Asthmaexazerbationen sind mit erheblicher Morbidität und ggf. auch Mortalität assoziiert. Aufgrund der verbesserten therapeutischen Strategien hat sich die Asthmamortalität in Deutschland in den letzten Jahrzehnten zwar deutlich reduziert, liegt aber immer noch bei etwa 1/1 Mio. Einwohnern pro Jahr [14]. Für das erfolgreiche Management einer akuten Asthmaexazerbation sind deren frühzeitige Erkennung und konsequente Behandlung entscheidend und ggf. lebensrettend. In diesem Beitrag soll das Management schwerer lebensbedrohlicher Asthmaanfälle im Erwachsenenalter dargestellt werden.

Symptomatik und Schweregrad

Schwere Exazerbationen können z. B. durch Kontakt mit Allergenen oder Irritanzien, durch Medikamente wie Betablocker oder nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), aber auch durch virale Infekte und viele andere Mechanismen ausgelöst werden. Der konkrete Auslöser wird im Alltag oftmals nicht evident.

Führende Symptome einer Asthmaexazerbation sind zunehmende Dyspnoe und vermehrte Atemarbeit. Typisch sind auch pfeifende Atemgeräusche, Husten und ein Engegefühl in der Brust.

Beim Erstkontakt mit einem Patienten mit akuter Exazerbation sollten eine kurze fokussierte Anamnese und eine körperliche Untersuchung durchgeführt werden, während gleichzeitig sofort mit der Therapie begonnen wird. Während die Therapie läuft, werden Anamnese und körperliche Untersuchung ergänzt.

Die gezielte Anamneseerhebung fokussiert auf die Asthmavorgeschichte, mögliche schwere frühere Exazerbationen, die Dauer der Symptome, die Vormedikation, das Ansprechen auf die bisherige Therapie, mögliche Auslöser sowie auf mögliche Komorbiditäten.

Die körperliche Untersuchung dient dem Nachweis von asthmatypischen Befunden und dem differenzialdiagnostischen Ausschluss von z. B. Pneumonie, Pneumothorax, oberer Atemwegsobstruktion (z. B. Epiglottitis, Vocal Cord Dysfunction) oder Fremdkörperaspiration.

Bei sehr schweren Exazerbationen können pfeifende Atemgeräusche komplett fehlen

Pfeifende Atemgeräusche („Giemen“) sind nicht spezifisch für ein Asthma bronchiale und die Ausprägung der Atemgeräusche korreliert nur wenig mit dem Schweregrad der Obstruktion. Insbesondere bei Patienten mit sehr schweren Exazerbationen können pfeifende Atemgeräusche komplett fehlen („silent lung“). Hier kommen der Beobachtung des Atemmusters mit verlängerter Exspiration und ggf. mit Einsatz der Atemhilfsmuskulatur sowie den Zeichen der Lungenüberblähung besondere Bedeutung zu. Sprechdyspnoe, Zeichen der atemmuskulären Erschöpfung, Zyanose oder psychische Symptome wie Agitation, Verwirrtheit oder Erschöpfung sind Alarmzeichen für eine ggf. lebensbedrohliche Situation. Die Einschätzung des Schweregrads eines Asthmaanfalls ist dabei meist nicht eine Momentaufnahme, sondern vielmehr eine Beurteilung des Ansprechens der Initialtherapie.

Das Risiko für einen lebensbedrohlichen Asthmaanfall ist insbesondere erhöht [6] bei Patienten, die …

  • bereits früher aufgrund einer Asthmaexazerbation stationär aufgenommen wurden.

  • bereits früher einen lebensbedrohlichen („near fatal“) Asthmaanfall hatten.

  • eine laufende oder kürzlich abgesetzte systemische Steroidtherapie haben bzw. hatten.

  • einen übermäßigen Gebrauch von Beta-2-Agonisten zeigen.

  • psychosoziale Probleme im Umgang mit ihrem Asthma aufweisen.

  • eine in der Vergangenheit unzureichende Therapietreue zeigten.

