Lernziele

Nach der Lektüre dieses Beitrags …

  • kennen Sie die diagnostischen und operativen Möglichkeiten bei Vorliegen von uterinen anatomischen Malformationen bzw. Polypen und bestehendem Kinderwunsch.

  • können Sie den Stellenwert der Tubendiagnostik und die Bedeutung der tubaren Sterilität einschätzen.

  • wissen Sie, welche Bedeutung Myome für die Implantation haben.

  • kennen Sie die Zusammenhänge zwischen Endometriose und Infertilität.

Einleitung

Aufgrund der sinkenden Zahl universitärer Kliniken für gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin bei gleichzeitig wachsender Privatisierung von Kinderwunschzentren findet eine „klassische“ Ausbildung in der Fertilitätschirurgie einschließlich Weiterbetreuung der Patientin nach Durchführung der operativen Behandlung nur noch an wenigen Zentren im deutschsprachigen Raum statt. Somit kann die zentrale Bedeutung der Fertilitätschirurgie oftmals gar nicht mehr erfasst werden.

Anatomische Malformationen können ebenso wie Polypen oder Myome die Nidation und den weiteren Schwangerschaftsverlauf erschweren. Endometrioseherde beeinflussen in Abhängigkeit von der Lokalisation und Infiltrationstiefe sowohl die Ovarreserve als auch die Fertilität und die Lebensqualität von Kinderwunschpatientinnen. Daher ist die Kenntnis dieser einzelnen Entitäten und der fertilitätschirurgischen Behandlungsoptionen eine wichtige Voraussetzung für eine umfassende Kinderwunschbehandlung.

Angeborene uterine Malformationen und Polypen

Uterine Fehlbildungen bedingt durch Fusionsstörungen der Müller-Gänge oder eine ausbleibende Rückbildung von Uterussepten können bei etwa 3–5 % der Frauen diagnostiziert werden [1], wobei Patientinnen mit rezidivierenden Spontanaborten eine etwa 3‑fach höhere Prävalenz aufweisen [2]. Die Diagnostik umfasst

  • eine ausführliche Anamnese,

  • eine gynäkologische Untersuchung,

  • bildgebende Maßnahmen:

    • 2‑dimensionale/3-dimensionale Sonographie sowie

    • gegebenenfalls Magnetresonanztomographie (MRT) und/oder

  • operative Maßnahmen wie

    • Hysteroskopie (HSK) bzw.

    • Laparoskopie (LSK).

Aufgrund einer erhöhten Assoziation von Uterusanomalien mit genitalen (Vagina, Zervix) sowie Nieren- und Harnleiterfehlbildungen, sollten diese in der weiteren Folge ausgeschlossen werden.

In einer Metaanalyse wurde für den Uterus septus bzw. subseptus eine signifikant geringere Schwangerschaftsrate (SSR) nachgewiesen. Auch war das Risiko von Frühaborten signifikant erhöht [3]. Jedoch konnten andere Studien die niedrigere SSR bei vorliegendem Septum nicht bestätigen [4].

Untersuchungen, ob eine Septumresektion zu einer Verbesserung der SSR beiträgt, zeigten bislang bei meist kleinen Fallzahlen kontroverse Ergebnisse [5, 6, 7]. Eine aktuelle internationale, multizentrische retrospektive Kohortenstudie konnte keinen Nutzen hinsichtlich der SSR nach einer Septumresektion zeigen. Hierbei wurden von 2000 bis 2018 an insgesamt 21 Zentren 257 Patientinnen mit uterinem Septum eingeschlossen. Die Lebendgeburtenrate (LGR) bei Frauen mit Septumresektion betrug 53 % im Vergleich zu 71,1 % ohne operative Intervention [8]. Jedoch müssen diese Daten zurückhaltend interpretiert werden, da verschiedene Klassifikationen Anwendung fanden und eine geringe durchschnittliche Anzahl an Septumresektionen pro Zentrum durchgeführt wurde. Aktuell beruhen die Empfehlungen zu einer Septumresektion auf Daten geringer Evidenz, weshalb prospektive, randomisierte und kontrollierte Studien notwendig sind, um die Relevanz einer Septumresektion bei Patientinnen mit Kinderwunsch zu klären. Dennoch wird sowohl in der der aktuellen S2k-Leitlinie „Diagnostik und Therapie vor einer assistierten reproduktionsmedizinischen Behandlung“ als auch in der S2k-Leitlinie „Diagnostik und Therapie von Frauen mit wiederholten Spontanaborten“ eine Septumresektion empfohlen [9, 10].

