Anamnese

Ein 47-jähriger Patient wurde zur Abklärung eines seit 3 Jahren bestehenden Pleuraergusses der rechten Seite vorgestellt. Insbesondere soll wegen einer bedeutenden Exposition die Differenzialdiagnose einer Pleuritis tuberculosa abgeklärt werden.

Der Patient war bereits 2‑mal stationär umfangreich untersucht worden; bei der ersten Abklärung hatte er atemabhängige thorakale Schmerzen und einen trockenen Reizhusten. Bei der aktuellen Vorstellung berichtete er über ein leichtes Ziehen ohne Ausstrahlung bei Streckbewegungen im unteren Thorax beidseits sowie über vermehrtes Schwitzen unter Belastung. Die Leistungsfähigkeit war nur bei stärkerer sportlicher Belastung eingeschränkt, unter der es zu Dyspnoe kam. B‑Symptomatik oder allgemeine Infektzeichen wurden verneint. An pneumologischen Risikofaktoren fand sich ein aktiver inhalativer Tabakkonsum mit kumulativ 33 „packyears“. Es waren keine Vorerkrankungen bekannt, und es wurde keine Dauermedikation eingenommen.

Es wurde 2‑mal eine Pleurapunktion durchgeführt: Vor 3 Jahren wurden 1900 ml leicht hämorrhagisches, trübes bzw. vor 1 Monat 1600 ml bernsteinfarbenes Punktat entnommen. Jedes Mal wurde eine Eosinophilie im Punktat nachgewiesen. Maligne Zellen wurden nicht gefunden, ebenso ergab sich kein Hinweis für eine Tuberkulose mittels Ziehl-Neelsen-Färbung, Mycobacterium-tuberculosis-Komplex(MB-TBC)-PCR (Polymerasekettenreaktion) (diese war unspezifisch gehemmt) und Kultur. Im Herzultraschall zeigte sich neben einer Ejektionsfraktion von 53 % ein geringer und letztlich nur passagerer und spontan regredienter Perikarderguss. Die Computertomographie (CT) des Thorax ergab keine weiteren Auffälligkeiten. Bei der ersten Abklärung lag zudem eine Bluteosinophilie von 1300 Zellen/µl vor. Diese war jedoch bei späteren Kontrollen nicht mehr nachweisbar. Alle übrigen Laborparameter waren unauffällig, inklusive antinukleärer Antikörper (AK) (= ANA), antineutrophiler zytoplasmatischer AK (ANCA), C‑reaktivem Protein (CRP), Blutsenkungsgeschwindigkeit, Laktatdehydrogenase, Immunglobulin (Ig) A, IgM, IgG und freie Leichtketten.

Die Genese des Ergusses blieb letztlich unklar. Nach der ersten Abklärung wurde eine antiinflammatorische Therapie mit Prednisolon 12,5 mg/Tag und Moxifloxacin 400 mg durchgeführt; die genaue Dauer konnte nicht erhoben werden. Der Erguss persistierte. Nach der rezenten zweiten Abklärung erfolgte keine weitere spezifische Therapie.

Diagnostik

Die erweiterte Anamnese ergab, dass der Patient beruflich Biomüllverwertungsanlagen plante und die Montage überwachte. Dabei kam er regelmäßig mit dem Biomüll in direkten Hautkontakt. Kurz vor Beginn der klinischen Symptomatik war der Patient beruflich in Mecklenburg-Vorpommern, in den 5 Jahren zuvor beruflich in Slowenien, Finnland, den Niederlanden bzw. in Weißrussland. Der Patient ist Hundebesitzer ohne weitere engere Kontakte zu Tieren. Eine regelmäßige „Entwurmung“ des Hundes sei nicht erfolgt, jedoch seien der Hund und dessen Kot wiederholt auf Parasiten untersucht worden. Zeckenbisse seien nicht erinnerlich. Es gab keine infektiologisch relevanten Hobbys. Der Patient wohnte in einer Eigentumswohnung ohne anamnestisch auffällige mikrobiologische oder umweltmedizinische Aspekte.