Medikamentöse Therapie des lebensbedrohlichen Asthmaanfalls

Inhalative Therapie

Inhalationssysteme

Die inhalative Therapie ist eine der wesentlichen Säulen der Therapie des exazerbierten Asthmas, daher ist die Wahl des richtigen Inhalationssystems wichtig.

Beim schweren lebensbedrohlichen Asthmaanfall ist der vom Patienten erreichbare Inspirationsfluss in der Regel nicht ausreichend, um eine effektive bronchiale Wirkstoffdeposition, z. B. aus Pulverinhalationssystemen („dry powder inhaler“, DPI), zu erzielen. In dieser Situation kann die Verwendung von Dosieraerosolen („metered-dose inhaler“, MDI) in Kombination mit Spacern oder die Verwendung von geeigneten Verneblern sinnvoll sein [6, 12, 20]. Der Einsatz von Düsen- oder Ultraschallverneblern ermöglicht, die Substanzen über längere Zeiträume ggf. mit Pausen zu inhalieren. Bei nichtinvasiv beatmeten Patienten sollte die inhalative Therapie, wenn möglich, in den Pausen der nichtinvasiven Ventilation (NIV) erfolgen oder während der NIV mit einem Vernebler appliziert werden [12]. Bei invasiv beatmeten Patienten wird die Verneblereinheit in den Inspirationsschenkel integriert. Sowohl beim Einsatz von Dosieraerosol mit Spacer als auch bei Verwendung eines Verneblers sind eine qualifizierte Anleitung und eine Überwachung der Handhabung entscheidend. Unter diesen Voraussetzungen sind die Ergebnisse vergleichbar [8]. Vernebler, die mit Sauerstoff (ca. 6 l/min) betrieben werden, können u. U. verhindern, dass sich die Oxygenierung während der Inhalation verschlechtert [12, 19].

Inhalative Beta-2-Agonisten

Die Inhalation des schnell wirksamen Beta-2-Agonisten (SABA) Salbutamol ist die wirksamste Initialtherapie. Die bronchodilatatorische Wirkung tritt nach 5–15 min ein, das Wirkmaximum wird nach 1–2 h erreicht (Wirkdauer 3–4 h). Die bei der lebensbedrohlichen Exazerbation unter entsprechender Überwachung zu verabreichenden Dosierungen von Salbutamol sind deutlich höher als diejenigen, die zur Selbstmedikation des Patienten vorgesehen sind, und überschreiten die in der Fachinformation angegebenen Dosierungen teilweise deutlich (Tab. 1; [20, 31, 32, 42]). Bei klinischer Besserung oder beim Auftreten unerwünschter Wirkungen muss die Dosis zügig reduziert werden, um Nebenwirkungsrisiken (insbesondere tachykarde Herzrhythmusstörungen) zu minimieren.

Tab. 1 Medikamentöse Therapie der schweren lebensbedrohlichen Asthmaexazerbation. (Mod. u. a. nach [6, 20, 31])

Bei leicht- bis mittelgradigen Asthmaanfällen wird teilweise auch Formoterol (z. B. als Fixkombination aus langwirksamem Beta-2-Agonist und inhalativem Kortikosteroid, LABA/ICS) empfohlen. Bei der Therapie des schweren lebensbedrohlichen Asthmaanfalls hat Formoterol keinen Stellenwert.

Inhalative Anticholinergika

Das kurzwirksame Anticholinergikum (SAMA) Ipratropiumbromid wirkt mit einem Wirkungseintritt nach etwa 15 min und einem Wirkmaximum nach 1–2 h (Wirkdauer bis zu 6 h) etwas langsamer als Salbutamol. Ipratropiumbromid wird beim schweren Asthmaanfall zusammen mit Salbutamol inhaliert und wirkt synergistisch. Die Kombination SABA/SAMA ist daher einer alleinigen SABA-Therapie überlegen ([6, 20, 28, 46]; Tab. 1).

Inhalative Kortikosteroide

Die frühe hochdosierte ICS-Gabe ist bei milden Asthmaexazerbationen hilfreich, insbesondere wenn keine systemischen Steroide gegeben werden. In der Therapie der schweren lebensbedrohlichen Asthmaexazerbation des Erwachsenen haben ICS keinen Stellenwert [15, 20].

