Anamnese

Ein 1,5-jähriges Mädchen wurde in Begleitung der Mutter mit dem Rettungsdienst in unserer Zentralen Notaufnahme vorgestellt. Das Kind war beim Duschen mit der rechten Hand in dem im Abfluss einliegenden Abflussgitter stecken geblieben. Alle manuellen Befreiungsmanöver, auch unter Zuhilfenahme von Schmiermitteln, zeigten sich frustran. Vor Ort musste die Feuerwehr das Abflussrohr mit schwerem Gerät aus der Verkleidung befreien. Anschließend erfolgte die Zuverlegung in unsere ZNA.

Untersuchung/Diagnostik

Die Patientin war bei Eintreffen wach und ruhig und zeigte altersentsprechendes Verhalten. Eine adäquate Untersuchung der vollständig in dem Rohr liegenden rechten Hand (Abb. 1) war nicht möglich, sodass bei nicht suffizient zu erhebender peripherer Durchblutung, Motorik und Sensibilität (pDMS) die Indikation zur notfälligen Entfernung gestellt wurde.

Abb. 1
figure 1

Dargestellt ist die Patientin mit der vollständig in dem Abflussrohr befindlichen rechten Hand

Therapie und Verlauf

Nach der Befunderhebung erfolgte die Rücksprache mit den Kollegen der hiesigen Feuerwehr sowie der gemeinsame Entscheid zur Entfernung des anliegenden Rohrs mittels Dremel und Zangen. Um ein sicheres Arbeiten zu gewährleisten, wurde die Patientin durch die Kollegen der Anästhesie narkotisiert. Anschließend wurde mit der schrittweisen Freilegung der Hand begonnen, wobei unter andauernder Kühlung beim Sägen auf die feststeckenden Finger geachtet werden musste. Nach schließlich 1,5 Stunden konnten die deutlich geschwollenen Zeige‑, Mittel- und Ringfinger befreit werden. Bis auf oberflächliche Wunden zeigten sich die Weichteile intakt (Abb. 2). Die Rekapillarisierungszeit zeigte sich normwertig. Nach Ausleitung der Narkose wurden alle Finger frei bewegt. In der additiv durchgeführten Röntgendiagnostik zeigte sich keine knöcherne Affektion. Die Patientin wurde zusammen mit der anwesenden Mutter zur weiteren Überwachung sowie zur prophylaktischen Antibiotikatherapie stationär aufgenommen. Der weitere Verlauf gestaltete sich komplikationslos, sodass die Patientin am Folgetag bei reizlosen Wundverhältnissen sowie intakter pDMS ins häusliche Umfeld entlassen werden konnte.

Abb. 2
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Dargestellt ist die rechte Hand der Patientin nach der Entfernung des Abflussrohres. Man sieht die deutliche Schwellung und Weichteilaffektion der betroffenen Finger

Diskussion

Obwohl es Einzelberichte zu ähnlichen Vorfällen in der Vergangenheit in der Presse gab [1], stellt das beschriebene Szenario eine absolute Ausnahmesituation für alle beteiligten Personen dar. Insbesondere wenn Kleinkinder betroffen sind, die sich nicht adäquat zur Beschwerdesymptomatik wie zum Beispiel einsetzenden Parästhesien äußern können, ist ein besonders zügiges Handeln notwendig, um irreversible Schäden abzuwenden. Dies bedarf der engen Zusammenarbeit verschiedener Einsatzkräfte wie des Rettungsdiensts, der mit entsprechender Ausrüstung ausgestatteten Feuerwehr sowie des interdisziplinären Fachpersonals in der Klinik.

Fazit für die Praxis

Bei Einklemmtraumata, insbesondere bei nicht zu beurteilender Sensibilität und Durchblutung, ist eine rasche Befreiung unabdingbar, um Folgeschäden abzuwenden.