Das Thromboserisiko einer Frau steigt im Laufe ihres Lebens signifikant an [38]. Während eine 18-jährige Frau ohne erworbene oder angeborene/hereditäre Thrombophilie (TP) ein geringes Risiko aufweist, steigt dieses bei einer über 70-Jährigen auf 1:100 [5]. Venöse Thrombosen einschließlich Lungenembolie (LE) und Apoplex stellen ein multifaktorielles Geschehen dar, das nicht allein aufgrund von erworbenen oder angeborenen/hereditären TP auftritt [3, 24, 33]. Neben dem Alter spielen unter anderem auch folgende Faktoren eine zentrale Rolle [38]:

  • Geschlecht

  • Body-Mass-Index

  • Rauchen

  • Immobilisation

  • Schwangerschaft und Wochenbett

  • Traumata und Verletzungen

Nach sorgfältiger Datenanalyse insbesondere der Women’s Health Initiative (WHI) steigt der Anteil der (peri-)menopausalen Frauen, die sich für eine Hormonersatztherapie („hormone replacement therapy“ [HRT]) entscheiden, wieder an. Sowohl Östrogene als auch Gestagene haben nachweisliche Effekte auf das Gerinnungssystem [38]. Zu den schwerwiegendsten Nebenwirkungen einer HRT zählen thromboembolische Ereignisse (venöse Thromboembolien [VTE]), da sie gravierende Einflüsse auf die Morbidität und Mortalität der älteren Patientin haben [38].

Tiefe Venenthrombosen (TVT) mit oder ohne Auftreten einer LE unter HRT sind genauso wie TVT im Bereich der oberen Extremitäten bzw. im Abdomen/Becken sowie Sinusvenenthrombosen äußerst selten und treten vermehrt bei Frauen auf, die zusätzlich weitere Risikofaktoren aufweisen [38]. Daher muss bei der Beratung von Frauen mit klimakterischen Beschwerden und dem Vorliegen einer TP bzw. weiterer gerinnungsrelevanter Risikofaktoren eine sorgfältige Abwägung von Nutzen und Risiken einer HRT erfolgen. Während eine transdermale Östradiolgabe als „gerinnungsphysiologisch neutral“ eingestuft wird, führt die orale Gabe von Östrogenen zu einer deutlichen Erhöhung zahlreicher Gerinnungsfaktoren [38]. Ebenso gibt es Hinweise, dass Tamoxifen und Raloxifen das hämostaseologische Gleichgewicht hinsichtlich einer prokoagulatorischen Neigung erhöhen [9]. Orale Gestagenmonopräparate scheinen ebenso wie transdermale Östrogene das Thromboserisiko nicht zu erhöhen und vermindern gleichzeitig die Inzidenz eines neu auftretenden Diabetes bei gemeinsamer Anwendung mit einem transdermalen Östrogen [28].

Derzeit beinhaltet die Abklärung von (rezidivierenden) Aborten bzw. eines Implantationsversagens im Rahmen einer assistierten Reproduktionsbehandlung häufig eine gerinnungsphysiologische Analyse. Gleiches gilt auch für die Abklärung des Thromboserisikos vor Beginn einer oralen Kontrazeption bei jungen Frauen ohne Risikofaktor (auf Wunsch der Patientin). Hierdurch steigt die Zahl der Frauen mit einer nachgewiesenen hereditären oder erworbenen TP stetig an. Auch wenn keine thromboembolischen Ereignisse auftreten, haben diese Frauen doch ein lebenslang erhöhtes Risiko im Sinne einer prothrombotischen Neigung.

Orale Gestagenmonopräparate und transdermale Östrogene scheinen das Thromboserisiko nicht zu erhöhen

Problematisch bei dieser mittlerweile großzügigen Abklärung ist allerdings, dass es keinerlei Daten gibt, inwieweit schwächere thrombophile Faktoren, wie auch eine heterozygote Faktor-V-Leiden(FVL)-Mutation, ein klinisch relevantes Thromboserisiko bedeuten. Man muss sich stets vergegenwärtigen, dass die Abschätzung des relativen Risikos auf Kollektiven beruht, die bereits eine Thrombose erlitten haben. Die meisten Frauen mit beispielsweise einer heterozygoten FVL-Mutation werden aber in ihrem Leben weder eine Thrombose erleiden noch an einer thromboembolischen Komplikation versterben (>99 %).