Systemische Therapie

Systemische Kortikosteroide

Systemische Kortikosteroide sind entscheidend für die Besserung und nachhaltige Stabilisierung einer schweren lebensbedrohlichen Asthmaexazerbation. Kortikosteroide können die entzündliche Schwellung der Bronchialschleimhaut und die Hyper‑/Dyskrinie („mucous plugging“) günstig beeinflussen. Sie wirken auf diese Weise synergistisch mit Bronchodilatatoren (SABA/SAMA). Der Wirkeintritt erfolgt langsam innerhalb von 2–6 h. Daher muss die Steroidtherapie frühzeitig begonnen werden [20, 38, 48].

Bei der intensivmedizinischen Therapie wird die parenterale Kortikoidgabe bevorzugt

Für die Behandlung der schweren lebensbedrohlichen Asthmaexazerbation werden Dosierungen zwischen 50 und 100 mg Prednisolonäquivalent empfohlen [20, 41]; eine Wiederholung ist nach 4–6 h möglich (Tab. 1; [6]). In der Regel sind orale und parenterale Applikation gleichwertig. Im Rahmen der intensivmedizinischen Therapie wird die parenterale Kortikoidgabe bevorzugt, solange nicht von einer zuverlässigen enteralen Resorption ausgegangen werden kann. Die Therapiedauer beträgt 5–7 Tage; ein Ausschleichen ist nicht erforderlich [6, 20]. Bei Patienten, die zuvor eine systemische Kortisondauertherapie hatten, sind ggf. höhere Dosierungen und eine längere Therapiedauer erforderlich. Sehr hohe Kortisondosierungen (z. B. 0,5 g Methylprednisolon) sind nicht wirksamer als die oben genannten Dosierungen, führen aber zu mehr Nebenwirkungen [6, 16].

Magnesium

Intravenös verabreichtes Magnesium hat einen bronchodilatatorischen Effekt, vermutlich infolge einer Hemmung des Kalziumeinstroms in die Zellen der Bronchialmuskulatur [55]. Für Patienten mit schwerer lebensbedrohlicher Exazerbation, die nicht innerhalb von 1 h auf die initiale Behandlung mit SABA/SAMA und Kortison ansprechen, wird die einmalige Gabe von 2 g Magnesiumsulfat i. v. über 20 min empfohlen (Tab. 1; [6, 20, 27, 51, 54]).

Systemische Beta-2-Agonisten und Adrenalin

Die parenterale Gabe von Beta-2-Agonisten wird nur empfohlen, wenn eine effektive inhalative Therapie nicht möglich ist, da sie nicht effektiver wirkt als die inhalative Therapie, aber mehr Nebenwirkungen zeigen kann. Verwendung finden Terbutalin oder Reproterol (Tab. 1; [6]).

Beim schweren lebensbedrohlichen Asthmaanfall im Rahmen einer Anaphylaxie ist die sofortige intramuskuläre Applikation einer Dosis von 0,3–0,5 mg Adrenalin (ab 30–50 kg Körpergewicht) in die Außenseite des Oberschenkels die medikamentöse Therapie der Wahl [44].

Theophyllin

Theophyllin wird nicht für die Therapie der Asthmaexazerbation empfohlen, da eine günstige Zusatzwirkung bei einer konsequenten Therapie mit SABA/SAMA und Kortikoiden nicht nachgewiesen werden kann, aber andererseits schwere, insbesondere kardiale Nebenwirkungen drohen [6, 20, 40]. Beim schweren lebensbedrohlichen Asthmaanfall wird bei schlechtem Ansprechen auf die Standardtherapie gelegentlich eine parenterale Theophyllintherapie als individuelle Einzelfallentscheidung durchgeführt (Tab. 1). Bestimmungen der Serumkonzentration mit Dosisanpassungen und klinisches Monitoring insbesondere zur Erkennung von tachykarden Herzrhythmusstörungen sind obligat [6]. Eine parenterale Bolusgabe von Theophyllin bei Patienten, die bereits eine orale Theophyllintherapie haben, ist obsolet.

