Zusammenfassung
Die gelenknahe Fraktur betrifft definitionsgemäß den metaphysären Knochen. Aufgrund der unmittelbaren Lage zur Wachstumsfuge besteht abhängig von der Lokalisation der Fraktur im Knochen und dem Alter des Kindes ein gutes Korrekturpotenzial von Achsabweichungen, sodass viele dieser Frakturen überhaupt kein Implantat benötigen und konservativ behandelt werden können. Andererseits kann es zu einer Verletzung der Wachstumsfuge mit einer nachfolgenden Wachstumsstörung kommen. Dieser Aspekt ist auch bei der Wahl des Implantates zu berücksichtigen. Zum einen fordern wir eine möglichst stabile Osteosynthese, zum anderen darf die Wachstumsfuge nicht relevant geschädigt werden. Die am häufigsten verwendete Methode in dieser Region ist die Kirschner-Draht-Osteosynthese. Eine Alternative stellt die Schraubenosteosynthese bei Wachstumsfugenlösungen mit ausreichend großem metaphysärem Keil dar. Ebenso wird sie zur stabilen Refixation dislozierter metaphysärer Band- oder Apophysenausrisse verwendet. Der Übergang zwischen Meta- und Diaphyse stellt hinsichtlich der Osteosynthesemethode eine besondere Region dar. In aller Regel gelingt eine stabile Osteosynthese mittels Kirschner-Drähten nicht mehr. Ebenso sind diese Frakturen nicht für eine elastische stabile intramedulläre Nagelung geeignet. Alternativen stellen die Plattenosteosynthese und der Fixateur externe dar.
Abstract
Juxta-articular fractures by definition involve the metaphyseal bone. Depending on the age of the child and the direction of displacement, there is a good potential for spontaneous correction due to the proximity to the growth plate; therefore, many of these fractures do not need an implant and can be conservatively treated. On the other hand, there may be damage to the growth plate with subsequent growth arrest. These aspects have to be considered when choosing the optimal fixation method. On the one hand stable fracture fixation is required but on the other hand the growth plate should not be significantly damaged. The most commonly used method is Kirschner wire osteosynthesis. Compression screw fixation can be an alternative in Salter and Harris type II fractures with an adequately large metaphyseal fragment. Screw fixation is also used in displaced metaphyseal avulsions or apophyseal fractures. With respect to the method of stabilization, the transition between the diaphyseal and metaphyseal regions poses a special challenge. Usually pin fixation does not lead to sufficient stability. Also elastic stable intramedullary nailing is not considered to be well suited for fractures in this region. Alternatives can be external fixator or plate osteosynthesis.
Besonderheiten der gelenknahen Fraktur und Therapieziele
Gelenknahe Frakturen betreffen definitionsgemäß die Metaphyse des Knochens. Aufgrund der höheren Elastizität des Knochens im Wachstumsalter sowie der unmittelbaren Nähe zur Wachstumsfuge finden wir spezifische Frakturmuster, die so nur im Kindesalter vorkommen. Dazu gehören z. B. die Wulstfrakturen, die Grünholzfraktur oder die Wachstumsfugenlösungen [4, 8, 9].
Abhängig von der Lokalisation der Fraktur, des Alters des Kindes sowie der Richtung der Fehlstellung besteht im Bereich der Metaphyse durch die Nähe zur Wachstumsfuge häufig ein gutes Potenzial zur Spontankorrektur. Insbesondere am proximalen Humerus oder distalen Radius kann dies in die Therapieplanung mit einbezogen werden, sodass in vielen Fällen gar kein Implantat erforderlich wird und eine konservative Therapie mit guten Ergebnissen durchgeführt werden kann. An der unteren Extremität führt ein großes Maß an Spontankorrektur jedoch zu einer anhaltenden Wachstumsstimulation der angrenzenden Fugen mit entsprechender Beinlängendifferenz. Aus diesem Grund sollten hier größere Fehlstellungen vermieden werden. Da keine Gelenkbeteiligung vorliegt, muss keine anatomische Rekonstruktion erreicht werden. Eine achsgerechte Reposition ist ausreichend und ermöglicht meist ein geschlossenes Vorgehen.
