Zusammenfassung
Mit Edoxaban ist der nun neueste Vertreter der Nicht-Vitamin K Antagonisten Oralen Antikoagulanzien (NOAK) verfügbar. Die Zulassung erfolgte auf Basis der zwei bisher größten Phase III Studien in der Indikation Schlaganfallprophylaxe bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern (VHF, ENGAGE-AF) als auch bei der Behandlung von venösen Thromboembolien (VTE, HOKUSAI-VTE). In beiden Zulassungsstudien fand sich bei vergleichbarer Effektivität gegenüber Warfarin eine signifikante Reduktion von Blutungsereignissen gemäß der vordefinierten primären Sicherheitsendpunkte. Zudem ergeben sich aufgrund der einmal täglichen, nahrungsunabhängigen Anwendung, einer eigens untersuchten Strategie zur Dosisreduktion, und dem ansprechenden pharmakokinetischen Profil weitere Vorteile in der klinischen Praxis.
Eine interdisziplinäre Expertengruppe nimmt dies zum Anlass, die rezenten Studiendaten und Empfehlungen der nationalen und internationalen Leitlinien in ihrer Kurzform zu skizzieren sowie ein Positionspapier zum Management von Risikopatienten mit nicht-valvulärem VHF sowie der Behandlung von VTE zu formulieren.
Summary
Edoxaban is the most recent available representative of the Non-Vitamin K antagonist oral anticoagulants (NOAC). The approval was based on the largest phase III trials of NOACs for stroke prevention in patients with non-valvular atrial fibrillation (AF, ENGAGE-AF), and for the treatment of venous thromboembolism (VTE, HOKUSAI-VTE). In both trials, edoxaban was associated with similar efficacy and a significant reduction in bleeding events with respect to the pre-defined primary safety endpoints, as compared to warfarin.
Additionally, the once daily dosing of edoxaban, the clinically investigated strategy for dose-reduction based on clearly defined criteria and the favorable pharmacokinetic profile might further support the clinical applicability of the substance.
In the light of recent data, this expert consensus document aims to summarize the latest clinical trial results while providing a concise overview of current guideline recommendations on the management of patients with non-valvular AF and VTE.
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Einleitung
Mit Edoxaban (Lixiana®) ist nun der neueste Vertreter der Nicht-Vitamin K Antagonisten Oralen Antikoagulanzien (NOAK) zur Schlaganfallprophylaxe bei Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern (VHF) und zur Behandlung und Sekundärprävention venöser Thromboembolien (VTE) in Österreich verfügbar. Eine interdisziplinäre Expertengruppe nimmt dies zum Anlass, die rezenten Studiendaten und Empfehlungen der nationalen und internationalen Leitlinien in ihrer Kurzform zu skizzieren sowie ein Positionspapier zum Management von Risikopatienten mit nicht-valvulärem VHF sowie der Behandlung von VTE zu formulieren. Die für die klinische Anwendung wesentlichen Schlüsselmerkmale von Edoxaban sind in Tab. 1 zusammengefasst.
Epidemiologie
Nicht-valvuläres VHF ist die häufigste Herzrhythmusstörung und tritt bei 1–2 % der erwachsenen Bevölkerung auf, so dass in Österreich von ca. 120.000 betroffenen Personen auszugehen ist [1].
Die VTE, eine übergeordnete Krankheitsentität, welche die tiefe Venenthrombose (TVT) und Pulmonalembolie (PE) umfasst, ist mit einer Inzidenz von ca. 180/100.000 die dritthäufigste kardiovaskuläre Erkrankung. Dies entspricht ca. 15.500 Fällen in Österreich. Davon entfallen ca. 13.000 auf eine TVT und ca. 2500 auf nicht tödliche, symptomatische PE [2].
Evidenzlage zu den „neuen“ oralen Antikoagulanzien
Für alle 4 verfügbaren NOAKs (Apixaban, Dabigatran, Edoxaban und Rivaroxaban), sind qualitativ hochwertige Zulassungsstudien gegenüber einem INR-gesteuerten Vitamin K Antagonisten (VKA) verfügbar [3–11].
Die neuen, im Jahr 2016 veröffentlichten Leitlinien der Europäischen Kardiologischen Gesellschaft (ESC) zum Management von Patienten mit VHF empfehlen Edoxaban als gleichwertige Alternative zu Apixaban, Dabigatran und Rivaroxaban [12].
Obwohl sich die Substanzen in ihrem pharmakologischen Profil unterscheiden und die Zulassungsstudien etwas heterogene Patientenkollektive beleuchtet haben, besteht aufgrund der Größe der Studienkohorten (n = 98,706) in der Gesamtheit eine solide, weitgehend homogene Evidenzlage [3–11].
Nicht-valvuläres Vorhofflimmern
Meta-Analysen der NOAK Studien
In einer umfassenden Meta-Analyse der Zulassungsstudien aller vier NOAK zeigte sich eine 19-prozentige relative Risikoreduktion von Schlaganfällen oder systemischen Embolien gegenüber VKA (RR 0,81; KI 0,73–0,91), welche hauptsächliche durch eine ausgeprägte Reduktion von hämorrhagischen Schlaganfällen (RR 0,49; 95 % KI 0,38–0,64) bedingt war.
