Chronische Lungenerkrankungen sind häufig mit rezidivierenden Hospitalisierungen und einem erhöhten Antibiotikaverbrauch vergesellschaftet. Aus medizinischer und sozioökonomischer Sicht stellt dies das Gesundheitssystem vor eine besondere Herausforderung [1, 2]. Im Sinne von Antibiotic Stewardship (ABS) sollen in der Behandlung chronischer Lungenerkrankungen Strategien zum rationalen Einsatz von Antibiotika, insbesondere im Hinblick auf den stetig steigenden Selektionsdruck und hiermit einhergehend die zunehmende Entwicklung multiresistenter Erreger, berücksichtigt werden [3]. Die American Hospital Association (AHA) hat hierzu die 5 D’s definiert:

  1. 1.

    Auswahl des richtigen Medikaments („drug“),

  2. 2.

    Deeskalation nach Erhalt des Antibiogramms („de-escalation of therapy“),

  3. 3.

    Therapieabbruch bei fehlender Indikation („discontinuation of therapy“),

  4. 4.

    richtige Dosierung („dosis“) und

  5. 5.

    Überprüfung der gestellten Diagnose („diagnosis“).

Diese Übersichtsarbeit fokussiert sich v. a. auf die COPD („chronic obstructive pulmonary disease“) sowie die Bronchiektasenerkrankung und die Mukoviszidose (zystische Fibrose [CF]).

Antibiotic Stewardship bei COPD

Die COPD ist eine chronische Lungenerkrankung, die durch rezidivierende Exazerbationen fortschreitet. Diese können durch Infektionen der Atemwege getriggert sein. Zu den häufigsten Erregern zählen Haemophilus influenzae, Streptococcus pneumoniae und Moraxella catarrhalis [4]. Allerdings werden nicht alle akuten Exazerbationen durch eine Infektion hervorgerufen – und wenn, ist die Entscheidung zwischen viral und bakteriell schwierig. Die Identifikation der Patienten mit einer bakteriellen Exazerbation und der Notwendigkeit einer antibiotischen Therapie im Gegensatz zum unnötigen Einsatz ist ein großes Problem. Viele Leitlinien empfehlen eine Antibiotikatherapie anhand der Anthonisen-Kriterien, die stärkere Dyspnoe, erhöhtes Sputumvolumen und vermehrte Sputumpurulenz umfassen [5]. In der von Vogelmeier et al. 2018 überarbeiteten Leitlinie zur „Diagnostik und Therapie von Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD)“ wird anhand der Schwere der Exazerbation sowie der Beurteilung des Sputums eine Empfehlung bezüglich der Anwendung von Antibiotika gegeben [6]. Die Empfehlungen fußen jedoch nicht auf robusten Daten. In einer Observationsstudie aus England inklusive 12-Monats-Follow-up mit 19.594 Patienten aus 157 Praxen konnte gezeigt werden, dass bei Patienten mit einer leichten bis mittelschweren COPD und 0 bis 1 Exazerbation im Jahr die Antibiotikaverschreibungsrate bei 1 bis 3 pro Jahr lag und damit 42,5 % aller Verschreibungen in der Kohorte ausmachte [7]. Somit lag die Inzidenz der Antibiotikaverschreibungen über der einer Exazerbation in diesem Patientenkollektiv. Gerade der starke Rückgang der Hospitalisierungen wegen akuter Exazerbationen chronischer Lungenerkrankungen während der Corona-Pandemie hat gezeigt, dass in der Vergangenheit viral ausgelöste Exazerbationen unterschätzt wurden, der bakterielle Trigger jedoch überschätzt wurde. Das Maskentragen, größerer Abstand und weniger Kontakte schützen primär vor der Übertragung von Virusinfektionen durch Aerosol- oder Tröpfcheninfektion, während bakterielle Infektionen auf dem Boden einer bereits bestehenden Erregerkolonisation entstehen. Mit der Einführung einer umfangreicheren Multiplex-Polymerasekettenreaktion (PCR) auf Viren, die zumindest für SARS-CoV‑2, Influenza und RS-Virus (respiratorisches Synzytial-Virus) absehbar ist, kann möglicherweise eine Übertherapie mit Antibiotika vermieden werden, auch wenn das bisher nicht in Studien gezeigt wurde. Natürlich gibt es bakterielle Superinfektionen infolge eines Virusinfekts, hier ist der Anstieg der Entzündungsparameter, insbesondere des C‑reaktiven Proteins (CRP), hilfreich.

