Klassischer Standard zur Bewertung von Ergebnissen sind doppelt geblindete, möglichst multizentrische randomisierte Studien mit idealerweise einem klaren, leicht definierbaren Endpunkt. Klassische Beispiele aus der Notfallmedizin sind nicht sehr häufig. Aus den letzten Jahren können die HACA-Studie zur Wirksamkeit der therapeutischen Hypothermie oder der Vergleich von Vasopressin mit Adrenalin bei der kardiopulmonalen Reanimation [1, 2] genannt werden. Ethische Bedenken von Studien an nicht einwilligungsfähigen Patienten sind für diese Studien – obwohl dringender Klärungsbedarf besteht und tierexperimentelle Alternativen keine sicher auf den Menschen übertragbaren Alternativen bieten – ein grundsätzliches und wie es scheint immer schwieriger zu fassendes Problem. So mussten unbedingt sinnvolle Studien wie z. B. die Prüfung von Adrenalin vs. Placebo [3] wegen ethischer Bedenken auf öffentlichen Druck vorzeitig abgebrochen werden, obwohl es an Daten fehlt, die die Gabe von Adrenalin bei der Reanimation überzeugend unterstützen. Wie dringlich eine Klärung der Frage des Nutzens von Adrenalin bei der Reanimation ist, wird durch die Tatsache belegt, dass neuere Registerdaten eher eine zumindest langfristige Schädlichkeit zu belegen scheinen [4].

Ein zusätzliches und grundsätzliches mit randomisierten Untersuchungen verbundenes methodisches Problem sind Ein- und Ausschlusskriterien. Diese dienen einerseits dem vernünftigen Ziel, Patienten, die durch die Studienteilnahme vermutlich keinen Nutzen erfahren würden bzw. sogar Schaden nehmen könnten, auszuschließen und den Einschluss auf Patienten zu begrenzen, bei denen ein Nutzen möglich erscheint. Allerdings wird so die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf bestimmte Patienten beschränkt und es werden möglicherweise Patientengruppen übersehen, die überraschenderweise auch von der geprüften Behandlung profitieren könnten. Wird auf Ein- bzw. Ausschlusskriterien verzichtet, kann eine Studie andererseits unter einem „Verdünnungseffekt“ scheitern, weil zu viele Patienten behandelt werden, bei denen die Therapie wirkungslos ist. Letztere Problematik ist zwar mit Hilfe exzessiv hoher Patientenzahlen, d. h. auch enormen Kosten überwindbar, allerdings Kosten, die zu tragen kaum eine Institution bereit ist. Rein akademische Studien, wie z. B. die Vasopressin-Studie [1], erfordern ein nur im Ausnahmefall leistbares ungewöhnliches Engagement. Es ist nachvollziehbar, dass dem industriellen Sponsoring für große randomisierte Studien – mit einigen lobenswerten Ausnahmen – aufgrund der begrenzten materiellen Bedeutung des notfallmedizinischen „Markts“ auch enge Grenzen gesetzt sind.

Lösung dieser Probleme bieten Register

Einen Ausweg aus dieser schwierigen Situation bieten Register. Sie erfassen im Idealfall die Gesamtheit aller von einer definierten Situation oder Erkrankung betroffenen Patienten, bilden also die Realität aus jeglicher Sicht zuverlässig ab. Sie sind zumindest in Relation zu randomosierten Studien kostengünstig. Sie unterliegen nicht in gleichem Umfang wie randomisierte Studien ethischen Einschränkungen und Bedenken. Bei entsprechender Breite der Untersuchung können unterschiedlichste Faktoren der Struktur und der Versorgungsprozesse im Rahmen von Registern beurteilt werden, die Einfluss auf das Ergebnis nehmen. Registerdaten sind somit ein ideales Instrument des Qualitätsmanagements, des Benchmarking und nicht zuletzt der Prüfung des Einflusses von Veränderungen von Struktur und Prozessen auf die erzielten Resultate im Rahmen einer „Vorher-nachher“-Analyse. Unter günstigen Bedingungen lassen sich auch unterschiedliche therapeutische Strategien, im Idealfall sogar Nutzen oder auch Schaden, durch den Einsatz eines bestimmten Medikaments wie z. B. Adrenalin [4] abschätzen. Verfeinerte statische Methoden mit Berücksichtigung bestimmter Patienteneigenschaften wie Alter, Geschlecht, vorhandene Grunderkrankungen oder Krankheitscharakteristika wie z. B. Infarktlokalisation bei Patienten mit Herzinfarkt oder Verletzungsmuster beim Traumapatienten erlauben oft weitergehende Aussagen.

Wenn auch der Nutzen- bzw. Schädlichkeitsbeweis eines Medikaments oder einer Maßnahme nicht zu 100% mit Hilfe von Registern möglich ist, so können die gewonnen Erkenntnisse zumindest der Generation von Hypothesen dienen und Grundlage für gezielte Fragestellungen in randomisierten Studien bilden.

Dieses Heft von Notfall + Rettungsmedizin stellt drei herausragende Beispiele von in Deutschland betriebenen Registern, das Reanimationsregister, das FITT-STEMI-Projekt und das Traumaregister, vor. Diese Register dienen alle dem Ziel der optimierten Behandlung von Notfallpatienten. Sie beleuchten Versorgungsstrukturen auf dem Hintergrund von Leitlinien, sie erlauben Benchmarking, d. h. Erkenntnisse über den Stand des eigenen Systems im Vergleich zu anderen, den Vergleich hinsichtlich Vorgehensweisen, Mängeln und Verbesserungsmöglichkeiten. Die Register sind teilweise auch mit analogen europäischen Datenbanken (EURECA-Projekt der Reanimationsregister) verbunden und erlauben so sogar einen erweiterten Ergebnisvergleich mit Nachbarländern.

Nicht zuletzt sollte die Lektüre Sie dazu anregen, über die Teilnahme an einem oder mehreren der Register nachzudenken. Eine Teilnahme dient nicht nur dem vertieften Problembewusstsein, sondern dieser Weg ist sicher dazu geeignet, die Versorgung der Patienten auch in Ihrem Verantwortungsbereich noch weiter zu verbessern.

Dies wünschen Ihnen und Ihren Patienten

H.R. Arntz

M. Fischer