Fallvignette

Eine 26-jährige Patientin litt seit mehreren Wochen unter rezidivierendem Krankheitsgefühl, Dyspnoe und trockenem Husten. Die Beschwerden waren initial innerhalb weniger Tage aufgetreten, zusätzlich bestanden zu Beginn eine ausgeprägte Abgeschlagenheit und Fieber. Anamnestisch sei ambulant die Diagnose Asthma bronchiale gestellt worden, die verordnete inhalative Medikation habe jedoch keine Besserung erbracht. Etwa 2 Wochen nach Beginn der ersten Symptome trat zunächst am Kopf ein makulopapulöses Exanthem auf, das sich über den Stamm und die Extremitäten ausbreitete. Parallel intensivierten sich die klinischen Beschwerden (u. a. Fieber bis 39 °C), sodass sich die Patientin in einer Notaufnahme vorstellte. Die Hauteffloreszenzen wurden dort als allergische Reaktion auf die inhalative Medikation gedeutet, und es erfolgte eine symptomatische Therapie ohne weitere Diagnostik. Im Verlauf der nächsten Wochen zeichnete sich eine spontane und langsame Besserung ab, und die Hauterscheinungen bildeten sich bereits zurück, als sich die Patientin in unserer pneumologisch-infektiologischen Ambulanz vorstellte. Die Anamnese ergab unter anderem, dass die Patientin bisher keine der von der STIKO (Ständige Impfkommission) empfohlenen Impfungen erhalten hatte. Serologisch fand sich ein positiver Nachweis von sowohl Ig(Immunglobulin)G- als auch IgM-Antikörpern gegen Masernviren, gut vereinbar mit einer kurz zurückliegenden Masernvirusinfektion. In der Thoraxröntgenaufnahme zeigte sich eine vermehrte peribronchiale Zeichnung im Mittellappen (Abb. 1). Im Verlauf erfolgten weitere klinische und radiologische Kontrollen, eine spezifische Therapie war nicht notwendig. Die inhalative Therapie wurde beendet, und der Patientin wurden spezifische Impfungen empfohlen.

Abb. 1
figure 1

Residuelle Zeichnungsvermehrung bei Zustand nach leichter Masernpneumonie

Hintergrund

Die Lunge ist aufgrund ihres direkten Kontakts mit der Umwelt gegenüber einer Vielzahl von Viren exponiert. Häufig sind Infektionen durch respiratorische Viren wie Influenzavirus, SARS-CoV‑2 („severe acute respiratory syndrome coronavirus 2“), Respiratory-syncytial-Virus, Parainfluenzavirus, humanes Metapneumovirus, Adenovirus und Rhinoviren. Zusätzlich kann die Lunge durch Infektionen mit nicht primär respiratorischen Viren gefährdet werden, in erster Linie durch Zytomegalievirus, Varizella-Zoster-Virus und Herpes-simplex-Virus. Die 3 letztgenannten Erreger sind insbesondere relevant bei immunsupprimierten Patienten.

Im Folgenden werden exemplarisch Infektionen durch 4 virale Erreger dargestellt. Pulmonale Affektionen durch diese Erreger sind in Deutschland selten. Die Kenntnis der beschriebenen Infektionskrankheiten erscheint jedoch wichtig, da jederzeit mit dem Auftreten einzelner Fälle in Deutschland gerechnet werden muss und sie mit erheblicher Morbidität und Mortalität assoziiert sind.