Merke

Aktuell beruhen die Empfehlungen zur Septumresektion auf Daten geringer Evidenz, weshalb prospektive, randomisierte und kontrollierte Studien notwendig sind, um die Relevanz bei Patientinnen mit Kinderwunsch zu klären. Dennoch wird eine Resektion in Leitlinien empfohlen.

Polypen können bei 8–12 % der Frauen und etwa 30 % der infertilen Frauen nachgewiesen werden [11, 12]. Aktuell gibt es keine internationale Klassifikation, welche die Größe, Lage und Histologie von Polypen erfasst, dennoch wird der Einfluss von Polypen auf den Spermientransport und die Implantation des Embryos als negativ erachtet. In etwa 27 % der Fälle kann eine spontane Auflösung beobachtet werden [11]. Polypen sind zumeist Zufallsbefunde im gynäkologischen Schallbild (Abb. 1). Diagnostik und Therapie erfolgen mithilfe einer HSK (Abb. 2). Studien zeigten eine verbesserte Implantation und LGR im Falle einer Polypresektion bei Patientinnen unter Insemination oder Verfahren der assistierten Reproduktion („assisted reproductive technology“ [ART]; [11]). Hinsichtlich des Zeitpunkts einer erneuten ART nach Resektion konnte kein signifikanter Unterschied bei Start im anschließenden Zyklus vs. Start nach 3 Monaten gesehen werden [13].

Abb. 1
figure 1

a Nachweis eines intrakavitären Polypen im 2‑dimensionalen Ultraschall. b Uterus subseptus im 3‑dimensionalen Ultraschall

Abb. 2
figure 2

Hysteroskopischer Nachweis eines Polypen sowie einer begleitenden Endometritis

Merke

Studien zeigten eine verbesserte Implantation und LGR im Falle einer Polypresektion bei Patientinnen mit Insemination oder ART.

Ebenso gelingt es mithilfe der HSK, eine akute Endometritis mit pflastersteinartigem Relief des Endometriums nachzuweisen (Abb. 2). Zum Nachweis einer chronischen Endometritis wird eine immunhistologische Untersuchung mit Bestimmung von CD138 als Plasmazellmarker empfohlen [9]. Selten zeigen sich im Rahmen der HSK endometriale Hyperplasien, noch seltener ein Adenokarzinom.

Eileiter und Sterilität

Die tubare Sterilität macht etwa 25–35 % der ungewollten Kinderlosigkeit aus, in etwa der Hälfte der Fälle liegt eine entzündliche Genese vor [14]. Die Tubendiagnostik ist ein wesentlicher Bestandteil der Kinderwunschabklärung, sollte aber erst durchgeführt werden, wenn die nichtinvasive Diagnostik bei Frau und Mann abgeschlossen ist oder wenn aufgrund der Anamnese eine Indikation zur invasiven Abklärung besteht. Neben der LSK mit Chromopertubation werden international zwei bildgebende Verfahren eingesetzt (Tab. 1):

  • Hysterosalpingokontrastsonographie (HKSG)

  • Hysterosalpingographie (HSG)

Tab. 1 Vor- und Nachteile der Methoden der Tubendiagnostik

Die sonographische Tubendarstellung mit Kontrastmittel bietet im Vergleich zur LSK aber überwiegend eine schlechtere Vorhersage der Tubendurchgängigkeit [15]. Auch die Röntgenkontrastuntersuchung (HSG) ist dem Goldstandard der LSK unterlegen. So kann bei etwa zwei Drittel der Patientinnen ein durch HSG diagnostizierter proximaler Tubenverschluss per LSK oder auch bei einer weiteren HSG nicht bestätigt werden [16, 17].

Eine Umgebungsdiagnostik ist nur mithilfe einer LSK möglich. Bei vermeintlicher idiopathischer Sterilität finden sich laparoskopisch in 49–90 % der Patientinnen pathologische Veränderungen im kleinen Becken [18].

Die Tubenchirurgie erfolgt überwiegend laparoskopisch, eine Refertilisierung oder seltene Fälle einer proximaler Tubenchirurgie werden auch per (Mini‑)Laparotomie durchgeführt. Überraschenderweise gibt es keine randomisierten, kontrollierten Studien, in denen die Wirksamkeit der Tubenchirurgie bezüglich der Fertilität untersucht wurde [18].

Bei geringgradigem distalem Tubenschaden und bei Frauen unter 35 Jahren scheint die endoskopische Tubenchirurgie einer ART überlegen zu sein [19]. Die proximale Tubenchirurgie hat dagegen bis auf die Refertilisierung im Vergleich zu einer ART ihre Bedeutung verloren.

