Die Kallosotomie ist ein palliativer epilepsiechirurgischer Eingriff für Patienten mit pharmakorefraktären bilateral-manifestierten Anfällen, bei denen ein resektives Verfahren nicht möglich ist. Die Reduktion von Sturzanfällen durch eine Kallosotomie wurde in vielen Fallserien belegt, auch für epileptische Spasmen scheint eine Verbesserung erreicht werden zu können. Dennoch bleiben viele Fragen offen, z. B. das Ausmaß der Diskonnektion. Dieser Artikel beschreibt die unterschiedlichen chirurgischen Methoden und fasst die Datenlage zu Anfallsreduktion, neurokognitiven Veränderungen und Nebenwirkungen zusammen.

Historie

Die Hypothese, dass epileptische Aktivität über das Corpus callosum von einer Hemisphäre zur anderen propagieren kann, wurde erstmals 1940 von Erikson an Primaten bestätigt [1]. Im gleichen Jahr beschrieben van Wagenen und Herren das Phänomen auch beim Menschen [2]. Sie beobachteten, dass bilateral tonisch-klonische Anfälle bei Menschen mit Epilepsie verschwanden, sobald tumoröse oder vaskuläre Prozesse das Corpus callosum zerstört hatten. Daraus resultierend, führten sie bei 10 Patienten eine Kommissurotomie durch, bestehend aus einer Durchtrennung des Corpus callosum, der Commissura anterior und eines Fornix. In den 1970ern und 80ern gewann das Verfahren an Popularität und wurde zunehmend eingesetzt. Über die Zeit wurde deutlich, dass das Corpus callosum die wesentliche Struktur ist, die es zu durchtrennen gilt, sodass aus der Kommissurotomie die Kallosotomie wurde. In den letzten 50 Jahren hat sich der Einsatz der Kallosotomie bei bestimmten, schweren Anfällen etabliert.

Technik

Auch wenn Hautschnitte und Kraniotomie durch Weiterentwicklung der mikrochirurgischen Techniken weniger invasiv, schonender und verfeinert wurden, wird die Kallosotomie im Prinzip heute noch genauso durchgeführt wie von William P. van Wagenen 1940 beschrieben [2]. Die Operation wird in Rückenlage und Vollnarkose durchgeführt. Es erfolgt ein frontaler Hautschnitt hinter der Haargrenze (bikoronar oder U‑förmig nach frontolateral gestielt), anschließend eine rechts präkoronare laterale Kraniotomie bis zur Mittellinie. Nach Duraeröffnung werden über den Mittelspalt der Balken und die perikallösen Gefäße dargestellt. Dann erfolgt die Spaltung des Balkens, meist vom Balkenknie nach hinten. Die vordere Grenze wird durch das Erreichen der Aa. cerebri anteriores definiert, die hintere Grenze durch das Erreichen der Cisterna venae magnae cerebri nach Durchtrennung des Balkenspleniums. Je nach epilepsiechirurgischem Zentrum wird im ersten Schritt nur eine anteriore Kallosotomie durchgeführt, die eine Durchtrennung bis vor das Splenium umfasst, und erst in einer zweiten Operation, falls notwendig, wird mit einer posterioren Kallosotomie die Durchtrennung vervollständigt (Abb. 1). Die endoskopisch assistierte Kallosotomie unterscheidet sich im Prinzip vom mikroskopischen Eingriff nur durch eine ggf. kleinere Kraniotomie und eine Visualisierung des Operationssitus durch Endoskop statt Mikroskop.

Abb. 1
figure 1

a zeigt das Ausmaß der anterioren (hellrot eingefärbt) und der posterioren Kallosotomie (hellblau eingefärbt), wobei es hier zwischen den epilepsiechirurgischen Zentren kleine Variationen gibt. Bild b zeigt die Lagerung des Kopfes mit den eingezeichneten möglichen Hautschnitten (blau gestrichelt), der Kraniotomie (orange). Der Balken ist grün und der Ventrikel lila grafisch segmentiert. Bild c zeigt im postoperativen MRT die Läsionen (rot gestrichelt) im Balken, und Bild d zeigt die Traktographie nach kompletter Kallosotomie