Zoonotische Influenza

Wildlebende Wasservögel stellen das Reservoir aller bei Vögeln beschriebener Influenza-A-Subtypen dar. Infektionen der Wasservögel verlaufen meist asymptomatisch. Hingegen sind Geflügelbestände durch Infektionen gefährdet, die sich als Leistungseinbußen bei intensiver Haltung („low pathogenic avian influenza“) oder auch als klassische Geflügelpest mit hoher Kontagiosität und Letalität („high pathogenic avian influenza“) äußern können. Von epidemiologisch geringerer Bedeutung ist die Schweineinfluenza. Die Infektion kann sich bei Schweinen durch Symptome eines respiratorischen Infekts oder Aborte bei tragenden Sauen äußern. Schweine haben in ihren Atemwegen sowohl Rezeptoren für aviäre als auch für humane Influenzaviren. Bei gleichzeitiger Infektion mit Viren verschiedener Spezies kann es zu einem Reassortment (Austausch von Gensegmenten) kommen mit daraus resultierenden veränderten biologischen Eigenschaften.

Übertragung

Eine menschliche Infektion mit aviärer Influenza resultiert meist aus engem Kontakt zu infiziertem Geflügel bzw. dessen Ausscheidungen z. B. auf Geflügelmärkten. So haben rigorose Hygienemaßnahmen im Bereich der Geflügelmärkte entscheidend zur Kontrolle der von 2013 bis 2017 in China in mehreren Wellen aufgetretenen Epidemie durch Influenza A H7N9 beigetragen [18].

Kleine Cluster von Mensch-zu-Mensch-Übertragungen wurden beschrieben, vornehmlich bei engen Haushaltskontakten. Die im Vergleich zur saisonalen Influenza deutlich verminderte Ansteckungsgefahr resultiert aus der Tatsache, dass Rezeptoren für die aviäre Influenza in den tiefen Atemwegen lokalisiert sind. Ausreichend erhitzte Geflügelprodukte stellen keine Infektionsgefahr dar. Infektionen mit porciner Influenza werden bei engem Kontakt mit infizierten Schweinen übertragen. Auch hier sind Einzelfälle einer Mensch-zu-Mensch-Übertragung dokumentiert.

Klinisches Bild

Während das klinische Bild einer porcinen Influenza dem einer saisonalen Influenza entspricht und hier daher nicht weiter besprochen werden soll, handelt es sich bei einer humanen Erkrankung durch aviäre Influenzaviren um eine potenziell schwere Infektion mit hoher Letalität. Nach einer Inkubationszeit von 1 bis 5 Tagen kommt es zu Fieber, Husten, Atemnot, teilweise in Verbindung mit Kopf- und Gliederschmerzen. Gastrointestinale Symptome können begleitend vorhanden sein. In einer retrospektiven Studie aus Vietnam zu 67 Patienten mit Infektion durch aviäre Influenza A H5N1 waren Husten und Tachypnoe die häufigsten Symptome. Bei 84 % der Patienten waren radiologisch pulmonale Infiltrate nachweisbar. Die Letalität betrug 39 %. Das mediane Alter der verstorbenen Patienten war 18 Jahre [13].

Die aviäre Influenza kann sich klinisch unter dem Bild einer schweren viralen Pneumonie manifestieren

Humane Infektionen mit aviärer Influenza A H7N9 wurden vornehmlich aus China bekannt. Eine retrospektive Studie an 111 Patienten zeigte häufige und schwere Komplikationen auf, insbesondere Pneumonie bei 97 %, ARDS („acute respiratory distress syndrome“) bei 71 % und Schock bei 26 % der Patienten; 27 % der Patienten verstarben, die meisten an einer refraktären Hypoxämie [10]. Außer Influenza A-H5- und -H7-Viren können weitere Erreger eine zoonotische Influenza bedingen, dies aber mit eher mildem Verlauf (Tab. 1).

Tab. 1 Erreger der zoonotischen Influenza und ihre Besonderheiten

Maßnahmen

In Deutschland wurden bisher keine Erkrankungen durch Influenza A H5N1 oder H7N9 bekannt. Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin und die Paul-Ehrlich-Gesellschaft haben Empfehlungen zu humanen Infektionen durch aviäre Influenza A H7N9 formuliert [12]. Wesentlich ist die Infektionsprävention. Patienten sollten isoliert werden und, wenn möglich, bei Kontakt mit nicht infizierten Personen eine Mund-Nasen-Maske aufsetzen. Die persönliche Schutzausrüstung für Personal umfasst Schutzbrille, Atemschutz (FFP3 für Aerosol generierende Maßnahmen, sonst FFP2), Schutzkittel und Einmalhandschuhe. Schon der Verdacht auf eine Erkrankung ist meldepflichtig.

