2017 wurde an der Medizinischen Universität Wien die Initiative Lehre ins Leben gerufen und als Auftakt widmete man sich dem zentralen Thema der Prüfungen. Jedes Medizincurriculum steht vor der besonderen Herausforderung, Wissen, Verständnis und die praktischen Fertigkeiten zu vermitteln, zu überprüfen und die Studierenden müssen letztendlich in der Weiterbildung beweisen, ob wir gemeinsam erfolgreich waren. Wir haben vielschichtige Herausforderungen, die auch die Vermittlung der kommunikativen Kompetenzen, des professionelles Verhaltens, die Teamfähigkeit, die sozialen Kompetenzen miteinschließen, welches ein Assessment grundsätzlich nicht einfacher werden lässt.

Der professionelle Austausch mit anderen Medizinischen Universitäten und Fakultäten und die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Prüfungen in Medizincurricula sind wesentlich. Der Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch soll zur Weiterentwicklung der Prüfungssysteme beitragen und damit letztendlich zu einer Verbesserung der Kompetenzen der nächsten Generationen von jungen Ärztinnen und Ärzten und ebenso den medizindidaktischen Fähigkeiten der Lehrenden, im praktischen wie im theoretischen Bereich.

Das vorliegende Themenheft ist das Resultat der Kick-off-Veranstaltung der Initiative Lehre. Darin haben die Speaker ihre signifikanten Beiträge als wertvolle Nachlese zusammengefasst und verschiedene Aspekte, Erfahrungen und Perspektiven aus der Schweiz, Deutschland und Österreich eingebracht. Ausgehend vom integrierten Curriculum an der Medizinischen Universität Wien geben Himmelbauer, Koller, Bäwert und Horn einen detaillierten Überblick zum Methodenmix und Prüfungsmix in diesem Curriculum und gehen auf die Vorteile und Nachteile derselben ein, von summativen Prüfungen, dem Assessment von praktischen Skills und Fertigkeiten, bis zu mündlich-praktischen Prüfungen und formativen Prüfungsarten. Sie betonen dabei auch, dass die Studienlage zeigt, dass wiederholtes Prüfen zu einem höheren Lernzuwachs führen sollte, aber auch dass Studierende ihr Lernen darauf ausrichten, was sie vermuten, dass geprüft wird und in welcher Form geprüft wird. Was zu beachten ist, wenn man Prüfungen in einem Medizinstudium plant, beschreibt Volkhard Fischer, in dem er sich besonders mit den Gütekriterien bei universitären Prüfungen anhand des Rahmenwerkes von Kane (Inhaber des Samuel J. Messick Lehrstuhls für „Validity at Educational Testing Service“ in Princeton) auseinandersetzt. Fischer konzentriert sich in seinem Artikel auch auf die Verbesserung von Prüfungen und geht auf die verschiedenen Gütekriterien von Prüfungen ein. Die Objektivität führt er als das basalste Gütekriterium an. Ingo Just und Volkhard Fischer beschreiben in einem weiteren Beitrag ein Praxisbeispiel anhand der Prozessanalyse des Prüfungssystems an der Medizinischen Hochschule Hannover, wobei sie fünf Bereiche identifiziert haben, wie die Einführung von e‑Prüfungen, Qualitätssicherung von Prüfungen, zentrale Organisation des Prüfungssystems, Schaffung von Transparenz und Etablierung von Anreizsystemen. König und Hörnlein zitieren in ihrem Beitrag „Prüfen als die Königsdisziplin bei der Ausgestaltung von Lehrveranstaltungen bzw. kompetenzorientierter Curricula“. Sie befassen sich auch mit der Thematik, inwieweit Prüfen auch Evaluationseigenschaften besitzt, wobei nicht nur die Studierenden immer wieder eine Standortbestimmung erfahren, sondern auch die Lehre. Als Praxisbeispiel für ein Innovationsfeld an der Medizinischen Fakultät in Würzburg bringen Sarah König und Alexander Hörnlein die Einführung digitaler Prüfungen mittels Tablet und die damit verbundenen Herausforderungen. Waltraud Georg und Christian Schirlo geben Einblick in die Schweizer Erfahrungen der eidgenössischen Schlussprüfung mit einem Multiple-Choice-Teil und einem strukturierten praktisch-klinischen Prüfungsteil (OSCE). Die Diskussion ihrer Erfahrungen über die Entwicklungen dazu der letzten 15 Jahre fassen sie als currciulumsteuernden Effekt zusammen. Der bisher schweizweit gültige Lernzielkatalog, der auch für das Curriculum an der Medizinischen Universität Wien von Relevanz war, wird nun schrittweise abgelöst von PROFILES (Principle Relevant Objectives and Framework for Integrated Learning and Education in Switzerland), mit dieser Änderung werden vor allem die EPAs (Entrustable Professional Activities) eingeführt. Diese Entwicklung wird als wesentlich für die zukünftige Beschreibung der Abschlusskompetenzen angesehen. Eine solche Weiterentwicklung zu einer gemeinsamen Abschlussprüfung, wie sie derzeit bereits in der Schweiz und auch in Deutschland bestehen, streben die öffentlichen medizinischen Universitäten/Fakultät in Österreich mit einem gemeinsamen Projekt ebenfalls an.

Dieses Themenheft bietet einen sehr guten Einblick und Überblick zum Thema Prüfungen in Medizincurricula und stellt eine Ausgangsbasis für die Auseinandersetzung mit der Weiterentwicklung dar.