Zusammenfassung
Die Pneumonie ist eine sehr häufige und potenziell tödliche Erkrankung. Es werden 3 Entitäten (ambulant erworbenen = CAP, nosokomial erworben = HAP und Pneumonie unter Immunsuppression) unterschieden von denen insbesondere die CAP und die HAP für die Umsetzung von Antibiotic Stewardship(ABS)-Strategien, den rationalen Umgang mit Antibiotika, gut geeignet sind. Die Durchführung einer mikrobiologischen Diagnostik vor Start einer Antibiotikatherapie bei Pneumonie, die stationär behandelt werden muss, wird stark empfohlen. Eine Risikostratifizierung der Patienten und der Schweregrad der Erkrankung sind entscheidend für die kalkulierte Antibiotikaauswahl und die Applikationsform. Bei COVID-19-Patienten ohne septischen Schock kann aufgrund der niedrigen Rate von bakteriellen Superinfektionen auf eine empirische Antibiotikatherapie verzichtet werden. Eine Reevaluation der Antibiotikatherapie nach 48–72 h mit gezielter Deeskalation unter Beachtung der Klinik und Mikrobiologie, Absetzen bei Fehlindikation und die Begrenzung der Therapiedauer sind essenzielle ABS-Strategien zur Optimierung des klinischen Outcomes bei CAP und HAP mit dem Ziel, die Antibiotikaresistenzentwicklung sowie die Toxizität für den Patienten möglichst gering zu halten. Der Einsatz von Biomarkern wie Procalcitonin kann in bestimmten Situationen ein frühzeitiges Absetzen der Therapie begünstigen oder die Diagnose einer bakteriellen Superinfektion bei COVID-19 unterstützen.
Abstract
Pneumonia is a very frequent and potentially fatal disease. It can be classified into 3 different entities, community-acquired (CAP), hospital-acquired (HAP) and pneumonia in immunosuppressed patients. The CAP and HAP are primarily eligible for antibiotic stewardship (ABS) interventions, strategies to enhance the rational use of antibiotic agents. In patients hospitalized with pneumonia, microbiological testing is strongly recommended before starting antibiotic treatment. A risk stratification of patients and grading of the severity of pneumonia is crucial for the calculated choice of antibiotics and the mode of administration. In patients with coronavirus disease 2019 (COVID-19) without septic shock, bacterial superinfections are rare and usually do not require empirical antibiotic treatment. After 48–72 h the antibiotic treatment strategy needs to be re-evaluated and a targeted de-escalated treatment should be implemented taking the clinical status and microbiology into consideration. Stopping calculated treatment in cases of misdiagnosis and limiting the duration of antibiotic treatment are essential ABS strategies to optimize the clinical outcome in patients with CAP and HAP and to keep the development of antibiotic resistance and drug toxicity as low as possible. In certain situations, the use of a biomarkers for bacterial infections, e.g. procalcitonin, can support the early discontinuation of antibiotics or the diagnosis of bacterial superinfections in COVID-19.
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Die Pneumonie ist die häufigste Infektionserkrankung in Deutschland. Sie ist mit einer erheblichen Hospitalisationsrate, Morbidität und Letalität verbunden [9] und führt so zu einer erheblichen Belastung des Gesundheitssystems und einer entsprechend hohen Verschreibungsrate antiinfektiver Therapien. Antibiotikaresistenzen stellen eine der Herausforderungen der Medizin des 21. Jahrhunderts dar und führen zu prolongierten Erkrankungen mit erhöhter Mortalität, verlängerten Krankenhausaufenthalten und hohen Kosten [1]. Unter Antibiotic Stewardship (ABS) versteht man den rationalen Einsatz von Antibiotika mit dem Ziel, das beste klinische Outcome unter Minimierung der Toxizität für den Patienten und möglichst geringen Einfluss auf die Resistenzentwicklung zu erzielen. Der Einsatz von ABS-Strategien bei Pneumonie kann somit zu einer Verbesserung der Therapie von Pneumonien und der Reduktion bzw. Optimierung der Antibiotikaverwendung im Krankenhaus und im ambulanten Bereich führen. Ein besonderer Fokus liegt auf der Optimierung der Substanzwahl nach Leitlinienempfehlung, der Applikationsform, der Dosis und der Dauer einer Antibiotikatherapie sowie dem Absetzen bei Fehlindikation [6].