Die Evidenz zur Wirksamkeit einer antiviralen Therapie ist limitiert. In der bereits genannten retrospektiven Studie aus Vietnam bei Infektionen durch Influenza A H5N1 überlebten 69 % der Patienten, die Oseltamivir erhalten hatten, im Vergleich zu 33 %, die nicht mit Oseltamivir behandelt wurden [13]. In Anbetracht der meist schweren Erkrankung erscheint der Einsatz von Neuraminidasehemmern selbst dann indiziert, wenn die Therapie später als 48 h nach Symptombeginn eingeleitet wird. Gegebenenfalls sollte die Therapiedauer über die bei saisonaler Influenza übliche Dauer von 5 Tagen verlängert werden. Das bereits in den USA zur Therapie der Influenza zugelassene Baloxavir zeigte in vitro eine gute Effektivität gegenüber verschiedenen aviären und porcinen Influenzaviren [15], sodass sich hier in Zukunft eine Behandlungsmöglichkeit ergeben könnte.

Bisher gibt es keine Empfehlung der STIKO für eine Impfung gegen zoonotische Influenza. Impfstoffe gegen Influenza A H5N1 sind in Deutschland zugelassen und können z. B. bei beruflich exponiertem Personal in Speziallaboratorien eingesetzt werden.

„Middle East respiratory syndrome“

Bisher wurden 7 humanpathogene Coronaviren gefunden. Vier davon sind weltweit verbreitet und stellen häufige Erreger akuter respiratorischer Erkrankungen dar. Erstmalig im Dezember 2019 wurden Infektionen durch ein mittlerweile als SARS-CoV‑2 benanntes Virus in der Provinz Hubei in China bekannt. Zum Zeitpunkt der Manuskripterstellung ist die Lage dynamisch mit pandemischer Ausbreitung und raschem Erkenntnisgewinn. Das Reservoir des SARS-CoV‑2 scheint in Fledermäusen zu liegen, ebenso wie das des SARS-CoV, das in den Jahren 2002 und 2003 ausgehend von China etwa 8000 Menschen mit einer Mortalitätsrate von ca. 10 % infizierte. Im Folgenden konzentriert sich der Beitrag auf das MERS(„Middle East respiratory syndrome“)-CoV, das 2012 erstmalig beschrieben wurde und bis zum 19.05.2020 zu 2494 Infektionen mit 858 Todesfällen geführt hat (Mortalität 34 %). Über 80 % der Fälle wurden aus Saudi-Arabien berichtet [25].

Übertragung

Eine primäre Infektion kann aus Kontakt zu respiratorischen oder anderen Sekreten von infizierten Dromedaren resultieren [2]. Möglicherweise spielt auch der Konsum nicht pasteurisierter Milchprodukte eine Rolle. Bei vielen Primärfällen lässt sich jedoch kein Kontakt zu Dromedaren als Risikofaktor identifizieren. Ambulante Mensch-zu-Mensch-Übertragungen scheinen eine untergeordnete Rolle zu spielen, wohingegen mehrere nosokomiale Ausbrüche dokumentiert sind. Der größte Ausbruch ging von einem Patienten in Südkorea aus mit 186 Sekundärfällen, davon allein 82 in der Notaufnahme [7].

Klinisches Bild

Die Inkubationszeit beträgt 2 bis 14 Tage. Bei gesunden Menschen verläuft die Infektion oft asymptomatisch bis milde, schwere Manifestationen treten in erster Linie bei Patienten mit chronischen Vorerkrankungen auf. Milde Verläufe sind gekennzeichnet durch subfebrile Temperatur, Naselaufen, Hals- und Muskelschmerzen.