Laborchemisch war das D‑Dimer erhöht mit 1,16 mg/l (≤ 0,5 mg/l). Das restliche Routinelabor war unauffällig inklusive eines CRP von 0,1 mg/dl. Der QuantiFERON©-TB Gold-Test (Qiagen, Hilden, Deutschland) war 2‑mal nicht auswertbar. Das Gesamt-IgE war leicht erhöht mit 124 U/ml (≤ 114 U/ml), die spezifischen IgE-Spiegel gegen Hausstaubmilben, Katzenschuppen, Aspergillus fumigatus und niger, Lieschgras, Birke und Beifuß waren normwertig. Auch die autoimmunologische Diagnostik inklusive ANA, ANCA, Doppelstrang-DNA(Desoxyribonukleinsäure)-AK, Nukleosomen-AK und Rheumafaktor blieb unauffällig. Drei Stuhlproben auf Parasiten und Wurmeier waren unauffällig.

Radiologisch war erneut ein geringer Pleuraerguss rechts nachweisbar. Zusätzlich wurden eine Atelektase im dorsalen Oberlappen rechts, apikale Schwielen beidseits, vermehrte nichtpathologische mediastinale Lymphknoten und eine subpleurale rundherdartige Verdichtung im Mittellappen nachgewiesen (Abb. 1). Eine Pulmonalarterienembolie konnte nicht nachgewiesen werden. Die Oberbauchsonographie war unauffällig. Eine Positronenemissionstomographie konnte keine auffällige Speicherung nachweisen. Eine Bronchoskopie ergab eine Neutrophilie in der bronchoalveolären Lavage (BAL), pathogene Erreger konnten kulturell nicht angezüchtet werden. Die Ziehl-Neelsen-Färbung und MB-TBC-PCR (M. tuberculosis PCR Kit, Geneproof, Brno, Czech Republic) aus dem Bronchialsekret blieben negativ. Maligne Zellen waren ebenso nicht nachweisbar.

Abb. 1
figure 1

Computertomographie (CT) des Thorax. a Rundherdartige Verdichtung im Mittellappen (Pfeil). b Pleuraerguss mit angrenzender Atelektase (Pfeil)

Die Differenzialdiagnosen für die absolute Eosinophilie im Blut sind mit autoimmunologischen, allergologischen, infektiologischen und neoplastischen Erkrankungen sowie medikamentöser Ursache sehr vielseitig. Bei Annahme eines kausalen Zusammenhanges mit dem Pleuraerguss waren hier zumindest autoimmunologische und allergologische Ursachen unwahrscheinlich, die Information über die Arbeit mit Biomüll und den fraglich suffizient antiparasitär versorgten Hund lenkte die Aufmerksamkeit auf eine infektiologische, insbesondere parasitäre Genese.

Weiterführende Diagnostik

Wir veranlassten serologische Untersuchungen auf Ascaris, Echinococcus, Fasciola, Strongyloides, Toxocara, Trichinen und Taenia.

Es wurde eine erneute Pleurapunktion vorgenommen. Aufgrund des nur geringen Ergusses konnten aber nur wenige Milliliter gewonnen werden. Auf wiederholte Basis- und Tuberkulosediagnostik inklusive zytologischer Diagnostik aus diesem Material musste wegen der geringen Menge verzichtet werden, zudem war bisher nie ein lymphozytärer Erguss nachgewiesen worden und eine pleurale Tuberkulose aufgrund der Gesamtkonstellation weniger wahrscheinlich. Das Material wurde daher nach Abwägung der wahrscheinlichsten parasitären Erreger aufgrund der Eosinophilie des Pleuraergusses [1] für PCRs auf Strongyloides, Echinococcus und Taenia eingesendet.

Eine videoassistierte Thorakoskopie (VATS) wurde aufgrund der noch ausständigen diagnostischen Ergebnisse noch nicht angedacht.

