Einführung

Fallserien legen nahe, dass das Risiko einer vertikalen Übertragung des Coronavirus 2 (SARS-CoV-2) mit akutem respiratorischem Syndrom bei der Geburt unwahrscheinlich und das Risiko einer Infektion von Babys während der Geburt gering ist, selbst bei bestätigter COVID-19-Infektion der Mutter [1, 2].

Eine mütterliche Infektion mit COVID-19 kann das Risiko vorzeitiger Wehen erhöhen, und es scheint eine Tendenz zu bestehen, dass mehr Entbindungen über einen Kaiserschnitt erfolgen, wobei die fetale Gefährdung als Indikation [3] genannt wird. Bedenken hinsichtlich der Gesundheit der Mütter können auch zu der Entscheidung führen, die Geburt einzuleiten [4, 5]. Die notwendigen geburtshilflichen Vorsichtsmaßnahmen gegen eine mögliche Virusexposition können die Zeit bis zur Entwicklung gefährdeter Babys via Kaiserschnitt verlängern. Bei mütterlicher COVID-19-Infektion scheinen Babys jedoch bei der Geburt nicht wesentlich stärker beeinträchtigt zu sein [3].

Die Indikation für die prophylaktische Präsenz eines Neugeborenenteams und die klinischen Faktoren, die eine Wiederbelebung notwendig machen können, bleiben durch den COVID-19-Status der Mutter unverändert.

Die Reihenfolge der Beurteilung und die folgende Wiederbelebung/Stabilisierung bleiben unverändert und entsprechen der üblichen Versorgung des Neugeborenen (NLS; [6]).

Änderungen des üblichen Vorgehens sollen das Risiko einer COVID-19-Infektion für das Personal und das Baby verringern.

Die Abteilungen sollen klare lokale Handlungsanweisungen zur Verhinderung der COVID-19-Übertragung haben; in allen geburtshilflichen Abteilungen müssen ausreichende Mengen geeigneter persönlicher Schutzausrüstung (PSA) verfügbar sein. Das Personal muss mit den Leitlinien vertraut und in der korrekten Anwendung von PSA geschult sein.

  • Lokale Empfehlungen können die regionale Prävalenz von COVID-19 berücksichtigen.

  • Wenn bei der Mutter kein klinischer Verdacht auf COVID-19 besteht, soll das Personal die örtlichen oder nationalen Richtlinien für PSA befolgen, einschließlich der routinemäßigen Verwendung von PSA mit Schutz vor Tröpfcheninfektion (flüssigkeitsresistente chirurgische Maske/Visier, kurzärmliger Schutzkittel und Handschuhe).

  • Bei Verdacht auf/bestätigter COVID-19-Infektion der Mutter muss das Personal vollständige Luftpartikel-PSA tragen (FFP3-Maske [Filtering Face Piece, Atemschutzmaske, Schutzklasse 3] [oder FFP2, wenn FFP3 nicht verfügbar ist]/Visier, Langarmschutzkittel und Handschuhe).

Sobald weitere Informationen verfügbar sind, können sich die aktuellen ERC-Empfehlungen ändern.

Kreißsaal

Eine signifikante Zahl asymptomatischer Mütter kann bei der Geburt mit COVID-19 infiziert sein [7]. Es wird zwar empfohlen, einen Bereich für die Entbindung von Müttern mit auf COVID-19 verdächtigen Symptomen oder bestätigter COVID-19-Infektion zu etablieren, es ist jedoch vielleicht nicht möglich, alle diese Mütter zu separieren. Treffen Sie daher geeignete Vorsichtsmaßnahmen und tragen Sie PSA, wenn Sie in der Geburtshilfe arbeiten.

Im Idealfall soll die Entbindung eines Babys durch eine COVID-19-verdächtige/-positive Mutter in einem Unterdruckraum erfolgen. Diese Einrichtungen sind jedoch möglicherweise nicht in allen Entbindungs- oder Operationssälen verfügbar. Als Mindestvorsorge soll die Wiederbelebung des Babys idealerweise mit 2 m Abstand von der Mutter erfolgen, um das Risiko einer Tröpfcheninfektion zu minimieren (das Risiko der Ausbreitung in der Luft besteht weiterhin; [8]). Eine chirurgische Maske für die Mutter kann die Tröpfchenausbreitung verringern; man könnte erwägen, den Wiederbelebungsbereich abzutrennen oder in einen angrenzenden Raum zu verlegen, vom Kreißsaal getrennt, wenn dies möglich ist [5].