Einteilung der Pneumonien
Die Pneumonie wird in 3 Entitäten eingeteilt, die sich in ihrem Ort des Erwerbs sowie im Erregerspektrum z. T. erheblich unterscheiden:
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Ambulant erworbene Pneumonie (CAP): Sie wird im ambulanten Bereich außerhalb des Krankenhauses erworben und betrifft per definitionem immunkompetente Patienten. Das Erregerspektrum umfasst in erster Linie Streptococcus pneumoniae als häufigsten Erreger, der bei einer Therapie somit auch immer miterfasst sein sollte. Weitaus weniger häufige Auslöser sind Haemophilus influenzae, Mycoplasma pneumoniae, Enterobacteriaceae, Staphylococcus aureus sowie respiratorische Viren (SARS-CoV‑2, Influenza, „respiratory syncytial virus“ [RSV]) [8].
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Nosokomial erworbene Pneumonie (HAP): Sie wird im Krankenhaus erworben und tritt frühestens 48 h nach stationärer Aufnahme auf und betrifft ebenfalls immunkompetente Patienten. Das Erregerspektrum schließt die typischen Erreger der CAP ein – außer Mykoplasmen und Chlamydien – und wird um Pseudomonas aeruginosa und evtl. multiresistente Erreger erweitert [5].
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Pneumonie unter Immunsuppression: Sie betrifft ausschließlich signifikant immunsupprimierte Patienten und wird im Krankenhaus oder im ambulanten Bereich erworben. Das Erregerspektrum umfasst neben den Erregern der CAP und HAP zusätzlich opportunistische Erreger (z. B. Pneumocystis jirovecii, Zytomegalievirus [CMV], Schimmelpilze etc.) [11].
Für die Umsetzung von ABS-Strategien besonders gut geeignet sind die CAP und die HAP.
Diagnose und Differenzialdiagnosen
Die Diagnosestellung der Pneumonie ist mit einigen Unsicherheiten behaftet. Fehldiagnosen treten daher nicht selten auf. Die Pneumonie definiert sich als eine Infektion des Lungenparenchyms, die im Idealfall mittels Infiltratnachweis in der radiologischen Bildgebung bestätigt wird. Ziel der Diagnostik ist die Diagnosestellung einer Pneumonie und die Abgrenzung von Differenzialdiagnosen, die keiner antiinfektiven Therapie bedürfen oder eine spezifische Therapie erfordern [8]:
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kardiale Dekompensation mit pulmonaler Stauung und ggf. kardiogene Pleuraergüsse,
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strukturelle und interstitielle Lungenerkrankungen,
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akute Bronchitis,
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akute Exazerbation der COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung),
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maligne Veränderungen der Lunge (Bronchialkarzinom, Metastasen von extrapulmonalen Primärtumoren),
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benigne pulmonale oder thorakale Raumforderungen,
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Tuberkulose.
Allerdings sind sowohl die Symptomatik als auch die Befunde der bildgebenden Diagnostik nur eingeschränkt sensitiv und spezifisch. Folgende Symptome können bei der Pneumonie auftreten:
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respiratorische Symptome: Husten evtl. produktiv, Dyspnoe, pleuritische Thoraxschmerzen,
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Allgemeinsymptome: Hyper‑/Hypothermie, Myalgie, Arthralgie, Zephalgie, Krankheitsgefühl („malaise“), Schwindel, evtl. Diarrhö, evtl. Verwirrtheit bei älteren Patienten.
Der positive Vorhersagewert für das Vorhandensein einer Pneumonie ist für die Symptome Husten und Auswurf beispielsweise nur sehr gering. In einer Metaanalyse erreichte der klinische Gesamteindruck den höchsten positiven Vorhersagewert und das Fehlen von pathologischen Vitalzeichen den höchsten negativen Vorhersagewert [7].