Sedativa und Anxiolytika

Viele Patienten mit einem schweren Asthmaanfall haben Angst und sind agitiert. Sedativa und Anxiolytika sollten dennoch wegen der atemdepressiven Wirkung möglichst vermieden werden [6, 12, 20] und haben nur bei beatmeten Patienten oder in Intubationsbereitschaft eine Indikation, wenn z. B. ein Angst- oder Erregungszustand anders nicht beherrscht werden kann.

Ketamin

Ketamin hat einen bronchodilatatorischen Effekt. Die Studienlage zum Einsatz bei nichtbeatmeten Patienten ist jedoch uneinheitlich [21] und keine der großen Therapieleitlinien empfiehlt Ketamin zur Intubationsvermeidung. Möglicherweise kann Ketamin bei ausreichender Expertise als Einzelfallentscheidung bei der schweren lebensbedrohlichen Asthmaexazerbation unter Intubationsbereitschaft zur Bronchodilatation eingesetzt werden [53].

Zur Intubation oder zur Sedierung beim beatmeten Patienten wird Ketamin unter Nutzung des bronchodilatatorischen Effekts empfohlen (Tab. 1).

Inhalative Anästhetika

Inhalative Anästhetika können einen ergänzenden bronchodilatatorischen Effekt haben. Siehe bitte unter „invasive Beatmungstherapie“.

Nicht empfohlene medikamentöse Therapien

Leukotrienrezeptorantagonisten haben bei der schweren lebensbedrohlichen Asthmaexazerbation keinen Zusatznutzen. Auch Mukopharmaka haben keinen Stellenwert bei der Behandlung der Asthmaexazerbation. Die früher oft geübte Hydratation mit großen Flüssigvolumina zeigt ebenfalls keinen Zusatznutzen und führt allenfalls zu einer unnötigen kardialen Belastung. Antibiotika sind nicht routinemäßig erforderlich und sollten nur bei Hinweisen auf eine bakterielle Infektion gegeben werden [6, 20].

Atmungsunterstützung

Sauerstofftherapie

Zur Basistherapie der schweren Asthmaexazerbation gehört die Gabe von Sauerstoff [20]. Eine pulsoximetrisch kontrollierte Sauerstofftherapie (Sauerstoffsättigung: Ziel-SaO2 93–95 %) geht mit einem geringeren Risiko einer Hyperkapnie einher, als eine unkontrollierte hochdosierte Sauerstofftherapie [10, 43]. Wenn eine Pulsoxymetrie zur Überwachung nicht möglich ist, sollte dennoch Sauerstoff gegeben und der Patient besonders sorgfältig klinisch überwacht werden. Beim Abfall der SaO2 während der Sauerstofftherapie muss von einer zunehmenden akuten respiratorischen Insuffizienz ausgegangen werden und es besteht meist die Indikation zur Beatmungstherapie [41].

Beatmungstherapie

Trotz medikamentöser Therapie müssen ca. 10 % der Patienten mit einem schweren Asthmaanfall auf einer Intensivstation aufgenommen werden und ca. 7 % der schweren Asthmaexazerbationen führen zu einer mechanischen Beatmung [4]. Prinzipiell stehen zur ventilatorischen Unterstützung bei einer akuten Asthmaexazerbation die nasale High-flow-Therapie (nHFT), die NIV und die invasive Beatmung nach Intubation (invasive mechanische Beatmung, IMV) zur Verfügung. Das Verhältnis zwischen NIV und IMV beträgt dabei ca. 50 % [18, 56].

Nasale High-flow-Therapie

Die nHFT ist eine Atmungstherapie, bei der dem Patienten ein angewärmtes und befeuchtetes Luftgemisch aus Sauerstoff und Raumluft über großlumige Nasenkanülen zugeführt wird. Dabei werden Durchflussraten von bis zu 60 l/min verwendet. Damit gelingt es, einen signifikanten Anteil des anatomischen Totraums „auszuspülen“, ein funktionelles Reservoir mit hoher inspiratorischer Sauerstofffraktion in den oberen Atemwegen zu schaffen und die Atemarbeit des Patienten zu reduzieren [23]. In den wenigen Studien, die die Anwendung von nHFT bei akuter Dyspnoe in der Notaufnahme untersucht haben, zeigte sich, dass durch eine nHFT sowohl die Dyspnoe als auch das subjektive Wohlbefinden der Patienten signifikant verbessert werden konnten. Allerdings konnte nicht gezeigt werden, dass durch die nHFT die Häufigkeit einer mechanischen Beatmungstherapie vermindert werden kann [26, 45]. In randomisierten kontrollierten Studien konnte nachgewiesen werden, dass die Verwendung einer nHFT nach Extubation das Risiko einer Reintubation reduziert [24, 36].