Wie lautet Ihre Diagnose?

Diagnose und Pathogenese

Die serologischen Ergebnisse auf Ascaris und Strongyloides waren positiv, ebenso die Strongyloides-PCR aus dem Pleuraerguss. Die positive Ascaris-Serologie sahen wir in erster Linie als Kreuzreaktion [2]. Die Diagnose lautete daher Infektion durch Strongyloides stercoralis (= Zwergfadenwurm) mit persistierendem Pleuraerguss. Dieser Parasit zählt zu den Nematoden und kommt verstärkt in feuchtwarmen Regionen der Tropen und Subtropen vor, ist aber prinzipiell weltweit anzutreffen. Die Infektion geschieht nach Kontakt mit kontaminiertem Material (z. B. Erde) üblicherweise durch die Haut, die von Larven aktiv penetriert wird, die ein juckendes Exanthem verursachen [3, 4]. In der Folge wird hämatogen die Lunge erreicht, was Husten, Fieber und radiologische Infiltrate auslösen kann [3, 4]. Danach wird der Dünndarm befallen, da Larven verschluckt werden, mit möglichen Schmerzen und Diarrhö [3, 4]. Die meisten Verläufe sind bei immunkompetenten Personen aber oligo- bis asymptomatisch [3, 4]. Infektionen können über Jahrzehnte bestehen bleiben, da die Larven in ein adultes Stadium im Darm übergehen und dort Eier produzieren, aus denen wiederum Larven entstehen [3, 4]. Diese passieren die Darmwand oder – ausgeschieden – wieder die Haut (= Autoinfektion) [3, 4].

Ein Goldstandard in der Diagnostik ist nicht etabliert [4]. Am ehesten ist dies die Mikroskopie aus Stuhl oder Duodenalsaft (je nach Symptomatik auch Sputum, BAL oder Pleuraerguss) [4]. Der Nachweis von Larven bzw. adulten Formen oder Eiern gelingt aber nur selten, daher ist die Untersuchung mehrerer Proben zu empfehlen [3, 4]. Die Serologie hat eine höhere Sensitivität, kann aber lange positiv bleiben und durch Kreuzreaktionen beeinflusst sein, was sich in einer schlechten Spezifität ausdrückt (daher in der Routine kaum geeignet). Die PCR wiederum ist in der Spezifität gut und eignet sich als Bestätigungstest, hat aber Schwächen in der Sensitivität und eignet sich nicht als verlässlicher Suchtest.

Diagnose: Infektion durch Strongyloides stercoralis (= Zwergfadenwurm) mit persistierendem Pleuraerguss

Therapie und Verlauf

Die Therapie der Wahl ist eine 1‑malige orale Einnahme von Ivermectin 200 µg/kg Körpergewicht. Es gibt auch Mehrfachdosisregime (2 bis 4 Gaben), die 1‑malige Gabe erscheint jedoch nicht unterlegen und ist besser verträglich [5]. In der Nachkontrolle nach 4 Monaten war der Erguss nicht mehr darstellbar (Abb. 2). Eine VATS war daher nicht mehr indiziert, wäre aber ein nächster gerechtfertigter diagnostischer Schritt gewesen, wenn die Diagnose weiter unklar geblieben wäre.

Abb. 2
figure 2

Vergleichende Thoraxröntgenaufnahmen vor (a) und 4 Monate nach (b) Therapie

Fazit für die Praxis

  • Unter den helminthischen Differenzialdiagnosen einer Eosinophilie ist die Strongyloidose auch abseits der typischen Endemiegebiete zu beachten.

  • Bei unklarer wiederholter Eosinophilie eines Pleuraergusses sollte an eine parasitologische Erkrankung gedacht werden.

  • Eine absolute Bluteosinophilie muss bei parasitologischen Erkrankungen nicht zwingend vorliegen.

  • Aufgrund des schwierigen direkten Erregernachweises sind die Serologie und die Polymerasekettenreaktion (PCR) wichtige diagnostische Methoden.