Im Folgenden sollen Studien und Diagnostikmethoden vorgestellt werden, die im Sinne von ABS den rationaleren Einsatz von Antibiotika bei der Exazerbation der COPD fördern, ohne die Sicherheit zu gefährden.

Steuerung der Antibiotikagabe mittels Point-of-care-Tests

Point-of-care-Tests (POCT) haben als Prädiktoren für den rationalen Antibiotikaeinsatz in der Behandlung von Atemwegsinfektionen gute Ergebnisse gezeigt [8,9,10]. Einen besonderen Stellenwert hat hierbei das C‑reaktive Protein (CRP) erlangt. In dem von Cals et al. vorgesehenen Algorithmus wurde anhand von Referenzbereichen der Antibiotikaeinsatz bei Patienten mit Atemwegsinfektionen evaluiert [11]. Patienten mit CRP-Werten unter 20 mg/l sollten hierbei keine Antibiotika erhalten, während Werte ≥ 100 mg/l eine sofortige Therapieindikation darstellten. Bei CRP-Werten zwischen 20 und 100 mg/l wurde dem Behandler ein abwartendes Verhalten erlaubt. Obgleich der Schwerpunkt dieser Studie nicht auf der Sicherheit dieses Algorithmus lag, konnten keine schwerwiegend unerwünschten Ereignisse im Vergleich zur Kontrollgruppe beobachtet wurden. Durch das Konsultieren von CRP-POCT in der Diagnostik konnten sowohl das Verschreiben von Antibiotika [11] als auch die Therapiedauer [12] signifikant reduziert werden. Eine 2019 im renommierten New England Journal of Medicine publizierte Studie mit 653 COPD-Patienten kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Durch die Hinzunahme eines POCT-CRP konnte die Rate an Antibiotika bei einer mittelschweren Exazerbation von 77,4 auf 57 % reduziert werden [12]. Im Editorial wurde die Studie als ein Zeichen für die Machbarkeit von ABS bei der COPD gesehen [13].

POCT zeigen als Prädiktoren für den rationalen Antibiotikaeinsatz bei Atemwegsinfektionen gute Ergebnisse

Insbesondere im ambulanten Bereich wirkte sich die Anwendung von CRP-POCT positiv auf die Indikationsstellung bzw. das Verschreiben einer Antibiotikatherapie aus [14].

Vergleichbare Ergebnisse konnten durch den Einsatz von Procalcitonin(PCT)-POCT mit besonderem Fokus auf die Therapiedauer nicht erzielt werden [15]. Nicht zuletzt war in der ProHosp-Studie der beobachtet erhöhte Antibiotikaverbrauch einer fehlenden Adhärenz der Ärzte am vorgesehenen Algorithmus geschuldet, sodass trotz erniedrigter PCT-Werte der Einsatz von Antibiotika zum Tragen kam. Möglicherweise ist das PCT als Bakteriämiemarker nicht ausreichend sensitiv für Infektionen der unteren Atemwege ohne Blutstrominfektion. Die Ergebnisse einer multizentrischen randomisiert kontrollierten Studie zur PCT-gesteuerten Antibiotikatherapie bei hospitalisierten COPD-Patienten sind ausstehend [15].

Einsatz von Multiplex-Polymerasekettenreaktion-Point-of-Care-Tests zum Erregernachweis