Die Inzidenz gastrointestinaler (GI) Blutungen war unter NOAKs erhöht (RR 1,25; 95 % KI 1,01–1,55), wobei Apixaban und Dabigatran in der niedrigeren Dosierung (2 × 110 mg) in diesem Endpunkt eine Ausnahme darstellt [3–6, 13].
Auch der indirekte Vergleich schwerer Blutungsereignisse in den einzelnen Studien ergab ein differenziertes Bild: Während für Apixaban, Edoxaban und Dabigatran in der niedrigeren Dosierung (2 × 110 mg) signifikante Vorteile bei der Vermeidung schwerer Blutungen gegenüber einem VKA gezeigt werden konnten, fand sich kein Vorteil für Dabigatran in der höheren Dosierung (2 × 150 mg) und für Rivaroxaban [3–6, 13]. In der Meta-Analyse ergab sich daher ein nicht-signifikanter Trend zugunsten von NOAKs gegenüber VKA (RR 0,86; 95 % KI 0,73–1,00, p = 0,06). Das vorteilhafte Sicherheitsprofil der NOAKs lässt sich auch an einer 52-prozentigen Reduktion von intrakraniellen Blutungen (RR 0,48; 95 KI 0,39–0,59) ablesen [13].
Aktuelle Empfehlungen der Leitlinien
Behandlungsindikation
In den neuen ESC Leitlinien für das Management von Patienten mit VHF wurde die Indikation zur Antikoagulation anhand des CHA2DS2-VASc Scores (Tab. 2) neu formuliert, um klar zwischen einer Punktevergabe für das weiblichen Geschlecht und zusätzlichen Risikofaktoren zu unterscheiden [12]. Bei Vorliegen von 2 zusätzlichen Risikofaktoren, d. h. für Frauen mit ≥3 Punkten und Männern mit ≥2 Punkten, ergibt sich eine Klasse IA Empfehlung zur Schlaganfallprophylaxe mit Antikoagulanzien bei nicht-valvulärem VHF. Eine Antikoagulation sollte bei Vorliegen von 2 Punkten (Frauen) oder 1 Punkt (Männer) erwogen werden (Empfehlungsgrad IIaB). Bei Patienten ohne zusätzlichen Risikofaktor (d. h. Männer mit 0 Punkten, Frauen mit 1 Punkt), ist sowohl Antikoagulation als auch Antiplättchentherapie zum Zwecke der Schlaganfallprävention aufgrund des fehlenden klinischen Benefits kontraindiziert (Empfehlungsgrad IIIB) (12).
Wahl der Substanz
Die österreichische Konsensus-Empfehlung lautet in Übereinstimmung mit den neuen ESC Leitlinien, dass NOAKs aufgrund ihres klinischen Nettonutzens bevorzugt bei Neueinstellungen eingesetzt werden sollen (Empfehlungsgrad IA) [12, 14]. Darüber hinaus ist eine Umstellung immer dann sinnvoll, wenn bei Patienten mit nicht-valvulärem VHF und Indikation zur Antikoagulation aufgrund von schlechter Einstellbarkeit, Nebenwirkungen oder Problemen, die INR-Zielwerte zu erreichen, VKA nicht angewendet werden können [14].
Acetylsalicylsäure als Alternative zur oralen Antikoagulation?
Großangelegte retrospektive als auch prospektive Studien konnte zeigen, dass schwere Blutungsereignisse unter Acetylsalicylsäure (ASS) entgegen der subjektiv wahrgenommenen Sicherheit der Substanz vergleichbar häufig aufzutreten scheinen als unter VKA [15, 16]. In einem indirekten Vergleich einer dänischen Kohortenstudie (118.606 Patienten) wurden tödliche Blutungen und GI-Blutungen numerisch häufiger unter ASS gegenüber VKA beobachtet [16]. Darüber hinaus besteht ein in etwa 50–80 % höheres Risiko für ischämische Ereignisse unter ASS vs. VKA [16, 17].
Die AVERROES Studie randomisierte 5599 Patienten mit nicht-valvulärem VHF und einer Kontraindikation für VKA zu Apixaban vs. ASS. Die Studie wurde aufgrund einer 55-prozentigen Reduktion von Schlaganfällen zugunsten von Apixaban frühzeitig abgebrochen, wobei schwere und intrakranielle Blutungen zwischen den Studienarmen vergleichbar waren [18]. Aus ethischen Überlegungen sind keine derartigen Vergleichsstudien mit den 3 weiteren NOAK verfügbar. Entsprechend ist gemäß den neuen ESC Leitlinien eine Monotherapie mit ASS zum Zwecke der Schlaganfallprävention unabhängig vom Insultrisiko kontraindiziert (Empfehlungsgrad IIIA) (12).
Die richtige Anwendung von Scores zur Einschätzung des Blutungsrisikos
Die neuen ESC Leitlinien stellen frei welcher Score zur Evaluierung des Blutungsrisiko verwendet werden soll. Diese sollten nicht angewendet werden, um über die Indikation oder Beendigung der Antikoagulation zu entscheiden, da Patienten mit erhöhtem Blutungsrisiko ebenfalls ein erhöhtes Schlaganfallrisiko aufweisen und somit überproportional von der Therapie profitieren. Dies konnte in Studien zum „netto klinischen Nutzen“ bestätigt werden [19, 20]. Vielmehr sollten Blutungs-Scores dazu genützt werden, um modifizierbare Risikofaktoren zu erkennen und zu behandeln. In den rezenten Leitlinien sind die Blutdruckeinstellung, die Zeit im therapeutischen Fenster bei VKA, Begleitmedikation wie nicht-steroidale Antirheumatika oder Plättchenaggregationshemmer und starker Alkoholkonsum (>8 alkoholische Getränke pro Woche) als bedeutende modifizierbare Risikofaktoren hervorgehoben [12].