Nichtinvasive Ventilationstherapie

Neben der nHFT findet auch die NIV eine zunehmende Anwendung bei schweren Asthmaexazerbationen. Eine retrospektive Kohortenanalyse konnte zeigen, dass eine NIV-Therapie nicht nur den Krankenhausaufenthalt verkürzt, sondern auch die Krankenhausmortalität senkt. Ein entscheidender Vorteil der NIV-Therapie im Vergleich zu IMV ist die geringere Rate an ventilatorassoziierten Pneumonien. Die Häufigkeit eines NIV-Versagens bei akutem Asthma reicht je nach Studie von ca. 4–25 %. Risikofaktoren für ein NIV-Versagen sind eine begleitende Pneumonie oder ein initial erhöhter FiO2-Bedarf [1, 18, 29, 56].

Invasive Beatmungstherapie

Eines der Hauptprobleme bei der Beatmung von Asthmapatienten ist die funktionelle Überblähung („Hyperinflation“) mit einer Zunahme der funktionellen Residualkapazität [39]. Abb. 1 zeigt schematisch die Entwicklung einer dynamischen Überblähung, die dann entsteht, wenn am Ende der Exspiration (E) keine völlige Ausatmung erfolgt ist, bevor die jeweils nächste Inspiration (I) beginnt. Diese Überblähung erhöht nicht nur die Atemarbeit des Patienten ggf. bis hin zum atemmuskulären Versagen, sondern kann bei schweren Asthmaanfällen dazu führen, dass durch einen zu geringen venösen Rückstrom eine arterielle Hypotonie – bis hin zum Schock und Herzkreislaufstillstand – auftritt [47]. Letztlich kann die Überblähung zu inadäquat hohen Beatmungsdrücken und damit zum Barotrauma führen. Ein Pneumothorax oder gar Spannungspneumothorax im Rahmen eines solchen Barotraumas stellt einen unmittelbar lebensbedrohlichen Zustand dar. Beatmungskonzepte, die darauf abzielen, die dynamische Hyperinflation zu vermindern, senken die Inzidenz von Hypotonien und Barotraumen [59].

Abb. 1
figure 1

Dynamische Überblähung während der Beatmung beim schweren Asthma. FRC funktionelle Residualkapazität, Inspiration, Exspiration

Klinisch kann eine Überblähung während der Beatmung in erster Linie an einem erhöhten endexspiratorischen Plateau erkannt werden [37]. Auch ein erhöhter intrinsischer positiver endexspiratorischer Druck (iPEEP) korreliert oft mit dem Ausmaß der Überblähung. Unter kontrollierten Beatmungsbedingungen (ohne Spontanatmung) kann der iPEEP durch ein endexspiratorisches Okklusionsmanöver des Beatmungsgeräts abgeschätzt werden. Der iPEEP ist im Einzelfall kritisch zu interpretieren, insbesondere bei der sehr schweren Asthmaexazerbation ist die Messung des Plateaudrucks als Parameter der Hyperinflation zu bevorzugen [11, 33, 35].

Zur Verringerung der Überblähung während der IMV stehen mehrere Strategien zur Verfügung [4]. Diese zielen insgesamt auf eine Reduktion des Atemminutenvolumens und eine Reduktion des Verhältnisses von Inspiration zu Exspiration (I:E) ab:

  • Verminderung der Atemfrequenz mit dem Ziel, die Exspirationszeit zu erhöhen,

  • Reduktion des Tidalvolumens mit Verkürzung der Inspirationszeit zur Reduktion des zu exspirierenden Volumens,

  • Verkürzung der Inspiration zugunsten einer längeren Exspiration, mit dem Ziel, durch eine schnellere Inspiration mehr Zeit für die Exspiration zu gewinnen. Dies ist nur sinnvoll, solange dadurch die Atemfrequenz nicht steigt.