Auf der anderen Seite besteht die Gefahr einer Verletzung der Proliferationszone der Wachstumsfuge mit dem Risiko einer hemmenden Wachstumsstörung. Auch wenn ein Teil dieser Wachstumsstörungen durch das Trauma selbst bedingt und daher nicht vermeidbar ist, müssen wir bei unserer Reposition und Implantatwahl eine iatrogene Verletzung der Wachstumszone vermeiden. In diesem Sinne kann auf eine Übungsstabilität verzichtet werden. Durch die schnelle Konsolidation der metaphysären Frakturen im Kindesalter werden evtl. notwendige additive Ruhigstellungen in der Regel gut toleriert.
Implantatwahl
Kirschner-Draht-Osteosynthese
Die Kirschner (K)-Draht-Osteosynthese stellt das Hauptverfahren zur operativen Stabilisierung metaphysärer Frakturen im Kindesalter dar. Es ist immer und überall verfügbar, kostengünstig und kann nach geschlossener Reposition minimalinvasiv perkutan durchgeführt werden (Abb. 1). Durch Belassen der Drähte epikutan wird dem Kind eine zweite Narkose zur Metallentfernung erspart. Die Drähte können in aller Regel in der Sprechstunde bzw. Ambulanz problemlos entfernt werden. Mehrere Studien haben gezeigt, dass das gefürchtete höhere Infektionsrisiko nicht besteht [1, 3, 5]. Allerdings kann durch dieses Verfahren keine Übungs- oder gar Belastungsstabilität erreicht werden. Eine zusätzliche Immobilisierung ist bis zur Konsolidierung der Fraktur erforderlich, welche aufgrund der raschen Frakturheilung zu keiner anhaltenden relevanten Bewegungseinschränkung führt. Eine anschließende Physiotherapie ist nur im Ausnahmefall notwendig.
Bei sehr fugennaher Frakturlokalisation bzw. Wachstumsfugenlösung muss die Wachstumsfuge häufig mit den Drähten gekreuzt werden, um beide Frakturfragmente adäquat fassen zu können. Relevante Verletzungen der Proliferationszone und Wachstumsstörungen können vermieden werden, indem Mehrfachbohrungen durch die Wachstumsfuge vermieden werden. Ebenso sollten die Drähte möglichst zentral die Fuge kreuzen. Eine randständige Lage birgt die Gefahr der Verletzung der Ranvier-Ernährungszone der Fuge und einer daraus resultierenden Wachstumsstörung [10].
Elastisch stabile intramedulläre Nagelung
An bestimmten Lokalisationen ist die elastisch stabile intramedulläre Nagelung (ESIN) in der Lage, metaphysäre Frakturen zu stabilisieren. Hier weicht die ESIN von ihrem klassischen biomechanischen Prinzip der 3‑Punkt-Abstützung ab. Durch Verankerung zweier Drähte im spongiösen Knochen der Metaphyse können Frakturen fixiert und zum Teil kann sogar eine Übungsstabilität erreicht werden. Klassische Indikationen sind etwa die proximale Humerusfraktur, die suprakondyläre Humerusfraktur, die Radiushalsfraktur oder die distale Femurfraktur [2].
Plattenosteosynthese
Indikationen für eine Plattenosteosynthese sind beim Kind selten. Da keine anatomische offene Reposition erfolgen muss und eine „adaptive“ Stabilität durch K‑Drähte bei schneller Frakturheilung meist ausreicht, ist dieses invasive Verfahren nur selten erforderlich. Hilfreich kann sie insbesondere bei Frakturen im diametaphysären Übergang sein (Abb. 2a–d). Diese liegen zu weit diaphysär, als dass K‑Drähte die Fragmente adäquat fassen könnten.
