Einleitung

Die moderne medizinische Ausbildung muss nicht nur fachspezifisches Wissen vermitteln, sondern auch interprofessionelle Zusammenarbeit fördern, insbesondere in Notfallsituationen. Studien zeigen, dass Kommunikationsfehler bei Patientenübergaben zu unerwünschten Ereignissen führen [1]. In der pädiatrischen Notfallmedizin, auf pädiatrischen und neonatologischen Intensivstationen, zur postoperativen Übergabe und im Stationsalltag von Kinderkliniken allgemein ist das SBAR-Kommunikationsmodell zur interprofessionellen Übergabe („situation – background – assessment – recommendation“) weit verbreitet und etabliert [2,3,4,5,6]. Durch die Anwendung solcher Kommunikationsmodelle können in Krankenhäusern die Kommunikation und Teamarbeit gefördert, Fehler deutlich reduziert und damit die Patientensicherheit verbessert werden [6]. In den Curricula der medizinischen Ausbildung sind solche Kommunikationsmodelle bislang hingegen kaum implementiert. An der medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen wurde im Wintersemester 2022/2023 daher erstmals der Kurs „Interprofessionelle Übergabe“ im Blockpraktikum Kinderheilkunde implementiert, bei dem die Studierenden das SBAR-Modell auch zum Üben von Übergaben im Rettungsdienst trainieren. In dieser prospektiven Lehr‑/Lernstudie soll untersucht werden, ob ein rein tutorbasierter Unterricht im Kommunikationstraining von Notfallsituationen signifikante Unterschiede zu einem videobasierten Unterricht aufweist.

Methodik

In dieser prospektiven Lehr‑/Lernstudie wird der Effekt einer videobasierten Lehreinheit mit einem inhaltsgleichen peer-teaching-basierten Unterricht verglichen. Die Studie wurde im Wintersemester 2022/2023 und im Sommersemester 2023 an der medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen durchgeführt. Als Grundlage des Kurses diente der Artikel „Was müssen die anderen wissen?“ von Büscher et al. 2019 aus dem Buch „Ärztliche Kommunikation. Praxisbuch zum Masterplan zum Medizinstudium 2020“ [7]. Die Basis der korrekten und fehlerfreien interprofessionellen Übergabe bildete das SBAR-Kommunikationsmodell (Tab. 1).

