Der am 23.03.1930 in Gleiwitz geborene Neuropädiater (Abb. 1) begann nach seinem Medizinstudium in Heidelberg und Innsbruck im Jahr1958 mit der Weiterbildung zum Kinderarzt in Kiel. Dort veröffentlichte er bereits erste epileptologische Publikationen zusammen mit Hermann Doose. Von 1962 bis 1969 leitete er die Neuropädiatrie am Universitätsklinikum Homburg/Saar, anschließend war er bis 1987 Universitätsprofessor und Direktor der Abteilung für Neuropädiatrie an der Universität Heidelberg. Von dort aus wurde er 1987 auf den Lehrstuhl für „Pädiatrie mit Schwerpunkt Neurologie“ des Virchow-Klinikums (später Charité) nach Berlin berufen; hier wurde er im Jahr 1996 emeritiert.

Dieter Scheffner widmete sich wissenschaftlich vor allem der pädiatrischen Epileptologie und der Entwicklungsneurologie. In der frühen Zeit seiner Tätigkeit trug er mit klinischen Studien entscheidend zur Einführung der Standardantiepileptika Carbamazepin und Ethosuximid in die Pädiatrie bei. Er beschäftigte sich intensiv mit der Steroidtherapie beim West-Syndrom und anderen schwer therapierbaren epileptischen Syndromen. Auf dem Gebiet der Entwicklungsneurologie publizierte seine Arbeitsgruppe u. a. zahlreiche Arbeiten zur quantitativen EEG-Analyse. In den 80er Jahren arbeitete er an der Erkennung von Riskofaktoren der Valproathepatotoxizität und regte federführend deren systematische Erfassung in Deutschland an. Bereits frühzeitig forderte er ein systematisches sowie syndromorientiertes Vorgehen in der Therapie von Epilepsien und brachte dies in den zahlreichen Stellungnahmen des Königsteiner Arbeitskreises, dem er seit seiner Gründung angehörte, zum Ausdruck.

Nach dem „Unimut“-Streik der Medizinstudenten 1988 stellte sich Dieter Scheffner hinter die Belange der Studierenden und widmete sich seitdem intensiv den Problemen der Medizinerausbildung. Während seiner Tätigkeit als Dekan der Medizinischen Fakultät von 1988 bis 1996 setzte er mit unermüdlichen, zähen Verhandlungen die Einrichtung eines echten, an internationalen Vorbildern orientierten Reformstudiengangs an der Charité gegen politische Widerstände und „Fächeregoismen“ durch. Seine Initiative regte die Einführung reformierter Studiengänge an vielen medizinischen Fakultäten an und beeinflusste die letzte Revision der Approbationsordnung. Auch nach seiner Emeritierung arbeitete er bis zuletzt intensiv an der Entwicklung des Reformstudiengangs weiter. Sein Engagement wurde mit dem Ehrendoktor der Universität Witten/Herdecke ausgezeichnet.

Dieter Scheffner war Mitglied und Präsident der deutschen Sektion der International League Against Epilepsy (ILAE) und wurde 1999 zum Ehrenmitglied ernannt. Er war Gründungsmitglied der Gesellschaft für Neuropädiatrie, zweimal Präsident der Fachgesellschaft und erhielt auch dort die Ehrenmitgliedschaft.

Dieter Scheffner war von Zuverlässigkeit, Geradlinigkeit und Fairness geprägt. Alle, die mit ihm zusammenarbeiten durften, erlebten einen offenen und kritischen akademischen Geist, der gleichzeitig mit ganzem Herzen und liebevoller Zuwendung als Kinderarzt wirkte. Seinen zahlreichen Schülern war er ein Vorbild, der richtungweisende Impulse für den weiteren Lebensweg geben konnte. Wir trauern um einen großartigen Kollegen.

Abb. 1
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Prof. Dr. med. Dr. med. h.c. Dieter Scheffner