  • Optimierung der Inspirationstrigger,

  • Frühe Inspirationsterminierung bei spontan atmenden Patienten, um mehr Zeit für die Exspiration zu ermöglichen (Cave: „Double-Triggering“).

Als Obergrenze für den inspiratorischen Plateaudruck gilt eine Größenordnung um 30 cm H2O [11]. Ein erhöhter iPEEP (auch „autoPEEP“) führt ebenfalls dazu, dass der Patient den nächsten Atemzug des Beatmungsgeräts nur triggern kann, wenn er genügend negativen Druck aufbaut, um den iPEEP zu überwinden. Damit steigt die Atemarbeit des Patienten. Durch die Verwendung eines externen PEEP, kann dem iPEEP entgegengewirkt und die vom Patienten zu leistende Atemarbeit reduziert werden [5]. Wenn Zeichen von endexspiratorisch persistierender muskulärer Ausatmungsaktivität des Patienten bestehen, darf der extrinsische PEEP nicht erhöht werden, da sonst die Atemarbeit des Patienten weiter zunehmen würde. Die Verwendung eines erhöhten externen PEEP ist also in diesen Situationen nicht unkritisch und muss eng überwacht werden [5].

Alle genannten Maßnahmen, vor allem die Reduktion des Tidalvolumens und der Atemfrequenz, können zu einem Anstieg des pCO2 und damit zu einer respiratorischen Azidose beitragen. Da die Folgen einer respiratorischen Azidose meist weniger schwer sind als die Folgen eines Barotraumas (z. B. mit Spannungspneumothorax), hat sich in diesen Situationen das Konzept der „permissiven Hyperkapnie“ bewährt [17]. Der pH-Wert sollte dabei aber nicht unter 7,15–7,20 abfallen. Die Rolle z. B. eines Bicarbonatpuffers in dieser Situation ist bis heute strittig, da hierdurch letztlich zusätzliches CO2 zugeführt wird [17]. Sollte der pH zu niedrig sein, kann vorübergehend Tromethamin (TRIS) angewendet werden [32]. TRIS hat im Gegensatz zum Einsatz von Natriumbikarbonat keine CO2-Produktion zur Folge und ist dialysierbar [30]. Durch die Anhebung des pH-Werts, verbessern sich die durch Hyperkapnie bedingte, verminderte kardiale Kontraktion und der systemisch vaskuläre Widerstand [58].

Zur Optimierung der Beatmungssituation gehören darüber hinaus:

  • Maßnahmen zur Totraumverkleinerung, z. B. Entfernen einer Tubusverlängerung. Unterstützend kann die volumetrische Kapnographie unter Verwendung der Bohr-Formel verwendet werden [13].

  • Aktive Befeuchtung,

  • Bronchoskopie zum Sekretmanagement (Cave: mechanische Irritation der Schleimhaut [32]).

Durch „breath stacking“ kann die Hyperinflation noch weiter aggravieren

Regelmäßig sollte evaluiert werden, ob eine asynchrone Atmung zum Respirator besteht. Respiratorasynchronien wie „breath stacking“ – ausgelöst durch „reverse triggering“, „auto-triggering“ oder „double-triggering“ – treten in bedeutsamer Form bei bis zu 25 % der beatmeten Patienten auf. Durch „breath stacking“ kann die Hyperinflation noch weiter aggravieren und – falls nicht anders beherrschbar – eine Muskelrelaxation notwendig machen [2, 3, 9].

Fallberichte und Fallserien weisen darauf hin, dass inhalative Anästhetika (wie Halotan, Isoflouran) aufgrund ihrer bronchodilatatorischen Wirkung bei der schweren refraktären Asthmaexazerbation hilfreich sein können [7, 22, 25, 52, 57]. Die Anwendung auf der Intensivstation setzt spezielle Erfahrungen voraus. Je nach verwendetem System zur Applikation des Narkosegases muss das u. U. große zusätzliche Totraumvolumen in Betracht gezogen werden.