Eine Salpingektomie erfolgt heute vorwiegend bei Hydrosalpingen und weitgehend destruierter Tube. Besteht eine Hydrosalpinx, ist die Implantationschance beim Embryotransfer signifikant reduziert, insbesondere wenn die Hydrosalpinx sonographisch nachweisbar ist [20]. Auch eine neue Metaanalyse [21] belegt den Sinn einer Salpingektomie zur Verbesserung der SSR nach ART.

Zum Erfolg einer Refertilisierung liegen nach wie vor keine randomisierten, kontrollierten Studien vor [22]. Grundsätzlich verringert die Refertilisierung im Vergleich zu ART die Mehrlingsrate und ist nicht an einen einzelnen Behandlungszyklus gebunden. Die kumulative SSR nach Refertilisierung schwankte im zitierten systematischen Review in einem Bereich von 42 bis 69 %, ohne Unterschied zwischen offener Mikrochirurgie, LSK und roboterassistierter LSK. Die Inzidenz tubarer Schwangerschaften betrug im Studienkollektiv 4–8 %, wobei in diesem systematischen Review eine große Datenheterogenität auffiel und eine der aufgenommenen Studien sogar eine Rate an Extrauteringraviditäten von 33 % aufwies [22].

Myome

Bei 20–40 % aller Frauen im gebärfähigen Alter treten Myome auf [23]. Je nach Lokalisation erfolgt die Einteilung gemäß der Klassifikation nach International Federation of Gynecology and Obstetrics (FIGO; [24]; Abb. 3). Insbesondere Myome der FIGO-Typen 0–2 können zu einer Abnahme der Fertilität führen. Dementsprechend wird die Entfernung von Myomen in dieser Lokalisation auch gemäß internationalen Leitlinien empfohlen [9, 25]. Die hysteroskopische Myomresektion ist hier das Mittel der Wahl.

Abb. 3
figure 3

Klassifikation der Uterusmyome nach International Federation of Gynecology and Obstetrics (FIGO). (Modifiziert nach [24])

Merke

Die Entfernung von Myomen der FIGO-Typen 0–2 wird gemäß internationalen Leitlinien empfohlen. Die hysteroskopische Myomresektion ist hier das Mittel der Wahl.

Eine Metaanalyse zeigte eine signifikant verminderte LGR nach ART bei intramuralen Myomen ohne submukösen Anteil [26]. Eine Cochrane-Analyse wies hingegen keine eindeutige Verbesserung der SSR nach Myomresektion auf [27]. Ebenso konnte kein Unterschied hinsichtlich der operativen Methode (LSK vs. Minilaparotomie vs. Laparotomie) festgestellt werden. Eine zusätzliche Aufklärung bezüglich des erhöhten Risikos einer Zelldissemination bei möglicher Malignität und Morcellement im Rahmen einer LSK sollte erfolgen. Eine Operationsindikation wurde je nach Studiendesign bei einem Myomdurchmesser von 3 bis 4 cm gestellt. Andere Studien konnten bei mindestens 3 cm großen intramuralen Myomen einen Einfluss auf die SSR nach ART nachweisen [28, 29].

Nach einer Myomenukleation wird eine Wartezeit zwischen 4 und 6 Monaten bis zum Schwangerschaftseintritt empfohlen. Vor allem bei Cavumeröffnung bzw. bei ausgedehnten invasiven Eingriffen am Myometrium geht man in der nachfolgenden Schwangerschaft von einem erhöhten Uterusrupturrisiko intrapartal aus. Die Lokalisation der Myome ist ebenso wie die Anzahl der Myome und Art der Entfernung in die Entscheidung bezüglich einer möglichen Sectioindikation einzubeziehen. Daher ist es unerlässlich, den empfohlenen Geburtsmodus bereits im Operationsbericht anzugeben und auch mit der Patientin zu besprechen.

Cave

Es ist unerlässlich, den empfohlenen Geburtsmodus bereits im Operationsbericht anzugeben und auch mit der Patientin zu besprechen.

Endometriose

Die Prävalenz der Endometriose ist bei Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch mit bis zu 50 % deutlich höher als in der weiblichen Allgemeinbevölkerung [30]. Infertile Frauen sollten daher gezielt nach Dysmenorrhö, Dyspareunie, Dyschezie und Dysurie befragt werden. Bei auffälliger Anamnese soll die Indikation zur LSK großzügig gestellt werden, da weder Ultraschall noch MRT einen sicheren Ausschluss der Endometriose ermöglichen [9]. Zeigen sich intraoperativ peritoneale Endometrioseherde, einem Stadium I oder II nach revidierter Klassifikation der American Society for Reproductive Medicine (rASRM) entsprechend, sollen diese entfernt werden, da dies die SSR und LGR steigert [31]. Zwischen Exzision und Koagulation der Herde konnte weder im Hinblick auf die Fertilität noch auf die Schmerzsymptomatik ein Unterschied gezeigt werden [31].

