Epidemiologie und Verletzungsmechanismus

In den letzten Jahren haben wir immer wieder die Häufigkeit des Auftretens der unterschiedlichen Verletzungen bei Kindern in unserer Notaufnahme des Universitätsklinikums Frankfurt am Main analysiert [1, 2]. Es fanden sich auch bei der letzten Auswertung bis Ende 2016 keine wesentlichen Änderungen bezüglich der epidemiologischen Daten und der Verletzungsmuster. Pro Jahr werden hier etwa 3000 Kinder und Jugendliche behandelt. Davon haben 500 bis 600 eine Verletzung im Bereich der Hand (20–25 %) und 150 bis 200 eine Fußverletzung (5–10 %). Eine Versorgung im Operationssaal ist in beiden Gruppen nur bei maximal einem Drittel notwendig, da es sich meistens um Bagatellverletzungen (über 50 %) handelt. Im Bereich des Fußes sind es meist kleinere Weichteilverletzungen (ca. 20 %). Sehr selten ist eine aufwendige Rekonstruktion oder Lappenplastik erforderlich. Die häufigste Ursache für diese schweren Verletzungen sind Überrolltraumata (ca. 1 Fall auf 3000 Kinder). Die anderen operationsbedürftigen Verletzungen am Fuß betreffen Mittelfuß- und Zehenfrakturen (15 %). Im Bereich der Hand sind die Verletzungszahlen höher und daher auch die Anzahl der rekonstruktiven operativen Verfahren, die besonders anspruchsvoll bei den insgesamt 20–25 % offenen Frakturen, Sehnen‑, Nerven- und Amputationsverletzungen sind. Von den 20–25 % relevanten Handverletzungen handelt es sich auch hier meist um Frakturen mit knapp 70 % [3, 4].

Hauptursachen für die verschiedenen Läsionen sind der Sport (24 %), Einklemmungen/Quetschverletzungen (18 %) und Stürze (15 %). Dabei zeigt sich ein deutlicher Altersunterschied. Der Anteil der Sportverletzungen steigt deutlich ab dem 8. Lebensjahr mit einem hohen Frakturanteil [5, 6]. Die Quetschverletzungen finden sich bei den Kleinkindern besonders in den ersten 3 Lebensjahren (über 50 %). Meist ist das Fingerendglied bzw. die Fingerkuppe betroffen, was über 60 % der Amputationsverletzungen ausmacht [7,8,9].

Finger- und Handverletzungen

Fingerendgliedverletzungen

Eine der häufigsten Verletzungen ist die Quetschung der Fingerkuppe beim Kleinkind. Klassisches Beispiel ist das Einklemmen des Fingers in der Tür. Das Verletzungsmuster reicht dabei von der Platzwunde mit Teilabriss des Weichteilanteils der Fingerkuppe bis hin zu Amputationen des Endgliedes. Im einfachsten Fall können kleinere Kuppenanteile refixiert werden oder auch die Hautanteile – im Sinne einer Vollhauttransplantation – für eine Kuppenwiederherstellung benutzt werden. Bei Weichteilverlust hat sich der Folienverband nach Mennen und Wiese bewährt. Damit können auch größere Gewebeverluste – auch bei kleineren freiliegenden Knochenanteilen – remoduliert werden (Abb. 1; [10, 11]). Größere Gewebeverluste bedürfen meist aufwendigerer operativer Verfahren und richten sich nach dem Ausmaß der Weichteil‑, Nagel- und Knochenschädigung. Sehr detailliert wird dies in der PNB(Pulp, Nail, Bone)-Klassifikation von Evans und Bernadis wiedergegeben [12]. Diese ergänzt die von Tamai [13] 1982 etablierte Zoneneinteilung bei Fingeramputationen (Tab. 1). Die in der Literatur für die Fingerkuppe beschriebenen lokalen Verschiebelappen (V-Y-Lappen etc.) werden von den meisten Autoren wegen der Narbenbildung nicht bevorzugt benutzt. Wenn möglich, kommen neurovaskuläre Verschiebelappen zur Anwendung (z. B. O’Brien-Lappen und dessen Modifikationen, [14, 15]) oder im Daumenbereich besonders der gestielte Lappen aus den dorsalen metakarpalen Gefäßen (Foucher-Lappen, [16,17,18]; Abb. 2). Als sicheres operatives Verfahren kann auch der Cross-Finger-Lappen angewendet werden bzw. am Daumen der Gaul-Lappen als Variante mit sensibler Innervation ([19]; Abb. 3). Bei den Amputationen im Endgliedbereich ist, soweit es das Restgewebe erlaubt, eine Replantation bzw. Revaskularisation anzustreben. Gelingt lediglich eine arterielle Anastomose, kann die primäre Arthrodese des Endgelenkes – ggf. mit Nagelentfernung und lokaler Heparinisierung des inzidierten Nagelbettes – eine venöse Stase vermeiden. Vom kosmetischen und funktionellen Standpunkt aus können damit die besten Ergebnisse erreicht werden ([20,21,22,23,24]; Abb. 4).