Ergänzend zu den Verfahren mittels CRP-POCT wurde die Bedeutung von Multiplex-PCR-POCT bei Infekten der unteren Atemwege („lower respiratory tract infection“ [LRTI]) analysiert, hierbei wurden jedoch nicht nur COPD-Patienten eingeschlossen. Shengchen et al. konnten in einer randomisiert kontrollierten Studie mit 800 Patienten eine Reduktion der Hospitalisierungs- sowie Antibiotikatherapiedauer durch Anwendung eines Multiplex-PCR-POCT (Panel auf atypische und virale Erreger) nachweisen. Zudem wiesen quantitative Multiplex-PCR-POCT (insgesamt 12 verschiedene bakterielle Stämme) gegenüber den standardmäßig durchgeführten Blutkulturen eine höhere Sensitivität und Spezifität auf. Insbesondere bei vorbehandelten Patienten konnten im Vergleich zu den negativen Blutkulturergebnissen häufiger pathogene Keime detektiert werden [16]. Hingegen konnte durch die Anwendung eines rein viralen Multiplex-PCR-POCT die Therapiedauer bei 998 Patienten mit LRTI nicht signifikant beeinflusst werden [17]. Wie in allen Einsatzgebieten der Multiplex-PCR muss der Vorteil dieser Diagnostik den hohen Kosten gegenübergestellt werden. Hierfür sind in Studien härtere Endpunkte wie Länge des stationären Aufenthaltes oder Mortalität zu fordern. Zudem ist die Interpretation der PCR-Ergebnisse in Bezug auf die klinische Signifikanz nicht immer einfach.

Behandlungsstrategien mit Antibiotika in der Therapie der COPD außerhalb der Exazerbation

Kontrovers wird nicht nur der Einsatz von Antibiotika in der akuten Exazerbation, sondern auch in der chronischen Behandlung der COPD diskutiert. Durch den vermehrten Einsatz von Antibiotika wird ein zunehmender Selektionsdruck befürchtet. Allerdings konnte durch die alleinige Zunahme von Resistenzen kein signifikanter Einfluss auf die Exazerbationsrate, Hospitalisierung oder Mortalität in dieser Patientengruppe beobachtet werden [18]. Der persistierende Nachweis einer chronischen Atemwegsinfektion, insbesondere bei anhaltender Isolierung von Haemophilus influenzae und Pseudomonas aeruginosa im Sputum oder in der bronchoalveolären Lavage (BAL), hatte einen Einfluss auf die zuvor genannten Faktoren [19].

Positive Studienergebnisse bezüglich einer Dauertherapie mit Makroliden bei Patienten mit COPD rechtfertigen in besonderen Situationen den präemptiven Einsatz zur Reduktion der Exazerbationsrate bzw. Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität bemessen anhand des St. George’s Respiratory Questionnaire(SGRQ)-Scores [20, 21]. Hier wird v. a. die antientzündliche Wirksamkeit der Makrolide ausgenutzt. In den Studien konnten eine signifikante Reduktion bzw. Verlängerung des Intervalls bis zur nächsten Exazerbation unter der Anwendung von Azithromycin, nicht jedoch mit Clarithromycin beobachtet werden. Cui et al. zeigten zudem, dass insbesondere Patienten mit einem niedrigen GOLD-Stadium, vergesellschaftet mit einer häufigen Exazerbationsrate, von einer 6‑monatigen präemptiven Azithromycin-Therapie profitierten. Ein kürzeres (3-monatiges) oder längeres (12-monatiges) Behandlungsintervall führte hingegen zu einer Zunahme der unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW). Die Gabe von Makroliden sollte nur bei Patienten mit häufigen Exazerbationen überhaupt in Betracht gezogen werden. Vermutlich haben in Studien v. a. Patienten mit Bronchiektasen profitiert. Daher sollten alle Patienten mit einer instabilen COPD und häufigen Exazerbationen auf das Vorliegen von Bronchiektasen mittels Computertomographie des Thorax untersucht werden. Bestätigt sich dieser Verdacht, steht vor einer Therapie mit Makroliden die Durchführung von Atemtherapie und regelmäßiger Sekretdrainage mittels Inhalationen im Vordergrund.

Nachteile der Dauertherapie mit Makroliden

Einschränkungen in der Anwendung erfahren Makrolide unter anderem durch die Entwicklung von Resistenzmechanismen. Im Wesentlichen wurden hierfür 3 Mechanismen identifiziert:

  1. 1.

    enzymatische oder mutationsbedingte Veränderung ribosomaler Zielstrukturen,

  2. 2.

    Mutationen ribosomaler Schlüsselproteine und

  3. 3.

    Membran-gebundene Effluxpumpen zur schnelleren Elimination des Makrolids aus der Zelle [22].

