Die Empfehlungen „Palliativmedizinische Aspekte in der klinischen Akut- und Notfallmedizin sowie Intensivmedizin“ wurden kürzlich in Form eines Konsensuspapiers der DGIIN, DGK, DGP, DGHO, DGfN, DGNI, DGG, DGAI, DGINA und DGPalliativmedizinFootnote 1 verabschiedet und werden in mehreren Fachzeitschriften als Kurzform parallel publiziert [1,2,3,4,5,6,7].

Die Notfall+Rettungsmedizin unterstützt diese allgemeinen Empfehlungen uneingeschränkt:

  • Ein Palliativdienst sollte idealerweise – wenn vorhanden – bei hochsymptombelasteten Notfall- und Intensivpatienten und deren An‑/Zugehörigen zur palliativen Beratung und folgend zur palliativmedizinischen Komplexbehandlung in potenziell lebenslimitierenden Situationen hinzugezogen werden.

  • Zur Behandlung allgemeiner Symptome und vor allem auch bei Nichtverfügbarkeit einer spezialisierten Palliativmedizin sollte bei Akut- und Intensivmedizinern sowie bei Pflegenden in Notaufnahmen und auf Intensivstationen eine palliativmedizinische Basisqualifikation vorliegen.

  • Palliativmedizinische Grundkenntnisse sollten im Rahmen von interdisziplinären und interprofessionellen Fortbildungen regelmäßig vermittelt und als hausinterne Standardvorgehensweise (SOP) erarbeitet werden.

Gleichermaßen sind die „Bausteine der Palliativmedizin“ unverzichtbar auch in der Akut- und Notfallbehandlung von Patienten. Dazu gehören

  1. 1.

    die Eruierung der medizinischen Indikation und des Patientenwillens,

  2. 2.

    die Empfehlung, Vorsorgeinstrumente vor risikobehafteten Eingriffen zu erstellen,

  3. 3.

    bei einer absehbar längeren Behandlung auf einer Intensivstation mindestens 1‑mal wöchentlich Gespräche mit dem Patienten und seinen An‑/Zugehörigen zu führen und daran angepasste Therapieziele durch eine gemeinsame Entscheidungsfindung („shared decision making“) zu vereinbaren,

  4. 4.

    bei Unsicherheiten einen zeitlich limitierten Therapieversuch („time-limited trial“) zu erwägen,

  5. 5.

    eine gemeinsame Entscheidungsfindung der an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen zu erreichen und

  6. 6.

    die allgemeine Palliativversorgung durch den Primärbehandler. Bei komplexem Symptomgeschehen im stationären Setting Hinzuziehung eines spezialisierten palliativmedizinischen Dienstes (PMD), sofern vorhanden [1,2,3,4,5,6,7].

Die „Bausteine der Palliativmedizin“ sind  auch in der Akut- und Notfallbehandlung unverzichtbar

Im Weiteren wird im Konsensuspapier die Aufzählung einer Vielzahl von speziellen Krankheitsbildern, die zu einer palliativen Situation führen können, vorgenommen. Zum einen sind diese speziellen Aspekte aufgrund der parallelen Veröffentlichungen in den verschiedenen Fachzeitschriften einem großen Leserkreis der betroffenen Fachgebiete zugänglich. Zum anderen finden sich hier Redundanzen und allgemeine palliativmedizinische Aspekte, die nicht nur für die klinische Notfallmedizin spezifisch sind, sondern generell für eine palliativmedizinische Behandlung zutreffen. Unabhängig von spezifischen Krankheitssituationen besteht im Rahmen der Palliativbehandlung im Grundsatz kein Unterschied, welche bereits begonnene Therapie wie und wann abgesetzt werden könnte (technische Unterstützungssysteme bei terminaler Herzinsuffizienz, Beatmungstherapie, Dialyse). In jedem Falle, und das ist unabhängig von der zugrunde liegenden terminalen Erkrankung, sind die o. g. allgemeinen Empfehlungen anzuwenden. Eine ausgezeichnete Grundlage, nicht nur zur Entscheidungsfindung, sondern auch zur Durchführung bietet die „S3-Leitlinie Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung“ von 2020. Wie die Autoren selbst konstatieren, sind „die Prinzipien der therapeutischen Entscheidungsfindung letztlich auf alle Bereiche der Medizin anwendbar“ [8].