Abb. 1
figure 1

a Remodulation der Kuppe mittels Folienverband. b Weichteildeckung der Fingerkuppe mittels Vollhaut aus dem Amputat

Tab. 1 Zonen der Amputationshöhe am Finger nach Tamai [13]
Abb. 2
figure 2

O’Brien-Lappen zum Längenerhalt bzw. zur optimierten Weichteildeckung nach Endgliedamputation

Abb. 3
figure 3

Gaul-Lappen zur Defektdeckung am Daumen. a intraoperativer Situs. Hier werden die Hautnerven, die das zu transferierende Hautareal innervieren, über eine zusätzliche Inzision vom Zeigefinger über den Handrücken zum Daumen verlagert (Pfeile). b Einheilungsbild

Abb. 4
figure 4

Fingerreplantation nach Amputation im distalen Fingerzwischengelenk. a Amputat. b Ansicht von palmar und c von dorsal nach Revaskularisation

Proximale Finger- und Handrückendefekte

Für Verletzungen im proximalen Fingerbereich bieten sich zur Weichteildeckung ähnliche Lappenplastiken an wie für die Fingerkuppen beschrieben. Vorteil ist, dass gerade am Handrücken, aber auch Grundgliedbereich Verschiebelappenplastiken geeignet sind, um viele Defekte zu verschließen. Im Grundgliedbereich kann ein Defekt gut mittels Cross- bzw. Reverse-Cross-Finger-Lappen gedeckt werden. Zusätzlich können hier gestielte Lappenplastiken der dorsalen metakarpalen Gefäße angewendet werden und aus dem Handrückenbereich auf den Fingerdefekt gebracht werden (Quaba und Davidson [25]; Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

Gestielte Lappenplastiken der dorsalen metakarpalen Gefäße zur Defektdeckung im proximalen Fingerbereich. a Lappenpräparation. b Weichteildeckung des Fingers

Komplexe Handfrakturen mit Weichteilbeteiligung

Bei komplexen Frakturen im Kindesalter mit Weichteilbeteiligung ist die Besonderheit, dass neben der Beteiligung der Wachstumsfugen der Knochen noch relativ weich sein kann. Es können daher oftmals bei kritischer Situation Kanülen und resorbierbares Fadenmaterial bzw. der Knochendimension angepasste Kirschner(K)-Drähte Verwendung finden. Wesentlich ist, dass möglichst viele Wachstumsfugen erhalten bleiben und die Knochenhaut geschont wird. Um weitere Weichteilprobleme zu verhindern und die Situation nicht zu verschlechtern, sollte auf Freilegungen, die vielleicht eine exakte Reposition ermöglichen, aber die Perfusion der Fragmente stören, verzichtet werden. Es kann dabei die Remodulation gerade in der Bewegungsachse mit bedacht werden (Abb. 6). Bei desolater Situation an einem Finger mit Beteiligung anderer Finger können ggf. Knochen und Gewebe eines Fingers zur Rekonstruktion des besser erhaltenen Fingers verwendet werden (Abb. 7).

Abb. 6
figure 6

a Komplexe Fingerfraktur. b Weichteil- und knochenschonende Osteosynthese mit Drähten und Drahtcerclage. cd Remodulation

Abb. 7
figure 7

a Unfallbild nach schwerer Abscherverletzung der Hand. bc Rekonstruktion der Weichteile des Zeigefingers partiell durch Anteile des schwerer verletzten Mittelfingers und mittels Leistenlappen. d Knöcherne Rekonstruktion aus Anteilen von D (Digitus) 2 und D3

Avulsions‑, Amputations- und Abscherverletzungen

Einen besonderen Anspruch an die operative Versorgung stellen Avulsions- und Amputationsverletzungen. Ebenso kann eine ausgeprägte Weichteilwiederherstellung bei Abscherverletzungen, die große Anteile der Hand bzw. des Unterarmes betreffen, erforderlich werden. Günstig ist, wenn eine Revaskularisierung gelingt. Dies sollte im Kindesalter bei Amputationsverletzungen angestrebt werden. Gerade bei den immer wieder vorkommenden Avulsionsverletzungen ist dies jedoch extrem schwierig und die Komplikationsrate hoch. Alternative Verfahren wie die Bauchdeckenplastik zur Wiederherstellung der Weichteildeckung sind möglich, führen jedoch am Finger nicht zu einem anspruchsvollen Endergebnis (Abb. 8). Solche gestielten Lappenplastiken aus der Unterbauchregion bzw. Leiste können trotzdem im Hand- und Unterarmbereich bei Kindern eine Lösung zur Weichteilrekonstruktion sein (Abb. 9). Ansonsten sind auch bei Kindern die freien Gewebetransfers angebracht (Tab. 2).