Eine besorgniserregendere Resistenzlage zeigte sich bereits Anfang der 2000er bezüglich der Makrolide. In den meisten Ländern wies Streptococcus pneumoniae in ca. 10 % der Fälle eine Makrolidresistenz auf [23, 24]. In einigen Gebieten Chinas konnte eine fast 100 %ige Resistenz gegenüber Makroliden nachgewiesen werden [25].

Im Bereich der Pseudomonaden zeigt sich eine fehlende antibiotische Wirksamkeit. Dies steht zunächst im Kontrast zu der verbesserten FEV1 (Einsekundenkapazität) unter Makrolidgabe bei COPD mit dem Nachweis von Pseudomonas aeruginosa. Die dennoch beobachtete Wirksamkeit wird auf die antiinflammatorische Wirkung von Tumor-Nekrose-Faktor(TNF)-α und Interleukin(IL)-8 zurückgeführt. Zudem werden bei der Anwendung ein Zusammenhang mit einer gesteigerten Magen-Darm-Passage und hiermit einhergehend eine Reduktion eines Refluxes diskutiert [23].

Eine der wichtigsten Limitationen für den Einsatz von Makroliden sind kardiovaskuläre Nebenwirkungen

Weiterhin wird der Einsatz von Makroliden durch das Vorhandensein von Nebenwirkungen und Kontraindiktionen limitiert. Im Wesentlichen gilt es, kardiovaskuläre Nebenwirkungen als eine der wichtigsten Limitationen zu erwähnen [26]. Insbesondere kardial vorerkrankte Patienten mit erhöhtem Risikoprofil eines kardialen Events wiesen bereits unter einer 5‑tägigen Therapie in der Indikation Pneumonie ein erhöhtes Risiko für eine kardiogene Todesursache auf [26]. Weitere im Zusammenhang mit einer Makrolidgabe stehende Nebenwirkungen sind Magen-Darm-Beschwerden, Hörminderungen und Leberfunktionseinschränkungen [20]. Bei einem dauerhaften Einsatz sollten Audiogramme, Kontrollen der Leberwerte und EKG (Elektrokardiogramm) mit Messung der QTc-Zeit durchgeführt werden.

Bevor eine Makroliddauertherapie begonnen werden kann, sollte eine chronische Infektion bzw. Kolonisation mit nichttuberkulösen Mykobakterien (NTM) mittels Sputumdiagnostik ausgeschlossen werden, da Makrolid-resistente NTM in der Therapie ein großes Problem darstellen.

Antibiotic Stewardship bei zystischer Fibrose

Die Mukoviszidose ist eine autosomal-rezessiv vererbte Multisystemerkrankung (v. a. Lunge, Gastrointestinaltrakt). Pathophysiologisch mangelt es an funktionstüchtigem CFTR(„cystic fibrosis transmembrane conductance regulator“)-Protein, einem Chlorid- und Bikarbonatkanal. Der progressive Untergang von Lungengewebe infolge von Infektion und Inflammation ist entscheidend für Morbidität und Mortalität. Neben Pseudomonas aeruginosa, dem wichtigsten Pathogen, sind Burkholderia cepacia, Staphylokokken, Stenotrophomonas maltophilia, NTM, Achromobacter xyloxidans und Aspergillus relevant.

Stellenwert inhalativer Antibiotika in der Dauertherapie der zystischen Fibrose

Die erstmalige Anwendung inhalativer Antibiotika erfolgte bereits in den 1940er-Jahren, wobei ein wirklicher Durchbruch in der Behandlung der zystischen Fibrose erstmals 1997 vermerkt werden konnte. Vorteilhaft zeigt sich die inhalative gegenüber der systemischen Gabe durch die bessere lokale Wirksamkeit, ohne die epitheliale Barriere zu überschreiten, und hiermit einhergehend ein günstigeres Nebenwirkungsprofil [27]. Unter Berücksichtigung der minimalen Hemmkonzentration (MHK) können inhalative Antibiotika, anders als bei der intravenösen Gabe, in der gewichtsadaptierten Dosierung ausreichend hohe Konzentrationen am Wirkort erreichen, ohne im toxischen Bereich zu liegen [28].

