FormalPara Originalpublikation

Stute P et al (2023) Progestogens for endometrial protection in combined menopausal hormone therapy: A systematic review. Best Pract Res Clin Endocrinol Metab. 2023 Aug 22:101815. https://doi.org/10.1016/j.beem.2023.101815.

FormalPara Hintergrund.

Wenn Frauen in den Wechseljahren eine Hormonersatztherapie (HRT) mit Östrogenen erhalten, dann ist bei vorhandenem Uterus die Gabe eines Gestagens für mindestens 12 Tage pro Monat zum Schutz des Endometriums erforderlich. Ziel dieser systematischen Übersichtsarbeit war es, die endometriale Schutzfunktion von verschiedenen Gestagenen in der kombinierten HRT zu untersuchen.

FormalPara Zusammenfassung.

In das systematische Review wurden nur randomisiert-kontrollierte Studien (n = 84) mit v. a. postmenopausalen Frauen eingeschlossen, die den Einfluss verschiedener Kombinationen von Östrogenen mit diversen Gestagenen (NETA, DNG, DYD, MP, DRSP, LNG, CPA, MPA, CMA, Medrogeston, NOMAC, TMG, GSD, DSG, NGM, DRSP) histologisch überprüften. Es zeigte sich, dass 1) die meisten Studien mit NETA (n = 29) durchgeführt wurden, gefolgt von MPA (n = 28), MP (n = 11), DYD (n = 10) und LNG (n = 9), 2) die meisten Gestagene nur als orale Formulierungen verfügbar waren, 3) die am häufigsten untersuchten Gestagene sowohl in kontinuierlichen als auch in sequenziell kombinierten HRT-Schemata untersucht wurden, 4) die FDA-Kriterien für die endometriale Sicherheit nur für einige Gestagene erfüllt wurden und 5) die meisten Studien einen endometrialen Schutz für die untersuchte Gestagendosis und den untersuchten Zeitraum aufwiesen. 6) Die Qualität der Studien variierte jedoch, was bei der Wahl einer kombinierten HRT berücksichtigt werden sollte, insbesondere wenn eine Off-label-Anwendung gewählt wird. Für das bioidentische MP und sein Stereoisomer DYD lässt sich festhalten: 1) Abhängig von der Östrogendosis bei kontinuierlich kombinierter HRT hat sich orales MP in einer Dosierung von 50 bis 200 mg/Tag bis zu einem Jahr als schützend für das Endometrium erwiesen. 2) Abhängig von der Östrogendosis bei sequenziell kombinierter HRT hat sich orales MP in einer Dosierung von 100 bis 400 mg/Tag bis zu 3 Jahre als schützend für das Endometrium erwiesen. 3) Vaginales MP in einer Dosierung von 45 mg/Tag hat sich als nicht schützend für das Endometrium erwiesen, wenn es in einer sequenziell kombinierten HRT angewendet wird. 4) Es liegen keine ausreichenden Daten vor, um die Verwendung von intramuskulärem oder transdermalem MP zum Schutz des Endometriums bei kombinierter HRT zu unterstützen. 5) Abhängig von der Östrogendosis bei kontinuierlich kombinierter HRT hat sich orales DYD in einer Dosierung von 2,5 bis 20 mg/Tag bis zu einem Jahr als schützend für das Endometrium erwiesen. 6) In Abhängigkeit von der Östrogendosis bei sequenziell kombinierter HRT hat sich orales DYD in einer Dosierung von 2,5 bis 20 mg/Tag bis zu 2 Jahre als schützend für das Endometrium erwiesen.

Kommentar

Da vonseiten der Behörden (z. B. FDA, EMA) für kombinierte HRT-Präparate nur ein histologischer Sicherheitsnachweis von einem Jahr gefordert wird, überrascht es nicht, dass die eingeschlossenen Studien nicht, wie wir es uns wünschen würden, einen Beobachtungszeitraum von über 5 Jahren haben. Die Beurteilung der Endometriumsicherheit verschiedener Gestagene in der S3-Leitlinie „Endometriumkarzinom“ (2022; [1]) beruht also mehrheitlich auf Beobachtungsstudien. Dies ist insbesondere bei den Gestagenen MP und DYD hervorzuheben, da die S3-Leitlinie überhaupt nicht auf die Tatsache eingeht, dass es zu MP 11 RCT und zu DYD 10 RCT mit histologischer Endometriumbeurteilung gibt. Stattdessen wird auf schlechtem Evidenzlevel (LoE 4) basierend auf 2 nichtrandomisierten Kohortenstudien vor der > 5-jährigen kombinierten Therapie mit MP und DYD gewarnt. Von einer S3-Leitlinie wäre zu erwarten, dass nur RCT für die Beurteilung herangezogen werden.