Multimorbidität ist ein Phänomen der älter werdenden Bevölkerung. Etwa 60 % der über 65-Jährigen leiden unter mindestens 2 chronischen Erkrankungen vorwiegend (zu 30 %) aus dem kardiovaskulären Formenkreis, kombiniert mit Stoffwechselerkrankungen [20]. Multimorbidität ist als das gleichzeitige Auftreten von mindestens 2 chronischen Erkrankungen in einer Person definiert, ohne dass eine der Erkrankungen zwingend eine zentrale Position besetzt. Der Begriff der Komorbidität hingegen beinhaltet eine grundsätzliche Indexerkrankung, die im Verlauf von einer oder mehreren weiteren chronischen Erkrankungen begleitet wird [14].

Komorbidität bei Epilepsie im höheren Lebensalter: 5 oder mehr Begleiterkrankungen nicht ungewöhnlich

Die Assoziation zwischen der Indexerkrankung und den Begleiterkrankungen ist nicht zufällig, sondern statistisch signifikant [11]. Sie ist begründet für die Indexerkrankung Epilepsie durch einen kausalen Zusammenhang (z. B. Schlaganfall als Ursache der Epilepsie), durch eine gemeinsame Grundlage (z. B. Genetik) oder durch die Folgen der Epilepsie wie Traumafolgen durch Sturz im epileptischen Anfall oder Nebenwirkungen der Antiepileptika (AED). Komorbidität bei Epilepsie ist zwar variabel und kein Organsystem ist ausgenommen, bestimmte chronische Erkrankungen sind jedoch signifikant häufiger [11]. Eine aktuelle retrospektive Kohortenstudie aus Deutschland mit fast 8000 Erwachsenen mit Epilepsie, in etwa 50 % älter als 60 Jahre, belegte im Vergleich zur alters- und geschlechtsgematchten Kohorte ohne Epilepsie für die Älteren ein um das 3Fache erhöhte Risiko (Odds Ratio [OR] 2,97) für 5 oder mehr Komorbiditäten [33]. Die gesamte Epilepsiekohorte zeigte eine signifikante Assoziation unter anderem mit zerebrovaskulären Erkrankungen (OR 3,14), extrapyramidalen Bewegungsstörungen (OR 1,76), Demenzen (OR 1,72), Frakturen (OR 1,53), Depressionen (OR 1,45), Anämien (OR 1,28), nephrologischen (OR 1,21) und gastrointestinalen Erkrankungen (OR 1,20).

Kardiovaskuläre Komorbidität: signifikant häufiger bei Epilepsie

Eine 2020 publizierte Metaanalyse populationsbasierter Kohortenstudien zeigte ein um bis zu 50 % erhöhtes Risiko für Myokardinfarkte bei Epilepsie (Hazard Ratio [HR] 1,09–1,48) [4]. Daten der Canadian Longitudinal Study of Aging [17] zeigten zudem eine um 30 % höhere Prävalenz (Prevalence Ratio [PR] 1,27) für die koronare Herzerkrankung (KHK) mit ihrem Risiko für kardiale Arrhythmien und Herzinsuffizienz und eine etwa doppelt so hohe Prävalenz für die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PR 1,88) im Vergleich zum Kollektiv ohne Epilepsie. In einer Fall-Kontroll-Studie mit mehr als 10.000 Erwachsenen mit Epilepsie (30 % älter als 65 Jahre) und einem Beobachtungszeitraum von 6 Jahren war das Risiko für ein schwerwiegendes kardiovaskuläres Ereignis (Myokardinfarkte, KHK, kardiale Arrhythmien, Herzinsuffizienz und plötzlicher Herztod) um das 1,6Fache erhöht im Vergleich zum Kollektiv ohne Epilepsie [21]. Die kardiovaskuläre Komorbidität bei Epilepsie scheint indirekt durch soziodemografische Faktoren, Lebensgewohnheiten sowie weitere chronische Erkrankungen vermittelt zu werden [17]. So fanden sich in der Canadian Longitudinal Study of Aging [17] Nikotinabusus, mangelnde sportliche Aktivität, Diabetes mellitus, Nierenerkrankungen und die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) signifikant häufiger in der Gruppe mit Epilepsie [17]. Höheres Lebensalter und das Vorliegen einer arteriellen Hypertonie waren signifikant mit einer höheren Prävalenz kardiovaskulärer Erkrankungen bei Epilepsie assoziiert.