Ziel unserer Übersichtsarbeit ist es, wichtige Inhalte zu hereditären und erworbenen TP sowie zu den gerinnungsphysiologischen Effekten von weiblichen Sexualsteroiden zusammenzustellen. Darüber hinaus sollen Handlungsempfehlungen zur HRT bei Patientinnen mit hereditären und erworbenen TP gegeben werden.

Hereditäre und erworbene Thrombophilien

In der europäischen Bevölkerung treten VTE mit einer Inzidenz von 1:1000 pro Jahr auf [32]. Der wichtigste Risikofaktor für venöse Thrombosen und LE ist dabei das Alter eines Menschen selbst. So beträgt die jährliche Inzidenz bei Kindern lediglich 1:100.000 und steigt mit zunehmendem Lebensalter exponentiell auf 1:100 bei über 70-Jährigen an [5].

Zu diesem „natürlichen“ Grundrisiko addieren sich erworbene und hereditäre thrombophile Risikofaktoren, die häufig als „Auslöser“ eines thrombotischen Ereignisses angesehen werden. Klassische erworbene Risikofaktoren sind der Nikotinabusus und eine Schwangerschaft, welche die Wahrscheinlichkeit etwa um das 4‑ bzw. 10-fache erhöhen. Weitere erworbene Risiken stellen eine Reihe chronischer Begleiterkrankungen wie Herz- oder Niereninsuffizienz sowie maligne Tumorerkrankungen oder Exsikkose dar.

Antiphospholipidantikörpersyndrom

Eine Sonderrolle unter den erworbenen TP nimmt das Antiphospholipidantikörpersyndrom (APS) ein, welches neben venösen Ereignissen auch zu arteriellen Thrombosen und Embolien sowie Aborten und Totgeburten führen kann. Das APS wird anhand der revidierten Sapporo-Kriterien definiert und umfasst hämostaseologische, geburtshilfliche und laborchemische Kriterien [27]. Die Inzidenz liegt bei etwa 5 neuen Fällen pro 100.000 Personen und Jahr und die Prävalenz bei 20–50 Fällen pro 100.000 Personen [4]. Etwa 85 % der Patienten mit APS sind 15–50 Jahre alt.

Das primäre APS unterscheidet sich vom sekundären dadurch, dass beim letztgenannten noch weitere Autoimmunerkrankungen vorliegen. Anticardiolipin(ACL)-Antikörper werden am häufigsten bei Patienten mit APS detektiert. Sind die drei wesentlichen APL-Antikörper positiv (ACL-Immunglobulin G [IgG], ACL-Immunglobulin M [IgM], β2-Glykoprotein-IgG, β2-Glykoprotein-IgM und Lupusantikoagulans), liegt ein „tripelpositives“ APS mit einem hohen Risiko von thromboembolischen oder geburtshilflichen Komplikationen vor [1, 29, 36].

APC-Resistenz/Faktor-V-Leiden-Mutation

Die häufigste Ursache einer angeborenen TP ist die Resistenz gegenüber aktiviertem Protein C (APC) bzw. die FVL-Mutation, die etwa jeder Zwanzigste in der Normalbevölkerung Mitteleuropas in sich trägt [17]. Eine Punktmutation im Faktor-V-Gen verhindert eine suffiziente Protein-C-vermittelte Inaktivierung von aktiviertem Faktor V. Dies führt im heterozygoten Zustand zu einer 3‑ bis 5‑fach, im homozygoten Zustand zu einer 50- bis 80-fach erhöhten Thromboseneigung [12].

Prothrombinmutation

An zweiter Stelle unter den familiären Thromboseneigungen steht die Prothrombin(PT)-Mutation, die durch eine Punktmutation (G20210A) zu einem erhöhten PT-Spiegel im Serum sowie zu einer erhöhten Thrombinaktivität führt [30]. Das Thromboserisiko erhöht sich bei heterozygoten Merkmalsträgern um das 3‑Fache.