Insgesamt haben 318 Studierende an der Studie teilgenommen, die in eine Videogruppe (n = 158) und eine Tutorengruppe (n = 160) randomisiert wurden. Zu Beginn des Blockpraktikums erfolgten im Rahmen einer ca. 25-minütigen Einführungsveranstaltung für alle Teilnehmer die Aufklärung zum Studienablauf und die Vorstellung des SBAR-Kommunikationsmodells (Abb. 1) und die Studierenden gaben ihr schriftliches Einverständnis. Die Videogruppe schaute ein eigens dafür produziertes Lehrvideo zur „interprofessionellen Übergabe“ (https://cloud.uk-essen.de/f/201a0f6afb4143afb27a/). Die Tutorengruppe wurde parallel dazu anhand einer inhaltsgleichen PowerPoint-Präsentation durch einen dafür ausgebildeten Peer-Tutor unterrichtet. Video und Tutorpräsentation dauerten beide ungefähr 15 min. Direkt im Anschluss an den ersten Teil des Kurses und das Erlernen des Kommunikationsmodells (Tab. 1) absolvierten die Studierenden eine Probe-OSCE („objective structured clinical examination“), wobei als Setting die Übergabe eines Kindes mit Pneumonie durch den gerufenen Rettungsdienst an die weiterbehandelnde Klinik gewählt wurde (Tab. 2). Die Studierenden übernahmen dabei einzeln die Rolle eines Notarztes, der eine interprofessionelle Übergabe an das weiterbehandelnde Team in der Klinik durchführt. Die Übergabe sollte strukturiert anhand des SBAR-Kommunikationsmodells durchgeführt werden und die Prüfung dauerte jeweils 6 min. Abweichend vom ursprünglichen SBAR-Modell wurde in dem gewählten Setting auf den letzten Punkt „R – recommendation“ aus Zeitgründen und aufgrund der Übergabesituation in der Notaufnahme einer Kinderklinik verzichtet. Ein erfahrener pädiatrischer Dozent, der in Bezug auf die Gruppenzugehörigkeit verblindet war, nahm die Prüfung anhand einer Checkliste ab (siehe Online-Zusatzmaterial). Die OSCE-Station wurde speziell für diesen Kurs erstellt und die Checkliste konnte im Vorfeld daher nicht durch eine größere Kohorte validiert werden. Den Studierenden wurde vorab mitgeteilt, dass die Teilnahme an der Probe-OSCE freiwillig erfolgt und das Ergebnis nicht notenrelevant ist. Der Kurs „Interprofessionelle Übergabe“ dauerte mit Vorbesprechung und Vorstellung des Kommunikationsmodells, Einverständniserklärung, Randomisierung, video-/tutorbasiertem Unterricht und der OSCE-Prüfung insgesamt jeweils etwa 60 min pro Gruppe. Am Ende des Semesters fand nach zwei bis zehn Wochen die abschließende OSCE-Prüfung als Teil eines Parcours mit jeweils drei Stationen Pädiatrie, Allgemeinmedizin, Gynäkologie und Chirurgie im Rahmen der Semesterabschlussprüfung für alle Studierenden beider Gruppen statt. Diese OSCE-Prüfung war inhaltsgleich zur Probe-OSCE, dauerte ebenfalls 6 min und ging in die Semesternote der Studierenden ein. Eine OSCE-Station gilt an der Essener Fakultät als bestanden, wenn 60 % der maximalen Punktzahl erreicht wurden. Zur Einordnung der individuellen Prüfungsleistungen der Studierenden wurde bei der OSCE-Prüfung zusätzlich am Semesterende ein Global Rating Score analog einer für diese Prüfungsform angelegten Borderline-Regressionsanalyse nach Homer und Pell verwendet [8, 9]. Unabhängig von der erreichten Punktzahl wird so noch einmal der Gesamteindruck der Prüfungsleistung in fünf Punkte unterteilt: „exzellent, sehr gut, klar bestanden, borderline und sicher nicht bestanden“ (Abb. 2a). Ferner geben die Simulationspatienten, in diesem Fall der die Übergabe des Patienten annehmende Mitarbeiter in der Notaufnahme, eine grobe Einschätzung am Prüfungsende: „Würden Sie diesen Arzt wieder aufsuchen, Ja – Nein?“. Diese Aussage ist rein subjektiv und nicht notenrelevant. Zwischen der initialen Kursdurchführung und der OSCE-Prüfung zum Semesterende stand den Studierenden das Lehrvideo über den Moodle-Kursraum unbegrenzt zur Verfügung, allerdings hat sich gezeigt, dass in dieser Zeit das Video nur 21-mal von 8 unterschiedlichen IP-Adressen heruntergeladen wurde.

Abb. 1
figure 1

Zeitlicher Ablauf der prospektiven Untersuchung

Tab. 1 SBAR-Kommunikationsmodell auf Basis des Artikels „Was müssen die anderen wissen“ [7]?
Tab. 2 Aufgabenstellung für die OSCE und Flipchart mit Anamnese und Transportprotokoll
Abb. 2
figure 2

Global Rating Score zur OSCE-Station. a Auswertung des Global Rating Score der OSCE-Prüfung am Ende des Semesters. b Ergebnisse der Probe-OSCE-Prüfung im direkten Anschluss an den Kurs und der OSCE-Prüfung am Ende des Semesters

Bewertungskriterien zum Global Rating Score nach Homer & Pell 2009 (9) : Exzellent = Ausgezeichnete und klar strukturierte Prüfungsleistung:  Hervorragende, flüssige und sichere Durchführung der praktischen Tätigkeiten bei kommunikativ sehr empathischer Patientenversorgung; Sehr gut: Überwiegender Teil der praktischen Basisfertigkeiten wurde fehlerfrei dargeboten bei angemessener Art der Kommunikation; Klar bestanden:  Akzeptable Prüfungsleistung: Sichere Durchführung trotz kleiner Lücken bei fehlerfreier Kommunikation, Basisfertigkeiten teils mechanisch abgearbeitet und unreflektiert dargeboten; Borderline: Grenzwertig, lückenhafte Prüfungsleistung: Unter großer Mühe gezeigte Leistung mit nicht ausreichender oder unangemessener Kommunikation und unreflektierter Abarbeitung der Basisfertigkeiten; Sicher nicht bestanden: Unstrukturiert, unausreichende Prüfungsleistung: Unsicheres bis ungeeignetes Handeln mit einer Leistung insgesamt deutlich unterhalb der geforderten Basisversorgung

Das Studienprotokoll wurde von der Ethik-Kommission der Universität Duisburg-Essen (Protokoll 22-10660-BO) geprüft und ohne Einschränkungen empfohlen.

