Fußverletzungen stellen einen wesentlichen Baustein des Krankheitsbilds „Polytrauma“ dar [1]. In der Gesamtschau der Erkrankung stehen die vital bedrohlichen Verletzungen und die Dynamik des Polytraumas häufig im Vordergrund, weshalb die Verletzungen des Fußes häufig nicht die erforderliche Beachtung finden. Darüber hinaus wird die zeitgerechte Versorgung der Fußverletzungen in vielen Fällen durch begleitende Weichteilschäden behindert [2].

So sind es am Ende häufig die Beeinträchtigungen des Fußes, die bei polytraumatisierten und mehrfachverletzten Patienten am Ende einer langwierigen Behandlung und Rehabilitation die erfolgreiche Reintegration in das alltägliche Leben und die Berufstätigkeit verhindern [3].

Die besondere Bedeutung der Fußverletzung für das Outcome der Unfallverletzten verdeutlicht eine Erhebung der gesetzlichen Unfallversicherung im Jahr 2008. Der Anteil der Verletzungen von Fuß und Sprunggelenk machte in diesem Versicherungsjahr ca. 6 % aller meldepflichtigen Unfälle im Versicherungsbereich der DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung) aus. Diesem prozentual relativ geringen Anteil steht die Tatsache gegenüber, dass Verletzungsfolgen an Fuß und Sprunggelenk ca. 70 % aller Rentenfälle ausmachen. Im Jahr 2008 machten Verletzungen von Sprunggelenk und Fuß mehr als zwei Drittel aller neuen Rentenfälle aus.

Der Rückfuß stellt das Schlüsselglied in der Kopplung der Bewegungseinheiten dar, die durch den Unterschenkel und den Fuß gebildet werden. Jede Störung dieser Kopplung führt zwangsläufig zur Beeinträchtigung der Geh- und Stehfähigkeit. So führen bereits geringe Instabilitäten, Imbalancen oder Störungen der Ausrichtung des Rückfußes ebenso wie posttraumatische Arthrosen der Gelenke des Rückfußes zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen der Alltags- und Berufsfähigkeit der Betroffenen [4].

Nur die vollständige Wiederherstellung von Stabilität, Achsausrichtung und muskulärer Balance sowie die Beseitigung schmerzhafter Arthrosen ermöglichen eine erfolgreiche Rehabilitation.

Im Rahmen der Korrekturbehandlung von posttraumatischen Fehlstellungen des Rückfußes müssen posttraumatische schmerzhafte Arthrosen mit resultierenden Fehlbelastungen, posttraumatische Osteonekrosen und Osteomyelitiden, Imbalancen und Instabilitäten sowie kritische Weichteilverhältnisse Berücksichtigung finden (Abb. 1) [3]. Ein wesentlicher Faktor für das funktionelle Outcome stellen die Ausrichtung der Rückfußachse und die Koppelung des Vorfußes über die Chopart-Gelenkreihe dar. Die Ausrichtung der Rückfußachse beeinflusst direkt die Mobilität des Unfallverletzten, entscheidet über die Form der Schuhversorgung und ist in der Gesamtschau häufig MdE (Minderung der Erwerbsfähigkeit)-relevant.

Analyse

Wesentliche Bestandteile der Diagnostik zur Planung von Korrekturen sind eine eingehende klinische Untersuchung unter Einbeziehung des Gangbilds, eine dynamische Untersuchung der Balance und Stabilität des Rückfußes sowie eine Inspektion der Beschwielung der Füße. Hilfreich ist eine Inspektion gut eingetragenen Schuhwerks, um pathologische Gangmuster zu identifizieren.

Für die Planung operativer Eingriffe unerlässlich sind die Beurteilung des Weichteilmantels und der peripheren Durchblutung sowie eine neurologische Untersuchung.