Merke

Zeigen sich in der LSK peritoneale Endometrioseherde (rASRM-Stadium I oder II), sollen diese entfernt werden, da dies die SSR und LGR steigert.

Besteht hingegen präoperativ der Verdacht auf tief infiltrierende Endometriose (TIE), sollten mittels Sonographie und/oder MRT Hinweise auf das gleichzeitige Vorliegen einer Adenomyose gesucht werden. Patientinnen mit TIE und zusätzlicher Adenomyose weisen eine reduzierte SSR auf und scheinen im Hinblick auf die Fertilität nicht von einer operativen Therapie der TIE zu profitieren. Zugleich ist die Exzision einer TIE mit einer erhöhten Komplikationsrate assoziiert [32]. Daher sollte die Therapiewahl von den Symptomen der Patientin abhängig gemacht werden.

Komplex kann sich die Therapieentscheidung bei Endometriomen gestalten. Es gibt Hinweise darauf, dass das Vorliegen von Endometriomen per se mit einem erniedrigten Anti-Müller-Hormon (AMH) als Marker für die Ovarreserve einhergeht [33, 34]. Die operative Entfernung von Endometriomen scheint die Schwangerschaftschancen bei Spontankonzeption zu steigern [35]. Allerdings führen jegliche operative Maßnahmen zu einer (weiteren) Abnahme der ovariellen Reserve. Besonders stark sinkt das AMH nach Exzision bilateraler und großer Endometriome [33, 34]. Sodass hier auch bei Frauen, bei denen noch kein aktueller Kinderwunsch besteht, fertilitätsprotektive Maßnahmen in Betracht gezogen werden sollten. Bei geplanter ART ist eine routinemäßige operative Entfernung von Endometriomen nicht indiziert, da dies nicht zu einer Verbesserung der SSR und LGR führt [36]. Wird bei bestehendem Endometriom eine Follikelpunktion durchgeführt, ist zwar das Infektionsrisiko leicht erhöht, liegt aber unter 1 % [37]. Eine individuelle Indikation für die Operation eines Endometrioms vor ART kann die bessere Zugänglichkeit des Ovars für die Follikelpunktion darstellen [9].

Zusammenfassend muss über die Therapie von Endometriomen bei Infertilität individuell entschieden werden, wobei die vorbestehende ovarielle Reserve in der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen ist. Faktoren, die für eine operative Entfernung des Endometrioms oder für die primäre Durchführung reproduktionsmedizinischer Maßnahmen sprechen, sind in Tab. 2 aufgelistet.

Tab. 2 Kriterien für die Therapieentscheidung bei Endometriom und Kinderwunsch. (Modifiziert nach [39])

Bei Patientinnen mit Rezidiv einer fortgeschrittenen Endometriose (rASRM-Stadium III–IV) ist die Durchführung einer ART einer erneuten Operation hinsichtlich der SSR überlegen [38]. In diesem Fall soll die Indikation zu einer erneuten Operation zurückhaltend gestellt werden, insbesondere bei ovarieller Endometriose.

Merke

Bei Patientinnen mit Rezidiv einer fortgeschrittenen Endometriose (rASRM-Stadium III–IV) soll die Indikation zu einer erneuten Operation zurückhaltend gestellt werden.

Fazit für die Praxis

  • Jede ärztliche Maßnahme, sei es mit Verfahren der assistierten Reproduktion (ART) oder Fertilitätschirurgie, braucht eine klare Indikation. Bis auf die Refertilisierung umfasst die Fertilitätschirurgie heute überwiegend hysteroskopische und laparoskopische Techniken.

  • Domäne der hysteroskopischen Chirurgie sind Entzündungen, Polypen, Fehlbildungen und submuköse Myome. Der Nutzen der hysteroskopischen Septumdissektion ist nicht eindeutig belegt.

  • Die Tubenchirurgie hat eindeutig einen hohen Stellenwert und kann nicht durch eine ART ersetzt werden, vielmehr ergänzen sich Tubenchirurgie und ART und sind keine konkurrierenden Behandlungsoptionen. Eine laparoskopische Tubendiagnostik ist rein bildgebenden Verfahren überlegen, wobei der Erfolg der distalen Tubenchirurgie wesentlich vom Grad der tubaren Schädigung abhängt.

  • Die operative Entfernung von Myomen hängt von der klinischen Symptomatik, Größe und vor allem Lokalisation ab. Die Therapieentscheidung sollte ebenso wie im Falle von Endometriomen individuell und an den Einzelfall adaptiert erfolgen.