Mangel an Inhibitoren der plasmatischen Gerinnung

Darüber hinaus gehören Mangelzustände der Inhibitoren der plasmatischen Gerinnung zu den klassischen Ursachen einer hereditären Thrombophilie. Ein Mangel an Antithrombin ist dabei mit einem etwa 10-fach erhöhten Risiko für thromboembolische Ereignisse assoziiert, ein Protein-C- oder Protein-S-Mangel mit einem 5‑ bis 10-fachen Risiko [17]. Heterozygote Mangelzustände der genannten Inhibitoren sind in der Normalbevölkerung relativ selten (0,2–0,5 %), eine homozygote Ausprägung wirkt sich meist im frühen Kindesalter oder bereits pränatal letal aus.

Erhöhung prokoagulatorischer Faktoren

Weitere hereditäre Risikofaktoren für thromboembolische Ereignisse stellen erhöhte Plasmaspiegel von prokoagulatorischen Faktoren dar (Fibrinogen, Faktor V, VIII, IX, X und XI). Die größte Bedeutung wird dabei der Faktor-VIII-Erhöhung beigemessen, die mit einer Prävalenz von 10 % in der Normalbevölkerung eine häufige Veränderung darstellt. Ab einem Plasmaspiegel über 150 IU/dl wird das Thromboserisiko als bis zu 5‑fach erhöht angenommen [19].

Ein generelles TP-Screening bei Fehlen einer positiven Eigen- und/oder Familienanamnese wird aktuell als unsinnig angesehen.

Hämostaseologische Effekte einer Hormonersatztherapie

Eine HRT kann oral, transdermal, vaginal, intramuskulär oder nasal erfolgen, wobei eine Östrogenmonotherapie (beispielsweise nach einer Hysterektomie), Gestagene oder auch Tamoxifen bzw. Tibolon eingesetzt werden. Zu den häufigen HRT gehört die Therapie mit konjugierten equinen Östrogenen sowie mikronisiertem Östradiol.

Relevante Steroidhormone mit Steigerung des Thromboserisikos sind die Östrogene

Die relevanten Steroidhormone, die das Thromboserisiko signifikant steigern, sind in der gynäkologisch-endokrinologischen Therapie die Östrogene. Dies gilt sowohl für die orale Applikation von Östradiol, Östradiolvalerat und equinen Östrogenen als auch für jedwede Anwendung – oral, transdermal, vaginal – von Ethinylöstradiol. Im Vergleich zu den verfügbaren und regulär genutzten Kontrazeptiva beträgt jedoch die Östrogenpotenz der Präparate, die klinisch für die HRT verwendet werden, nur rund ein Sechstel und ist damit wesentlich geringer (1,25 mg konjugierte equine Östrogene entsprechen hierbei etwa 50 µg Ethinylöstradiol; [16]). Solange ein Gestagen oral oder parenteral – in Form eines Implantats oder levonorgestrelfreisetzenden Intrauterinpessars – als Monosubstanz appliziert wird, besteht das Risiko in aller Regel nicht. Ausnahmen bilden die Gabe von Norethisteronacetat (NETA) sowie die Applikation hoch dosierter Medroxyprogesteronacetat(MPA)-Präparate wie der sogenannten 3‑Monats-Spritze.

Hormontherapie in der Peri- und Postmenopause

Unter einer Hormontherapie besteht bei Gabe eines oralen Östrogens ein erhöhtes Risiko für VTE [39]. Neben den klinischen Ereignissen fand sich in einigen Studien zudem eine vermehrte Thrombinbildung bzw. Erhöhung der APC-Resistenz, eine Erhöhung des D‑Dimers und eine Verminderung von Antithrombin unter HRT ([2, 9, 15]; Tab. 1).