Abb. 8
figure 8

ab Beispiel einer Fingeravulsion. c Fingererhalt durch Bauchdeckenplastik. d Klinisches Bild nach Weichteilkonsolidierung. e Beispiel einer erfolgreichen Revaskularisation nach Avulsionsverletzung

Abb. 9
figure 9

Klinisches Beispiel einer Leistenlappenplastik zur Deckung eines Defektes im Bereich der Hand. In der Regel erfolgt die Trennung nach ca. 3 Wochen

Tab. 2 Freier Gewebetransfer zur Weichteilrekonstruktion beim Kind [26, 31,32,33,34,35,36]

Fußverletzungen

Weichteilverletzungen am Fuß sind deutlich seltener als Verletzungen im Bereich der Hand. Sie treten bei knapp 20 % der behandelten Kinder auf. Hiervon sind die meisten banale Wunden, die durch eine primäre Naht verschlossen werden können.

Seltener vorkommende kleinere Defekte können häufig durch lokale Schwenklappen oder gestielte Lappen sowie Spalthauttransplantation ggf. mit zusätzlicher Auflage einer extrazellulären Matrix ohne größeren Aufwand gedeckt werden.

Verletzungen mit großen Weichteildefekten im Bereich des Fußes sind bei Kindern eine Rarität. Häufigste Ursachen für diese meist schweren Verletzungen sind Quetschtraumata, Verkehrsunfälle, Rasenmäherverletzungen, Hundebisse, Schlittenunfälle oder Unfälle mit Landmaschinen [26, 27]. Bei ausgeprägten Traumata ist auch mit zusätzlichen Frakturen oder Knochendefekten im Bereich des Fußes zu rechnen.

Diese großen Defekte bedürfen dann einer aufwendigen Rekonstruktion mit Lappenplastik wie beim Erwachsenen. Die Anzahl dieser posttraumatischen plastischen Deckung im Kindesalter ist sehr gering. In einer retrospektiven Studie über 15 Jahre in 2 US-amerikanischen Krankenhäusern konnten 26 Fuß- und Sprunggelenk umfassende Weichteilverletzungen bei Kindern festgestellt werden, die eine plastische Deckung benötigten [28]. Auch in unserer Klinik liegt die Anzahl an freien Lappenplastiken zur Deckung großer Defekte im Bereich des Fußes bei Kindern bei maximal 1 pro Jahr.

Zur Deckung bieten sich freie Muskellappen wie der Latissimus-dorsi-Lappen an. Aufgrund der Verbesserung der mikrochirurgischen Technik werden in letzter Zeit jedoch auch zunehmend fasziokutane Lappen zur plastischen Defektdeckung bei Kindern angewandt. Hier sind v. a. der anterolaterale Oberschenkellappen und der Paraskapularlappen zu erwähnen. Die am häufigsten verwendeten Anschlussstellen sind die A. und V. tibialis anterior oder posterior [26, 28]. Komorbiditäten im Bereich der Entnahmestelle sind bei Kindern extrem selten. Revisionsoperationen werden in etwa 10 % der Fälle notwendig. Mit einem Lappenverlust ist in etwa 5 % zu rechnen [27, 28].

Skelettbeteiligung und knöcherne Läsionen

Frakturen der unteren Extremität bei Kindern sind selten. Hierbei sind die häufigsten Frakturen die Zehenfrakturen mit ca. 7 %, gefolgt von den Mittelfußfrakturen mit ca. 6 %. Fußwurzelfrakturen mit ca. 1 % bei Kindern sind kaum anzutreffen. Kalkaneus- und Talusfrakturen stellen mit <1 % eine Rarität bei Kindern dar.

Bei Verkehrsunfällen oder Quetschtraumata mit schweren Weichteilverletzungen kommt es jedoch häufig zusätzlich zu Frakturen, die bei der Behandlung mit zu beachten sind.