Abb. 1
figure 1

Schwerwiegende Fußdeformität beidseits nach Verbrennung und freien, mikrovaskulär angeschlossenen Lappenplastiken. (Aus [10])

Standard in der bildgebenden Diagnostik ist die Aufnahme des Fußes in 3 Ebenen mit Belastung. Die Aufnahme der Rückfußachse nach Salzmann zeigt das Verhalten des Rückfußes in der Belastungssituation. Durch den „Coleman-Block-Test“ (Abb. 2) gelingt die Differenzierung zwischen tatsächlichem und vorfußgetriggertem Rückfußvarus [5].

Abb. 2
figure 2

Schematische Darstellung des „Coleman-Block-Tests“ zur Demaskierung eines „forefoot driven hind foot varus“. (Aus [10])

Schrägaufnahmen des Subtalargelenks nach Brodén werden zunehmend durch die Computertomographie mit multiplanaren Reformationen in den Standardebenen ersetzt. Diese Untersuchung liefert zusätzliche Informationen über knöcherne Defekte, Arthrosen sowie Fehlstellungen der einzelnen Fußwurzelgelenke [6]. Für die Planung komplexer knöcherner Korrekturoperationen kann die zusätzliche Visualisierung durch 3‑D-Rekonstruktionen der knöchernen Oberfläche sinnvoll sein [7]. Zusätzliche Informationen über das Belastungsmuster liefern statische podometrische Aufnahmen oder dynamische pedobarographische Untersuchungen.

Bei Infektverläufen können Magnetresonanztomographie (MRT) und Leukozytenszintigraphie Sequester und persistierende Infektherde nachweisen [8].

Vor operativen Eingriffen bei komplexen posttraumatischen Fußdeformitäten muss sichergestellt sein, dass eine Weichteildeckung in korrigierter Fußposition möglich sein wird. Hier kann eine dynamische Redression des Fußes im Vorfeld mittels Hexapodenfixateur für eine Verbesserung der Ausgangssituation sorgen [9]. Plastisch-mikrochirurgische Kompetenz zur Deckung der Defekte muss insbesondere bei instabilen Narbenbezirken vorgehalten werden.

Rekonstruktion

Ziel der Rekonstruktion ist die Wiederherstellung des plantigraden Fußauftritts. Besondere Aufmerksamkeit gilt hier der dynamischen Kopplung zwischen Rückfuß und Vorfuß. Durch Rebalancierung der Muskelkräfte kann der Fußauftritt in ausgesuchten Fällen unter Erhalt der Funktion der Gelenke korrigiert werden. Sollte eine ausschließlich weichteilige Korrektur nicht zu einem zufriedenstellenden Realignment führen, muss in gleicher Sitzung knöchern korrigiert werden. Arthrodesen sollten nur dann zur Anwendung kommen, wenn schwerwiegende posttraumatisch umformende Veränderungen der Gelenkflächen selbst oder nicht rekonstruierbare Gelenkinstabilitäten vorliegen. Dabei sollten die Arthrodesen auf die unmittelbar betroffenen Gelenke beschränkt bleiben. Extraartikuläre Deformitäten sollten nach Planung am Ort der Deformität unter Berücksichtigung der Kriterien für Korrekturosteotomien ausgeglichen werden.

Anhand von 5 Beispielen werden die Möglichkeiten der Korrektur posttraumatischer Fehlstellungen aufgezeigt.

Fallbeispiel I: Postkompartmentsyndrom Typ IV

Der Typ IV des Postkompartmentsyndroms des Unterschenkels stellt die Maximalvariante der posttraumatischen Fußdeformität dar. Durch die Nekrose der tiefen (und oberflächlichen) Beuger und den Funktionsausfall der Heber und der Evertierer des Unterschenkels und Fußes vereint diese Form das klinische Bild aller Deformitätentypen. Die Korrektur der Deformität erfordert die getrennte Betrachtung aller einzelnen Komponenten (Tab. 1):

  • Equinus,

  • Rückfußvarus,

  • Fallfuß,

  • Krallenzehen,

  • Cavus.