Schwere Infektionen mit MERS-CoV treten meist bei Patienten mit chronischen Vorerkrankungen auf

In schweren Fällen kann sich ein ARDS entwickeln, im Median 2 Tage nach Krankenhausaufnahme. In schweren Fällen kommt es häufig auch zu extrapulmonalen Manifestationen wie Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö in bis zu einem Drittel und akutem Nierenversagen in bis zu der Hälfte der Fälle [2].

Maßnahmen

Die initiale Verdachtsdiagnose ergibt sich aus dem klinischen Bild einer akuten Atemwegsinfektion in Kombination mit einem epidemiologischen Risiko. Verdachtsfälle müssen an das zuständige Gesundheitsamt gemeldet werden. Als Probenmaterial eignen sich insbesondere Sekrete aus den tiefen Atemwegen (Sputum, Trachealsekret, bronchoalveoläre Lavage), da hier die Viruskonzentration am höchsten ist. Der Erregernachweis erfolgt mittels Polymerasekettenreaktion (PCR). Spezialisierte Labore können spezifische Antikörper nachweisen, was in der Akutdiagnostik jedoch keine Rolle spielt. Patienten müssen im Einzelzimmer isoliert werden und sollen bei Kontakt mit medizinischem Personal einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Das medizinische Personal schützt sich durch Einweghandschuhe, Kopfhaube, Schutzkittel, Atemwegsmaske (mindestens FFP2) und Schutzbrille. Das Robert Koch-Institut hat ein Flussschema zur Abklärung von MERS-Verdachtsfällen erarbeitet, das hier adaptiert dargestellt wird (Abb. 2). Die Therapie ist in erster Linie supportiv. Derzeit läuft in Saudi-Arabien eine randomisierte placebokontrollierte Studie, in der der Einsatz von Lopinavir/Ritonavir plus Interferon-β-1b untersucht wird [6].

Abb. 2
figure 2

Flussschema zur Abklärung von MERS(„Middle East respiratory syndrome“)-Verdachtsfällen. d Tage (Adaptiert nach [21])

Masern

Über wenige impfpräventable Erreger wurde in den letzten Jahren in vergleichbarer Frequenz berichtet und gestritten wie über das Masernvirus. Die Bekämpfung und perspektivisch auch die Elimination der Masern sind zentrale gesundheitspolitische Ziele sowohl der WHO (Weltgesundheitsorganisation) [24] als auch der nationalen Einrichtungen (z. B. des Robert Koch-Instituts [19]). Dies erscheint logisch vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Möglichkeit der Elimination und der potenziell schwerwiegenden Komplikationen einer Maserninfektion.

Allgemeines und Epidemiologie

Masern sind eine hoch ansteckende Viruserkrankung, die sich durch Fieber, Abgeschlagenheit, einen typischen Hautauschlag, Husten und konjunktivitische Beschwerden auszeichnet [16]. Die Erkrankung ist weltweit verbreitet und stellt insbesondere bei Kleinkindern weiterhin eine der führenden Todesursachen dar. Im Jahr 2019 wurden durch die WHO weltweit mehr als 500.000 Fälle von Masern gezählt. In Deutschland, wo nach dem Infektionsschutzgesetz Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod sowie der direkte und indirekte Erregernachweis meldepflichtig sind, wurden im Jahr 2019 insgesamt 505 Fälle gemeldet [26].