Bei komplexen Frakturen mit begleitenden Weichteilverletzungen sollte zunächst eine möglichst achs- und längengerechte Rekonstruktion der ossären Strukturen angestrebt werden. Dies kann häufig durch K‑Draht-Osteosynthesen, ESIN (elastisch stabile intramedulläre Nagelung), Anlage eines Fixateur externe oder eines Ring-Fixateurs erzielt werden. Eine suffiziente plastische Deckung des Weichteildefektes ist, wenn möglich, primär anzustreben, da dies einen positiven Effekt auf die Knochenheilung hat. Ist dies nicht zu erreichen, sollte der Defekt mittels Vakuumverband oder wundkonditionierenden Weichschaumkompressen temporär bedeckt werden.

Zu beachten ist hierbei, dass im pädiatrischen Patientengut aufgrund der besseren Granulationstendenz unter Unterdrucktherapie im Vergleich zu Erwachsenen eine frühere endgültige Weichteilversorgung erfolgen kann. Um eine möglichst schnelle Ausheilung der Verletzung zu erzielen, sollte dies auch angestrebt werden [29].

Komplexverletzungen und Überrolltrauma

Bei subtotalen Amputationen und ausgeprägten Décollement-Verletzungen ist auch an eine gestörte Blutversorgung durch Gefäßverletzungen zu denken. Falls auch nach Reposition und osteosynthetischer Versorgung der Frakturen kein Puls im Bereich der A. dorsalis pedis oder der A. tibialis posterior zu tasten oder mittels Doppler darzustellen ist, sollten eine Angiographie und Revaskularisation mittels Gefäßrekonstruktion oder Bypass erwogen werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass bei schlechtem Gesamtzustand des Patienten mit Ischämie und Schock zur Verbesserung der Überlebenswahrscheinlichkeit eine primäre Amputation notwendig werden kann.

Bei ausgeprägten Weichteilverletzungen sind geplante Revisionen nach etwa 48 h zur Konditionierung der Wunde sinnvoll. Gerade stark verschmutzte Wunden oder ausgeprägte Décollement-Verletzungen benötigen ein radikales Débridement mit frühzeitig geplanten Revisionen, um eine Infektion der Weichteile und des Knochens zu verhindern.

Die Anlage eines Fixateur externe ist sowohl zur komplexen Frakturversorgung sinnvoll, aber auch um eine Verbesserung der Lappeneinheilung bei kritischen Weichteilen oder Incompliance des Patienten zu erzielen [27].

Ziel der Versorgung ist hierbei zunächst, Infektionen zu vermeiden. Darüber hinaus sollte das Endresultat ein gebrauchsfähiger Fuß mit adäquater Weichteildeckung sein. Hierzu zählt v. a. die ausreichende Wiederherstellung des Fersenpolsters, der Sohlenkontur sowie der Schutz- und Tiefensensibilität. Letzten Endes sollte eine gute aktive und passive Beweglichkeit erzielt werden, um ein gutes Gangbild zu gewährleisten. Damit sind eine soziale Rehabilitation und Integration möglich [30].

Für den freien Gewebetransfer im pädiatrischen Patientengut kommen sowohl freie als auch fasziokutane Lappen zum Einsatz. Bei kleineren Weichteildefekten bietet sich häufig ein Gracilis-Lappen an. Kleinere bis mittlere Defekte können mittels Paraskapulalappen gedeckt werden. Für mittlere bis große Defekte ist die Deckung mit einem anterolateralen Oberschenkellappen oder Latissimus-dorsi-Lappen möglich (Abb. 10). Bei Knochendefekten bietet sich der Transfer eines Fibulalappens an, bei dem der ossäre Teil direkt in den Knochendefekt eingesetzt werden kann (Tab. 2).

Abb. 10
figure 10

a Klinisches Bild eines Weichteildefektes am Fuß nach Überrolltrauma und b Defektdeckung mittels Latissimus-Lappen

Rettungsverfahren und Alternativmethoden

Eine Alternative zur freien Lappenplastik ist das Cross-Leg-Verfahren. Hierbei wird ein kutaner Lappen im Bereich des gesunden Beines gebildet und damit der Defekt an der anderen unteren Extremität gedeckt. Dabei verbleibt die Basis des Lappens am gesunden Bein, um bis zum Einheilen eine Durchblutung zu gewährleisten. Eine äußere Stabilisierung beider Extremitäten z. B. durch einen Fixateur externe ist notwendig, um ein Ausreißen des Cross-Leg-Lappens zu verhindern. Die Lappentrennung kann meist erst nach 3 Wochen durchgeführt werden.