Auch in der bildgebenden Diagnostik besteht eine erhebliche Unsicherheit in der Diagnose einer Pneumonie. Insbesondere die Röntgenaufnahme des Thorax (CR) zeigt in Studien nur eine eingeschränkte Sensitivität (32–77,7 %) bzw. Spezifität (58,8–94 %). In einer rezenten Studie, in der insgesamt 2411 Thoraxröntgen(CR)- sowie kombinierte Thorax-CT(Computertomographie)-Befunde (CT) bewertet wurden, wurden 31,8 % der CR-Befunde und 21,7 % der CT-Befunde als unsicher eingestuft [10]. Insbesondere unsichere Befunde können entsprechend unterschiedlich klassifiziert werden in positiv, negativ oder Ausschluss. In dieser Studie mit einem erstmalig nichtbinären Ansatz der Untersuchungsergebnisse ließ sich bestenfalls eine Sensitivität von 59,6 % für das Thoraxröntgen bei der Diagnose der Pneumonie darstellen mit einem erheblichen Anteil falsch negativer Befunde. Wenn ein unsicherer CR-Befund als Negativbefund gewertet wurde, war die Anzahl falsch negativer Befunde sogar noch höher (Sensitivität < 20 %). Bei Wertung uneindeutiger Befunde als Positivbefund fiel die Wahrscheinlichkeit für eine tatsächlich vorliegende Pneumonie erheblich ab (Spezifität 67–71 %) [10].
Zusammenfassend ergeben sich in der Diagnostik der Pneumonie erhebliche Unsicherheiten, die sowohl eine Über- als auch eine Unterdiagnostizierung möglich machen. Der alleinige radiologische Befund (v. a. der unsichere Befund) ohne den ärztlichen klinischen Eindruck einer Pneumonie rechtfertigt keine antiinfektive Therapie und kann zu einem ungerechtfertigten Mehrverbrauch von Antibiotika führen.
Der alleinige radiologische Befund rechtfertigt keine antiinfektive Therapie
Ergänzend können Laborwerte – sog. Biomarker – hilfreich sein, die Verschreibung antimikrobieller Therapien bei Atemwegsinfektionen zu reduzieren. Die Bestimmung des CRP (C-reaktives Protein) ist zwar nicht ausreichend sensitiv oder spezifisch zur Diskriminierung der CAP im ambulanten Bereich von anderen tiefen Atemwegsinfektionen, jedoch ist die Kombination aus klinischen Symptomen und Zeichen in Verbindung mit dem CRP hilfreich, um die Vortestwahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Pneumonie zu erhöhen und Patienten zu identifizieren, die ein Röntgenbild zur Sicherung der Diagnose erhalten sollten [19, 20]. In der Studie von van Vugt et al. konnte gezeigt werden, dass die Kombination aus Kurzatmigkeit, Rasselgeräuschen und abgeschwächtem Atemgeräusch bei der Auskultation, Tachykardie und Fieber sowie Abwesenheit von Schnupfen mit einer Fläche unter der Receiver Operating Characteristics(ROC)-Kurve von 0,70 (0,65–0,75) das Vorhandensein einer Pneumonie vorhersagt. In Kombination mit der CRP-Bestimmung und einem Cut-off-Wert von > 30 mg/l konnte die diagnostische Klassifizierung um 28 % verbessert werden (ROC 0,77 [0,73–0,81]). Patienten, die anhand ihrer Symptome und CRP auf ein niedriges Risiko für eine Pneumonie eingestuft wurden, hatten lediglich in 2 % eine Pneumonie, in der „Hochrisikogruppe“ betrug die Prävalenz 31 % [20]. Eine andere Studie mit 45 Hausarztpraxen in Norddeutschland konnte zeigen, dass die Anwendung eines Procalcitonin-gesteuerten Algorithmus (Cut-off-Wert 0,25 ng/ml) bei der Therapieentscheidung für oder gegen ein Antibiotikum bei Patienten mit unteren Atemwegsinfekten eine Reduktion der Antibiotikaverordnung um 41,6 % erreichen konnte. Hierbei war die Anzahl von Krankheitstagen in beiden Gruppen gleich (9,04 [Procalcitonin-Gruppe] vs. 9,00 Tage [Kontrolle]) [4]. Einschränkend für die Anwendung oben genannter Biomarker sind die Verfügbarkeit, Anwendbarkeit (und Vergütung) im ambulanten Setting insbesondere als Point-of-care-Tests sowie die Problematik, dass ein einmaliger Test im Frühstadium der Erkrankung noch unauffällig bzw. niedrig sein kann.