CFTR-Modulatoren

Den größten Durchbruch in der Therapie der CF hat es sicherlich durch die Zulassung der CFTR(„cystic fibrosis transmembrane conductance regulator“)-Modulatoren gegeben. Diese sind seit einigen Jahren ein wichtiger Bestandteil der CF-Therapie geworden und bewirkten eine reduzierte Exazerbationsrate sowie eine verbesserte FEV1 durch den Einsatz von Elexacaftor-Tezacaftor-Ivacaftor [29, 30]. Positiv zeigte sich auch der Einfluss dieser Therapie auf die Lebensqualität und den Body Mass Index (BMI).

Das Nebenwirkungsprofil von Elexacaftor-Tezacaftor-Ivacaftor erwies sich als insgesamt akzeptabel, und als häufigste Nebenwirkungen wurden Blutdruckschwankungen, Anstieg der Transaminasen und der Kreatinkinase (CK) sowie Hautausschläge, insbesondere bei gleichzeitiger Einnahme hormoneller Kontrazeptiva, beschrieben [29]. In einer Arbeit von Dwight und Marshall aus den USA konnte eindrücklich gezeigt werden, dass die Therapie der Grunderkrankung den besten ABS-Ansatz bei der CF darstellt [31]. Durch den Einsatz der Medikamente bei Patienten mit CF ab 12 Jahren konnte die Exazerbationsrate seit 2019 deutlich reduziert werden (Abb. 1), was die Gesamtmenge des Antibiotikaeinsatzes in dieser Kohorte signifikant reduziert. Über die nächsten Jahre beobachtet, wird es sicherlich auch ein Rückgang von Resistenzen geben.

Abb. 1
figure 1

Intravenöse Antibiotikatherapie bei pulmonalen Exazerbationen vor und nach der Einführung von Elexacaftor-Tezacaftor-Ivacaftor. CFF Cystic Fibrosis Foundation, PEx akute pulmonale Exazerbation. [31]

Antibiotic Stewardship bei Bronchiektasen

Bronchiektasen sind eine ätiologisch heterogene Erkrankung und dementsprechend häufig eine diagnostische und therapeutische Herausforderung. Charakteristisch sind eine weitgehend einheitliche Erkrankungsmanifestation mit permanenter Erweiterung der Bronchien und Bronchiolen und ein Circulus vitiosus aus chronischer Infektion, Inflammation, Sekretverhalt und der Zerstörung bronchialer Strukturen. Der Therapie der Exazerbationen und der chronischen Inflammation kommt eine zentrale Bedeutung zu. Ende diesen oder Anfang nächsten Jahres wird die erste deutsche Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Bronchiektasenerkrankung erwartet.

Akute Exazerbation

Die Entscheidung zur antibiotischen Therapie bei der pulmonalen Exazerbation ist nicht immer eindeutig. Neben den typischen klinischen Symptomen müssen hierbei die Krankheitsschwere und Ätiologie der Bronchiektasenerkrankung berücksichtigt werden. Häufig ist die Behandlung pulmonaler Exazerbationen mit einer oralen antibiotischen Therapie ausreichend. Bei Patienten mit schweren pulmonalen Exazerbationen oder einer Pseudomonas-aeruginosa-Infektion mit Resistenz gegen Fluorchinolone muss oft eine intravenöse Therapie erfolgen. Die Therapie muss über mindestens 14 Tage durchgeführt werden. Einen ersten ABS-Ansatz in Richtung einer Therapiedauerverkürzung wurde kürzlich im European Respiratory Journal (ERJ) publiziert. Hierbei wurde bei 90 Patienten die Steuerung der Dauer einer Meropenem-Therapie mithilfe der Messung der Sputumbakteriendichte im Vergleich zur konventionellen 14-tägigen Therapie untersucht [32]. Der primäre Endpunkt war die Zeit bis zur nächsten Exazerbation. In der Bakteriendichte-gesteuerten Therapiegruppe konnte bei 88 % der Patienten die Therapie an Tag 8 beendet werden. Bemerkenswerterweise war die Zeit bis zur nächsten Exazerbation in dieser Gruppe signifikant länger. Dieser Unterschied ergab sich nicht für Patienten mit Pseudomonas aeruginosa. Weitere Untersuchungen sind notwendig, ob eine kürzere Therapie bei Patienten mit Bronchiektasen zur Behandlung der akuten Exazerbation möglich ist. In Bezug auf ABS bei Bronchiektasen stellt diese Studie einen gelungenen Anfang dar.