Für eine antegrade ESIN-Technik als Alternative liegen sie wiederum zu weit metaphysär, sodass eine Abstützung des Drahtes an der Gegenkortikalis vor der Frakturzone schwierig zu erreichen ist. Oft wird das metaphysennahe Fragment nur aufgefädelt, was zu Sekundärdislokationen mit Achsabweichungen und Verkürzungen führen kann (Abb. 3a–c). Ebenso stellt sie eine Alternative bei instabilen metaphysären Frakturen mit Trümmerzone oder pathologischen Frakturen auf dem Boden einer Zyste dar – v. a. bei älteren Kindern und Jugendlichen –, um eine stabile Osteosynthese zu erreichen.
Fixateur externe
Der Fixateur externe ermöglicht eine schnelle Stabilisierung im Falle eines Polytraumas und ist nach wie vor Mittel der ersten Wahl bei schlechten Weichteilverhältnissen. Er kann wie die Plattenosteosynthese längs-instabile Frakturen sicher fixieren und ist ebenso geeignet für den zuvor beschriebenen diametaphysären Übergang. Eine besondere Indikation besteht in der instabilen suprakondylären Humerusfraktur. Vor allem bei einer metaphysären Trümmerzone lässt sich mittels K‑Drähten, aber auch ESIN keine ausreichende Stabilität erreichen. Durch Anlage eines radialen externen Fixateurs lassen sich auch diese Frakturen sogar übungsstabil versorgen (Abb. 4). Zudem ermöglichen die eingebrachten Pins als Repositionshilfe häufig eine geschlossene Reposition von Frakturen, die ansonsten offen reponiert werden müssten [6, 7].
Schraubenosteosynthese
Die Schraubenosteosynthese stellt eine Alternative bei Fugenlösungen mit ausreichend großem metaphysärem Keil dar. In diesen Fällen kann eine direkte Verschraubung der Metaphyse erfolgen und die Wachstumsfuge im Vergleich zur K‑Draht-Technik geschont werden. Ebenso ist sie Therapie der Wahl bei knöchernen Bandausrissen mit ausreichend großem Fragment oder Apophysenausrissen. Typisches Beispiel ist der dislozierte Epicondylus-ulnaris-Ausriss, bei dem eine stabile Kompressionsosteosynthese das Risiko einer Pseudarthrose reduziert [8].
Fazit für die Praxis
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Die gelenknahe Metaphyse stellt eine „gutartige“ Region dar, die sich durch eine schnelle Frakturkonsolidation und ein je nach Lokalisation gutes Spontankorrekturpotenzial auszeichnet.
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Aus diesem Grund ist bei Kindern mit noch ausreichend verbleibendem Wachstumspotenzial keine anatomische Reposition erforderlich.
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Meist können eine geschlossene Reposition und eine minimalinvasive Osteosynthese durchgeführt werden.
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Je nach Frakturcharakteristik müssen jedoch sämtliche Osteosyntheseverfahren beherrscht werden, um eine adäquate Stabilisierung zu gewährleisten.
Literatur
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Kelly BA, Miller P, Shore BJ et al (2014) Exposed versus buried Intramedullary implants for pediatric forearm fractures: a comparison of complications. J Pediatr Orthop 34:749–755
Marzi I (Hrsg) (2016) Kindertraumatologie. Springer, Berlin Heidelberg
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Slongo T, Schmid T, Wilkins K et al (2008) Lateral external fixation – a new surgical technique for displaced unreducible supracondylar humeral fractures in children. J Bone Joint Surg Am 90:1690–1697
Slongo T (2014) Radialer externer Fixateur zur geschlossenen Behandlung problematischer suprakondylärer Humerusfrakturen Typ III und IV bei Kindern und Jugendlichen. Orthop Traumatol 26(1):75–96
von Laer L, Kraus R, Linhart WE (2012) Frakturen und Luxationen im Wachstumsalter. Thieme, Stuttgart New York
Weinberg A, Schneidmueller D (Hrsg) (2010) Unfallchirurgie bei Kindern. Aerzteverlag, Darmstadt
Weinberg AM, Tscherne H (Hrsg) (2006) Unfallchirurgie im Kindesalter. Springer, Berlin Heidelberg New York
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Schneidmueller, D., Bühren, V. & von Rüden, C. Gelenknahe Fraktur. Trauma Berufskrankh 19 (Suppl 3), 304–307 (2017). https://doi.org/10.1007/s10039-017-0267-5
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