Kallosotomien mit stereotaktisch geführter, MRT-gestützter, laserinduzierter Thermotherapie (MRgLITT) oder stereotaktischer Radiochirurgie sind neuere, minimal-invasive Alternativen zur standardmäßigen offenen Operation. MRgLITT ist ein bei anderen Indikationen wie der mesialen Temporallappenepilepsie oder der Operation von hypothalamischen Hamartomen bereits häufiger eingesetztes Verfahren. Die bislang vorliegenden Fallserien zur LITT-Kallosotomie berichten vom Einsatz von 1 bis 3 Trajektorien, welche durch kleine Borlöcher mit Zielpunkten im Corpus callosum platziert werden. Unter Echtzeitthermographie im MRT werden serielle Ablationen durchgeführt, und die Läsion wird im Anschluss an die Ablation MR-tomographisch kontrolliert [3, 4]. Radiochirurgische Diskonnektionen des Balkens werden bereits seit 1999 durchgeführt. Dennoch sind bis dato nur wenige Fallserien mit kleinen Patientenzahlen publiziert, welche entweder eine Gamma-Knife- oder eine LINAC-Radiochirurgie einsetzten [5].

Indikationen

Es gibt keine generell verbindlichen Indikationen für eine Kallosotomie, vielmehr ist die Indikationsstellung abhängig vom behandelnden Epileptologen und Neurochirurgen. Folgende Konstellationen sind aber international anerkannt:

  • schwere, pharmakoresistente Epilepsie,

  • resektives epilepsiechirurgisches Vorgehen nicht möglich,

  • Anfälle mit rascher Propagation von einer auf die andere Hemisphäre,

  • hoher Leidensdruck.

Beim Lennox-Gastaut-Syndrom (LGS), dessen Therapie in diesem Heft ein eigener Beitrag gewidmet ist, ist diese Konstellation besonders häufig anzutreffen, sodass nicht verwunderlich ist, dass viele Autoren den Einsatz von Kallosotomien speziell für das LGS beschreiben und die Operation in den Behandlungsalgorithmus des LGS aufgenommen wurde [6]. Dennoch wird die Indikation zur Kallosotomie typischerweise anhand des Vorliegens einzelner Anfallstypen gestellt, nicht anhand einer bestimmten Epilepsie oder gar Ätiologie. Die Reduktion von atonen Sturzanfällen ist die am häufigsten genannte Indikation zur Kallosotomie. Die terminologische Trennunschärfe des Begriffs „Sturzanfall“ beiseitegelassen, sind Sturzanfälle aus verschiedenen Gründen geeignete „Ziel-Anfälle“ einer Kallosotomie: Sie zeigen eine sehr rasche bilaterale Synchronie, sie treten zumeist mit einer hohen Frequenz auf, sie bringen ein hohes Verletzungsrisiko mit sich und beeinflussen damit relevant die Lebensqualität von Patienten und Eltern/Betreuern. Auch bei epileptischen Spasmen spielt die transkallosale bilaterale Ausbreitung eine relevante Rolle. Daher wurden diese in den vergangenen Jahren zunehmend als Indikation einer Kallosotomie genannt, die Datenlage hierzu ist aber vergleichsweise spärlich.

Auf die diagnostische Indikation einer Kallosotomie mit dem Ziel, durch eine Reduktion einer sekundär bilateralen Synchronie epileptischer Aktivität einen fokalen Generator identifizieren zu können, wird in diesem Artikel nicht eingegangen.

Anfallsreduktion

Der retrospektive Charakter, die unterschiedliche Definition der Begriffe „Sturzanfall“ und „epileptische Spasmen“ sowie unterschiedliche Outcome-Parameter erschweren die Vergleichbarkeit der Anfallsreduktion verschiedener Anfallstypen. Maehara und Shimizu untersuchten 52 Patienten mit Sturzanfällen und einem Nachbeobachtungszeitraum von mindestens 24 Monaten (Mittelwert 40 Monate) nach Kallosotomie. In dieser Kohorte sprachen Sturzanfälle (definiert als atone und tonische Anfälle mit Sturz und resultierender Verletzung) am besten an, in 85 % der Fälle verschwanden die Sturzanfälle komplett oder wurden um mindestens 90 % reduziert, bei den übrigen konnte die Anfallsfrequenz relevant reduziert werden. Für andere generalisierte Anfälle konnte seltener eine ≥ 90 %ige Reduktion erreicht werden (generalisiert tonische Anfälle in 32 %, bilateral tonisch klonische Anfälle in 31 %, atypische Absencen in 23 %) [7]. Langzeitdaten über einen postoperativen Verlauf von mehr als 5 Jahren sind insgesamt rar, insbesondere im Vergleich anteriorer vs. kompletter Kallosotomie. In einer schwedischen Populationsstudie wurden 20 Patienten über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren beobachtet; es zeigte sich eine anhaltende Anfallsreduktion der Sturzanfälle [8]. In einzelnen Studien wird – häufiger nach anteriorer als nach kompletter Kallosotomie – das Auftreten neuer Anfallstypen berichtet. Insbesondere bei inkompletter Kallosotomie handelte es sich hierbei um fokale Anfälle [9].