Verlauf der Erkrankung

Aufgrund der hohen Kontagiosität der Viren erkranken nach Exposition ca. 90 % der nicht geimpften Personen. Die Inkubationszeit beträgt 6 bis 21 Tage. In der folgenden Prodromalphase (2 bis 4 Tage) beginnen die klassischen Symptome wie ausgeprägtes Krankheitsgefühl, hohes Fieber sowie Husten, Erkältungssymptome und Konjunktivitis. Kurz vor (ca. 48 h) der Phase des Exanthems kann es zu einem Enanthem (sog. Koplik-Flecken) kommen. Hiermit werden kalkspritzerartige, weiß-gräuliche Erhebungen bezeichnet, die häufig in der bukkalen Mukosa lokalisiert sind. Die charakteristischste Phase der Masern ist die des Exanthems. Es tritt in der Regel 2 bis 4 Tage nach Fieberbeginn auf und beginnt meist kraniofazial, um sich dann über den Stamm auf die Extremitäten auszubreiten. Hand- und Fußflächen sind nur sehr selten involviert. Weitere typische Symptome in dieser Phase sind eine generalisierte Lymphadenopathie, Fieber und eine verstärkte respiratorische Symptomatik. Die Phase der Kontagiosität beginnt ca. 5 Tage vor Beginn des Exanthems und endet 4 Tage nach dessen Auftreten. Das Exanthem ist üblicherweise für 1 Woche sichtbar, beim Abblassen kommt es mitunter zu einer feinen Schuppung. Bereits 2 Tage nach Beginn der Hauterscheinungen setzt meist eine klinische Besserung ein, sodass der Übergang in die letzte Phase (Erholung und anhaltende Immunität) fließend verläuft. Eine vollständige Restitutio tritt nach etwa 1 bis 2 Wochen ein [5].

Komplikationen

In ca. einem Drittel der Erkrankungsfälle treten eine oder mehrere Komplikationen auf [1]. Hierzu gehören Diarrhö, Otitis media sowie Enzephalitis und Pneumonie, wobei Letztgenannte für die meisten Todesfälle bei Masern verantwortlich ist.

Bei etwa einem Drittel der Maserninfektionen treten Komplikationen auf

Die verschiedenen pneumologischen Krankheitsbilder werden als Bronchopneumonie, Laryngotracheobronchitis und als Bronchiolitis beschrieben. Die entsprechenden Patienten zeigen entgegen dem normalen Verlauf eine zunehmende Verschlechterung der pulmonalen Funktion, mitunter ist hierfür auch eine bakterielle Superinfektion (durch z. B. Streptococcus [S.] pneumoniae, S. pyogenes, Haemophilus [H.] influenzae, Staphylococcus aureus) bzw. eine Koinfektion mit respiratorischen Viren mitverantwortlich [3]. Durch eine pulmonale Manifestation der Masern kann auch die Ausbildung von Bronchiektasen gefördert werden, was wiederum das Risiko für spätere rezidivierende Infekte steigert.

Therapie und Prävention

Grundsätzlich ist die Therapie der Masernerkrankung supportiv. Bis heute existiert keine spezifische antivirale Therapie. Die Allgemeinmaßnahmen umfassen Antipyretika, ausreichende Flüssigkeitsaufnahme bzw. -substitution und die antibiotische Behandlung von bakteriellen Superinfektionen.

Eine wichtige Rolle kommt dem Vitamin-A-Spiegel zu. Es konnte gezeigt werden, dass Patienten mit Vitamin-A-Mangel eine verzögerte Erholung und eine erhöhte Rate an Komplikationen aufweisen [24], dies gilt besonders für Kinder. Die WHO empfiehlt daher eine nach Alter gestaffelte Therapie mit Vitamin A für alle Kinder mit einer akuten Maserninfektion für 2 Tage 1‑mal am Tag (<6 Monate: 50.000 IU; 6 bis 11 Monate: 100.000 IU; ≥12 Monate: 200.000 IU). Insbesondere bei Masernpneumonie wurde der Einsatz von Ribavirin untersucht. Die Datenlage ist jedoch begrenzt [17]. Verschiedene Expertengruppen empfehlen bei Kindern mit Masernpneumonie eine Therapie mit 15–20 mg/kg Ribavirin verteilt auf 2 Dosen am Tag für 5 bis 7 Tage (alle Kinder <12 Monate, Kinder ≥12 Monate nur bei Notwendigkeit einer Beatmungstherapie).

