringeres Angst-Vermeidungs-Verhalten nachgewiesen [44]. Vor diesem Hintergrund bedarf es zukünftig Interventionen zur nachhaltigen Aufrechterhaltung körperlicher Aktivität [14].

Selbstwirksamkeitserwartungen sind neben Dyspnoe Prädiktoren für den individuellen Aktivitätsumfang

In den Korrelationsanalysen zeigen sich signifikante mittlere bis starke Zusammenhänge zwischen der Erkrankungsschwere, erfasst mittels FEV1 und mMRC, sowie dem Aktivitätsumfang und der Wahrnehmung von Schwierigkeiten bei der Aktivitätsumsetzung bei den Patient:innen. Zu ähnlichen Ergebnissen mit mittleren Korrelationskoeffizienten kommen auch Garcia-Aymerich et al. [39] und Albarrati et al. [7]. COPD-Patient:innen mit GOLD-Stadium 3 und 4 weisen eine deutlich reduzierte körperliche Aktivität im Vergleich zu Patient:innen mit GOLD-Stadium 1 und 2 auf [7]. Die vorliegenden Regressionsanalysen mit einer moderaten (C-PPAC_ARasch) bis starken (C-PPAC_DRasch) Varianzaufklärung bestätigen diese Zusammenhänge ebenfalls. Aufgrund der dargestellten Assoziationen zwischen dem Aktivitätsumfang und der Erkrankungsschwere ist zukünftig die Erfassung von körperlicher Aktivität im Krankheitsverlauf sowie deren Aufrechterhaltung bedeutend für die Erkrankungsprognose, v. a. hinsichtlich des Exazerbationsrisikos und der Mortalität [5, 39]. Besonders verhaltensorientierte Bewegungsinterventionen können über eine Zunahme des Aktivitätsniveaus zur Reduzierung der Erkrankungsschwere, z. B. Verbesserung von Atemnot und Asthmakontrolle, beitragen [39, 46, 47].

Schließlich zeigen Patient:innen im höheren Alter einen signifikant geringeren Aktivitätsumfang und mehr Schwierigkeiten bei der Ausübung körperlicher Aktivität. Diese Assoziation zu soziodemografischen Parametern wie dem Alter oder einem geringeren Bildungsgrad bestätigen ebenfalls 6 Studien, die im Rahmen eines Scoping Reviews zur Analyse des Aktivitätsverhaltens bei COPD-Patient:innen identifiziert wurden [45]. Albaratti et al. [7] konnten hingegen keine Zusammenhänge zum Alter nachweisen. Für die Interventionsplanung sollte individualisiert vorgegangen werden, um personale Faktoren wie das Alter, das Geschlecht oder auch den sozioökonomischen Hintergrund (z. B. Berufsstatus oder Bildungsgrad) zu berücksichtigen [48].

Sowohl die aktivitätsbezogene als auch die krankheitsspezifische SWE, bezogen auf die körperliche Anstrengung, korrelieren in der vorliegenden Untersuchung im geringen bis mittleren Bereich signifikant mit der Erkrankungsschwere. Diese Ergebnisse sind vergleichbar mit anderen Studien [22, 24, 26, 41, 49]. Lim et al. [22] belegen ebenfalls signifikante Zusammenhänge zwischen der krankheitsspezifischen SWE von COPD-Patient:innen und dem Auftreten von Dyspnoe, dem GOLD-Stadium und dem Gesundheitsstatus. Für das Alter ist kein Einfluss auf die Ausprägung von krankheitsspezifischer SWE nachweisbar, obwohl die Literatur hierzu andere Ergebnisse liefert [50, 51]. Nach Chalfont et al. [51] sind v. a. die mit dem Alter assoziierten körperlichen Veränderungen, eine geringere Erkrankungstoleranz sowie kognitive Einschränkungen Ursachen für eine reduzierte SWE. Beide Arten der SWE korrelieren im geringen bis starken Bereich mit dem Aktivitätsumfang bzw. mit dem Umgang mit Schwierigkeiten bei der Aktivitätsumsetzung in Anlehnung an Tao et al. [52] und Robinson et al. [30]. Mittels Regressionsanalyse zeigt sich, dass als Prädiktoren für den Umgang mit Schwierigkeiten bei der Aktivitätsumsetzung die Parameter der Erkrankungsschwere sowie die krankheitsspezifische und die aktivitätsbezogene SWE einen signifikanten Beitrag zu einer starken Varianzaufklärung leisten. Für den Aktivitätsumfang zeigt sich lediglich die aktivitätsbezogene SWE als signifikanter Prädiktor mit einer moderaten Varianzaufklärung. Ergebnisse der Review- und Metaanalyse von Selzler et al. [28] belegen signifikante Zusammenhänge der Selbstwirksamkeit mit körperlicher Aktivität, unabhängig von der Art der Selbstwirksamkeit (z. B. krankheitsspezifisch, aktivitätsbezogen, in Bezug auf Barrieren für Bewegung).