Tab. 1 Komponenten der Deformität und Therapieoptionen

Ein damals 28-jähriger Produktionsarbeiter erlitt im Betrieb eine schwere Quetschverletzung des rechten Unterschenkels, als er unter einem umkippenden, ca. 600 kg schweren Werkstück eingeklemmt wurde. Primär wurde die 3.°offene proximale Unterschenkelfraktur im Fixateur externe reponiert und ruhig gestellt, eine Dissektion der A. poplitea mittels Interponat aus der V. saphena magna rekonstruiert. Eine primäre Rekonstruktion des N. peroneus communis war als nicht sinnvoll eingeschätzt worden. Der Verlauf war durch einen fortschreitenden Untergang der traumatisch geschädigten Muskulatur kompliziert. Ein Weichteilverschluss wurde über wiederholte Vakuumversiegelungen und Meshgraft-Deckung erreicht. Im Verlauf stellte sich der Unfallverletzte bei Ausbildung des Vollbildes eines posttraumatischen Pes equino varus mit Krallenzehenbildung vor (Abb. 3 und 4). Eine Schuhversorgung war aufgrund der Ausprägung der Fehlstellung nicht möglich, die Wiedereingliederung in das Berufsleben war wiederholt gescheitert.

Abb. 3
figure 3

Klinisches Bild mit Equinus-, Varus- und Cavusdeformität. (Aus [10]). a Seitlicher Blick, die Spitzfußstellung ist deutlich zu erkennen. b Der Blick auf den Rückfuß zeigt die erhebliche Varusposition der Ferse. c Im Coleman Blocktest bleibt die Varusposition der Ferse unverändert

Abb. 4
figure 4

Röntgenuntersuchung des Fußes in 2 Ebenen: Deutlich sind die Komponenten Equinus, Cavus, Varus und Krallenzehen zu erkennen. (Aus [10])

Ziel der operativen Korrektur war die Wiederherstellung eines belastbaren Fußes in Mittelstellung unter Wiederherstellung der Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk, Beseitigung des Spitzfußes, Reorientierung des Rückfußes und flexibler Kopplung des Vorfußes an den Rückfuß. Zur Korrektur aller Deformitätentypen waren folgende Operationsschritte erforderlich: pantalares Release, Achillessehnenverlängerung, Transfer der Sehne des Tibialis posterior auf die hebende und evertierende Seite (T-SPOTT), Plantarfaszienrelease nach Steindler, intramuskuläre Verlängerung des Flexor hallucis longus und Beugesehnentenotomien D2–5. Knöcherne Korrekturen waren zur vollständigen Rebalancierung der Deformität nicht erforderlich (Abb. 5).

Es konnte ein gutes Ausheilungsergebnis erreicht werden (Abb. 6). Der Unfallverletzte wurde in Konfektionsschuhwerk ohne orthopädische Zurichtung mobilisiert. Funktionell war eine aktive Beweglichkeit des Fußes in allen 4 Hauptbewegungsebenen möglich (Abb. 7). Die berufliche Reintegration in die bis zum Unfallzeitpunkt ausgeübte Tätigkeit als Produktionsarbeiter gelang über eine Arbeitsplatzerprobung (ABE).

Abb. 5
figure 5

Resultat nach Fixation der Sehnenumsetzung. (Aus [10])

Abb. 6
figure 6

Funktionelles Outcome mit aktiver Dorsalextension und Plantarflexion. (Aus [10]). a Maximale aktive Dorsalextension, b maximale aktive Plantarflexion

Abb. 7
figure 7

Radiologisches Ausheilungsbild mit vollständiger Deformitätenkorrektur. (Aus [10])

Fallbeispiel II: Postkompartmentsyndrom Typ IV nach Verbrennung

Der zum Unfallzeitpunkt 37-jährige Unfallverletzte erlitt als Fahrer eines Geldtransporters schwere Verletzungen. Klinisch führend waren 3. bis partiell 4.° Verbrennungen im Bereich beider Unterschenkel. Nach initialer Escharotomie wurden mehrfache operative Interventionen erforderlich. Als Folge der tiefen Verkohlung des linken Unterschenkels waren der Außenknöchel und der 5. Mittelfußknochen nicht haltbar (Abb. 8). Nach Erreichen sauberer Wundverhältnisse wurde die Defektdeckung über einen freien, mikrovaskulär angeschlossenen Gewebetransfer erreicht (Abb. 10).