Tab. 1 Effekte einer Hormontherapie auf die Gerinnung und Fibrinolyse. (Modifiziert nach [38])

Eine transdermale Östradioltherapie beeinflusst das Thrombose- und Embolierisiko vermutlich nicht

Bei der Gabe oraler Östrogene in der Peri- und Postmenopause ist das Risiko einer Thrombose oder Embolie etwa 2‑fach erhöht [26], eine aktuelle Metaanalyse beschreibt ein 1,6-fach erhöhtes Risiko (adjustierte Odds Ratio 1,58; 95 %-Konfidenzintervall 1,52–1,64; [39]). Das Risiko ist in den ersten 6–12 Monaten signifikant höher als in den darauf folgenden Monaten und Jahren. Laut der genannten Metaanalysen wird initial von einer etwa 4‑ bis 6‑fachen Erhöhung ausgegangen [26]. Dies ist analog zum Verlauf des Risikos bei kombinierten Kontrazeptiva mit Ethinylöstradiol zu sehen. Auch die WHI zeigte im Jahr 2002 einen vergleichbaren Verlauf (Abb. 1; [34]).

Abb. 1
figure 1

Risikoverlauf für eine Thrombose oder Embolie bei Gabe von kombinierten Kontrazeptiva mit Ethinylöstradiol nach der Women’s Health Initiative (WHI) von 2002. HT Hormontherapie. (Adaptiert nach [34])

Anders sieht das Risiko unter transdermaler Östrogenisierung aus. Nach heutigem Wissen kann man davon ausgehen, dass bei transdermaler Östrogenisierung in jedem Fall das Thromboserisiko signifikant unter dem einer oralen Östrogenisierung liegt. Aufgrund der Studiendaten kann ferner angenommen werden, dass gegenüber Nichtanwenderinnen das Thromboserisiko bei transdermaler Östrogenisierung nicht erhöht ist ([39]; Tab. 2).

Tab. 2 Vergleich verschiedener Formen der Hormontherapie bezüglich des Thromboserisikos. (Nach [39])

Insofern kann man aufgrund der aktuellen Datenlage davon ausgehen, dass eine transdermale Östradioltherapie das Thrombose- und Embolierisiko nicht beeinflusst. Eine orale Östrogengabe – unabhängig davon, ob es sich um Östradiol, Östradiolvalerat, Ethinylöstradiol oder equine Östrogene handelt – erhöht das Thromboserisiko. Strittig und bis heute nicht beantwortet ist die Frage, ob Ethinylöstradiol ein höheres Risiko birgt als Östradiol und Östradiolvalerat. Bis zum Beweis des Gegenteils sollte man von einem vergleichbar erhöhten Risiko ausgehen.

Orale Gestagenmonopräparate

Werden orale Gestagene ohne ein Östrogen eingesetzt, kann man aufgrund der aktuellen Datenlage davon ausgehen, dass in aller Regel kein erhöhtes Thromboserisiko vorliegt. Dies gilt für ([7, 8, 20, 22, 23]; Tab. 3)

  • Chlormadinonacetat,

  • Cyproteronacetat,

  • Desogestrel,

  • Dienogest,

  • Dydrogesteron,

  • Progesteron und

  • MPA.

Für NETA allerdings muss man zumindest ein theoretisch erhöhtes Risiko annehmen. Bei der Gabe von 10 bis 20 mg NETA pro Tag muss mit einer Verstoffwechselung zu 20–30 µg Ethinylöstradiol ausgegangen werden.

Tab. 3 Relatives und absolutes Risiko einer Thrombose bei Frauen ohne Anwendung kombinierter Kontrazeptiva, bei Anwendung kombinierter Kontrazeptiva mit verschiedenen Gestagenen und in der Schwangerschaft bzw. postpartal. (Daten nach [25])

Einfluss der Hormonersatztherapie auf das Risiko venöser thromboembolischer Ereignisse

Patienten mit hereditärer Thrombophilie

Ausgehend von einem erhöhten VTE-Risiko unter der Einnahme hormoneller Kontrazeptiva bei hereditärer TP kann ein ebenso erhöhtes VTE-Risiko unter HRT vermutet werden. Die Datenlage hierzu ist jedoch limitiert. Des Weiteren ist in den aktuell vorliegenden Studien die relativ geringe Anzahl an Patientinnen mit FVL- und PT-Mutationen eine wesentliche Einschränkung. Weitere Risikofaktoren für VTE wie Protein-C/S- und Antithrombinmangel, die auch mit FVL- und PT-Mutationen assoziiert sein können, werden in den meisten Analysen nicht erfasst. Die Ergebnisse der wenigen Studien bei Patientinnen mit einer FVL-Mutation sind vergleichbar (Tab. 4):