Ergebnisse

Alle 318 Studierenden konnten den neu implementieren Kurs erfolgreich absolvieren und die Teilnahme an der Studie fand allgemein eine positive Resonanz. Sämtliche OSCE-Prüfungen konnten ohne Zwischenfälle durchgeführt werden. Bei der Probe-OSCE erreichten beide Gruppen ein nahezu gleiches Prüfungsergebnis (Videogruppe 23,4 ± 3,8 Punkte vs. Tutorengruppe 23,4 ± 3,6 von maximal 32 Punkten, p = 0,9; Abb. 2b). Im Vergleich zur Probe-OSCE wurde am Semesterende das Prüfungsergebnis in beiden Gruppen noch einmal signifikant verbessert (p = 0,001), ohne dass dabei signifikante Unterschiede zwischen den zwei Lehrmethoden zu beobachten waren (Videogruppe 25,7 ± 3,7 Punkte vs. Tutorengruppe 25,5 ± 3,6 Punkte, p = 0,5; Abb. 2b).

Gemäß dem Global Rating Score, der am Ende der Prüfung durch die jeweiligen Prüfer vergeben wurde (Abb. 2a), wurden die Prüfungen bei über 60 % der Studierenden „exzellent“ bis „sehr gut“ bestanden, und bei über 95 % wurde als schlechteste Einschätzung ein „klar bestanden“ vergeben. Bei nur wenigen Studierenden wurde die Prüfungsleistung als „borderline“ eingeschätzt, keiner der Studierenden hat die Prüfung nicht bestanden (Abb. 2a). Auch hier konnte kein von der Lehrmethode abhängiger Unterschied festgestellt werden.

Die studentische Evaluation des Blockpraktikums Kinderheilkunde allgemein und der Organisation und Durchführung der drei pädiatrischen OSCE-Stationen am Ende des Semesters konnte erfreulicherweise belegen, dass die Studierenden in über 75 % der Fälle mit der Kursorganisation und dem Ablauf der Prüfung sehr zufrieden waren (Abb. 3). Allein auf den neu implementierten Kurs bezogen gaben 78 % der Studierenden an, dass sie sehr gut oder gut auf die Prüfungsaufgabe vorbereitet waren. und lediglich 5 % der Studierenden fühlten sich mangelhaft oder ungenügend vorbereitet. Die Bewertung der Studierenden im Hinblick auf die erfolgte Vorbereitung lag im Durchschnitt bei einer Schulnote von 1,8. Weiter gaben 78 der Studierenden an, dass sie mit dem weiterbehandelnden Arzt (dem Schauspieler) sehr zufrieden waren (entsprechend einer Schulnote von 1,3), und nur 3 % waren mit der Leistung des Schauspielers unzufrieden.

Abb. 3
figure 3

Studentische Evaluation des neu implementierten Kurses am Ende des Semesters. a Wie gut waren Sie auf die Prüfungsaufgaben durch das Blockpraktikum vorbereitet? b Wie zufrieden waren Sie mit den Simulationspatienten? c Wie zufrieden waren Sie mit der OSCE-Prüfungsdurchführung?

Diskussion

Pädiatrische Notfallsituationen außerhalb des Krankenhauses sind mit ca. 5–10 % aller Einsätze in der Notfallmedizin relativ selten, aber für alle Beteiligten immer eine sehr große emotionale Belastung [7, 10]. Neben der ungewohnten Situation und der geringen praktischen Übung tragen die anatomischen und physiologischen Besonderheiten beim Kind, die Tageszeit, der Zustand des Kindes und die wechselnde Kooperationsbereitschaft des Patienten und der Eltern oft zu einer erheblichen Stresssituation bei [10,11,12]. Die Mortalität von Kindern und Jugendlichen in einer Notfallsituation und die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation werden in erheblichem Maße vom Handeln in den ersten Minuten beeinflusst und können bei guter interprofessioneller Kommunikation deutlich reduziert werden [7, 13,14,15,16]. Das Erlernen solcher Kommunikationsmodelle ist in der medizinischen Ausbildung der Studierenden in Deutschland bislang allerdings vernachlässigt worden. Daher wurde zur Verbesserung der interprofessionellen Kommunikation in Notfallsituationen an unserer Fakultät ein neuer Kurs zur Erlernung von strukturierten Übergaben in der pädiatrischen Notfallmedizin anhand des etablierten SBAR-Kommunikationsmodells neu und erfolgreich implementiert. Zukünftig sollen auch andere Kommunikationsmodelle in der medizinischen Lehre Einzug finden, zum Zeitpunkt der Studiendurchführung lagen aber an unserer Fakultät keine fächerübergreifenden Lehrmodule dazu vor.