Venöse Thromboembolien
Meta-Analysen der NOAK Studien
Bei der Therapie der venösen Thromboembolie (VTE, tiefe Beinvenenthrombose und Pulmonalembolie) wurden für NOAKs unterschiedliche Behandlungsstrategien gewählt und mit der konventionellen Therapie bestehend aus niedermolekularem Heparin (NMH) gefolgt von einem VKA verglichen: Während in den Studien mit Dabigatran und Edoxaban für die Initialbehandlung (ersten Tage) der bisherige Standard mit NMH beibehalten wurde, wurden für Rivaroxaban (2 × 15 mg für 21 Tage) und Apixaban (2 × 10 mg für 7 Tage) in der akuten Phase höhere Dosierungen eingesetzt. In der sich anschließenden Erhaltungsphase bis 6 Monate werden die gleichen Dosierungen wie bei Patienten mit nicht-valvulärem VHF eingesetzt. Für Apixaban erfolgt – sofern eine Weiterbehandlung über 6 Monate hinaus notwendig ist – eine Dosisreduktion auf 2 × 2,5 mg, während für Edoxaban weiter die Standarddosis von 1 × 60 mg verwendet werden kann [7–11].
Insgesamt zeigte sich in einer aktuellen Meta-Analyse eine vergleichbare Anzahl an wiederkehrenden VTE oder VTE-assoziierten Todesfällen (RR 0,90, 95 % KI 0,77–1,06) sowie signifikante Vorteile beim Sicherheitsprofil zugunsten der NOAKs, insbesondere bei der Verhinderung von intrakraniellen (RR 0,37, 95 % KI 0,21–0,68) und tödlichen Blutungen (RR 0,36, 95 % KI 0,15–0,84). In Summe traten schwere Blutungskomplikationen unter NOAK vs. VKA um 39 % seltener auf (RR 0,61, 95 % KI 0,45–0,83) [21].
Aktuelle Empfehlungen der Leitlinien
Wahl des Antikoagulans
In den aktuellen Guidelines des „American College of Chest Physicians“ (ACCP) werden NOAKs zur Behandlung der VTE bei Patienten ohne Tumorerkrankungen als bevorzugte Therapieoption gegenüber VKA empfohlen (Empfehlungsgrad 2B). Bei Patienten mit Tumor-assoziierter Thromboembolie werden nach wie vor NMH als bevorzugte Therapieoption angesehen (Empfehlungsgrad 2C) [22, 23].
Initiierung der Therapie
Die US-nationalen ACCP Leitlinien empfehlen für die Standardbehandlung der VTE initial eine parenterale Antikoagulation mit entweder NMH, UFH oder Fondaparinux in jeweils therapeutischer Dosierung [24]. Obwohl eine Zulassung für die komfortablere einmal tägliche Dosierung von NMH (1,5 mg/kg Körpergewicht pro Tag) besteht, ist die Datenlage diesbezüglich eingeschränkt, da die Zulassungsstudien für die zweimal tägliche Dosierung (1 mg/kg Körpergewicht alle 12 h) durchgeführt worden sind [25]. Im Einklang mit dieser Empfehlung erfolgten die Zulassungsstudien von Dabigatran und Edoxaban unter Beibehaltung der initialen parenteralen Therapie, während Rivaroxaban und Apixaban direkt verabreicht wurden [7–11]. Diese Strategien sind auch in der klinischen Praxis umzusetzen (22).
Dauer der Therapie
Bei Patienten mit tiefer Beinvenenthrombose oder Pulmonalembolie ist gegenwärtige eine 3‑monatige Therapie empfohlen, sofern ein Ereignis vorliegt, das durch einen chirurgischen Eingriff oder einen nicht-chirurgischen transienten Risikofaktor ausgelöst wurde (22).
Bei Patienten mit erstmaligem oder wiederholtem Auftreten einer nicht provozierten VTE und niedrig- bis moderatem Blutungsrisiko wird eine erweiterte Therapie länger als 3 Monate empfohlen, ohne spezifische Empfehlung hinsichtlich Beendigung der Therapie (d. h. dauerhafte Antikoagulation zur Sekundärprophylaxe aufgrund eines erhöhten Rezidivthromboserisikos) [22].