Tab. 4 Einfluss einer hereditären Thrombophilie (Faktor-V-Leiden-Mutation) auf das Risiko venöser Thromboembolien unter Hormonersatztherapie. (Modifiziert nach [13])

In den vorliegenden Studien ist die Zahl der Patientinnen mit FVL- und PT-Mutationen relativ gering

In einer Fall-Kontroll-Studie von Lowe et al. [21] zeigte sich bei Patientinnen im Alter von 45 bis 64 Jahren mit HRT und einer APC-Resistenz ein 13-fach erhöhtes VTE-Risiko im Vergleich zu Frauen entweder ohne FVL-Mutation oder ohne HRT (Odds Ratio [OR] 13,27; [21]).

In einer weitergehenden Studie derselben Arbeitsgruppe wurde das VTE-Risiko bei 77 Patientinnen mit FVL- oder PT-Mutation unter HRT analysiert [33]. Trägerinnen einer FVL-Mutation hatten unter HRT ein 15-fach erhöhtes VTE-Risiko (OR 15,5). Über die Frauen mit einer PT-Mutation und HRT konnte aufgrund der sehr geringen Fallzahl keine Aussage getroffen werden.

In einer gepoolten Analyse von Daten aus 2 randomisierten HRT-Studien wurde eine Subanalyse zum Zusammenhang zwischen HRT, FVL-Mutation und VTE bei Frauen mit koronarer Herzkrankheit durchgeführt. Für Frauen mit einer bekannten FVL-Mutation unter HRT ermittelten die Autoren eine VTE-Inzidenz von 15,4 pro 1000 Frauen und Jahr verglichen mit 2,0 pro 1000 Frauen und Jahr ohne Mutation unter Placeboeinnahme [18].

Eine Subanalyse der doppelblind randomisierten, placebokontrollierten WHI-Studie mit n = 16.608 Frauen zeigte eine Verdoppelung des VTE-Risikos unter HRT [11]. Zusätzliche Risikofaktoren wie Alter, Übergewicht und das Vorliegen einer FVL-Mutation führten zu einer weiteren Risikoerhöhung (2,6-fach bei heterozygoten und 7,5-fach bei homozygoten Patientinnen). Andere TP wie eine PT-, Methylentetrahydrofolatreduktase- oder Faktor-XIII-Mutation hatten keinen signifikanten Einfluss auf die Assoziation zwischen HRT und VTE. Das erhöhte VTE-Risiko unter HRT korrelierte mit dem Alter des Patientinnenkollektivs (OR 7,46 bei Frauen zwischen 70 und 79 Jahren, OR 4,28 bei Frauen zwischen 60 und 69 Jahren; [11]). Somit lässt sich die Hypothese aufstellen, dass eine FVL-Mutation einen vergleichbaren Einfluss auf das VTE-Risiko wie eine HRT hat. Hierfür sprechen eine 2‑ bis 4‑fache Erhöhung des VTE-Risikos bei Frauen mit bekannter FVL-Mutation und eine mehr als additive Steigerung des Risikos bei gemeinsamem Vorliegen beider Faktoren (FVL und HRT; OR 6,7–15,3).

In einer prospektiven Fall-Kontroll-Studie wurden postmenopausale Frauen untersucht, bei denen der Verdacht auf eine VTE bestand. Das Risiko für eine VTE war bei Frauen mit einer Östrogen-Gestagen-HRT und Vorliegen einer FVL-Mutation etwa 17-fach gegenüber Frauen ohne HRT und ohne FVL-Mutation erhöht (OR 17,1). Bei Frauen unter reiner Östrogentherapie und FVL-Mutation konnte kein statistisch signifikanter Unterschied gegenüber Nichtanwenderinnen einer HRT festgestellt werden [14].