Unsere prospektive Untersuchung kommt dabei zu zwei wichtigen Erkenntnissen: Kommunikation in einer Notfallsituation lässt sich bereits im Medizinstudium erfolgreich trainieren und der Lernerfolg der Studierenden in diesem Setting ist nicht von der Lehrmethode abhängig. Wir konnten auch die Nachhaltigkeit des Erlernten belegen, da die Studierenden im Vergleich zur ersten OSCE das Prüfungsergebnis auch einige Wochen nach dem Kurs nochmals verbessern konnten. Dies spricht dafür, dass sowohl online- oder videobasierte Kurse als auch das Peer-teaching-Konzept für eine nachhaltige Kenntnisvermittlung im Bereich der interprofessionellen Übergabe in diesem Setting hinreichend sind. Dies eröffnet medizinischen Fakultäten ausreichend Spielraum, um zukünftig ressourcensparend und ohne Qualitätsverlust mehr Kommunikationskurse in den Curricula zu etablieren. Belegt wird dies auch durch neuere Untersuchungen während der SARS-CoV-2-Pandemie, wo der Lernerfolg in ausgewählten Bereichen unabhängig von der Wissensvermittlung durch Online- oder Präsenzlehre stattgefunden hat und gerade auch durch mehr Online-Lehre ein effektiver Wissenszuwachs erfolgen konnte [17, 18]. E‑Learning wird dabei als gute und effektive Lehr- und Lernmethode wahrgenommen mit einer gleichsam hohen Akzeptanz bei Lehrenden und Lernenden [18]. Digitales Lernen weist außerdem zahlreiche Vorteile für die Studierenden auf, da das Lernen ortsunabhängig, barrierefrei, zeitunabhängig, flexibel und mobil erfolgen kann [19]. Außerdem führt die Implementierung digitaler Lernmethoden bei den Studierenden zu einer größeren Selbstbestimmung. Hier konnte durch die SARS-CoV-2-Pandemie innerhalb kürzester Zeit eine erhebliche, nicht nur technische Verbesserung erreicht werden, da die Digitalisierung der Ausbildung im Studiengang Medizin vor der Coronapandemie fächerübergreifend nicht weit fortgeschritten war [20, 21]. Ein Paradigmenwechsel der medizinischen Ausbildung wurde so relativ schnell möglich und die Beliebtheit von Online-Kursen in der universitären Ausbildung hat seit dem Ausbruch von COVID-19 rasant zugenommen [21]. Die zukünftige Entwicklung wird zeigen, ob die Integration von mehr Online-Lehre nicht nur zu einer ressourcenschonenden Praxis führt, sondern auch für eine nachhaltige Wissensvermittlung sorgen kann. Der medizinischen Ausbildung kann beides nur recht sein.

Wir sind uns bewusst, dass diese Studie einige Limitationen aufweist, die die Übertragbarkeit auf andere Bereiche erschweren. Zum einen wurde die intrinsische Motivation der Studierenden zur ortsunabhängigen, eigenen konzentrierten Fortbildung anhand des SBAR-Kommunikationsmodells nicht untersucht. Da das Fallbeispiel aus dem Video identisch zur OSCE-Prüfung ist, können wir auch nicht ausschließen, dass das gleich gute Prüfungsergebnis am Semesterende nur Ausdruck einer guten Prüfungsvorbereitung durch „Auswendiglernen“ ist. Was allerdings dagegensprechen würde, ist, dass das Video nach dem Kurs und vor Prüfungsbeginn lediglich 21-mal von nur 8 verschiedenen IP-Adressen aufgerufen wurde, sodass ein alleiniges Auswendiglernen das Prüfungsresultat sicher nicht begründen kann. Es lässt sich aber auch nicht abschätzen, wie oft und wie intensiv die Studierenden das SBAR-Kommunikationsmodell zur Prüfungsvorbereitung genutzt haben.