Die Impfung bietet einen sicheren Schutz vor einer Maserninfektion

Eine deutlich größere Rolle kommt der Prävention der Masern durch die Impfung zu. Durch diese Maßnahme ist ein sicherer und lang anhaltender Schutz vor der Erkrankung möglich. Die Lebendimpfung ist Bestandteil des Impfkalenders der STIKO und sieht eine erste Impfung im Alter von 11 bis 14 Monaten vor. Die zweite Impfung kann bereits 4 Wochen nach der ersten Injektion appliziert werden und dient nicht zur Auffrischung, sondern bietet lediglich eine zweite Gelegenheit zur Ausbildung einer Immunität. Seit dem 01.03.2020 gilt in Deutschland die Impfpflicht, nach der Kinder vor Eintritt in Schule oder Kindergarten und Personen mit Tätigkeit in Gemeinschaftseinrichtungen oder medizinischen Einrichtungen einen Nachweis über die durchgeführten Impfungen erbringen müssen.

Hantavirus

Die erste Beschreibung der Hantaviren in der westlichen Medizin „verdanken“ wir den kriegerischen Auseinandersetzungen auf der koreanischen Halbinsel in den 1950er-Jahren. Zwischen 1951 und 1953 wurde der Ausbruch eines neuartigen hämorrhagischen Fiebers unter Truppen der Vereinten Nationen ausführlich dokumentiert. Dennoch sollte es noch bis zum Jahr 1977 dauern, bis der verantwortliche Erreger, das Hantaanvirus, erstmals isoliert werden konnte.

Allgemeines und Epidemiologie

Hantaviren sind eine heterogene Gruppe von Viren, die weltweit in den Körpern kleiner Säugetiere (typischerweise Mäuse, Ratten und andere Nagetiere) beherbergt sind. Humane Erkrankungen werden somit als Zoonosen klassifiziert. Die jeweiligen Nagetiere übertragen nur bestimmte Virusspezies, weshalb die Verbreitung der unterschiedlichen Subtypen den Lebensräumen ihrer Wirtstiere entspricht. Die in Mitteleuropa dominanten Vertreter sind das Puumalavirus (PUUV) und das Dobrava-Belgrad-Virus (DOBV). In Deutschland sind Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod sowie der direkte oder indirekte Erregernachweis meldepflichtig [20]. Die jährlichen Meldezahlen in Deutschland schwanken stark in Abhängigkeit von Schwankungen der Population und Durchseuchung der Reservoirtiere (z. B. Fallzahl 2017: n = 1731, Fallzahl 2018: n = 235) [9]. Die hohe Variabilität der Fallzahlen ist somit von einer Vielzahl von Umweltfaktoren abhängig.

Verlauf der Erkrankung

Viren werden von den Wirtstieren ausgeschieden und können über Tage infektiös bleiben. Die Ansteckung erfolgt meist durch Inhalation (z. B. aufgewirbelter Staub) oder durch Kontakt von verletzter Haut zu kontaminiertem Material. Die Inkubationszeit beträgt meist 2 bis 4 Wochen. Abseits der als Hantaviruserkrankung bezeichneten schweren Krankheitsform verläuft ein Großteil der Infektionen asymptomatisch bzw. ohne spezifische Symptome. Weiterhin hängt die Schwere der Erkrankung auch von dem übertragenen Virussubtyp ab [20]. In schweren Fällen beginnt die Krankheit abrupt mit hohem Fieber über wenige Tage, begleitet von grippalen Symptomen wie Kopf- und Gliederschmerzen.