Eine moderne Möglichkeit zur Deckung von Weichteildefekten sind Kollagenmatrices, die je nach Produkt primär oder im Verlauf mittels MESH-Graft gedeckt werden können. Durch diese Verfahren kann eine Gleitschicht zur neu aufgelegten Haut gebildet werden (Abb. 11).

Abb. 11
figure 11

a Weichteil- und Knochennekrosen nach Überrolltrauma am Fuß. b Klinisches Bild nach Débridement und Vakuumtherapie. c Weichteildeckung mit dermaler Matrix (Integra® Dermal Regeneration Template, Integra Foundation, Plainsboro, NJ, USA) und d Bild nach Ausheilung

Trotz all dieser vielfältigen Möglichkeiten ist es bei desolaten Weichteil- und Knochenverhältnissen nicht immer möglich, eine sinnvolle Versorgung, die zu einer funktionellen und belastbaren unteren Extremität führt, durchzuführen. In diesen Fällen sollte die Amputation erwogen werden. Gerade Kinder können sich durch das sehr gute motorische Lernvermögen schnell an die veränderte Situation adaptieren und erhalten durch eine gute Stumpfbildung funktionell ein deutlich besseres Resultat als durch insuffiziente Weichteil- und Knochenversorgung.

Schlussfolgerung

Wesentlich beim operativen Management ist die Vermeidung des Funktionsverlustes der Hand. Es sollte die Funktion der verletzten Hand hinsichtlich ihrer zentralen Elemente als Greiforgan, Tastorgan, Druckorgan und letztlich ggf. bei entstellenden Verletzungen als Ausdruckorgan Berücksichtigung finden, und hier sollten entsprechende operative Maßnahmen zur Wiederherstellung durchgeführt werden. Schlüssel ist dabei die ausreichende Weichteildeckung, die es ermöglicht, die knöchernen Strukturen oder auch Nerven und Sehnendefekte optimal zu versorgen. Die Funktion als Tastorgan mit räumlichem Erkennungsvermögen, Schutzreflexen, Sensibilität und Schmerzempfindung und die damit verbundene Funktion des Druckorgans sollen dadurch wiederhergestellt werden.

Für den Feingriff ist insbesondere die Mittel- und Grundgelenkfunktion relevant. Hier wird bei Funktionsdefiziten oder Sensibilitätsstörungen oftmals die Funktion vom Nachbarfinger übernommen. Beim Grobgriff müssen Zeige- bis Kleinfinger gegen den Handteller gebeugt werden, um das feste Umgreifen von Gegenständen zu ermöglichen. Ein vollständiger Ausfall des Feingriffes z. B. durch Verlust von Daumen und Zeigfinger oder der Ausfall des Grobgriffs durch Verlust der Finger D (Digitus) 3 bis D5 einer Hand wird in der Literatur entsprechend mit einem Behinderungsgrad von ca. 30 % bewertet.

Das optimale Weichteilmanagement bzw. die Rekonstruktion der Weichteile gehört zu den essenziellen Therapieschritten zur Wiederherstellung eines gebrauchsfähigen Fußes. Bei den Komplexverletzungen muss dazu das knöcherne Skelett so weit operativ wiederhergestellt werden, dass eine Vollbelastung möglich ist und damit zumindest ein annähernd normales Gangbild erreicht werden kann. Oftmals lässt sich dies nur durch Teilarthrodesen beim Maximaltrauma realisieren. Nur bei Gelingen der Rekonstruktion einer Schutz- und Tiefensensibilität mit gleichzeitiger Schaffung einer belastungsfähigen Auftrittzone kann in Anbetracht der modernen prothetischen Versorgung und deren Leistungsfähigkeit die Amputationsindikation zurückgestellt werden. Bei Verlust der funktionell relevanten Fußsohle ist es kaum möglich, mit einer Lappenplastik diese zu ersetzen. Es müssen häufig erneute operative Maßnahmen aufgrund von rezidivierenden Weichteilverletzungen durchgeführt werden, die durch die Druckkräfte beim Auftreten verursacht werden.

Fazit für die Praxis

  • In der Notaufnahme ist die Hand mit 20–25 % einer der am häufigsten verletzten Körperabschnitte beim Kind.

  • Der Fuß ist von Verletzungen deutlich seltener betroffen (5–10 %).

  • Am Fuß herrschen eher banale Weichteilverletzungen wie Prellungen vor. Schwerere Verletzungen und damit aufwendige Weichteilrekonstruktionen sind häufiger im Bereich der Hand notwendig.

  • Wesentlich beim operativen Management ist die Vermeidung des Funktionsverlustes der Hand und des Fußes.