Ob AED das Risiko kardiovaskulärer Komorbiditäten bei Epilepsie erhöhen, ist nicht abschließend geklärt. Carbamazepin (CBZ) und Phenytoin (PHT) können zu einem Cholesterinanstieg führen, Valproinsäure (VPA) kann über die Gewichtszunahme ein metabolisches Syndrom begünstigen [29]. Kürzlich wurde jedoch gezeigt, dass das kardio- und zerebrovaskuläre Risiko unter enzyminduzierenden AED (EI-AED) nicht höher zu sein scheint als bei nicht enzyminduzierenden AED (NEI-AED) [21].

Kardio- und zerebrovaskuläre Komorbidität bei Epilepsie: Ursache für hohe Mortalität im höheren Lebensalter

Epilepsie verdoppelt das Risiko, vorzeitig zu versterben [32]. Die „standard mortality ratio“ (SMR) liegt allgemein und alle Altersstufen zusammengefasst bei 1,6–3 (Median 2,3). Liegt der Fokus auf dem Lebensalter zum Sterbezeitpunkt, dann liegt die SMR bei Jüngeren (jünger als 45 Jahre) höher (6,4–8,5) als bei den Älteren (älter als 64 Jahre), deren SMR bei immerhin noch dem 2Fachen (1,4–2,6) im Vergleich zur altersstandardisierten Kohorte ohne Epilepsie liegt.

Komorbidität verantwortet etwa 2/3 aller vorzeitigen Todesfälle bei Epilepsie [11]. Eine kürzlich publizierte retrospektive Kohortenstudie [19] mit über 10.000 Epilepsiepatienten arbeitete 4 charakteristische Patientenprofile heraus, definiert über das Lebensalter bei Erstmanifestation der Epilepsie und die jeweiligen Begleiterkrankungen, und präsentierte die hohe Relevanz kardio- und zerebrovaskulärer Begleiterkrankungen für die Mortalität der Älteren mit Erstdiagnose der Epilepsie zwischen dem 57. und 80. Lebensjahr: Diese lag bei mehr als 20 % innerhalb der ersten 4 Jahre nach Diagnose der Epilepsie, die alters- und geschlechtsadjustierte SMR war mit 6,12 im Vergleich zur Normalbevölkerung deutlich erhöht.

Epilepsie und Schlaganfall: eine bidirektionale Relation

Zerebrovaskuläre Erkrankungen und Epilepsie stehen in einem bidirektionalen Verhältnis. Aktuelle multizentrisch erhobene Daten zeigten eine Epilepsierate nach zerebraler Ischämie von 6 % nach bereits 1,6 Jahren (Median) Follow-up [10]. Epilepsie ist im Gegenzug ein Risikofaktor für Schlaganfall, die Wahrscheinlichkeit für einen ischämischen Schlaganfall ist um das etwa 3Fache erhöht (HR 1,09–2,85) [4]. Noch höher scheint das Risiko für hämorrhagische Infarkte (HR 2,27–3,30) zu sein [4]. Steigendes Lebensalter und Komorbiditäten wie arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus und Myokardinfarkt waren signifikant mit dem Schlaganfallrisiko assoziiert.

Interaktionen zwischen DOAK und AED: klinische Relevanz weiterhin unklar

Etwa 20–30 % der ischämischen Schlaganfälle sind Folge einer kardialen Embolie bei absoluter Arrhythmie bei Vorhofflimmern [15]. Das Risiko, an absoluter Arrhythmie bei Vorhofflimmern (VHF) zu erkranken, ist hoch, das Lebenszeitrisiko eines 55-Jährigen liegt bei 37 %, Männer sind häufiger betroffen als Frauen [15].

Der Schlaganfall ist wesentliche Ursache einer Epilepsie im höheren Lebensalter, er macht annähernd 50 % der detektierten zerebralen strukturellen Läsionen aus [7].

Zur Prophylaxe kardialer Embolien bei VHF ist eine orale Antikoagulation indiziert, wobei den direkten Faktor-Xa-Inhibitoren Apixaban, Rivaroxaban, Edoxaban und dem direkten Thrombininhibitor Dabigatran gegenüber Vitamin-K-Antagonisten Vorzug zu geben ist [15].