Die Diagnosestellung der Pneumonie ist somit multimodal und abhängig vom Setting. Der ärztliche klinische Eindruck erhöht die Vortestwahrscheinlichkeit, auf der basierend radiologische Befunde und ggf. Biomarker die Entscheidung für oder gegen ein Antibiotikum unterstützen.
Leitlinienadhärenz
Die regelmäßige Aktualisierung der Leitlinien zur Therapie der ambulant und nosokomial erworbenen Pneumonie ermöglicht eine kontinuierliche Optimierung der medikamentösen Therapie und Diagnostik der Pneumonie unter Berücksichtigung aktueller Daten zu Epidemiologie und Resistenzsituation von Pneumonieerregern sowie die Anpassung der Therapie basierend auf neuer Evidenz zu Antibiotikaauswahl und Therapiedauer [5, 8]. In der Realität werden Leitlinien allerdings nicht immer umgesetzt.
In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass die Adhärenz an nationale Leitlinien das Outcome der Patienten verbessert: Eine multizentrische Studie, basierend auf der CAPO International Cohort Study database, untersuchte in einer sekundären Analyse die Daten von 1649 älteren Patienten (≥ 65 Jahre), die in 43 Zentren in 12 Ländern aufgrund einer CAP hospitalisiert wurden; 660 Patienten (ca. 40 %) erhielten eine Therapie, die nicht leitlinienkonform war, hiervon waren 29,5 % (n = 195) „überbehandelt“. Die Implementierung und Anwendung der internationalen IDSA(Infectious Diseases Society of America)/ATS(American Thoracic Society)-Leitlinie führte zu einem signifikant höheren Erreichen klinischer Stabilität an Tag 7 (71 % vs. 57 %), einem kürzeren Krankenhausaufenthalt (8 vs. 10 Tage) und einer reduzierten Krankenhausmortalität (8 % vs. 17 %). Die Unterschiede waren gleichermaßen signifikant für „unter-“ wie „übertherapierte“ Patienten [2]. Eine koreanische Studie konnte ebenfalls zeigen, dass die 30-Tage-Mortalität bei den Patienten deutlich niedriger war, die eine leitlinienadhärente Therapie erhielten (23,9 % vs. 33,3 %). Die Leitlinienadhärenz in der Notaufnahme war hier gering (57 % leitliniengerecht) [15].
Management der ambulant und nosokomial erworbenen Pneumonie
Die aktuellen S3-Leitlinien zum Management der CAP (Update 2021) [8] und HAP (Update von 2017) [5] bieten klare Empfehlungen zur mikrobiologischen Diagnostik, kalkulierten empirischen Therapie nach Risikostratifizierung (Vorliegen einer Komorbidität und Schweregrad bei CAP bzw. Vorliegen einer Sepsis-assoziierten Organdysfunktion, invasiven Beatmung und Risikofaktoren für multiresistente Erreger bei HAP), Deeskalation anhand klinischer und mikrobiologischer Kriterien sowie zur Therapiedauer. Vor Beginn einer antibiotischen Therapie sollte zunächst beim stationär behandelten Patienten die Entnahme von Untersuchungsmaterial zur mikrobiologischen Diagnostik erfolgen (Blutkulturen und respiratorisches Material aus den unteren Atemwegen ggf. bronchoalveoläre Lavage [BAL] und insbesondere bei CAP auch Urinantigentest auf Legionellen bzw. Pneumokokken). Eine zusätzliche molekulare Diagnostik auf Influenzavirus in der Saison sowie SARS-CoV‑2 ist ebenfalls indiziert.
