In der Behandlung eines der Autoren (JL) befindet sich ein Patient, der einen Sportbootführerschein erwerben wollte und die Frage stellte, unter welchen Voraussetzungen dies möglich sei.

Es handelt sich um einen 40-jährigen Mann, der 1997, also mit 22 Jahren, binnen eines Monats drei generalisierte tonisch-klonische Anfälle ohne tageszeitliche Bindung erlitten hatte, einen davon während einer Autofahrt. Unter Behandlung mit Phenytoin traten keine weiteren Anfälle mehr auf. Im Jahr 2004 wurde die Medikation abgesetzt, 2007 trat ohne ersichtlichen Provokationsfaktor ein generalisierter tonisch-klonischer Anfall aus dem Schlaf heraus auf. In einer Klinik wurde der Patient erneut auf Phenytoin in einer Dosis von 2 × 100 mg eingestellt. Er wurde wieder anfallsfrei. Ab diesem Zeitpunkt befand er sich in der Behandlung des Autors JL. Auf Wunsch des Patienten erfolgte 2009 ein erneuter Absetzversuch. Sechs Monate nach der letzten eingenommenen Dosis kam es erneut zu einem Anfall aus dem Schlaf, daraufhin Neueinstellung auf Lamotrigin 2 × 50 mg (Serumspiegel 2,35 mg/l). Seitdem anfallsfrei bis heutigentags.

FormalPara Untersuchungsbefunde.

EEG: unauffällig, keine epilepsietypischen Potenziale. MRT unauffällig. Neurologische und psychiatrische Untersuchung o. B.

Rechtliche Situation

Der Erwerb des Sportbootführerscheins ist in der Verordnung über das Führen von Sportbooten auf den Binnenschifffahrtsstraßen (Sportbootführerscheinverordnung-Binnen – SportbootFüV-Bin) geregelt. In § 5 („Allgemeine Anforderungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis“) heißt es unter 2.: „Der Bewerber [muss] körperlich und geistig zum Führen eines Sportbootes tauglich sein“. Weder Epilepsie noch andere Erkrankungen werden als pauschale Ausschlussgründe genannt. Zur Feststellung oder Überprüfung der Eignung des Bewerbers kann aber die Vorlage amts- oder fachärztlicher Zeugnisse verlangt werden.

In der SportbootFüV-Bin gibt es keinen Hinweis auf die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung (Führerscheinrichtlinien), die Bestandteil der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) sind [1].

Nach § 11 SportbootFüV-Bin sind der Deutsche Motoryachtverband e. V. und der Deutsche Segler-Verband e. V. beauftragt, die entsprechenden Sportbootführerscheine zu erteilen.

Wir haben zu eruieren versucht, wie der Motoryachtverband bei Anträgen von Menschen mit Epilepsie verfährt. Hält er sich an die Führerscheinbestimmungen der FeV oder entscheidet er ggf. davon abweichend nach den konkreten Umständen des Einzelfalles?

Dazu haben wir mit dem Justitiar des Deutschen Motoryachtverbandes gesprochen.

Er sagte, dass der Sportbootführerschein im Regelfall erteilt wird, wenn Eignung für Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 im Straßenverkehr vorliegt.

Unter Umständen könne auch von den Regelungen der FeV abgewichen werden, wenn, wie in § 5 SportbootFüV-Bin vorgesehen, „Auflagen erteilt“ werden. Zum Beispiel könne einer Person, die eine sehr gute Prognose auf Anfallsfreiheit hat, schon etwas früher die Erlaubnis erteilt werden, aber unter der Auflage, dass, bis sie ein Jahr anfallsfrei ist, immer eine zweite Person an Bord sein muss, die als „Rudergänger“ (der/die keine offizielle Fahrerlaubnis besitzen muss) das Steuer kurzzeitig übernehmen kann.

Verlauf

Der Patient wurde entsprechend informiert und erhielt ein Attest zur Vorlage beim für ihn zuständigen Motoryachtverband. Er hat mittlerweile den Sportbootführerschein bekommen und bereits ein eigenes Boot erworben.

Empfehlungen zu zahlreichen anderen Sportarten bei Epilepsie finden sich in der Broschüre „Sport bei Epilepsie“ [2].