Diese Empfehlungen werden auch von den positiven Ergebnissen jener NOAK-Studien gestützt, die nach initialer 6–18 monatiger Antikoagulation eine erweiterte Therapie mit NOAK vs. Placebo für weitere 6–12 Monate untersucht haben [22, 26–28]. Im Durchschnitt konnten in den AMPLIFY-EXT (Apixaban), RE-SONATE (Dabigatran) und EINSTEIN-extension (Rivaroxaban) Studien eine 67–92 % relative Risikoreduktion für wiederkehrende oder tödliche VTE gezeigt werden, wobei schwere Blutungsereignisse nicht häufiger als unter Placebo auftraten [26–28]. Folglich ist aus ethischen Überlegungen eine Placebo-kontrollierte Studie mit Edoxaban nicht verfügbar, jedoch beinhaltete die HOKUSAI-VTE Zulassungsstudie aufgrund ihres Studiendesigns bereits eine Auswertung zur erweiterten Therapie (i. e. Sekundärprophylaxe) gegenüber Warfarin. In dieser post-hoc-Analyse erhielten 7227 Patienten eine verlängerte, 3–12 Monate dauernde Therapie, worunter die Effektivität sowie das Auftreten klinisch relevanter Blutungen mit Edoxaban gegenüber dem VKA vergleichbar waren. Schwere Blutungsereignisse wurden zugunsten von Edoxaban um 55 % reduziert [29].
Für Patienten, deren VTE Ereignis in Zusammenhang mit einer Tumorerkrankung steht, wird eine erweiterte Therapie von 3–6 Monaten empfohlen, sofern kein hohes Blutungsrisiko besteht. Danach ist eine individuelle Entscheidung über eine fortführende Sekundärprophylaxe zu treffen [22, 24]. Edoxaban wird gegenwärtig zur Prävention wiederkehrender VTE bei Patienten mit Tumorerkrankung klinisch geprüft (NCT02073682).
Acetylsalicylsäure als Alternative zur oralen Antikoagulation in der Sekundärprophylaxe einer VTE?
ASS weist eine weitaus geringere Effektivität zur Vermeidung einer rezidivierenden VTE bei vergleichbarem oder höherem Blutungsrisiko auf. Sofern nach klinischer Abwägung eine erweiterte Therapie indiziert ist, sollten orale Antikoagulanzien bevorzugt eingesetzt werden [22].
Edoxaban, ein neuer Vertreter der NOAKs
Edoxaban (Lixiana®) ist der neueste Vertreter der NOAK, dessen Zulassung auf Basis der zwei bisher größten Phase III Studien sowohl in der Indikation Schlaganfallprophylaxe bei nicht-valvulärem VHF (ENGAGE-AF) [4] als auch der Behandlung der VTE (HOKUSAI-VTE) [9] erfolgte. Das pharmakologische Profil von Edoxaban ist insofern ansprechend, als dass die einmal tägliche Dosierung in einer eigens für diesen Zweck durchgeführten Phase II Studie untersucht wurde. Die einmal tägliche Gabe von Edoxaban 60 mg war gegenüber Edoxaban 30 mg 2 x täglich mit einem tendenziell geringeren Auftreten von schweren oder klinisch relevanten nicht-schweren Blutungen assoziiert [30]. Hervorzuheben ist auch die geringe Metabolisierung über CYP3A4/5 (<10 %) und das demnach minimale Interaktionspotential [31]. Somit ist Edoxaban das einzige NOAK welches die 1 x tägliche Anwendung mit einer nahrungsunabhängigen Einnahme vereint [31–34]. Lediglich die gemeinsame Anwendung von Edoxaban mit Dronedaron, Erythromycin, Ciclosporin oder Ketokonazol erfordert eine Dosisreduktion auf 30 mg 1 x täglich. Die Zunahme der Edoxaban Konzentration in Kombination mit Amiodaron, Verapamil oder Chinidin wurde als klinisch nicht signifikant betrachtet [31, 35]. Edoxaban ist in den neuen ESC Leitlinien zum Management von Patienten mit VHF als gleichwertige Alternative zu den bekannten Substanzen Apixaban, Dabigatran und Rivaroxaban empfohlen [12].
Nachfolgend sind die Ergebnisse der Zulassungsstudien von Edoxaban zusammengefasst:
Schlaganfallprophylaxe bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern – Die ENGAGE AF-TIMI 48 Studie
Die ENGAGE AF-TIMI 48 Studie hat zwischen 2008–2010 insgesamt 21.105 Patienten mit nicht-valvulärem VHF und moderatem bis hohem ischämischen Risiko eingeschlossen. Die Randomisierung erfolgte zu 3 Studienarmen:
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Warfarin (INR 2–3),
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Edoxaban 60/30 mg: 60 mg 1 x tgl., Dosisreduktion auf 30 mg 1 x tgl,
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Edoxaban 30/15 mg: 30 mg 1 x tgl., Dosisreduktion auf 15 mg 1 x tgl.
In beiden Edoxaban Studienarmen war die Dosisreduktion von 60 auf 30 mg bzw. von 30 auf 15 mg bei Vorliegen von zumindest einem der folgenden Kriterien vorgesehen:
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eGFR von 30–50 ml/min,
-
Körpergewicht ≤60 kg,
-
oder Begleittherapie mit Verapamil oder Quinidin.
Die mediane prospektiven Beobachtungszeit betrug 2,8 Jahre (Anmerkung: längste Beobachtungszeit im Vergleich zu den anderen NOAK-Studien).
Das Durchschnittsalter lag bei 72 Jahren, der mittlere CHADS2 Score betrug 2,8 Punkte.