Manifestationen der Hantaviruserkrankung sind geografisch verschieden

Klinisch werden 2 verschiedene Verlaufsformen unterschieden. Das hämorrhagische Fieber mit renalem Syndrom (HFRS) wird häufiger von asiatischen und europäischen Virustypen ausgelöst, während das Hantavirus-induzierte (kardio)pulmonale Syndrom (HPS/HCPS) in erster Linie von Hantaviren aus Nord- und Südamerika (insbesondere Sin-Nombre-Virus[SNV] und Andesvirus [ANDV]) verursacht wird ([22]; Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Hantavirus-induziertes pulmonales Syndrom in der Computertomographie des Thorax. (Abbildung mit freundl. Genehmigung © Prof. Dr. Michael Fuchsjäger, Graz, alle Rechte vorbehalten)

Hantavirus-induziertes (kardio)pulmonales Syndrom

Mit dem Beginn des Fiebers (Prodromalphase/febrile Phase, 2 bis 8 Tage) kann es zu gastrointestinalen Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö kommen. Auch stärkste abdominelle Schmerzen sind beschrieben. Weitere Begleitsymptome sind Konjunktivitis, Petechien und Gesichtsrötung. Typischerweise fehlen bei der Entwicklung eines HPS/HCPS in dieser Phase die Symptome eines respiratorischen Infekts abseits von trockenem Husten [14].

Die folgende kardiopulmonale Phase wird verursacht durch ein Kapillarleck im pulmonalen Gefäßbett. Dies führt bei den Patienten in unterschiedlichen Schweregraden zu Lungenödem, Schock und Koagulopathie bis hin zu schweren Arrhythmien und schließlich zum Tod [11]. Die Mortalität des HPS/HCPS wird mit 10–50 % angegeben.

Therapie

Die wichtigsten Maßnahmen bei Patienten mit einer schweren Hantaviruserkrankung sind supportiver Natur. Bei Entwicklung eines HPS/HCPS sollten die Patienten auf einer entsprechend ausgestatteten Intensivstation betreut werden, da eine Beatmungstherapie und kreislaufunterstützende Maßnahmen notwendig werden können. Entsprechend der Therapie von Patienten mit ARDS anderer Ätiologie wurden auch Patienten mit HPS/HCPS erfolgreich mit extrakorporaler Membranoxygenierung (ECMO) therapiert [8].

Als antivirale Medikation wurde bisher primär die Rolle von Ribavirin untersucht. Die entsprechenden Studien konnten jedoch keinen signifikanten Rückgang der Mortalität bei Patienten mit HPS/HCPS nachweisen [4]. Ebenso scheint der Einsatz von Glukokortikoiden keinen Benefit zu bringen [23]. Eine Impfung steht nicht zur Verfügung.

Fazit für die Praxis

  • Mit aviären Influenzaepidemien ist auch in Zukunft zu rechnen. Gefährdet sind primär Personen im Epizentrum mit engem Kontakt zu Geflügel. Bei schwerer Erkrankung scheint die Verabreichung von Neuraminidasehemmern sinnvoll.

  • MERS-CoV ist ein Pneumonieerreger im Mittleren Osten und Nordafrika mit hohem Letalitätsrisiko. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt meist über Dromedare. Nosokomiale Übertragungen stellen ein relevantes Problem dar. Es gibt derzeit keine evidenzbasierte spezifische Therapie.

  • Die Masernpneumonie ist die häufigste zum Tode führende Masernkomplikation. Während oder nach der akuten Infektion können schwere bakterielle Sekundärinfektionen auftreten, und als Spätfolge kann sich eine chronisch symptomatische Bronchiektasenerkrankung entwickeln. Die Masernschutzimpfung hat somit auch aus pneumologischer Sicht große Relevanz.

  • Das Hantavirus-induzierte (kardio)pulmonale Syndrom wird v. a. in Amerika beobachtet, kommt aber auch in Europa vor. Das wichtigste Hantavirus-Reservoir sind kleine Nagetiere. Die Infektion erfolgt über Inhalation von kontaminiertem Staub.