Durch die Art der Eingriffe (Atemwegsmanagement, Diathermie usw.) gelten Operationssäle als Bereiche mit einem höheren Risiko der Virenausbreitung als Tröpfchen oder in der Luft.

Aufklärung vor der Entbindung bei Verdacht auf/bestätigter COVID-19-Erkrankung der Eltern

Abhängig von der Krankenhausrichtlinie kann die Mutter nicht begleitet werden. Die Möglichkeit für die Aufklärung vor der Geburt kann begrenzt sein. Für die persönliche Besprechung ist PSA zum Schutz vor Tröpfchenübertragung erforderlich. Videobesprechung kann eine Alternative sein, um den Kontakt zu reduzieren. Wenn das Neugeborenenteam die Familie nicht aufklären kann, muss das Geburtshilfe‑/Hebammenteam möglicherweise diese Gespräche führen.

Neugeborenenteam, im Vorhinein hinzugezogen (bei Verdacht auf/bestätigt COVID-19-positiver Mutter)

Überprüfen und bereiten Sie den Wiederbelebungsbereich vor, bevor die Mutter im Zimmer ist. Wenn ein Neugeborenenteam im Vorhinein hinzugezogen wird, ist eine sorgfältige Planung erforderlich, um die Anzahl der Personen, die im Raum sind, zu minimieren. Zum Team soll jemand gehören, der Erfahrung mit der Wiederbelebung von Neugeborenen und interventionellen Verfahren hat. Möglicherweise müssen zusätzliche Teammitglieder beim Anlegen der PSA helfen. Es muss die Möglichkeit zum sicheren An- und Ausziehen der PSA vorhanden sein. Der Umgang mit der PSA kann zu Verzögerungen führen, insbesondere wenn dringend zusätzliche Unterstützung erforderlich ist, und dies soll bei der Vorbereitung des Teams berücksichtigt werden. Befindet sich der Wiederbelebungsbereich im selben Raum wie die Mutter und ist unklar, ob eine Intervention erforderlich ist, kann das Neugeborenenteam entscheiden, draußen zu warten und nur bei Bedarf hinzuzukommen. Für jeden, der den Raum betritt, ist eine vollständige PSA mit Schutz vor Übertragung durch Luftpartikel erforderlich. Die Teammitglieder sollen die PSA vorher anlegen. Wenn sie draußen warten, können sie ihre Masken/Visiere weglassen, bis klar ist, dass sie das Baby betreuen müssen.

Geburt

Es gibt keine Änderungen bei der sofortigen Versorgung des Neugeborenen nach der Entbindung bei Verdacht auf/bestätigter COVID-19-Infektion. Das verzögerte Abklemmen der Nabelschnur soll weiterhin berücksichtigt werden. Die Erstuntersuchung des Babys kann am Perineum erfolgen, sofern besondere Sorgfalt angewendet wird [5, 9, 10].

Das Baby soll nur dann an das Neugeborenenteam übergeben werden, wenn eine Intervention erforderlich ist. Babys, denen es gutgeht, bleiben bei der Mutter, und das Neugeborenenteam kann möglicherweise eine Exposition vermeiden.

Neugeborenenteam, nach der Entbindung hinzugezogen (bei Verdacht auf/bestätigt COVID-19-positiver Mutter)

Mitarbeiter, die Entbindungen betreuen, müssen in der Lage sein, die Wiederbelebung eines beeinträchtigten Babys zu beginnen, bevor das Neugeborenenteam eintrifft. Es soll frühzeitig Hilfe hinzugerufen werden, da das Neugeborenenteam eine vollständige PSA anlegen muss und es so zu einer Verzögerung bei der Versorgung des Babys kommen kann.

Vorgehen bei der Wiederbelebung/Stabilisierung

Das Vorgehen bei der Wiederbelebung/Stabilisierung folgt den Standard-NLS-Empfehlungen [6].

Ergreifen Sie Maßnahmen, um die potenzielle COVID-19-Exposition zu minimieren. Ein nasses Handtuch muss als kontaminiert betrachtet und vorsichtig entfernt werden. Ein hocheffizienter Partikelluftfilter (HEPA) zwischen T‑Stück/selbstfüllendem Beutel und Maske kann in Betracht gezogen werden [11], obwohl Fälle von Infektionen während der Geburt und das Verteilen von Aerosolen durch Geräte oder Maßnahmen bisher nicht beschrieben sind. Die Beatmung durch 2 Personen verringert Leckagen an der Maske; sie wird bevorzugt, wenn ausreichend Personal mit geeigneter PSA verfügbar ist. Minimieren Sie potenziell aerosolerzeugende Maßnahmen (AGP) wie das Absaugen und stellen Sie sicher, dass das erfahrenste Teammitglied jedes erweiterte Atemwegsmanagement durchführt [5].