Die folgenden Erreger im respiratorischen Material haben keine klinische Relevanz: Korynebakterien, Enterokokken, Neisseria Spezies, vergrünende Streptokokken, koagulasenegative Staphylokokken und Candida Spezies [5, 8].
Als First-line-Therapie für die kalkulierte Initialtherapie der ambulant behandelten CAP soll Amoxicillin ± Clavulansäure (bei Komorbidität) eingesetzt werden. Für die stationär behandelte CAP sollte eine Betalaktam-Therapie ± Makrolid (für 3 Tage) erfolgen, bei schwerer Pneumonie immer in Kombination mit dem Makrolid. Aufgrund des geringen Interaktionspotenzials sollte Azithromycin dem Clarithromycin vorgezogen werden. Bei Patienten mit nosokomialer Pneumonie ohne sepsisassoziierte Organdysfunktion oder invasive Beatmung und ohne bekannte Kolonisation mit ESBL(„extended-spectrum beta-lactamases“)-Enterobakterien oder MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus) ist die Einleitung einer Monotherapie mit einer Pseudomonas-wirksamen Substanz jedenfalls ausreichend. Allerdings sollte keine Ceftazidim-Monotherapie initiiert werden, da Ceftazidim zwar eine ausgezeichnete Pseudomonas-Wirksamkeit, aber keine ausreichende Wirksamkeit gegenüber Pneumokokken und Staphylococcus aureus aufweist. Bei sepsisassoziierter Organdysfunktion, erhöhtem Risiko für MRE (multiresistente Erreger) und invasiver Beatmung kann leitliniengerecht eine Kombinationstherapie angedacht werden. Zusätzlich sollte in diesem Fall nach initialer Ladungsdosis eine prolongierte Applikation von geeigneten Betalaktamantibiotika bevorzugt eingesetzt werden.
Die empirische Therapie muss nach 48–72 h reevaluiert werden. Eine Deeskalation nach klinischen und mikrobiologischen Kriterien wird stark empfohlen. Bei Stabilisierung des Patienten bzw. Nachweis eines empfindlichen Erregers soll bei initialer Kombinationstherapie auf eine Monotherapie deeskaliert werden bzw. von einem Breitspektrumantibiotikum auf ein Schmalspektrumantibiotikum umgestellt werden. Empfehlungen zur gezielten Therapie von häufigen Erregern bei CAP und HAP sind in Tab. 1 dargestellt. Bei mikrobiologischem Nachweis von relevanten Problemkeimen kann hingegen in Einzelfällen auch eine gezielte Eskalation der Therapie notwendig sein (Tab. 2).
Die empirische Therapie muss nach 48–72 h reevaluiert werden
Dass die Deeskalation der antiinfektiven Therapie bei CAP sicher ist, konnte die CAP-PACT-Studie aus den Niederlanden zeigen: im Rahmen einer ABS-Intervention wurden stationär aufgenommene Patienten mit moderatem Schweregrad (nicht ITS-pflichtig) in der Interventionsgruppe frühzeitiger leitliniengerecht auf Schmalspektrumantibiotika (Benzylpenicillin i.v., Amoxicillin i.v. oder p.o.) umgestellt. Bei unveränderter 30-Tage-Mortalität und Krankenhausaufenthaltsdauer bzw. -wiederaufnahme konnte eine relative Reduktion der Tage mit Breitspektrumantibiotika von 26,6 % erreicht werden [14].
Sollte trotz neu aufgetretener Infiltrate die Diagnose einer Pneumonie unwahrscheinlich sein, dann soll die antibiotische Therapie bereits nach 72 h beendet werden [5, 16].
