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Anamnese
Ein 62-jähriger Mann verletzte sich bei seiner beruflichen Tätigkeit als Zimmerer mit einem Akkuschrauber. Als er eine 5 × 70 mm lange verzinkte Spanplattenschraube (SPAX; Abb. 1) auf einer Leiter stehend in einen Holzbalken bohren wollte, fiel dieser auf den Akkuschrauber und er bohrte sich in die rechte Wange. Ein Sturz mit weiteren Traumafolgen konnte verhindert werden. Eine Bewusstlosigkeit oder hämodynamische Instabilität war zu keiner Zeit gegeben. Die vor Ort anwesenden Arbeitskollegen setzten sofort den Notruf ab. Nach notärztlicher Schmerztherapie erfolgte der Transport in unsere interdisziplinäre Notaufnahme.
Befund und Diagnose
Klinisch-neurologisch zeigte sich der Patient wach, kontaktierbar mit einem Glasgow Coma Scale (GCS) von 15. Äußeres Zeichen der Verletzung war eine ca. 0,5 × 0,5 cm große, mäßig blutende Wunde an der rechten Wange. Die Schraube konnte im vollen Ausmaß auf Höhe des Musculus sternocleidomastoideus circa 5 cm unterhalb der Eintrittspforte rechtsseitig getastet werden. Hinweise auf eine Verletzung der Arteria carotis zeigten sich klinisch nicht.
Therapie und Verlauf
Das Notfallmanagement wurde von einem interdisziplinären Team der universitären Notaufnahmestation (Unfallchirurgie, Anästhesiologie, HNO-Heilkunde und Radiologie) durchgeführt. Eine kontinuierliche Überwachung der Vitalparameter mit Monitoring wurde etabliert. Nach orientierender sonographischer Darstellung der Gefäße erfolgte die Immobilisierung mit angepasstem „stiff neck“. Dieser unterstützte und stabilisierte die Schräglage des Kopfs nach links. Anschließend konnte die radiologische Diagnostik mittels kontrastmittelgestützter Computertomographie des Schädels und Halses zur genaueren Evaluation der Schraubenlage und Gefäßbeteiligung durchgeführt werden. Die 70 mm lange Schraube kam vollständig im zervikalen subkutanen Weichteilgewebe, angrenzenden an das Platysma, zur Darstellung. Es zeigten sich keine Muskel- oder Gefäßverletzungen (Abb. 2). Im weiteren Verlauf erhielt der Patient eine bedarfsgerechte Analgesie und eine antibiotische Prophylaxe mit Amoxicillin/Clavulansäure. Nach kurzer interdisziplinärer Besprechung über das weitere Vorgehen erfolgte die operative Entfernung der Metallschraube in Lokalanästhesie. Der circa 5 cm unter dem Hautniveau liegende Kopf der Schraube konnte durch die Eintrittspforte an der Wange ohne Schnitterweiterung dargestellt und die Schraube mit einer Klemme entfernt werden. Im Anschluss erfolgten eine umfassende Spülung und der Verschluss der Wunde mit einer adaptierenden Naht. Nach kurzer Beobachtungsphase in der Notaufnahme konnte der Patient mit oraler Antibiose für 5 Tage zufrieden nach Hause entlassen werden.
Diskussion
Schraubenverletzungen durch Akkuschrauber im Kopf/Hals-Bereich sind selten. Andere Bereiche des Körpers werden deutlich häufiger durch z. B. pneumatische Nagler verletzt. In einer Befragung von 3088 US-amerikanischen Zimmererlehrlingen gaben 28,1 % der Befragten an, mindestens einmal in ihrem bisherigen Berufsleben durch ein Nagelschussgerät verletzt worden zu sein. Am häufigsten kam es bei solchen Unfällen zu Verletzungen des Unterarm/Hand-Bereichs mit 73,2 %, gefolgt von Verletzungen der unteren Extremität mit 20 %. Verletzungen von weiteren Körperteilen, wie dem Körperstamm (2 %) oder dem Kopf/Hals-Bereich (3 %), kamen weitaus seltener vor [1]. Es werden jedoch immer wieder Fälle berichtet, welche vor allem Verletzungen des Kopfs durch Nagelschussgeräte beschreiben [2]. Die meisten Nägel treten dabei in umgebogenem Zustand und mit der Spitze voraus ins Gewebe ein [3].
Nach einer solchen Verletzung ist der diagnostische Goldstandard, dass unmittelbar nach Aufnahme des Patienten eine Computertomographie des Schädels mit computertomographischer Angiographie durchgeführt wird. Hierdurch können Eintritts- und Austrittswunden, die Lokalisierung des Fremdkörpers sowie Blutungen und Raumforderungen erkannt werden. Bei Verdacht auf Gefäßverletzungen sollte additiv noch eine diagnostische Angiographie durchgeführt werden, um Gefäßpenetrationen, arterielle Dissektionen, Pseudoaneurysmen oder Gefäßstenosen zu erfassen [4].
Als nächster Schritt wird schließlich die operative Entfernung des Fremdkörpers nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung empfohlen. Überlegungen zum aktuellen neurologischen Status des Patienten und potenziellen Vorteilen einer Operation müssen gegenüber potenziellen Risiken eines operativen Eingriffs abgewogen werden. Die Entfernung des Fremdkörpers ist notwendig, um das Infektrisiko zu minimieren sowie Folgeverletzungen zu verhindern [5]. Falls keine sofortige Entfernung des Fremdkörpers geplant oder durchgeführt werden kann, empfiehlt sich eine intensivstationäre Überwachung des Patienten mit kontinuierlicher Überwachung der Vitalparameter. In den meisten Fällen besteht, gerade an beweglichen Teilen des Körpers, die Gefahr weiterer Verletzungen durch den einliegenden Fremdkörper. Daher sollte, wie im oben beschriebenen Fall, immer an eine Immobilisation der betroffenen Körperteile gedacht werden.
Eine antibiotische peri- und postoperative Prophylaxe kommt in der Literatur bei Metallverletzungen durchgängig zum Einsatz. Der Schraubenkopf kann bei Eindringen in den Körper einen Teil der Haut zerreißen und die Kombination aus Ödem, devitalisiertem Gewebe und Fremdkörper bietet ein ideales Umfeld für lokale Infektionen [6]. Als aktueller Goldstandard wird eine antibiotische Prophylaxe mit Amoxicillin/Clavulansäure oder Cefuroxim für 5 Tage empfohlen [7].
Fazit für die Praxis
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Akzidentielle Schraubenverletzungen durch einen Akkuschrauber im Kopf/Hals-Bereich sind extrem selten.
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An eine Immobilisierung des Halses zur Verhinderung einer Lageveränderung der Schraube sollte gedacht werden.
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Eine rasche Diagnostik mittels computertomographischer Angiographie zum Ausschluss von Gefäßverletzungen ist der Goldstandard.
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Eine peri- und postoperative Antibiotikaprophylaxe wird bei Verletzungen mit Metall empfohlen.
Literatur
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Schindler, M., Maier-Stocker, C., Auerswald, S. et al. Penetrierende Schraubenverletzung im Kopf/Hals-Bereich. Notfall Rettungsmed 26, 617–619 (2023). https://doi.org/10.1007/s10049-023-01170-9
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