Die Lappenplastik heilte unkompliziert ein, im Verlauf bildete sich, bedingt durch die vollschichtige Verbrennung, das Vollbild eines Postkompartmentsyndroms vom Typ IV aus. Durch die fehlende Stabilisierung des oberen Sprunggelenks aufgrund des Verlusts von Außenknöchel und Metatarsale V entwickelte sich eine chronische Varusluxation im oberen Sprunggelenk (Abb. 9).

Abb. 8
figure 8

Intraoperativer Situs vor definitivem Débridement und freier, mikrovaskulär angeschlossener Lappenplastik. (Aus [10])

Abb. 9
figure 9

Posttraumatischer Pes equinovarus. (Aus [10])

Abb. 10
figure 10

Radiologische Darstellung der Deformität. (Aus [10])

Der Zustand der Weichteile in Kombination mit der knöchernen Instabilität des oberen Sprunggelenks ermöglichte in diesem Fall keine Deformitätenkorrektur unter Erhalt der Gelenke. Zur definitiven Korrektur der Deformität bestand die Indikation zur pantalaren Arthrodese unter Verwendung eines Rückfußarthrodesenagels, wodurch die Stabilisierung des oberen Sprunggelenks, die Korrektur des Rückfußes im Subtalargelenk sowie die Reorientierung des Vorfußes im Chopart-Gelenk in einem Eingriff erzielt wurden (Abb. 11).

Abb. 11
figure 11

Ausheilungsbilder mit knöchern konsolidierter pantalarer und kalkaneokuboidaler Arthrodese in plantigrader Stellung. (Aus [10])

Fallbeispiel III: posttraumatische Rückfußfehlstellung

Der zum Unfallzeitpunkt 48-jährige Gerüstbauer erlitt durch einen Sturz vom Gerüst einen Fersenbeinbruch rechts. Die Therapie war operativ durch offene Reposition und Plattenosteosynthese erfolgt. Der Verlauf wurde durch einen Plattenlagerinfekt kompliziert. Zur Sanierung des Infektes wurde eine frühzeitige Metallentfernung durchgeführt. Die Wundrandnekrose im operativen Zugang heilte sekundär nach mehreren Vakuumverbänden ab. Als Folge der frühzeitigen Metallentfernung trat ein Repositionsverlust mit Ausbildung eines erheblich vergrößerten Rückfußvalgus auf (Abb. 12). Die Vorstellung erfolgte nun bei zunehmenden Schmerzen im oberen und unteren Sprunggelenk. Eine orthopädische Schuhversorgung war aufgrund der knöchernen Fixation der Fehlstellung nicht erfolgreich gewesen. Arbeitsfähigkeit als Gerüstbauer war nicht wieder eingetreten.

Klinisch bestand ein erheblicher Rückfußvalgus bei schmerzhafter Wackelsteifigkeit im Subtalargelenk. Computertomographisch wurde die fortgeschrittene posttraumatische Subtalararthrose bestätigt. Oberes Sprunggelenk und Fußwurzel waren ohne wesentlichen pathologischen Befund, die Chopart-Gelenkreihe war bei Ankylose des Kalkaneokuboidalgelenks zu drei Viertel bewegungseingeschränkt.

Es bestand die Indikation zur reorientierenden Subtalararthrodese. Bei fixierter Pronationsstellung in der Chopart-Gelenkreihe war die Osteotomie des ursprünglichen Calcaneo-Cuboidal-Gelenks erforderlich. Besondere Beachtung bei der Planung des operativen Zugangsweges musste der Weichteilsituation beigemessen werden. Im ursprünglichen Zugangsgebiet lag ein instabiles Narbenareal, das tief eingezogen und mit der lateralen Fersenbeinwand fest verwachsen war (Abb. 13). Zur reorientierenden Subtalararthrodese wurde ein dorsaler lateral-paraachillärer Zugang gewählt (Abb. 14), zur Osteotomie der Ankylose des Calcaneo-Cuboidal-Gelenks ein schräger Sinus-tarsi-Zugang. Durch diese 2 Zugänge war eine weichteilschonende Korrektur aller Fehlstellungskomponenten möglich. Zur Aufrichtung des Tuber-Gelenkwinkels und zum Ausgleich des Rückfußvalgus wurde ein trikortikaler Beckenkammblock interponiert (Abb. 15).