Zahlreiche AED sind bei fokalen Epilepsien zugelassen (Tab. 1). Populationsbasierte Schlaganfalldaten aus Schweden 2012 bis 2016 [23] zeigten, dass Älteren (Männer im Mittel 70 Jahre, Frauen 76 Jahre) mit neu diagnostizierter Epilepsie nach Schlaganfall in erster Linie (61,7 % Männer, 64,1 % Frauen) Levetiracetam (LEV) verordnet wurde. Es folgten CBZ (23 % bzw. 18,7 %), LTG (Lamotrigin) (3,1 % bzw. 7,3 %) und VPA (7 % bzw. 2,6 %). 37 % der Männer und 42 % der Frauen hatten als Komorbidität eine absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern und waren oral antikoaguliert (Männer 32,1 %, Frauen 24,5 %). Dass der Anteil der Älteren mit Epilepsie und Komedikation aus AED und oralem Antikoagulans wächst, zeigten Versicherungsdaten aus den USA [1]: 2010 waren es 58,4 von 1000, 2018 bereits 92 von 1000 Patienten mit Epilepsie, entsprechend einem Anstieg um 63 %. Vitamin-K-Antagonisten spielten eine untergeordnete Rolle, es wurde in mehr als 50 % einem DOAK der Vorzug gegeben.

Tab. 1 AED und ihr Potenzial zur Induktion von CYP3A4 und P‑gp-Transportprotein. (In Anlehnung an [12, 30, 31] und modifiziert)

AED und DOAK interagieren auf 2 Ebenen: AED können das hepatische Cytochrom-P450-System, insbesondere CYP3A4, induzieren, wie tierexperimentelle, In-vitro-Daten und einzelne Humanstudien gezeigt haben, einige AED induzieren das P‑gp-Transportprotein [12, 31]. Alle DOAK sind P‑gp-Substrat [30]. P‑gp und Cytochrom-P450-Enzyme werden mittels PXR (Pregnan-X-Rezeptor) und CAR („constitutive androstane receptor“) koreguliert [9].

Die Tab. 1 listet ausgewählte AED und ihr Potenzial zur Induktion von CYP3A4- und P‑gp-Transportprotein auf.

Das P‑gp-Transportprotein ist ein Zellmembranprotein, das für die enterale Resekretion nach enteraler Resorption und die aktive renale Sekretion von P‑gp-Substraten sorgt. Damit führt die P‑gp-Induktion durch vermehrte Ausschleusung zu einer Abnahme, die P‑gp-Hemmung durch verminderte Ausschleusung zu einer Zunahme der Serumkonzentration der DOAK [30]. Rivaroxaban und Apixaban werden außerdem hepatisch über CYP3A4 metabolisiert, d. h. die Induktion von CYP3A4 durch AED kann zu deren Reduktion führen. Dabigatran unterliegt nicht dem Cytochrom-P450-Metabolismus, bei Edoxaban spielt die Metabolisierungsfraktion über CYP3A4 von 4 % praktisch keine Rolle [30].

Induktoren von CYP3A4 sind AED der älteren Generation wie CBZ, PHT, Phenobarbital (PHB), aber auch jüngere wie Oxcarbazepin (OXC), Eslicarbazepin (ESL) und Topiramat (TPM) (ab 200 mg/Tag) ([12, 31]; Tab. 1). Für VPA sind induzierende und hemmende Effekte beschrieben [31]. In vitro hat LEV eine schwache Induktion von CYP3A4 gezeigt, jedoch ohne Effekte in vivo [18]. Brivaracetam (BRV), LTG, Zonisamid (ZNS) und Lacosamid (LCM) haben keinen relevanten CYP3A4-Effekt (Tab. 1).

Man differenziert bei CYP-Enzyminduktoren zwischen einer starken (≥ 80 %), moderaten (50–80 %) und schwachen (20–50 %) Reduktion der metabolisierten Kosubstanz [9]. Diese Graduierung gibt es für die P‑gp-Induktion nicht, aber man weiß, dass der prozentuale Substanzverlust durch P‑gp-Induktion grundsätzlich schwächer ausfällt und bei 12–42 % liegt [9].

LTG [12, 31, 36] und BRV [24, 30] scheinen keinen Effekt auf P‑gp zu haben. Dass ESL [34] und LCM [6] keine relevante P‑gp-Induktion bewirken, zeigten Studien an gesunden Probanden, deren Serumkonzentration der Testsubstanz Digoxin als P‑gp-Substrat durch die Komedikation besagter AED nicht erniedrigt wurde. LEV [22] hatte im ähnlichen Studiendesign keine P‑gp-Induktion gezeigt, im Tierexperiment [25] jedoch (ebenso wie PHT und TPM) zur signifikanten Reduktion eines P‑gp-Substrates im Maushirn geführt. Über die P‑gp-Induktionsfähigkeit von LEV wird kontrovers diskutiert [35].