Eine kleinere Anzahl an retrospektiven Arbeiten untersuchte die Reduktion epileptischer Spasmen nach Kallosotomie: Baba et al. berichten nach einer Kallosotomie bei 56 Kindern in 42,9 % von Anfallsfreiheit für epileptische Spasmen (medianer Nachbeobachtungszeitraum 36 Monate) und in 32 % von kompletter Anfallsfreiheit [10]. In einer kleinen Kohorte von Patienten mit tuberöse Sklerose-Komplex sistierten epileptische Spasmen bei 3 von 7 Patienten (Nachbeobachtungszeitraum 9 Monate bis 3,5 Jahre) [11]. Auch eine Metaanalyse von 58 Arbeiten und über 1700 eingeschlossenen Patienten konnte zeigen, dass Sturzanfälle besser als andere generalisierte Anfälle ansprechen. Insgesamt wurde Anfallsfreiheit von Sturzanfällen in 55 % erreicht, eine komplette Anfallsfreiheit in 19 % [12]. Somit bleiben Sturzanfälle die Hauptindikation zur Kallosotomie. Wünschenswert wäre für die Zukunft aber eine einheitlichere Definition des Begriffs „Sturzanfall“ (engl. „drop attack“) und des Outcomes z. B. anhand der Engel-Klassifikation.

Prädiktoren

Die Kallosotomie ist zum einen eine palliative Operation und bringt zum anderen das Risiko chirurgischer Komplikationen mit sich. Daher wäre es wünschenswert, die Prädiktoren eines günstigen Verlaufs vorher zu kennen, um den Eingriff genau den Patienten anzubieten, bei denen ein Benefit erwartet werden kann. Insgesamt konnte in verschiedenen Studien kein deutlicher, einzelner Prädiktor für ein besseres Outcome identifiziert werden. In der oben genannten Metaanalyse waren das Vorliegen infantiler Spasmen, ein unauffälliges MRT und eine kürzere Erkrankungsdauer positive Prädiktoren für eine komplette Anfallsfreiheit und nonläsionelle bzw. ätiologisch ungeklärte Epilepsien ein positiver Prädiktor für Anfallsfreiheit von Sturzanfällen [12]. Zusätzlich gibt es aus kleineren, retrospektiven Studien Hinweise, dass jüngere Patienten eine deutlichere Verbesserung zeigen [7, 13], aber auch Studien, die einen solchen Zusammenhang nicht zeigen konnten [14]. Es scheint keine Rolle zu spielen, ob in der Krankheitsvorgeschichte ein West-Syndrom vorlag oder nicht [15]. Hingegen scheinen ein fokaleres Geschehen, sowohl was interiktale als auch iktale EEG-Veränderungen anbetrifft, sowie eine klar unihemisphärische Läsion mit einem besseren Outcome assoziiert zu sein [16,17,18]. Einzelne Arbeiten beschreiben elektrophysiologische Konstellationen, welche speziell bei epileptischen Spasmen mit einem positiven Outcome korreliert sind [19, 20]. Klinisch wird immer wieder diskutiert, ob anhand der Dicke des Balkens darauf geschlossen werden kann, wie relevant die Propagation hierüber im individuellen Fall ist. Die Datenlage ist sehr spärlich, und zumindest in einer retrospektiven Arbeit konnte bei 24 Patienten mit epileptischen und tonischen Spasmen keine positive Korrelation der Balkendicke mit dem Outcome gezeigt werden [21].