Bei schlechtem Ansprechen auf die bisher genannten Therapiekonzepte und bei persistierenden Beatmungsproblemen kann eine vorübergehende Muskelrelaxation mit geeigneten nichtdepolarisierenden Substanzen, wie z. B. Rocuroniumbromid (Cave: Bronchospasmus durch Atracurium), die Beatmungssituation verbessern und den Sauerstoffverbrauch sowie die CO2-Produktion senken [42].

Pathophysiologisch interessant ist der Einsatz von Heliox, einem Mischgas aus Helium und Sauerstoff, das eine deutlich geringere physikalische Dichte ausweist als normale Raumluft. Damit ist der Strömungswiderstand in den Atemwegen vermindert und die Oxygenierung kann sich verbessern [49]. Die Therapie mit Heliox setzt neben den notwendigen technischen Vorkehrungen spezielle Erfahrungen voraus. Neuere Studien zeigen leider keine wesentliche Verbesserung der Beatmung durch den Einsatz von Heliox [34].

In Situationen, in denen die bislang dargestellten therapeutischen Maßnahmen nicht ausreichend sind, kann eine extrakorporale Membranoxygenierung (vvECMO) sinnvoll sein. Die Verwendung einer vvECMO bei einer lebensbedrohlichen Asthmaexazerbation geht im Vergleich zu anderen vvECMO-Indikationen mit sehr hohen Überlebensraten einher, so dass die Kontaktaufnahme mit einem entsprechenden Zentrum ggf. frühzeitig erfolgen sollte [50].

Rezidivprophylaxe

Wenn ein schwerer lebensbedrohlicher Asthmaanfall überlebt wurde, muss es ein vordringliches Ziel sein, weitere schwere Asthmaexazerbationen zu verhindern. Dazu gehören in erster Linie Schulungsmaßnahmen. Der Patient soll damit in die Lage versetzt werden, drohende Exazerbationen möglichst frühzeitig zu erkennen, selbst in adäquater Weise zu reagieren bzw. kompetente Hilfe zu suchen. Dazu gehört die Prüfung und Optimierung der Inhalationstechnik und die Benutzung eines Peak-flow-Protokolls.

Auslösemechanismen für künftige schwere Exazerbationen müssen identifiziert und vermieden werden

Darüber hinaus ist es Aufgabe der betreuenden Ärzte, mögliche Auslösemechanismen künftiger schwerer Exazerbationen zu identifizieren und zu eliminieren. Neben einer allergologischen Analyse der Lebensumstände und einer entsprechenden Beratung zur Allergenkarenz, sollen kontraindizierte Medikamente (z. B. Betablocker) abgesetzt werden. Relevante Komorbiditäten wie chronische Sinusitiden oder eine Refluxkrankheit sollen adäquat behandelt werden [6].

Fazit für die Praxis

  • Sprechdyspnoe, Zeichen der atemmuskulären Erschöpfung, Hypoxämie, Zyanose oder Agitation bzw. Erschöpfung sind Alarmzeichen.

  • Wichtig ist eine frühzeitige und konsequente hochdosierte inhalative Therapie mit Beta-2-Agonisten und Anticholinergika, ggf. mit Spacer oder Düsenvernebler.

  • Die Gabe von 50–100 mg Prednisolon muss ebenfalls frühzeitig erfolgen.

  • Theophyllin wird nicht für die Therapie der Asthmaexazerbation empfohlen.

  • Ergänzend kann die Gabe von 2 g Magnesiumsulfat i.v. über 20 min bronchodilatatorisch wirken.

  • Eine pulsoximetrisch kontrollierte Sauerstofftherapie sollte eine Ziel-SaO2 von 93–95 % erreichen.

  • Bei Beatmungsindikation sollte eine NIV versucht werden, ggf. therapeutische Hypoventilation bis hin zur permissiven Hyperkapnie.

  • Bei therapierefraktären Asthmaanfällen mit hoher Beatmungsintensität sollte die frühzeitige Kontaktaufnahme mit einem ECMO-Zentrum erfolgen.

  • Nach erfolgreicher Notfall‑/Intensivtherapie ist eine konsequente Rezidivprophylaxe obligat.