Ein weiterer möglicher Nachteil ist, das wir nicht mehrere unterschiedliche Kommunikationsmodule miteinander verglichen haben, die in der Notfallmedizin und Übergabe im Rettungsdienst ebenfalls gebräuchlich sind. Wir haben uns hier auf das an unserem Standort in der Pädiatrie bekannte und etablierte SBAR-Modell verständigt, um das Studiendesign möglichst einfach zu halten. Bis zum Zeitpunkt der Studienkonzeption und Durchführung wurde dieses Modell, aber auch andere Kommunikationsmodelle an unserer Fakultät nicht systematisch im Medizinstudium unterrichtet. Das medizinische Setting, in dem die interprofessionelle Übergabe erfolgen soll, spielt ebenfalls eine ganz entscheidende Rolle, der hier sicherlich nicht ausreichend Rechnung getragen wird. So sollte ärztliche Kommunikation in Notfallsituationen adaptiert an das jeweilige Szenario sein und kann grob in drei Abschnitte unterteilt werden: 1. Kommunikation in der unmittelbaren Akutsituation während der Stabilisierung eines Patienten, 2. Kommunikation nach Akutversorgung und bei einem stabilen Patienten und 3. Kommunikation während der stationären Routine. In dieser Fallvignette haben wir uns für ein Übergabeszenario der Stufe 2 bei stabilisiertem Kind entschieden. Es ist daher unklar, ob das SBAR-Modell auch für andere Fälle gleich gut anwendbar wäre. Wir können daher letztendlich auch nicht sicher sein, dass das gute Abschneiden der Online-Lehre im Vergleich zur Präsenzlehre in unserer Studie konkret am SBAR-Modell gelegen hat und durch andere Modelle nicht zu erreichen gewesen wäre. Das war aber im Sinne der Forschungsfrage auch nicht Ziel dieser Studie. Wir können belegen, dass interprofessionelle Kommunikation in Notfallsituationen schon gut und zielführend während des Studiums erlernt werden kann und dabei nicht unbedingt auf die Präsenzlehre zurückgegriffen werden muss. Nicht mehr und nicht weniger sollte hier untersucht werden.

Ausblick

Kommunikationsmodelle sind bereits in der Hochschulausbildung wichtig, die praktische Implementierung bislang aber unterrepräsentiert. Unsere Studie hat beispielhaft für das Fach Kinderheilkunde gezeigt, dass Lehrinhalte der „interprofessionellen Übergabe“ problemlos in ein Blockpraktikum integriert werden können. Es wäre wünschenswert, dass zukünftig mehrere unterschiedliche interprofessionelle Kommunikationsmodelle fest in die Curricula verankert werden, idealerweise vernetzt im vorklinischen und klinischen Studienabschnitt. Unabhängig von der Lehrmethode wäre es wichtig, dass dieses Thema longitudinal angenommen und verankert wird. An der Essener Fakultät gibt es aus diesem Grund seit Ende 2020 das Essener Curriculum Kommunikation, kurz ECKO, an dem mittlerweile 15 Kliniken und Institute beteiligt sind (https://medizindidaktik.uk-essen.de/lehre/medizindidaktik). Es besteht aus ca. 120 Unterrichtseinheiten, in denen Studierende die unterschiedlichen Facetten der ärztlichen Kommunikation in Theorie und Praxis kennenlernen. Das ECKO möchte eine longitudinale Integration und Vernetzung des Unterrichtsangebots zur ärztlichen Kommunikation sicherstellen und aufeinander abgestimmte Lehr- und Prüfungsangebote bieten. Deswegen wurden longitudinale Stränge zur Anamnese, dem Überbringen schlechter Nachrichten („breaking bad news“) und der gemeinsamen Entscheidungsfindung entwickelt und implementiert. Kommunikationsmodelle der interprofessionellen Übergabe, wie hier das SBAR-Modell, waren aber bislang noch nicht darin integriert und müssen weiterentwickelt werden. Die ersten Erfahrungen zeigen uns, dass diese Bemühungen erfolgversprechend sind und von den Studierenden und Dozenten gut evaluiert werden. Langfristig müssen prospektive Studien aber natürlich belegen, dass durch diese Maßnahmen die Patientensicherheit verbessert wird.

Fazit für die Praxis

  • Ärztliche Kommunikation in Notfallsituationen lässt sich schon im Studium erlernen. Dabei kommt der eingesetzten Lehrmethode eine eher untergeordnete Bedeutung zu.

  • Kommunikationskurse sollten im vorklinischen und klinischen Studienabschnitt vernetzt sein und sollten aufeinander aufbauen.

  • Diese Studie liefert praxisnahe Empfehlungen für die kontinuierliche Weiterentwicklung von Lehransätzen in einer digitalisierten Bildungslandschaft.

  • Das SBAR-Kommunikationsmodell ist ein geeignetes und zu empfehlendes Schema zur Verwendung bei interprofessionellen Übergaben, auch oder vielleicht gerade in Notfallsituationen.

  • Medizinische Online-Lehre, die kostengünstig und nachhaltig ist und sich an die individuellen Lernbedürfnisse der Studierenden anpasst, bietet eine flexible und zugängliche Plattform für eine qualitativ hochwertige medizinische Ausbildung.