Sonstiges Outcome

Die Erfassung anderer Outcome-Parameter z. B. die Verbesserung der Lebensqualität (engl. „quality of life“ [QoL]) ist insbesondere bei palliativen Eingriffen, bei denen Anfallsfreiheit ohnehin nicht angestrebt werden kann, von essenzieller Bedeutung. In der oben zitierten Arbeit von Maehara und Shimizu berichteten insgesamt 63 % der Behandelten von einer Verbesserung der Alltagsfähigkeiten und nur 15 % von einer Verschlechterung. Interessanterweise zeigen sich hier aber große Unterschiede im Vergleich von Kindern und erwachsenen Patienten: Während bei den Kindern 77 % eine Verbesserung berichten und nur 6 % eine Verschlechterung, berichten nur 41 % der Erwachsenen eine Verbesserung, aber immerhin 27 % eine Verschlechterung [7]. Obwohl mehrere Arbeiten eine Verbesserung der Lebensqualität berichten, liegen kaum Arbeiten vor, die standardisierte QoL-Fragebögen verwenden und diese bei Kindern und Erwachsenen einsetzen. Kleinere Fallserien, welche die subjektive Veränderung der Lebensqualität erfassen, geben aber bereits Hinweise darauf, dass die Lebensqualität maßgeblich von der erreichten Anfallsreduktion abhängt [22, 23].

Ausmaß der Durchtrennung

Die ersten Arbeiten nach Wechsel der Strategie von Kommissurotomie auf Kallosotomie beschreiben den Effekt einer kompletten Durchtrennung des Balkens. In den letzten 60 Jahren wurde – unter der Annahme, eine partielle Durchtrennung rufe weniger neurokognitive Nebenwirkungen hervor – häufig nur eine partielle Diskonnektion durchgeführt. Ähnlich den Indikationen zur Kallosotomie, so ist auch das Ausmaß der Durchtrennung v. a. vom behandelnden Zentrum anhängig. Viele Zentren bevorzugen inzwischen eine anteriore Kallosotomie gegenüber der kompletten Kallosotomie [24]. Dies bietet die Möglichkeit eines zweistufigen Vorgehens mit Komplettierung der Kallosotomie bei den Patienten, welche im ersten Schritt nicht ausreichend profitiert haben. Auch wenn einzelne Autoren keinen Unterschied berichteten, so zeigen doch die meisten Arbeiten eine Überlegenheit der vollständigen Kallosotomie gegenüber einer anterioren bezüglich der Anfallsreduktion [12]. Eine partielle, posteriore Kallosotomie ist wegen der weniger häufigen posterioren Anfallsgenerierung nur in besonderen Fällen indiziert. Der Versuch, das Ausmaß der notwendigen Durchtrennung elektrophysiologisch festzulegen, entweder mittels Oberflächen-EEG oder intraoperativer Elektrokortikographie, wurde mehrfach durchgeführt, setzte sich aber nicht durch [25, 26].

Chirurgische Komplikationen

Unmittelbare chirurgische Komplikation werden in den Fallserien mit ca. 5 % beschrieben und umfassen Blutungen, Infektionen, Infarkte und die Entwicklung eines shuntpflichtigen Hydrozephalus [12, 27]. Ob eine komplette Kallosotomie aufgrund der technisch schwierigen Durchtrennung des hinteren Balkenteils mit einer höheren Rate an chirurgischen Komplikationen einhergeht, ist in der Literatur nicht klar beschrieben.