Edoxaban 60/30 mg versus Warfarin
Der kombinierte Effektivitätsendpunkt, bestehend aus ischämischen oder hämorrhagischen Schlaganfall und systemischer Embolie wurde nach durchschnittlich 2,8 Jahren Follow-Up zugunsten von Edoxaban um 21 % gesenkt (RR 0,79, 97,5 % KI 0,63–0,99, p < 0,001 für Nicht-Unterlegenheit in der modifizierten Intention-to-Treat Population (primärer Endpunkt), RR 0,87, 97,5 % KI 0,73–1,04, p = 0,08 für Überlegenheit in der Intention-To-Treat Population) (Abb. 1). Hervorzuheben ist die akkurate INR-Einstellung in der Kontrollgruppe, die außerhalb von klinischen Studien selten erreicht wird (median 68,4 % Zeit im therapeutischen Fenster). Der primäre Sicherheitsendpunkt bestehend aus schweren Blutungen wurde zugunsten von Edoxaban um 20 % gesenkt (RR 0,80, 95 % KI 0,71–0,91, p für Überlegenheit <0,001) (Abb. 2; [4]). Ebenso konnte eine signifikante Reduktion von kardiovaskulären Todesfällen im Edoxaban 60/30 mg Studienarm verzeichnet werden (RR 0.86, 95 % KI 0,77–0,97, p = 0,013), während die Reduktion der Gesamtsterblichkeit statistisch nicht signifikant war (RR 0,92, 95 % KI 0,83–1,01, p = 0,08) [49].
Bei Gegenüberstellung von ischämischen Ereignissen, Blutungsereignissen und der Gesamtsterblichkeit ergab sich für Edoxaban ein positiver „Netto klinischer Nutzen“ (RR 0,89, 95 % KI 0,83–0,96) (Abb. 3; [4]).
Edoxaban 30/15 mg versus Warfarin
Hinsichtlich des primären Effektivitätsendpunktes war Edoxaban 30/15 mg gegenüber Warfarin nicht-unterlegen (RR 1,07, 95 % KI 0,87–1,31, p = 0,005). Schwere Blutungsereignisse wurden in diesem Studienarm noch deutlicher zugunsten von Edoxaban reduziert (RR 0,47, 95 % KI 0,41–0,55, p < 0,001) [4].
Unter diesem niedrigeren Edoxaban Dosierungsschema (30/15 mg) traten ischämische Insulte gegenüber Warfarin signifikant häufiger auf (RR 1,41, 95 % KI 1,19–1,67, p < 0,001). Sowohl die Gesamtsterblichkeit (RR 0,87, 95 % KI 0,79–0,96, p = 0,006) als auch kardiovaskuläre Sterblichkeit (RR 0,85, 95 % KI 0,76–0,96, p = 0,008) waren zugunsten von Edoxaban reduziert [4]. Dies ist durch die geringere Inzidenz von schweren Blutungsereignissen zu erklären [49].
Da gegenüber Warfarin eine zumindest vergleichbare Effektivität hinsichtlich der Schlaganfallprophylaxe anzustreben ist, wurde die niedrigere Edoxaban Dosierungsstrategie (30/15 mg) nicht zur Zulassung eingereicht, und wird in der klinischen Praxis nicht verfügbar sein. Ausschließlich zur Transition von Edoxaban 30 mg auf einen VKA ist Edoxaban 15 mg zusammen mit einem VKA anzuwenden. Nachfolgend wird aus diesem Grund ausschließlich auf die Daten des 60/30 mg Studienarmes eingegangen.
Relevante Subgruppen aus der ENGAGE-AF Studie
Patienten mit Notwendigkeit zur Dosisreduktion
Die Dosisreduktion von 60 mg auf 30 mg war bei einer eGFR von 30–50 ml/min, Körpergewicht ≤60 kg und Begleittherapie mit Verapamil oder Chinidin vorgesehen, und zwar nicht nur bei Randomisierung sondern auch, wenn einer der Faktoren unter Therapie auftrat. Dies betraf 32,5 % aller Patienten (25,4 % bei Randomisierung, 7,1 % im Verlauf der Studie).
Bei einer vergleichbaren Rate von Schlaganfällen oder systemischen Embolien (RR 0,81, 95 % KI 0,58–1,13) war die Dosisreduktion mit einer signifikant ausgeprägteren Reduktion von schweren Blutungen unter Edoxaban gegenüber Warfarin assoziiert (RR 0,63, 95 % KI 0,50–0,81, p für Interaktion 0,02). Dieser Trend traf auch spezifisch auf Patienten mit einer mäßig reduzierten Nierenfunktion (eGFR 30–50 ml/min) zu (RR 0,75, 95 % KI 0,58–0,98), [4, 31, 36] Patienten mit einer eGFR <30 ml/min wurden nicht in die ENGAGE AF-TIMI 48 Studie eingeschlossen. Pharmakokinetische Berechnungen zeigten bei Patienten mit mäßiger (eGFR 30–50 ml/min) und schwerer (eGFR 15–30 ml/min) Nierenfunktionseinschränkung eine vergleichbare Zunahme der Edoxaban Plasmakonzentration. Somit besteht eine Zulassung zur Anwendung der reduzierten Dosierung (30 mg 1 x täglich) bis zu einer eGFR von 15 ml/min, jedoch ohne Evidenz aus klinischen Endpunktstudien [4, 31].