Widersprüchlich ist die Charakterisierung auch für VPA und TPM: Für VPA sind hemmende sowie induzierende P‑gp-Modulationen beschrieben [12, 31]. TPM hat in der tierexperimentellen Arbeit von Wang-Tilz 2006 [36] entgegen den Ergebnissen von Moermann et al. 2010 [25] keine P‑gp-Induktion gezeigt.

Bisher sind keine Daten zur P‑gp-Modulation durch Gabapentin (GBP), Perampanel (PER), OXC und Cenobamat publiziert worden.

Unter Berücksichtigung der breiten Peak- und Tal-Serumkonzentrationen der DOAK [8] stellt sich die Frage, ob die Modulation von CYP3A4 und/oder P‑gp durch AED denn für die DOAK-Komedikation tatsächlich relevant sein kann. Mehrere Einzelfallberichte zu Interaktionen mit dem Resultat unter anderem erniedrigter DOAK-Serumspiegel, venöser Thrombosen, Ischämien und Hämorrhagien wurden bisher publiziert und in Reviews [12, 31] kritisch analysiert. Daten des Adverse Event Reporting System der FDA 2013–2018 zu unerwünschten Ereignissen bei über 60-Jährigen für Apixaban und Rivaroxaban unter Komedikation mit AED zeigten, dass bei EI-AED die Wahrscheinlichkeit für eine zerebrale Ischämie oder systemische Embolie um fast das Doppelte (OR 1,71) erhöht war gegenüber NEI-AED [26].

Die EHRA Guidelines 2021 [30] bewerteten BRV, LTG, ZNS, GBP und LCM als unproblematisch in der Kombination mit DOAK, für andere AED wurden Kontraindikationen ausgesprochen (z. B. VPA mit allen DOAK; PHT mit Dabigatran oder Rivaroxaban) oder Warnungen formuliert (z. B. TPM mit Rivaroxaban oder Apixaban; LEV mit allen DOAK). Einschränkend merkten die EHRA Guidelines 2021 [30] aber die fehlende Übereinstimmung internationaler Arzneimittelkompendien in der Bewertung der Potenz einzelner AED zur Enzym- und P‑gp-Induktion und Interaktion mit DOAK [2] und die fehlende „robuste Evidenz“ an.

Erste Real-World-Daten zu DOAK und AED sind publiziert, die Fallzahlen aber klein

Im Jahr 2021 wurden erstmalig prospektive Daten (nach mittlerem Follow-up von 1,8 Jahren) bei 91 Patienten (mittleres Lebensalter 78 ± 9,5 Jahre) mit nonvalvulärem Vorhofflimmern und Einnahme von DOAK (Rivaroxaban, Apixaban, Dabigatran, Edoxaban) sowie AED (in Monotherapie, n = 41 LEV, n = 20 VPA, n = 11 PHB, n = 10 CBZ, n = 9 andere AED) publiziert [13]. Die Schlaganfallrate lag mit 5,7 %/Jahr deutlich höher als bei Patienten ohne AED, verglichen wurde mit Real-World-Daten unter anderem des GARFIELD AF-Registers mit mehr als 50.000 Patienten [3].

Demgegenüber stehen retrospektive Daten einer monozentrischen Studie mit 320 älteren Patienten nach ischämischem Schlaganfall mit VHF und DOAK und einem Follow-up von 20 Monaten (Median) [16]; 75 nahmen zusätzlich AED ein, 43 unter ihnen AED mit CYP3A4- und P‑gp-induzierendem Effekt, 13 weitere LEV in Monotherapie (in der Studie als P‑gp-Induktor geführt) und 19 mit AED ohne Enzym- und P‑gp-Induktion. Die Rezidivrate ischämischer Ereignisse in der CYP3A4- und P‑gp-Gruppe unterschied sich dabei nicht von der Kontrollgruppe ohne AED, und in der LEV-Gruppe gab es kein embolisches Ereignis. Die kleinen Fallzahlen und das retrospektive Design sind Schwächen der Arbeit, weisen aber darauf hin, dass das Interaktionspotenzial zwischen DOAK und AED überbewertet sein könnte.