Funktionelle Komplikationen

Bereits in der ersten Fallserie von 1940 berichtete ein Patient, dass „die Muskeln seiner linken Seite nicht gut mit denen der rechten Seite zusammen zu arbeiten scheinen. Z. B. versuche er manchmal mit der rechten Hand eine Tür zu öffnen, diese aber gleichzeitig mit der linken Hand zu schließen“ [2]. Diese erste Beobachtung eines „Diskonnektionssyndroms“ (engl. „split brain“) wurde im Folgenden näher untersucht, und die Erkenntnisse trugen wesentlich zum Verständnis der Hemisphärenspezialisierung des menschlichen Gehirns bei. Beim Diskonnektionssyndrom können die beiden voneinander getrennten Hemisphären zwar völlig unabhängig voneinander zugewiesene Aufgaben lösen, die Integration von linkshemisphärischer und rechtshemisphärischer Information gelingt allerdings nicht mehr. Hieraus kann eine Apraxie, eine taktile oder visuelle Anomie, ein Neglect oder ein „Alien-Hand-Syndrom“ resultieren. Selten tritt ein komplettes Diskonnektionssyndrom auf, vielmehr zeigen die meisten Patienten einzelne Facetten davon [24]. Akut kann sich bei der Durchtrennung der vorderen Anteile des Balkens eine Symptomatik ähnlich dem SMA(supplementär motorisches Areal)-Syndrom zeigen, die in aller Regel transient ist. Die anderen oben genannten Defizite sind meist dauerhaft. Häufig erscheinen die Patienten allerdings im Alltag nicht auffällig, und die subtilen Defizite wären nur mittels detaillierter Testung identifizierbar. Allerdings sind auch Verläufe mit persistierenden, alltagsrelevanten Defiziten beschrieben [22]. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass Patienten, bei denen vor dem Jugendalter eine komplette Kallosotomie durchgeführt wurde, nur sehr selten ein persistierendes Diskonnektionssyndrom zeigen. Im Gegensatz dominiert in diesem Alter die Verbesserung von Kognition, sozialer Interaktion und Motorik [28, 29]. Die Frage, welche Teile des Balkens welche Information transportieren, kann noch nicht vollständig beantwortet werden. Frühere Post-mortem-Studien von Witelson führten zu einer ersten, groben Kartographie des Corpus callosum [30]. Der Einsatz der Traktographie als nichtinvasives Messinstrument von Faserverbindungen führte in den letzten Jahren zu wesentlichen, neuen Erkenntnissen in der Parzellierung des Corpus callosum und kann in Zukunft vermutlich zu einer individuelleren Planung und Prognose einer Kallosotomie führen [31].

Vergleich der Kallosotomie mit anderen palliativen Verfahren

Einzelne Studien verglichen Kallosotomie mit anderen Therapieoptionen, keine der Studien jedoch in einer randomisierten, kontrollierten Form. In einer prospektiven Vergleichsstudie wurden 24 Patienten mit LGS mittels Kallosotomie behandelt und 20 mittels Vagusnervstimulator (VNS). Die Anfallsreduktion atoner Sturzanfälle war in der Gruppe der Kallosotomiepatienten höher, die Reduktion von Myoklonien in der VNS-Gruppe [32]. Auch eine Metaanalyse von Studien zu beiden Verfahren bei LGS kommt zu dem Schluss, dass eine Kallosotomie v. a. beim Vorliegen von atonen Sturzanfällen dem VNS vorzuziehen ist, nicht aber bei anderen Anfallstypen [33]. In einer prospektiven Studie verglichen Liang et al. das Outcome einer Kallosotomie und einer konservativen, medikamentösen Behandlung bei 60 Kindern mit LGS. Die Kallosotomie war in dieser Studie in allen Outcome-Parametern (Anfallsreduktion, QoL, kognitive Verbesserung) der konservativen Therapie überlegen [34]. Zu bedenken ist aber, dass diese Studien an Schulkindern durchgeführt werden, welche ein deutlich geringeres perioperatives Komplikationsrisiko haben als ältere Patienten.

Fazit für die Praxis

  • Die Kallosotomie ist eine palliative Operation für Patienten mit schwerer Epilepsie, bei denen ein resektives Verfahren nicht infrage kommt.

  • Die Indikation zur Kallosotomie wird anhand der vorliegenden Anfallstypen gestellt, nicht anhand der Ätiologie oder des Epilepsiesyndroms.

  • Die Effektivität einer Kallosotomie ist in erster Linie für (atone) Sturzanfälle belegt, in geringerem Maß auch für epileptische Spasmen.

  • Standardmäßig werden mikrochirurgische oder endoskopische Verfahren eingesetzt. Inwieweit sich neuere minimal-invasive Verfahren wie die Laserkallosotomie durchsetzen, bleibt abzuwarten.

  • Nebenwirklungen der Kallosotomie resultieren aus der Störung des interhemisphärischen Informationsflusses und können Apraxie, taktile und visuelle Anomie, Neglect oder SMA-Syndrom umfassen.

  • Bei Operationen vor dem Jugendalter sind funktionelle Nebenwirkungen selten persistent.