Sicherheit bei dualer Antiplättchentherapie
In etwa 30 % der ENGAGE-AF Kohorte erhielt begleitend ASS in prophylaktischer Dosierung (6180 Patienten), was zu einer Verdopplung schwerer Blutungsereignisse in allen Studienarmen geführt hat. Die Reduktion von schweren Blutungsereignissen mit Edoxaban gegenüber Warfarin war unabhängig von der begleitenden Antiplättchentherapie (ohne Antiplättchentherapie RR 0,80, 95 % KI 0,68–0,95, mit Antiplättchentherapie RR 0,82, 95 % KI 0,65–1,04, p für Interaktion 0,91). Somit blieb auch der netto klinischen Nutzen von Edoxaban gegenüber Warfarin unabhängig von der begleitenden Antiplättchentherapie erhalten (ohne Antiplättchentherapie RR 0,89, 95 % KI 0,81–0,98, mit Antiplättchentherapie RR 0,82, 95 % KI 0,71–0,95, p für Interaktion 0,35) [37].
Betagte Patienten und Patienten mit Sturzgefahr
In den prä-spezifizierten Altersgruppen <65, 65–74 und >74 wurde hinsichtlich der primären Effektivitäts- und Sicherheitsendpunkte keine Interaktion beobachtet, somit kann der Vorteil von Edoxaban gegenüber Warfarin in diesen Subgruppen als konsistent betrachtet werden [38]. Aufgrund des naturgemäß höheren Schlaganfall- und Blutungsrisikos bei Patienten über 74 Jahren kam es zu einer größeren absoluten Risikoreduktion von Ereignissen, vor allem von schweren Blutungen, wodurch der „Netto klinische Nutzen“ bei höherem Alter ausgeprägter war. Hinsichtlich des primären netto klinischen Endpunktes bedeutete dies eine 13-prozentige relative Risikoreduktion bei 65–74 Jahren (RR 0,87, 95 % KI 0,76–1,00) und eine 12-prozentige relative Risikoreduktion (RR 0,88, 95 % KI 0,79–0,97) bei >74 Jahren, jeweils zugunsten von Edoxaban [38].
Eine Subgruppe von Patienten mit erhöhten Sturzrisiko, definiert als anamnestizierte Sturzneigung, Schwindel, Schwäche der unteren Extremitäten, kognitives Defizit oder orthostatische Hypotonie wurde ebenfalls beleuchtet. Patienten mit erhöhtem Sturzrisiko hatten unter Edoxaban gegenüber Warfarin eine signifikant größere absolute Risikoreduktion in mehreren Sicherheitsendpunkten, allen voran bei intrakraniellen Blutungen (RR 0,16, 95 % KI 0,04–0,71) und lebensbedrohlichen Blutungen (RR 0,32, 95 % KI 0,10–0,98). Ebenso fand sich eine tendenziell niedrigere Gesamtsterblichkeit zugunsten von Edoxaban [39].
Gastrointestinale Blutungen
Wie eingangs erwähnt zeigte sich ein konstanter Trend in Richtung erhöhter GI-Blutungen unter NOAKs vs. VKA, mit Ausnahme von Apixaban und Dabigatran in der niedrigeren Dosierung (2 × 110 mg) [3–6, 13]. So wurde auch in der ENGAGE AF-TIMI 48 Studie ein 23-prozentiger Anstieg in diesem Endpunkt beobachtet [4]. Lebensbedrohliche oder tödliche GI-Blutungen traten unter Edoxaban jedoch nicht häufiger auf. Insbesondere waren GI-Blutungen unter Edoxaban im Verlauf nicht schwerwiegender als unter Warfarin, wenn man die Notwendigkeit einer chirurgischen Intervention (RR 0,37, 95 % KI 0,16–0,88), einen Hämoglobin-Abfall >5 g/dl (RR 1,01, 95 % KI 0,74–1,38) oder Hospitalisierung (RR 1,14, 95 % KI 0,92–1,40) betrachtet [40].
Therapie von venösen Thromboembolien – Die HOKUSAI-VTE Studie
Die HOKUSAI-VTE Studie hat zwischen 2010 und 2012 insgesamt 4921 Patienten mit tiefer Venenthrombose (TVT) und 3319 Patienten mit symptomatischer Pulmonalembolie (PE) eingeschlossen. Gemäß US-nationaler Leitlinien erhielten in der Akutphase alle Patienten initial für zumindest 5 Tage eine Therapie mit NMH oder UFH. Die Randomisierung erfolgte danach zu Warfarin (INR 2–3) oder Edoxaban 60 mg 1 x täglich, wobei im Falle einer eingeschränkten eGFR (30–50 ml/min), einem Körpergewicht ≤60 kg oder einer begleitende Therapie mit potenten P-Glykoproteininhibitoren (Verapamil, Quinidin) die Dosis auf 30 mg 1 x täglich reduziert wurde. Es ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass damit Edoxaban als einziges NOAK die Möglichkeit einer Dosisreduktion auch in der Behandlung der VTE bietet. Die Dauer der Therapie konnte wie in aktuellen Leitlinien empfohlen nach Abwägung des klinischen Nutzen/Risikoverhältnisses zwischen 3–12 Monaten frei gestaltet werden [22].