Die operativen Zugangswege heilten primär ab, die Arthrodese sowie die Osteotomie konsolidierten knöchern vollständig. Der Unfallverletzte ist mit Konfektionsschuhen in den ursprünglich ausgeübten Beruf reintegriert.

Abb. 12
figure 12

Präoperative Darstellung des Rückfußvalgus im Salzmann-View. (Aus [10])

Abb. 13
figure 13

Tief eingezogenes Narbenareal nach sekundärer Wundheilung. (Aus [10])

Abb. 14
figure 14

Dorsaler paraachillärer Zugang zum Subtalargelenk. (Aus [10])

Abb. 15
figure 15

Intraoperative Bildverstärker-Darstellung nach reorientierender Subtalararthrodese und derotierender Calcaneo-Cuboidal-Gelenkosteotomie

Fallbeispiel IV: chronische posttraumatische Rückfußluxation

Ein heute 57-jähriger Unfallverletzter wurde im Alter von 42 Jahren im Rahmen einer Absturzverletzung polytraumatisiert. Frakturen der langen Röhrenknochen und des Stammskeletts machten mehrere operative Interventionen erforderlich. Die Luxationsfraktur des Kalkaneus mit erheblicher Fehlstellung wurde ohne Reposition konservativ therapiert.

Die aktuelle Vorstellung erfolgte bei zunehmender Geh- und Stehunfähigkeit auf Anraten des orthopädischen Schuhmachers.

Klinisch fand sich ein maximaler Rückfußvalgus. Die Fehlstellung war nicht redressierbar, die lateralen Weichteile waren deutlich verkürzt. Der Unfallverletzte war mit Unterarmgehstützen für wenige Schritte mobil, bereits innerhalb der eigenen Wohnung war er auf den Rollstuhl angewiesen. Wegen der erheblichen Einschränkung der Mobilität war eine Reintegration in das Berufsleben nie gelungen.

Die Röntgenuntersuchung des Fußes im Stehen wies die chronische subtalare Luxation mit erheblichen posttraumatischen Defekten der Fußwurzel nach (Abb. 16). Zur Planung des operativen Vorgehens und Bestimmung der knöchernen Defektsituation wurde eine Computertomographie des Fußes mit multiplanaren Reformationen in den Standardebenen durchgeführt (Abb. 17).

Ziel der operativen Korrektur war die reorientierende pantalare Arthrodese unter Ausgleich der fixierten Pronation des Chopart-Gelenks. Eine vorbereitende Redression des Fußes zur dynamischen Korrektur der Weichteile war aufgrund der dystrophen knöchernen Situation und der knöchernen Fixation der Fehlstellung nicht Erfolg versprechend.

Die Arthrodese wurde über einen transfibularen Zugang unter Verwendung eines Rückfußarthrodesenagels angelegt (Abb. 18). Bei vollständiger intraoperativer Korrektur der Fehlstellung war ein spannungsfreier Wundverschluss nicht möglich. Der Zugang wurde temporär mittels Vakuumversiegelung geschlossen und die Defektdeckung mit freiem Gewebetransfer geplant. Die definitive plastische Deckung war innerhalb von 5 Tagen möglich (Abb. 19).