Postreanimationsphase

Die Entscheidung, ob eine COVID-19-positive Mutter und ihr Baby getrennt werden, soll den örtlichen Empfehlungen entsprechen. Im Allgemeinen soll ein Baby bei seiner Mutter bleiben, wenn es ihr gut genug geht. Wenn eine Überwachung erforderlich ist, kann diese von der betreuenden Hebamme übernommen werden. Hautkontakt und Stillen können möglich sein, wenn angemessene Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden. Dazu gehören strenge Händehygiene und eine flüssigkeitsresistente chirurgische Maske für die Mutter, um das Risiko einer Tröpfchenausbreitung zu verringern [12, 13].

Sollte das Baby in die Kinderklinik aufgenommen werden müssen, empfehlen wir, es in einem geschlossenen Inkubator zu transportieren. Minimieren Sie den Kontakt des Inkubators mit dem kontaminierten Bereich. Er kann außerhalb des Kreißsaals/Operationssaals bleiben, wenn sich der Wiederbelebungsbereich im selben Raum befindet und das Baby dorthin getragen wird. Mitarbeiter, die das Baby zur Neugeborenenstation begleiten, sollen in Betracht ziehen, entsprechende PSA mit Schutz vor Luftpartikelübertragung anzulegen, da sie möglicherweise während des Transports eingreifen müssen, obwohl AGP, wenn irgendwie möglich, außerhalb kontrollierter Bereiche wie der Neugeboreneneinheit vermieden werden sollen. Wenn das Team, das das Baby transportiert, mit dem Team identisch ist, das die Entbindung begleitet, soll es vor Abfahrt die PSA wechseln, da die im Entbindungsbereich verwendete PSA kontaminiert ist.

Isolieren Sie das Baby nach der Wiederbelebung, bis der COVID-19-Status bekannt ist.

Es wird eine Nachbesprechung im Team vorgeschlagen, um die Mitarbeiter zu unterstützen und das zukünftige Vorgehen zu verbessern.

Postnatale Verschlechterung und Wiederbelebung

Wenn die Ursache einer Verschlechterung oder eines Kreislaufstillstands nicht bekannt ist, sollen Sie die Möglichkeit einer Infektion mit COVID-19 in Betracht ziehen. Eine hohe lokale Inzidenz oder eine bestätigte COVID-19-Infektion der Mutter ist sehr verdächtig.

Jede Wiederbelebung soll in einem dafür vorgesehenen Bereich erfolgen, um das Risiko einer Kreuzinfektion zu minimieren. Beurteilung und Wiederbelebung folgen den NLS-Standardprinzipien, unabhängig von den Umständen.

Diejenigen, die die erste Untersuchung und Intervention vornehmen, sollen mindestens eine PSA mit Schutz vor Tröpfcheninfektion tragen. Alle Mitarbeiter, die später hinzukommen, sollen eine PSA mit Schutz vor Luftpartikelübertragung anlegen, da es möglicherweise erforderlich ist, AGP durchzuführen. Wenn eine Intubation erforderlich ist, ziehen Sie eine Videolaryngoskopie in Betracht.

Umfang der PSA-Ausstattung für einen postnatalen Kreislaufstillstand und Beatmung

Idealerweise soll die Unterstützung der Atmung nicht verzögert werden. Maskenbeatmung und Thoraxkompression gelten als AGP in allen Altersgruppen außerhalb der unmittelbaren Neugeborenenperiode [14, 15]. Es gibt noch keine publizierten Daten über ein erhöhtes Infektionsrisiko durch Wiederbelebungsmaßnahmen nach postnatalem Kreislaufstillstand. Aufgrund der zunehmenden Besorgnis über Kreuzinfektionen sollte jedoch nach Möglichkeit eine vollständige PSA verwendet werden, wenn unter diesen Umständen ein postnatal kollabiertes Baby behandelt wird. Entscheidungen über die Bereitstellung von Atemunterstützung ohne vollständige PSA müssen unter der Voraussetzung getroffen werden, dass ein geringes, aber noch nicht definiertes Risiko einer COVID-19-Exposition besteht.