Das Durchschnittsalter betrug 56 Jahre, 57 % der Studienteilnehmer waren männlich. Ursächlich für das qualifizierende Ereignis war in 66 % der Fälle eine spontane (nicht-provozierte) VTE, zu 28 % war ein transienter Risikofaktor vorhanden [9]. Die Studie konnte ein breites Patientenkollektiv mit einer unterschiedlich ausgeprägten Thrombuslast bzw. Schweregrad, von einer lokal begrenzten TVT bis zur submassiven PE reichend, einschließen. Edoxaban war im primären Effektivitätsendpunkt, bestehend aus wiederkehrender VTE oder VTE-assoziiertem Tod Warfarin nach 12 Monaten Follow-Up signifikant nicht unterlegen (RR 0,89, 95 % KI 0,70–1,13, p < 0,001 für Nicht-Unterlegenheit) (Abb. 4). Hinsichtlich des primären Sicherheitsendpunktes (schwere oder klinisch relevante nicht-schwere Blutung) war Edoxaban signifikant überlegen (RR 0,81, 95 % KI 0,71–0,94, p = 0,004 für Überlegenheit) (Abb. 5; [9]).
Patienten, die aufgrund klinischer Parameter eine Dosisreduktion auf 30 mg erhielten, hatten bei erhaltener Effektivität eine signifikante, noch ausgeprägtere Reduktion von klinisch relevanten Blutungsereignissen (RR 0,62, 95 % KI 0,44–0,86, p < 0,01 für Überlegenheit) [9, 41]. Eine den Leitlinien entsprechende Therapie über 3 Monate hinaus war ebenso effektiv wie sicher (29).
Relevante Subgruppen aus der HOKUSAI-VTE Studie
Alter und Körpergewicht
Jeweils 13 % der in HOKUSAI-VTE eingeschlossenen Patienten waren älter als 75 Jahre oder hatten ≤60 kg Körpergewicht. Die vergleichbare Effektivität von Edoxaban, sowie das überlegene Sicherheitsprofil bei der Reduktion von Blutungsereignissen gegenüber Warfarin war unabhängig von Alter und Körpergewicht (9).
Patienten mit Notwendigkeit zur Dosisreduktion
Die Dosisreduktion von 60 mg auf 30 mg war – analog zur ENGAGE AF-TIMI 48 Studie – bei einer eGFR von 30–50 ml/min, Körpergewicht ≤60 kg und Begleittherapie mit Verapamil oder Chinidin vorgesehen. Dies betraf 18 % der HOKUSAI-VTE Studienpopulation (41).
Im Warfarin Studienarm hatten Patienten die den Dosisreduktionskriterien entsprachen ein um 38 % höheres Risiko einer klinisch relevanten Blutung gegenüber Patienten welche diesen Kriterien nicht entsprachen (RR 1,38, 95 % KI 1,09–1,74).
Im Edoxaban Studienarm konnte durch die Dosisreduktion auf 30 mg gemäß der vordefinierten Kriterien ein Anstieg klinisch relevanter Blutungskomplikationen verhindert werden (RR 0,99, 95 % KI 0,74–1,31). Somit kam es bei Vorliegen von Dosisreduktionskriterien im direkten Vergleich der beiden Substanzen zu einer deutlichen, 38-prozentigen Reduktion relevanter Blutungskomplikationen zugunsten von Edoxaban gegenüber Warfarin (RR 0,62, 95 % KI 0,44–0,86, p < 0,01 für Überlegenheit) [41].
Verlängerte Therapie mit Edoxaban
Eine Besonderheit der HOKUSAI-VTE stellte die flexible, den Leitlinien und der klinischen Praxis entsprechende Behandlungsdauer von 3–12 Monaten dar, wobei die Beobachtungsdauer unabhängig der Therapiedauer 12 Monate betrug [22, 29]. Dies ist bedeutend da wiederkehrende VTE oftmals kurz nach Absetzen der Therapie auftreten [42]. Bei Patienten die eine Antikoagulation für 3–12 Monate erhielten waren Edoxaban und Warfarin bezüglich des Wiederauftretens von VTE (RR 0,97, 95 % KI 0,7–1,4) und klinisch relevanter Blutungen vergleichbar (RR 0,97, 95 % KI 0,77–1,22). Schwere Blutungen konnten im Zeitraum von 3–12 Monaten unter Edoxaban gegenüber Warfarin signifikant um 55 % reduziert werden (RR 0,45, 95 % 0,22–0,92, p < 0,05). Daher scheint Edoxaban eine attraktive Alternative zu Warfarin in der Sekundärprophylaxe von VTE zu sein [29].
Fragile Patienten
Die Definition von „fragil“ beinhaltete eine eGFR unter 50 ml/min, Alter über 75 Jahre und Körpergewicht unter 50 kg. Diese Kriterien erfüllten 17 % des Studienkollektivs. In der Subgruppe von fragilen Patienten fand sich eine signifikante Interaktion bei Betrachtung des primären Effektivitätsendpunktes (p = 0,041) zugunsten von Edoxaban, woraus ein tendenziell größerer Nutzen bei fragilen Patienten abgeleitet werden kann. Gleichzeitig wurde das Blutungsrisiko mit Edoxaban vs. Warfarin in einem vergleichbaren Ausmaß reduziert (p für Interaktion 0,88) [43].