Antibiotische Langzeittherapie

Häufige pulmonale Exazerbationen stellen für diese Patienten eine deutliche Belastung dar und wirken sich negativ auf den weiteren Krankheitsverlauf aus [33]. In den 3 randomisierten placebokontrollierten Makrolidstudien bei Patienten mit einer Bronchiektasenerkrankung und ≥ 3 Exazerbationen pro Jahr konnte eine Reduktion der Exazerbationsrate erreicht werden [34,35,36]. Unbedingt müssen auch hier die unter COPD aufgelisteten Nebenwirkungen beachtet werden. Inhalative Antibiotika werden in der ERS(European Respiratory Society)-Leitlinie zur Behandlung der Bronchiektasenerkrankung und häufigen Exazerbationen ebenfalls empfohlen [37]. Sie haben ein interessantes therapeutisches Konzept zur Behandlung chronisch pulmonaler Infektionen, da lokal hohe, systemisch aber niedrige Wirkstoffkonzentrationen erreicht werden können, jedoch sind bislang alle großen Studien bei Bronchiektasen negativ ausgefallen [38,39,40], sodass es keine zugelassene Therapie gibt. Die negativen Studien sind am ehesten auf das heterogene Erkrankungsbild zurückzuführen.

Aus ABS-Sicht sind folgende Dinge bei Bronchiektasen wünschenswert, um unnötige Antibiotikagaben zu vermeiden. Zunächst sollte die Grunderkrankung möglichst gut behandelt werden, hierzu gehört, die Ätiologie zu erkennen, um eine gezielte Therapie (z. B. Immunglobuline bei Immundefekten, Steroide bei der allergisch-bronchopulmonalen Aspergillose etc.) einzuleiten. Die Antibiotikatherapie der Exazerbation sollte in der richtigen Dosierung und Dauer durchgeführt werden, um einer Resistenzentwicklung entgegenzuwirken. Durch die positive Phase-II Studie des oralen neutrophile Elastase-Inhibitors Brensocatib [41] gibt es die Hoffnung auf einen nichtantibiotischen Inflammationshemmer bei häufigen Exazerbationen.

Im letzten Jahrzehnt hat sich das Wissen zur Bronchiektasenerkrankung verbessert, für die Zukunft bleibt zu hoffen, dass neue Therapiekonzepte unabhängiger von Antibiotika werden, da früher in den Circulus vitiosus eingegriffen werden kann.

Fazit für die Praxis

  • Die Bestimmung des POCT(Point-of-Care-Tests)-CRP (C‑reaktives Protein) kann bei der Exazerbation der COPD („chronic obstructive pulmonary disease“) zu einer Reduktion unnötiger Antibiotikagaben beitragen, ohne die Patientensicherheit zu gefährden.

  • Der Einsatz von Makroliden bei chronischen Lungenerkrankungen mit dem Ziel der Reduktion von Hospitalisierungs- und Exazerbationsrate sowie Verbesserung der Lebensqualität und FEV1 (Einsekundenkapazität) muss im Hinblick auf die Entwicklung von Antibiotikaresistenz und das Nebenwirkungsprofil kritisch beurteilt werden.

  • Inhalative Antibiotika haben v. a. einen Stellenwert in der Behandlung der chronischen Infektion bei zystischer Fibrose (CF).

  • Die Therapie der CFTR(„cystic fibrosis transmembrane conductance regulator“)-Modulatoren Elexacaftor-Tezacaftor-Ivacaftor bei Patienten mit einer CF haben zu einer signifikanten Verbesserung der Exazerbationsrate, Chloridkonzentration und FEV1 geführt, was die Notwendigkeit der Antibiotikaanwendung bei diesem Krankheitsbild massiv verändert hat.

  • Bei Patienten mit Bronchiektasen ohne chronische Pseudomonas-aeruginosa-Infektion könnte eine kürzere Therapiedauer (< 14 Tage) möglich sein.