Für CAP ist in der Regel eine Therapiedauer von 5 bis 7 Tagen und bei HAP eine Therapiedauer von 7 bis 8 Tagen ausreichend. Eine orale Sequenztherapie ist auch bei schwerer CAP möglich, wenn der Patient zumindest 3 Tage stabil ist.
In einer rezenten randomisiert kontrollierten Studie bei Patienten mit beatmungsassoziierter Pneumonie durch Pseudomonas aeruginosa war die kurze Therapiedauer von 8 Tagen im Vergleich zur langen Therapie mit 15 Tagen nicht mit erhöhter Mortalität, längerer invasiver Beatmung oder längerem Intensivaufenthalt assoziiert, es zeigte sich allerdings eine höhere Rückfallrate [3]. Daher stellt auch ein Pseudomonas-Nachweis keine generelle Ausnahme der 8‑Tages-Regel dar.
Eine vergleichbare randomisiert kontrollierte Studie konnte bei hospitalisierten Patienten mit CAP zeigen, dass eine Verkürzung der Therapiedauer von 10 auf 5 Tage in der Interventionsgruppe nach Stabilitätskriterien mit einer mindestens vergleichbaren Erfolgsrate bis Tag 30 auch bei schwer erkrankten Patienten assoziiert war. Die Wiederaufnahmerate von Patienten bis Tag 30 war sogar höher in der Kontrollgruppe unter (arztgesteuerter) Standardtherapie [21].
Ausnahmen, die eine längere Therapiedauer erfordern, sind der Nachweis einer Staphylococcus-aureus-Bakteriämie (Therapiedauer mindestens 14 Tage), Lungenabszesse oder der Nachweis eines Pleuraempyems.
COVID-19 und Antibiotic Stewardship
Bei stationären Patienten mit COVID-19 sollte mit Ausnahme von Patienten mit septischem Schock keine empirische Antibiotikatherapie eingeleitet werden, da die Prävalenz von bakteriellen Koinfektionen mit 1–8 % niedrig ist [13]. Die Bestimmung von Procalcitonin kann die Unterscheidung zwischen bakterieller und viraler Infektion unterstützen, wird aber auch im Rahmen von Hyperinflammation beobachtet. Der Anstieg von Procalcitonin im Verlauf kann auf eine bakterielle Superinfektion hindeuten, sollte aber nur gemeinsam mit dem klinischen Zustand des Patienten, der radiologischen Verlaufsdiagnostik, Fokussuche und der mikrobiologischen Diagnostik bewertet und in die therapeutischen Entscheidungen einbezogen werden. Eine antimikrobielle Therapie sollte gemäß den ABS-Prinzipien frühzeitig reevaluiert und ggf. angepasst oder abgesetzt werden.
Fazit für die Praxis
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Die Pneumonie ist eine häufige und potenziell tödliche Erkrankung, aber auch Fehldiagnosen wie eine kardiale Dekompensation kommen häufig vor.
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Vor Einleitung der Antibiotikatherapie bei stationär behandelter ambulant erworbener Pneumonie (CAP) sollte eine mikrobiologische Diagnostik erfolgen.
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Die initiale kalkulierte Antibiotikaauswahl soll nach Risikostratifizierung, Schweregrad und nationalen Leitlinienempfehlungen erfolgen.
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Eine Reevaluation der Therapie nach 48–72 h und Deeskalation nach Klinik und Mikrobiologie (von einer Kombinations- auf eine Monotherapie bzw. von Breitspektrum- auf ein Schmalspektrumantibiotikum oder auf eine orale Sequenztherapie) sowie ein Stoppen der Therapie bei Fehlindikation wird stark empfohlen.
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Eine Therapiedauer von 5 bis 7 Tagen bei CAP bzw. 7 bis 8 Tagen bei nosokomial erworbener Pneumonie (HAP) ist in der Regel ausreichend.
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Bahrs, C., Moeser, A. Antibiotic Stewardship und Pneumonie. Z Pneumologie 19, 359–368 (2022). https://doi.org/10.1007/s10405-022-00474-w
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