Zusammenfassend lässt sich aus den vorliegenden Ergebnissen schließen, dass neben krankheitsspezifischen Faktoren auch personale Ressourcen wie die SWE in Anlehnung an das SAR-Modell [15] einen zusätzlichen Beitrag zur Varianzaufklärung des Aktivitätsverhaltens leisten. Schließlich weisen Studien zur Bedeutung der SWE positive Effekte auf das Aktivitätsverhalten und Gesundheitsparameter von COPD-Patient:innen nach [21, 30]. Diese Erkenntnisse bieten eine Grundlage zur Konzeption von verhaltensorientierten Bewegungsinterventionen mit dem Ziel der Aufrechterhaltung körperlicher Aktivität bei pneumologischen Patient:innen [48, 53]. In Anlehnung an Bandura [19] kann die SWE durch eigene Handlungserfahrungen, stellvertretende Erfahrungen, verbale Verstärkung (z. B. Ermutigung) sowie emotionale Erregung gestärkt werden. Weitere Empfehlungen für interventionelle Inhalte mit dem Ziel der Steigerung der SWE wie das Geben von Feedback auf die eigene Aktivitätsumsetzung oder die Bewältigung von Barrieren liefern Ashford et al. [45] in einem systematischen Review mit Metaanalyse. Ahmad et al. [54] bestätigen einen Anstieg krankheitsspezifischer SWE durch eine ganzheitliche Intervention zur Schulung des Empowerments. Über derartige Interventionen zur Stärkung des Selbstmanagements wird ein positiver Beitrag zu einer stärker patient:innenzentrierten Versorgung geleistet. Gleichzeitig kann die Steigerung von aktivitätsbezogener SWE neben der krankheitsbezogenen SWE zusätzlich auch zu positiven ökonomischen Effekten beitragen. So weisen Blanck et al. [55] in einer randomisiert kontrollierten Studie nach, dass gesteigerte bzw. aufrechterhaltene SWE bei Patient:innen mit COPD mit geringeren direkten Krankheitskosten assoziiert sind.

Limitationen

Für die vorliegende Untersuchung wurden Querschnittsdaten analysiert, sodass keine Aussagen zur Kausalität der Zusammenhänge gegeben werden können. Gleichzeitig handelt es sich um eine selektive Stichprobe von älteren, vorwiegend männlichen Patient:innen mit berufsbedingten Lungen- und Atemwegserkrankungen aus einer Klinik, sodass die Übertragbarkeit der Erkenntnisse eingeschränkt ist.

Fazit für die Praxis

  • Bei Patient:innen mit chronischen pneumologischen Erkrankungen nimmt die körperliche Aktivität mit Erkrankungsprogredienz ab. Dieser Umstand wiederum ist mit zunehmender Mortalität assoziiert. Infolgedessen sind die Aufrechterhaltung körperlicher Aktivität sowie die Identifizierung von beeinflussenden Determinanten des Aktivitätsverhaltens bedeutend für ein nachhaltiges Krankheitsmanagement.

  • Die vorliegende Studie bestätigt Zusammenhänge von krankheitsspezifischer und aktivitätsbezogener Selbstwirksamkeitserwartung (SWE) sowohl mit der Erkrankungsschwere als auch mit dem Aktivitätsumfang sowie der Wahrnehmung von Schwierigkeiten bei der Aktivitätsumsetzung bei Patient:innen mit pneumologischen Berufskrankheiten.

  • Aufgrund dieser Ergebnisse sollte die Steigerung der individuellen SWE in zukünftigen Bewegungsinterventionen im Rahmen einer patient:innenorientierten Versorgung konsequenter beachtet werden.