Patienten mit Tumorerkrankung
Aus der HOKUSAI-VTE Studie wurden Patienten mit einer aktiven Krebserkrankung, sofern eine Dauerbehandlung mit NMH indiziert war, ausgeschlossen. Für die Subgruppenanalyse standen 771 Patienten mit anamnestisch bekannter, oder aktiver Tumorerkrankung zur Verfügung. In dieser Subgruppe war die Reduktion von VTE-Rezidiven (RR 0,53, 95 % KI 0,28–1,00) und schweren Blutungsereignissen (0,64, 95 % KI 0,45–0,92) im Vergleich zur Gesamtkohorte deutlich ausgeprägter [44]. Genauere Daten zu diesem Patientenkollektiv werden gegenwärtig im Rahmen der „HOKUSAI VTE Cancer“ Studie im Vergleich zu einem NMH klinisch geprüft (NCT02073682).
Patienten mit Pulmonalembolie
In Summe wurden 3319 Patienten mit PE als Index-Ereignis eingeschlossen und bei über 90 % dieser Subgruppe wurden NT-pro-BNP Werte bestimmt. Die Ausschüttung von NT-pro-BNP, dem B‑Typ natriuretischen Peptid, korreliert mit dem Ausmaß der Rechtsherzbelastung, womit sich dieser Biomarker zur Risikostratifizierung gut eignet [45, 46]. Die Effektivität (p für Interaktion 0,18) und Sicherheit (p für Interaktion 0,35) von Edoxaban vs. Warfarin war bei Patienten mit und ohne PE konsistent. Bei Patienten, bei denen sich aufgrund stark erhöhter NT-pro-BNP Werte (≥500 pg/ml) eine klinisch bedeutsame Rechtsherzbelastung vermuten lässt, ergab sich mit einer Reduktion von wiederkehrenden VTE ein Vorteil für Edoxaban (RR 0,52, 95 % KI 0,28–0,98) [9, 47].
Zusammenfassung
Zusammenfassend erfolgte die Zulassung von Edoxaban auf Basis der zwei bisher größten verfügbaren Studien in den jeweiligen Indikationen: In beiden Indikationen – Schlaganfallprophylaxe bei nicht-valvulärem VHF und zur Behandlung von TVT und PE sowie Prophylaxe von rezidivierenden TVT und PE bei Erwachsenen – fand sich bei vergleichbarer Effektivität gegenüber einer gut eingestellten VKA-Therapie eine signifikante Reduktion von Blutungsereignissen gemäß der vordefinierten primären Sicherheitsendpunkte [4, 9, 20].
Die rezent veröffentlichte ENSURE-AF Studie konnte zeigen, dass Edoxaban bei Patienten mit elektrischer Kardioversion eine sichere sowie effektive Alternative gegenüber einer optimalen Therapie mit NMH und VKA darstellt [48].
In der praktischen Anwendung zeichnet sich die Substanz im Gegensatz zu anderen NOAKs mit einer sowohl einmal täglichen als auch nahrungsunabhängigen fixen Dosierung aus, die bei Vorliegen von klar definierten und in Studien untersuchten klinischen Parametern (eGFR 30–50 ml/min, Körpergewicht ≤60 kg, Begleittherapie mit Dronedaron, Erythromycin, Ciclosporin und Ketokonazol) reduziert werden soll [31]. Bei gleichzeitiger Anwendung mit Amiodaron, Chinidin oder Verapamil ist keine Dosisreduktion erforderlich [31, 35].
Unter dieser Dosisreduktion von 60 mg auf 30 mg ist kein Anstieg von ischämischen Ereignissen bzw. rezidivierender VTE zu erwarten, gleichzeitig ist die Reduktion von Blutungsereignissen gegenüber VKA tendenziell ausgeprägter [4, 9, 36, 41]. Wie in der ENGAGE AF-TIMI 48 Studie dokumentiert werden konnte, ist eine Unterschreitung dieser Dosierungsstrategie mit einer zusätzlichen Abnahme von schweren, potenziell tödlichen Blutungen vergesellschaftet, jedoch sinkt auch das Potenzial zur Vermeidung von ischämischen Insulten. Die optimale Dosierungsstrategie (Edoxaban 60/30 mg in beiden Indikationen, Schlaganfallprophylaxe bei nicht-valvulärem VHF und Therapie und Prävention von rezidivierender VTE) soll in der klinischen Praxis entsprechend umgesetzt werden [4, 9, 31].
Zum minimalen Interaktionspotential trägt die geringe und klinisch unbedeutende Metabolisierung über CYP3A4/5 bei [31].
Auf Basis dieses ansprechenden pharmakologischen Profils und der positiven Evidenzlagen wird Edoxaban gegenwärtig bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung und Kombination mit einer dualen Antiplättchentherapie (ENTRUST-AF PCI, NCT02866175), und bei Patienten mit Tumor-assoziierter VTE (HOKUSAI-VTE Cancer, NCT02073682) untersucht.
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Weiss, T.W., Rohla, M., Dieplinger, B. et al. Edoxaban zur Schlaganfallprophylaxe bei Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern und zur Behandlung venöser Thromboembolien: ein interdisziplinäres Positionspapier. Wien Med Wochenschr 168, 133–143 (2018). https://doi.org/10.1007/s10354-017-0548-4
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