Die Applikationsweise des Östrogens wurde bei postmenopausalen Frauen mit FVL- und PT-Mutation untersucht [37]: Unter oraler Östrogengabe war das VTE-Risiko beim Vorliegen einer dieser beiden Mutationen 25-fach gegenüber Nichtanwenderinnen ohne Mutation erhöht. Frauen mit TP zeigten bei Anwendung eines transdermalen Östrogens ein vergleichbares VTE-Risiko wie dasselbe Kollektiv ohne Östrogenanwendung (OR 4,4 bzw. OR 4,1).

Frauen mit einer PT-Mutation entwickelten unter HRT signifikant mehr Myokardinfarkte, insbesondere bei vorbestehender arterieller Hypertonie. In dieser Situation war – allerdings bei sehr geringen Fallzahlen – das Risiko für einen Myokardinfarkt gegenüber Frauen ohne HRT und ohne PT-Mutation 11-fach erhöht. Dieser Zusammenhang wurde für Frauen mit einer FVL-Mutation in derselben Studie nicht gezeigt [31].

Patienten mit erworbener Thrombophilie

Nur sehr wenige Studien haben sich mit dem Risiko einer VTE unter HRT bei Vorliegen erworbener TP beschäftigt (Tab. 5). Die limitierten Daten zeigten kein erhöhtes Risiko bei Vorliegen einer Hyperhomocysteinämie, eines APS oder eines erhöhten Faktor XI. In Abhängigkeit vom Grad der Erhöhung der Faktor-VIII-Konzentration wurde jedoch ein 2‑ bis 17-fach erhöhtes VTE-Risiko unter HRT im Vergleich zu Nichtanwenderinnen ohne erhöhten Faktor VIII beschrieben [10, 13].

Tab. 5 Thrombophilie und Risiko venöser Thromboembolien [35]

Die Datenlage zum VTE-Risiko bei Vorliegen eines APS und HRT-Anwendung sind limitiert. Stellvertretend können die Daten aus der SELENA-Studie herangezogen werden, in welcher der Krankheitsverlauf eines systemischen Lupus erythematodes bei HRT untersucht wurde [6]. Unter einer HRT traten milde bis mäßige Schübe im Vergleich zur Placebogruppe ohne HRT signifikant gehäuft auf (relatives Risiko 1,34), jedoch war das Risiko eines schweren Schubs über 12 Monate nicht signifikant erhöht. In der HRT-Gruppe traten 2 Fälle einer TVT sowie eine Shuntthrombose auf, in der Placebogruppe erlitt nur ein Patient eine TVT.

Diese Ergebnisse sollten allerdings nicht auf Patientinnen mit einem hohen Titer an Anticardiolipinantikörpern, positivem Lupusantikoagulans oder im Zustand nach Thrombose und mit Vorliegen eines APS übertragen werden.

Fazit für die Praxis

  • Frauen mit einer Faktor-V-Leiden(FVL)-Mutation haben bei Anwendung einer HRT ein 7‑ bis 15-fach erhöhtes VTE-Risiko im Vergleich zu Nichtanwenderinnen ohne FVL-Mutation, sodass eine transdermale Anwendung bevorzugt werden sollte.

  • Bei Vorliegen einer PT-Mutation ist die Datenlage insgesamt beschränkt, dennoch kann auch hier eine transdermale Gabe erwogen werden. Dies gilt auch für erworbene Thrombophilien wie Hyperhomocysteinämie oder eine Faktor-VIII/XI-Erhöhung.

  • Bei Indikation einer HRT und bekannter Thrombophilie sollte nach einer Risikoaufklärung über VTE eine transdermale Applikation des Östrogens erfolgen. Insbesondere bei Vorliegen von Antiphospholipidantikörpern ist von einer oralen HRT abzuraten.

  • Nach stattgehabter Thrombose und bekannter Thrombophilie sollte die Indikation zur HRT mit einem transdermalen Östrogen und einem oral verabreichten Gestagen streng gestellt werden und so kurz wie möglich erfolgen.

  • Klinische Studien zum VTE-Risiko bei transdermaler Östrogengabe bei bekannter Thrombophilie und bei erworbenen Thrombophilien sind wünschenswert.