Abb. 16
figure 16

Präoperative Darstellung der subtalaren Luxationsfraktur. (Aus [10])

Abb. 17
figure 17

Präoperative computertomographische Darstellung der Defektsituation. (Aus [10])

Abb. 18
figure 18

Intraoperatives Korrekturergebnis. (Aus [10])

Abb. 19
figure 19

Pantalare Arthrodese nach Defektdeckung mit freiem mikrovaskulär angeschlossenem anterolateralem Oberschenkellappen (ALT). (Aus [10])

Fallbeispiel V: Sekundäres Realignment nach atypischer Chopart-Amputation

Der 49-jährige Unfallverletzte erlitt durch einen herabstürzenden Stahlträger eine Quetschverletzung des linken Vor- und Mittelfußes mit subtotaler traumatischer Fußwurzelamputation (Abb. 20 und 21). Initial wurde eine Grenzzonenamputation durchgeführt und der Weichteildefekt unter Verwendung des Fußsohlenfilets gedeckt. Bei fortschreitende Nekrose des Lappens wurde der Unfallverletzte zum freien Gewebetransfer vorgestellt (Abb. 22).

Klinisch fand sich zu diesem Zeitpunkt eine Vollhautnekrose des Sohlenfilets mit partiell freiliegender Fußwurzel. Bereits zu diesem Zeitpunkt bestand ein ausgeprägter Equinovarus, sodass die Indikation zur zweizeitigen Lappendeckung und zum Realignment des Rückfußes bestand.

Das Ziel des Korrektureingriffs bestand in diesem Fall darin, ein Gleichgewicht zwischen hebender, senkender, pronierender und supinierender Muskulatur zu schaffen. Problematisch ist der Verlust des Ansatzes der Sehne des M. peroneus brevis. Neben der Umsetzung der Sehne des Tibialis posterior in das laterale Os naviculare wurde der Steigbügel durch kombinierte Umsetzung der Sehnen des Tibialis anterior gemeinsam mit der Sehne des langen Zehenstreckers auf die mediale Seite des Os naviculare komplettiert. Zur Behebung des Equinus wurde eine Verlängerung der Achillessehne angeschlossen. Nach Ende der Korrekturmaßnahmen zeigte sich mit spontaner Mittelstellung ein gutes Korrekturergebnis (Abb. 23 und 24). Zur Sicherung der Sehnennähte wurde eine extraartikuläre, transtibiale Transfixation für 6 Wochen eingehalten. Der Lappen heilte primär ein, nach Beendigung der Transfixation wurde eine gute funktionelle Mittelstellung im oberen Sprunggelenk und Rückfuß erreicht. Der Unfallverletzte befindet sich noch in Schmerztherapie bei neurogenem Schmerzsyndrom, die berufliche Reintegration steht noch aus.

Abb. 20
figure 20

Klinischer Befund bei Erstaufnahme in der primären Zielklinik. (Aus [10])

Abb. 21
figure 21

Primäre knöcherne Situation. (Aus [10])

Abb. 22
figure 22

Vollhautnekrose nach Débridement. (Aus [10])

Abb. 23
figure 23

Intraoperativer Situs nach Einnaht der Steigbügelplastik. (Aus [10])

Abb. 24
figure 24

Klinisches Bild 10 Tage postoperativ. (Aus [10])

Fazit für die Praxis

  • Die Funktionseinheit oberes Sprunggelenk, Rückfuß und Vorfuß ist bei der Beurteilung des Outcomes nach Mehrfachverletzungen mit Fußbeteiligung oder bei Komplextraumen der Füße besonders zu berücksichtigen.

  • Ziel der Rekonstruktion des Rückfußes bei posttraumatischen Zuständen ist es, diese Funktionseinheit wieder in ein Gleichgewicht zu bringen. Wann immer möglich, sollte der Gelenkerhalt im Fokus stehen.

  • Die Planung eines Korrektureingriffs setzt profunde Kenntnisse der Anatomie und Biomechanik des Rückfußes voraus. Vor der Planung ist eine umfassende Analyse der Deformität und ihrer deformierenden Kräfte erforderlich.

  • Zur Korrektur der Deformitäten werden Verfahren aus unterschiedlichen Gruppen herangezogen. Knöcherne Deformitäten sind durch Osteotomien und Arthrodese korrigierbar, muskuläre Dysbalancen können durch Sehnentranspositionen und Verlängerungen ausgeglichen werden. Besondere Berücksichtigung muss die Weichteildeckung finden. Zur definitiven Deckung ist eine plastisch mikrochirurgische Expertise unerlässlich.