In einem weiteren retrospektiven Studiendesign wurde für Patienten (n = 24) mit DOAK (in 85 % Apixaban) und Komedikation mit EI-AED (PHT, PHB, CBZ) gezeigt, dass die DOAK-Peak-Serumkonzentration signifikant häufiger (37,5 %) unterhalb des therapeutischen Bereiches lag. Erfolgte die DOAK-Einnahme ohne Komedikation, lag die DOAK-Peak-Serumkonzentration in nur 9,3 % unterhalb des therapeutischen Bereiches. Die kleine Fallzahl erlaubte eine Aussage zu klinischen Folgen aber nicht [27]. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam eine ebenfalls retrospektive Studie an über 70-Jährigen [28]. An einer kleinen Fallzahl (n = 17) wurde demonstriert, dass DOAK-Serumkonzentrationen unter starken Induktoren von CYP3A4- und P‑gp (PHT, CBZ, PHB) erniedrigt waren. Die Wahrscheinlichkeit hierfür war aber niedriger, wenn Faktoren für eine DOAK-Retention (75. Lebensjahr und älter, Körpergewicht geringer als 60 kg, Niereninsuffizienz) vorlagen. Daraus ließe sich schlussfolgern, dass Ältere mit Epilepsie und der Komorbidität Niereninsuffizienz eventuell einen strategischen Vorteil bei der Komedikation von AED mit DOAK (in angepasster Dosierung) hätten.

Zusammengefasst sind erste Real-World-Daten zur Interaktion von DOAK und AED publiziert worden, die Fallzahlen sind jedoch klein. Aus den zitierten Daten lassen sich keine relevanten klinischen Schlüsse ziehen.

Interaktionen zwischen AED und kardiovaskulären Medikamenten

Zu bedenken sind mögliche Interaktionen zwischen den Medikamenten des kardiovaskulären Systems und AED sowie eventuell prokonvulsive Effekte. Tierexperimentelle und humane Daten zeigen, dass Medikamente der Kategorie C des Anatomisch-Therapeutisch-Chemischen Klassifikationssystems (ATC) mit wenigen Ausnahmen antikonvulsiv oder neutral sind, wie die Übersicht von Zaccara et al. 2021 [37] zeigt: Exemplarisch seien ATC-C09 (ACE-Hemmer), ATC-C07 (Betablocker), ATC-C03 (Diuretika), ATC-C08 (Calciumkanal-Blocker) und ACT-C10 (Statine) als antikonvulsiv hervorgehoben. Digoxin, Digitoxin (ATC-C01) und Nitroprussid (ATC-C02) z. B. sind hingegen prokonvulsiv. Die Interaktionen zwischen AED und den Medikamenten der ATC-C-Kategorie basieren im Wesentlichen auf der CYP3A4- und P‑gp-Modulation durch AED mit dem Effekt der Reduktion der Serumkonzentration der internistischen Medikation [37], vereinzelt sind die Effekte aber auch wechselseitig. Die Interaktionseffekte schwanken zwischen schwerwiegend, sodass Kombinationen vermieden werden sollten (z. B. CBZ/Felodipin), moderat, sodass Serumkontrollen von AED erfolgen sollten (z. B. CBZ/Enalapril), oder leicht (kein klinisch relevanter Effekt zu erwarten). Die Interaktionen sind zahlreich und nur mithilfe von Arzneimittelkompendien zu überschauen [37].

Fazit für die Praxis

Die Belastung des Älteren mit Epilepsie im höheren Lebensalter ist durch komorbide chronische Erkrankungen hoch. Das Mortalitätsrisiko ist im Vergleich zu Menschen ohne Epilepsie im höheren Lebensalter erhöht, v. a. durch zerebro- und kardiovaskuläre Komorbidität. Die enge interdisziplinäre medizinische Begleitung des älteren Menschen mit Epilepsie muss die Regel sein. Interaktionen zwischen AED und der Komedikation müssen grundsätzlich bedacht werden. Interaktionen zwischen AED und Medikamenten der ATC-C-Kategorie sollten geprüft werden, es gibt Kombinationen, die zu vermeiden sind. Evidenz für die klinische Relevanz von Interaktionen zwischen DOAK und AED fehlt. Vorsicht ist geboten, es liegen Einzelfallberichte über Komplikationen wie Thrombosen oder Schlaganfälle vor. Starke Koinduktoren von CYP3A4 und P‑gp (CBZ, PHT, PHB) sollten vermieden werden. BRV, LCM, LTG, ZNS sind frei von CYP3A4- und P‑gp-Induktion und wahrscheinlich unbedenklich. LEV und VPA werden nicht empfohlen trotz widersprüchlicher Datenlage und fehlender klinischer Evidenz; der Einsatz von LEV und VPA muss individuell abgewogen werden.